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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2018

Ein krönender Abschluss

Mein Herz in zwei Welten
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Die Geschichte von Lou und Will hat mich in Ein ganzes halbes Jahr total überwältigt. Jojo Moyes hat sich mit der Liebe zwischen den beiden etwas Neues ausgedacht; es war nicht dieses übliche 0-8-15 Mädchen-und-Junge-verlieben-sich-ineinander-Gedöns. ...

Die Geschichte von Lou und Will hat mich in Ein ganzes halbes Jahr total überwältigt. Jojo Moyes hat sich mit der Liebe zwischen den beiden etwas Neues ausgedacht; es war nicht dieses übliche 0-8-15 Mädchen-und-Junge-verlieben-sich-ineinander-Gedöns. Beide Charaktere waren voller Energie, Lebenslust und verleihten der doch recht traurigen Wendung einen Hauch Frische. Ein ganz neues Leben hatte mich dann allerdings etwas enttäuscht. Die Fortsetzung wurde Louisas Leben nicht gerecht und auch die Verbindung zu Will kam mir eher wie ein Zwang vor, als dass es die Geschichte vorangetrieben hat. In Mein Herz in zwei Welten konnte Jojo Moyes aber wieder durch eine lustige und zugleich emotionale Schreibweise überzeugen, die mich nicht nur zum Lautloslachen sondern auch zum Weinen gebracht hat.

Nach einem recht turbulenten Jahr, in dem sie von Dächern gefallen und in Schießerein verwickelt war, macht sich Louisa auf zu ihrem nächsten Abenteuer: Sie fliegt nach New York City. Dort beginnt sie ihre Stelle als Assistentin der Millionärsgattin Agnes Gopnik und scheint sich in ihrem neuen Job wohlzufühlen. Schnell findet sie einen Draht zu ihrer neuen Chefin und auch ihren Platz in der gehobenen Gesellschaft. Louisa lernt neue Leute kennen, trägt Kleider, die sie sich allein niemals leisten könnte und versucht, so gut es geht, ihrem neuen Job gerecht zu werden.

Doch die Entfernung nach England und vor allem die tausende Kilometer, die zwischen ihr und Sam liegen, stellt ihre noch frische Beziehung auf eine harte Probe. Es kommt zu nachvollziehbaren Eifersuchtsszenen, Vertrauensbrüchen und immer wieder aufkommenden Streitereien. Noch dazu verliert sie nach nur ein paar Monaten ihren Job bei den Gopniks, da eine beträchtliche Summe an Geld fehlt und Louisa die Einzige ist, die über alle Kreditkarten verfügt. Ohne Einkommen und ein sicheres Dach über den Kopf, landet sie auf der Straße und muss sich eine der wichtigsten Fragen, die sich durch das Buch ziehen, stellen:

Wer ist Louisa Clark wirklich?

Mein Herz in zwei Welten ist ein wunderbarer Abschluss und wohl auch das wichtigste Buch, das alle Lou-und-Will-Fans gelesen haben sollten. Die Protagonistin lernt in ihrem neuen Leben in New York die unterschiedlichsten Leute kennen, die sie zum einen daran erinnern, wer sie wirklich sein will, zum anderen aber auch dazu überreden eine neue Louisa Clark zu sein. Sie geht auf Parties, muss sich einem Dresscode fügen und hier und da mal ein paar Lügen über ihre berufliche Zukunft bestätigen. Doch welches Leben besser zu ihr passt – das ruhige Dasein in einem kleinen englischen Städtchen oder der Trubel von New York – muss sie erst noch herausfinden.

Wie in Ein ganz neues Leben, hat Jojo Moyes Will Traynor in die Geschichte mit eingebunden. Nachdem es mir im zweiten Teil eher wie ein gezwungenes Aufleben von Lous erster Liebe vorkam, hat die Autorin die Beziehung zu Will diesmal etwas in den Hintergrund gestellt. Er ist noch immer anwesend, gibt Louisa hier und da mal ein paar Denkanstöße, doch er dominiert nicht mehr die Handlung – und das ist auch gut so.

Während ich das Buch innerhalb weniger Tage verschlungen habe, musste ich feststellen, dass Louisa in New York erstmals wieder richtig sie selbst sein konnte. Das quirlige, tollpatschige und liebenswürdige Mädchen, das wir aus Ein ganzes halbes Jahr kennen, kehrt zurück und zieht seine Leser zum letzten Mal noch einmal richtig in seinen Bann. Wer ein Fan der Lou-Reihe ist, sollte sich dieses Buch auf keinen Fall entgehen lassen!

Veröffentlicht am 09.03.2018

Ein Thriller aus der Realität

Ohne Gnade
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Ohne Gnade ist das erste Buch, das ich zur Seite legen musste, um die geschriebenen Ereignisse zu verdauen. Obwohl man in jeder Zeile das Mitgefühl und Engagement von Bryan Stevenson deutlich spürt, sind ...

Ohne Gnade ist das erste Buch, das ich zur Seite legen musste, um die geschriebenen Ereignisse zu verdauen. Obwohl man in jeder Zeile das Mitgefühl und Engagement von Bryan Stevenson deutlich spürt, sind die Szenen, die er schildert, leider brutale Realität. Immer wieder musste ich mich daran erinnern, dass ich gerade keinen Thriller, sondern ein Sachbuch über die amerikanische Polizeigewalt und Justizwillkür, in den Händen hielt.

In den USA ist es keine Seltenheit, dass Teenager von gerade einmal dreizehn Jahren lebenslänglich ins Gefängnis müssen oder sogar zum Tode verurteilt werden. Vor allem, wenn sie eine dunklere Hautfarbe haben, stellen sie für die Beamten und Richter ein gefundenes Fressen dar. Aus diesem Grund setzte sich Bryan Stevenson kurz nach seinem Studium dafür ein, Kinder und die, die zu Unrecht hinter Gittern sitzen, vor der Todesstrafe zu retten.
Was ich besonders gut fand, ist, dass es einen „Hauptfall“ gibt, der sich durch das Buch zieht: Walter McMillian bekam wegen Mord die Todesstrafe, behauptet jedoch, unschuldig zu sein. Nun ist es Bryans Aufgabe, für Gerechtigkeit zu sorgen und Walter vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren. In den vielen Jahren, die er für seinen Klienten kämpft, lernt er immer mehr Insassen kennen, die trotz ihrer Unschuld verhaftet wurden und er sieht es als seine Pflicht, für Gnade und Erlösung zu sorgen.

In seinem Buch schildert er die unterschiedlichsten Fälle – sie reichen von afro-amerkanischen Jugendlichen, deren einziges Motiv war, dass sie das Opfer vor der Tatzeit als letztes sahen, bis hin zu geistigbehinderten Erwachsenen, die eher medizinische Hilfe benötigen und nicht in ein Gefängnis gehören. Es fällt mir schwer, etwas vom Inhalt preiszugeben, da die einzelnen Fälle selbst so komplex und spannend sind, dass ich ungern etwas vorweg nehmen möchte. Doch ich kann mit Gewissheit sagen, dass Stevenson bei seiner Erzählung kein Detail auslässt. Von Anfang bis Ende werden die Geschichten der Insassen beschrieben. Manche können dem endgültigen Schicksal entkommen, andere müssen unter ihrer Verurteilung leiden. Während man jede Geschichte genau erfährt, lernt man auch sehr viel über jeden einzelnen vermeintlichen Kriminellen: man weint, man ist schockiert, man muss an einigen Stellen schwer schlucken, aber Ohne Gnade wäre kein so außergewöhnliches Buch, wenn der Autor nur distanziert von den Fällen erzählt hätte.

An Bryan Stevensons Erzählung sollte sich jeder einmal herangetraut haben. Es ist zwar zwischendurch ziemlich starker Tobak, aber gleichzeitig auch eine umfangreiche Darstellung der amerikanischen Rechtslage. Mit seiner „Equal Justice Intitiative“ hat der Autor und Anwalt vielen Menschen das Leben gerettet.

Zum Verständnis: Equal Justice Initiative

- Abschaffung der Todesstrafe
- Verbesserung der Zustände in Gefängnissen
- Freilassung von Insassen, die unschuldig sind
- Rassismus im Strafrecht entgegenwirken
- Unterstützung von Armen, die sich keinen Anwalt leisten können
- Verbot der Inhaftierung von Kindern und Erwachsenen in gleichen Gefängnissen

Obwohl es einem bei Themen wie Exekution und Verurteilung schwer fällt, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen, finde ich es wichtig zu wissen, dass es gewisse Superhelden in den Gerichtssälen gibt, die alles dafür tun, um sich für ihre Klienten einzusetzen. Bryan Stevenson konnte zwar nicht alle seine Schützlinge vor dem Tod bewahren, aber mit seiner Initiative wird er in Zukunft dafür sorgen, dass sich die Rechtslage in den USA bessert – und zwar in Hinsicht auf die Verurteilung und den Umgang von Häftlingen.

Veröffentlicht am 02.03.2018

Eine selbstlose Freundschaft

Bailey - Ein Freund fürs Leben
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Die ersten paar Kapitel waren nicht unbedingt dazu da, den Leser an das Buch zu binden. Ereignisse wiederholen sich und es wird immer wieder der gleiche Trott beschrieben. Das liegt allerdings daran, dass ...

Die ersten paar Kapitel waren nicht unbedingt dazu da, den Leser an das Buch zu binden. Ereignisse wiederholen sich und es wird immer wieder der gleiche Trott beschrieben. Das liegt allerdings daran, dass auch das Leben eines Welpen recht eintönig ist. Würden auf den ersten zwanzig Seiten nur spektakuläre Dinge passieren, hätte ich vielleicht gesagt, es wäre mir zu realitätsfern. Dass das Buch einen von der ersten Seite an fesselt war allerdings nicht der Fall und nach einem Kinofilm, den ich so bewegend fand, ist das ein bisschen schade.

Da das Buch aus der Sicht eines Hundes geschrieben ist, der die Welt zum ersten Mal erkundet, ist sein Sprachvermögen auf den ersten Kapiteln sehr beschränkt. Ich fand es unglaublich süß zu lesen, wie selbstlos und liebevoll Bailey dargestellt wird, doch der recht einfach gehaltene Wortschatz hat den Spannungsbogen für mich etwas nach unten gezogen.
Das besondere an Bailey ist, dass er mehrmals wiedergeboren wird. Als Straßenhund hat er nur ein recht kurzes Leben, doch als er dann als Golden Retriever Männchen erwacht, trifft er schon bald auf den achtjährigen Ethan und erkennt seine Bestimmung: er muss auf den kleinen Jungen aufpassen. Bailey und Ethan werden schnell beste Freunde, Bailey lernt, dass es nicht nur gute Menschen gibt und rettet Ethan sogar das Leben. Doch auch Golden Retriever sind nicht unsterblich und so muss Bailey nach seiner gemeinsamen Zeit mit seinem besten Freund Abschied nehmen.

Als Polizeihund Ellie bekommt Bailey zum ersten Mal eine Aufgabe: er kann Menschen helfen. Er lebt ein spannendes und abenteuerliches Leben, doch Ethan kann er nie vergessen. Er fragt sich oft, wo er wohl sein mag und ob er ihn noch einmal wiedersieht. Jahrelang muss Bailey jedoch ohne seinen besten Freund auskommen. Er lernt neue Menschen kennen, rettet Leben und wird schließlich als Bernhardiner-Mischling von einem lieblosen Paar ausgesetzt. Bailey ist auf sich allein gestellt, verbringt viele Nächte allein im Park, bis ihn seine Spürnase zurück zu Ethan bringt. Dieser ist inzwischen ein alter Mann, der keinen Hund mehr bei sich aufnehmen mag, doch Bailey weiß, dass seine Zeit mit Ethan noch nicht abgelaufen ist.

Als großer Hundeliebhaber muss ich sagen, dass mir das Buch, nach ein paar Anlaufschwierigkeiten, doch sehr gefallen hat. Bailey ist eine unglaublich treue Seele. W. Bruce Cameron hat es geschafft, das liebevolle Wesen seines Helden wahrheitsgetreu aufs Papier zu bringen. Bailey – Ein Freund fürs Leben ist ein Buch mit viel Herz und wenig Spannung.

Veröffentlicht am 02.03.2018

HeLa steht für 'Lebensretter' und 'Armut'

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks
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Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von ...

Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von den HeLa-Zellen, geschweige denn von Henrietta und ihrer Familie, gehört. Mit ihrem Bestseller hat es Rebecca Skloot geschafft, nicht nur die medizinischen Durchbrüche mit Hilfe der Krebszellen zu beschreiben, sondern auch die Familiengeschichte der Lacks und wie sie unter den Folgen der Zellentnahme ihrer Mutter, Frau, Schwester und Freundin leiden, wahrheitsgemäß aufzuschreiben. Mit meiner Rezension werde ich versuchen, dem Buch gerecht zu werden, da es aber auch sehr komplex geschrieben ist, habe ich mich dazu entschlossen, auf die vielen medizinischen Termini und Forschungen nicht im Detail einzugehen.

In den fünfziger Jahren erkrankt die dreißigjährige Henrietta Lacks an Gebärmutterhalskrebs. Die schwarze Tabakarbeiterin wird im Johns Hopkins Krankenhaus mit Hilfe von Radium-Therapien behandelt, die allerdings keine Wirkung zeigen. Kurz bevor sie am 4. Oktober 1951 stirbt, entnehmen Ärzte Zellproben ihrer gesunden Gebärmutterschleimhaut und von ihrem Krebs und schicken sie an Dr. George Gey. Dieser arbeitete daran, Zellen außerhalb des Körpers am Leben zu erhalten, doch alle Proben starben nach nur wenigen Stunden. Die kranken Krebszellen von Henrietta hatten sich allerdings nach nur 24 Stunden verdoppelt und legten somit den Grundstein für viele medizinische Tests. Die Tatsache, dass Henrietta die Zellen entnommen werden, als sie bewusstlos auf dem Op-Tisch liegt, sorgt Jahrzehnte später für große Empörung.

Da sich die HeLa-Zellen innerhalb kürzester Zeit vervielfachen, entscheiden sich die Ärzte dazu, die Proben an Kollegen zu verschicken, damit diese ihre Medikamente an den entnommenen Krebszellen testen können. Über viele Jahre hinweg half Henrietta Lacks somit in der Aufklärung einiger Krankenheiten und wie man diese bekämpfen kann. HeLa half in der Entdeckung von genetischen Krankheiten, wie zum Beispiel Down Syndrom, Klinefelter Syndrom und Turner Syndrom, es unterstützte Wissenschaftler dabei HIV-Viren zu behandeln und half bei der Bildung von Hornhaut, die blinden Patienten die Sehfähigkeit zurückgeben könnte. Von all diesen medizinischen Fakten und großen Begriffen war ich total begeistert, doch als Rebecca Skloot immer mehr auf die Familiengeschichte der Lacks einging, empfand ich Mitleid, zu einem gewissen Grad Wut und das Verlangen nach Gerechtigkeit.

Zusammen mit ihrem Mann David hatte Henrietta fünf Kinder. Sie lebten schon immer in Armut, hielten sich aber gemeinsam über Wasser. Als Henrietta dann erkrankt, ist ihr Mann plötzlich mit den Kindern allein und bekommt keine Unterstützung. Dass seiner Frau Zellen entnommen wurden, erfährt David nicht. Auch nicht, dass diese Zellen für ungefähr 25 Dollar pro Flasche verkauft werden – Geld, von dem die Familienmitglieder von Henrietta nie einen Cent sehen. Im Buch wird es mehrmals ausdrücklich erwähnt, dass Ärzte für die Entnahme von Gewebe keine Einverständniserklärung der Patienten brauchten. Wenn man sich allerdings vorstellt, dass die Lacks Familie ihre eigenen Arztrechnungen nicht bezahlen konnte, hat das schon einen ironischen Beigeschmack.

In ihrem Buch verbringt Rebecca Skloot viel Zeit mit Deborah, Henrietta und Davids jüngster Tochter. Sie leidet unter dem Tod ihrer Mutter am meisten, denn sie war gerade einmal vier Jahre alt, als sie starb und hatte nie die Chance ihre Mutter wirklich kennenzulernen. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Deborah über die Zellen ihrer Mutter weiß. Noch erschreckender ist es, wie ihr laienhaftes Wissen über Medizin ausgenutzt wurde, um auch von ihr DNA-Proben zu bekommen. Fast 70 Jahre nach Henriettas Tod werden noch Vermutungen angestellt, wie der Umgang mit der Lacks Familie besser hätte laufen können: Hätte man ihnen von vornherein etwas von der Gewebsprobe erzählen sollen? Hätten sie einen Anspruch auf das Geld gehabt, für das die Zellen verkauft wurden? Wie wäre die Familie mit ihrem womöglich hohen Bekanntheitsgrad umgegangen und wie hätte dies ihr Leben verändert?

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks ist ein unglaublich spannendes Buch, aber definitiv nichts für schwache Nerven. Man bekommt nicht nur einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Medizin, sondern erfährt, was sich genau auf der Schattenseite der berühmten HeLa-Zellen abgespielt hat. Selbst wenn die Ärzte kein Einverständnis zur Entnahme der Gewebsprobe gebraucht haben – ich hätte mir sehr gewünscht, wenn sie sich nicht nur in diesem Punkt etwas menschlicher verhalten hätten.

Veröffentlicht am 28.02.2018

Verkauft, Versklavt, Gerettet

Twelve Years a Slave
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Vor ein paar Jahren, kurz nachdem der Film veröffentlicht wurde, habe ich ihn mir angesehen und konnte mich noch gar nicht dafür begeistern. Ehrlich gesagt bin ich zwischendrin eingeschlafen und habe dann ...

Vor ein paar Jahren, kurz nachdem der Film veröffentlicht wurde, habe ich ihn mir angesehen und konnte mich noch gar nicht dafür begeistern. Ehrlich gesagt bin ich zwischendrin eingeschlafen und habe dann einige wichtige Szenen übersprungen, damit ich wenigstens das Ende noch mitbekomme. Dann, letztes Jahr, belegte ich das Seminar „Interracial Negotiations in Fiction and Film“ und nachdem wir einige andere Sklavengeschichte besprochen hatten – zum Beispiel die Biografie von Frederick Douglass – habe ich mich noch einmal an den Film und letztendlich auch an as Buch herangetraut. Und siehe da, es gefiel mir so gut, dass ich tatsächlich eine Hausarbeit über die Geschichte von Solomon Northup schrieb.

Solomon lebte mit seiner Familie in Saratoga, New York und wurde als freier Mann geboren. Damals, in den 1840er Jahren, gehörte er noch zu der Minderheit, denn die Sklaverei war zwar im Norden der USA nicht sehr ausgeprägt, aber doch sporadisch verbreitet. Zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte er in einem Haus, verdiente sein Geld mit Handwerksarbeiten und dem Violinspiel. In seiner Region ist er als Musiker sehr bekannt – häufig wird er dafür bezahlt, auf Feiern zu spielen. Doch sein Talent soll ihm schon bald zum Verhängnis werden, denn zwei Unbekannte – Mr Brown und Mr Hamilton – laden ihn nach Washington ein und bieten ihm eine immense Summe Geld dafür, dass er ihren Zirkus für etwa drei Wochen musikalisch begleitet. Ohne lang darüber nachzudenken, willigt Solomon ein, denn das Geld können er und seine Familie gut gebrauchen.

Die Auftritte bei den beiden Unternehmern scheinen gut zu laufen, denn bei einem Abschlussessen feiern die drei ihre Erfolge. Doch schon bald wird Solomon schrecklich übel, sodass er von den zwei vermeintlichen Gentlemen Brown und Hamilton auf sein Zimmer gebracht wird um sich auszuruhen. Dort wacht er jedoch nicht auf.
Gefesselt in einem Verlies kommt Solomon wieder zu Bewusstsein und denkt, dass es sich um einen Irrtum halten muss. Wütend stellt er zwei Männer, die sich als Sklavenhalter herausstellen, zu Wort und verlangt Gerechtigkeit für ihr Verhalten. Anstatt ihn freizulassen, wird Solomon allerdings ausgepeitscht und ihm wird somit das Schweigen beigebracht. Er erfährt, dass er als Sklave verkauft wurde; seine Unterlagen, die beweisen, dass er ein freier Mann ist, sind unauffindbar und somit muss sich Solomon seinem Schicksal fügen. Er wird auf einen Sklavenmarkt verschifft und dort, unter dem Namen Platt, von einem Mr Ford gekauft. Mit dem Verkauf an den recht fairen Sklavenhalter, tritt Solomon Northup offiziell in das Sklavenleben ein. Er bekommt Arbeitskleidung, muss sich mit mehreren Leuten eine Kabine teilen und muss von früh morgens bis spät abends dem Zimmermann Tibeats assistieren.

Da Solomon über dreißig Jahre als freier Bürger von New York gelebt hat, fällt es ihm schwer, seine „Kollegen“ als Dienstherren anzusehen. Vor allem mit John Tibeats legt er sich des öfteren an, da er es sich verbietet, als zweitrangig und untergeordnet behandeln zu lassen. Die Streitigkeiten und Drohungen von Tibeats Seite aus gehen so weit, dass Mr Ford sich gezwungen sieht, Solomon an einen Nachbarn zu verkaufen. Bei seinem neuen Besitzer, Mr Epps, verbringt er zehn Jahre, bis er endlich befreit wird.
Edwin Epps stellt sich als grausamster Skalvenhalter, bei dem Solomon gelebt hat, heraus. Er ergötzt sich regelrecht daran, seine schwarzen Arbeiter zu misshandeln. Des Weiteren lernt der Protagonist, sich in die Sklavengemeinschaft einzubringen, denn als Einzelgänger ist es schier unmöglich, die mentalen und körperlichen Gewalttaten zu überleben.

Nach zwölf Jahren harter Arbeit gelingt es Solomon, Kontakt mit Freunden von Saratoga aufzunehmen und er wird von Edwin Epps strenger Hand befreit. Es fällt einem sehr schwer, über die Sklaverei zu lesen. Für jemanden, der im 21. Jahrhundert lebt, ist es unvorstellbar, dass afro-amerikanische Bürger einst ausgepeitscht und wie Tiere behandelt wurden. Solomon Northups Geschichte ist auch vor allem deswegen interessant, weil er nicht, wie die meisten, in die Sklaverei hineingeboren, sondern als unabhängiger, freier Mitmensch gekidnappt und verkauft wurde.

12 Years a Slave ist ein unglaublich packendes Buch und ich bin froh, dass ich Solomons Geschichte eine zweite Chance gegeben habe. Meiner Meinung nach ist es eine Biografie, die jeder einmal gelesen haben sollte. Sie regt zum Nachdenken über das Miteinander und Behandeln von Menschen an und zeigt uns gleichzeitig, dass Rassismus auch heute leider noch ein vorherrschendes Thema ist.