Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.12.2016

Panorama eines geschichtsträchtigen Jahres

Schöne Tage 1914
0

1914, das Jahr, das die Welt für immer verändern sollte, beginnt ganz normal: mit Silvesterfeiern, Opernpremieren und sportlichen Wettkämpfen.
Bertha von Suttner ist mit den Vorbereitungen für eine im ...

1914, das Jahr, das die Welt für immer verändern sollte, beginnt ganz normal: mit Silvesterfeiern, Opernpremieren und sportlichen Wettkämpfen.
Bertha von Suttner ist mit den Vorbereitungen für eine im September geplante Friedenskonferenz beschäftigt, und die interessierte Öffentlichkeit kann via Medien an politischen Auseinandersetzungen im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn oder auch an der Aufklärung spektakulärer Verbrechen teilhaben.
Doch während die Bürger ihr normales Leben führen und sich an den Segnungen der Moderne erfreuen, wird hinter den Kulissen bereits die Notwendigkeit eines baldigen Krieges erörtert.
Selbst als mit der Ermordung des Thronfolgers der spätere Kriegsgrund eintritt, hat dies zunächst wenig Auswirkungen auf den gewohnten Alltag – bis schließlich tausende junge Männer einberufen werden, für einen Krieg, der sogar von vielen Angehörigen der kulturellen Elite zunächst freudig begrüßt wird.

Von all dem erzählt Gerhard Jelinek in diesem Buch. Er berichtet von weltgeschichtlich bedeutsamen wie auch von banalen Geschehnissen, die sich zwischen dem 1. Jänner und dem 3. August 1914, dem Tag, an dem mit der Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich endgültig der Weltkrieg ausbrach, ereignet haben. Dabei stützt er sich auf Zeitungsartikel sowie auf Briefe und Tagebuchentragungen von Zeitzeugen. Dadurch gelingt es sehr gut, die Stimmungslage jener Zeit einzufangen, wobei der Autor es nicht versäumt, in knappen Kommentaren immer wieder auf das bevorstehende Unheil hinzuweisen.

So ist dieses Werk nicht nur als historische Rückschau interessant, sondern zeigt auch, wie schnell aus scheinbar heiterem Himmel eine Katastrophe hereinbrechen konnte und wie gut es den Mächtigen gelang, das einfache Volk in die Irre zu führen und zu manipulieren.

Veröffentlicht am 18.12.2016

Die vier Leben eines Hundes

Bailey - Ein Freund fürs Leben
0

Ein Hund berichtet hier von seinen Erlebnissen – und da hat er einiges zu erzählen, hatte er doch nicht nur ein Leben, sondern deren vier. Denn nach jedem Tod wird er zu seiner eigenen großen Überraschung ...

Ein Hund berichtet hier von seinen Erlebnissen – und da hat er einiges zu erzählen, hatte er doch nicht nur ein Leben, sondern deren vier. Denn nach jedem Tod wird er zu seiner eigenen großen Überraschung als Welpe wiedergeboren. Er findet sich dabei jeweils nicht nur als Angehöriger einer anderen Hunderasse, sondern auch unter ganz unterschiedlichen Lebensumständen wieder, begegnet den unterschiedlichsten Menschen und erfährt die verschiedenen Rollen, welche Hunde in der menschlichen Gesellschaft einnehmen.
Währenddessen fragt er sich zunehmend, was das alles soll und worin der Sinn seiner Existenz besteht.

Es gelingt dem Autor hier durchaus gut, die Perspektive eines Hundes einzunehmen und darzustellen, wie menschliche Verhaltensweisen und Beziehungsmuster auf ein solches Tierchen wirken müssen.
Natürlich dürfen dabei einige Klischees nicht fehlen und manchmal wirkt es etwas übertrieben, wie viel der Hund teilweise versteht und welch schlaue Pläne er entwickelt, während er in anderen Situationen wieder so gar nicht erfasst, worum es den Menschen eigentlich geht. Doch bei einer Geschichte, die aus der Sicht eines mehrmals wiedergeborenen Hundes erzählt wird, darf man selbstverständlich keinen Realismus erwarten.
Sehr gut gefallen hat mir jedenfalls, dass hier auch thematisiert wird, wie schlecht Hunde von uns Menschen bisweilen – teils aus Bosheit, teils aber auch einfach aus Unwissenheit oder mangelndem Einfühlungsvermögen – behandelt werden, sodass hier nicht nur fröhliche Geschichten erzählt, sondern diverse Facetten der Beziehung zwischen Mensch und Hund ausgeleuchtet werden.

Alles in allem ist dies ein nettes und flott lesbares Buch für alle Hundeliebhaber, das oftmals zum Schmunzeln animiert, aber auch traurige Momente nicht ausspart.

Veröffentlicht am 15.12.2016

Interessantes Thema mit blutleeren Charakteren

Der Ameisenhaufen
0

Vera Russwurm, seit Jahrzehnten in verschiedenen Positionen beim Fernsehen tätig, hat hier quasi als Insiderin einen Roman zu diesem Thema verfasst – natürlich mit dem Hinweis, dass Ähnlichkeiten mit lebenden ...

Vera Russwurm, seit Jahrzehnten in verschiedenen Positionen beim Fernsehen tätig, hat hier quasi als Insiderin einen Roman zu diesem Thema verfasst – natürlich mit dem Hinweis, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen nicht beabsichtigt sind.
Im Mittelpunkt steht die Produktionsfirma „Master-TV“ bzw deren Mitarbeiter, die sich mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sehen. Als nach einem Einbruch in das Büro des CEOs Einsparungen vorgenommen werden müssen, werden die Kandidaten für die neue Show „Ameisenhaufen“ aus der eigenen Belegschaft zwangsrekrutiert. Die Gefahr einer öffentlichen Demütigung ist groß, doch als Preis winkt eine Million Euro. Daneben haben sie auch mit beruflichen Schwierigkeiten und privaten Verwicklungen zu kämpfen.

Die Grundidee hinter diesem Buch ist vielversprechend und auch die Protagonisten wären interessant angelegt. Sie haben Geheimnisse zu verbergen, kämpfen um das Sorgerecht für ihre Kinder oder ringen darum, eine alte Liebe vergessen zu können.
Allerdings ist den Figuren zu wenig Leben eingehaucht, sie wirken eher blass und der Erzählstil ist zu unpersönlich. Ich konnte daher nicht wirklich mit ihnen mitfiebern.
Außerdem enthält die Handlung kaum echte Spannung, es tauchen zwar immer wieder irgendwelche Probleme auf, diese lösen sich aber meist mehr oder weniger von selbst und der Schluss ist zu Happy-End-mäßig. Auch die Aufklärung des Kriminalfalls bietet keinen richtigen Überraschungseffekt.
Vielleicht hätte die Geschichte mehr als 200 Seiten gebraucht, um sich richtig entfalten zu können.

Obwohl das Buch einige Einblicke in eine aufregende Branche gewährt, bleibt alles in allem doch nur ein mittelmäßiger Eindruck zurück.

Veröffentlicht am 15.12.2016

Abenteuer im mittelalterlichen Salzburg

Das Buch der Finsternis
0

Dies war mein erster Jugendroman von Richard Dübell, den ich aber weitgehend auch Erwachsenen empfehlen kann.
Wir begleiten den 13jährigen Quirin, der im Salzburg des Jahres 1486 als Gehilfe eines Buchdruckers ...

Dies war mein erster Jugendroman von Richard Dübell, den ich aber weitgehend auch Erwachsenen empfehlen kann.
Wir begleiten den 13jährigen Quirin, der im Salzburg des Jahres 1486 als Gehilfe eines Buchdruckers arbeiten muss, um damit die Lehre seines älteren Bruders zu finanzieren.
Sein bisher so eintöniges Leben wird plötzlich aus der Bahn geworfen als sein Meister ihm während eines Aufenthalts im Kloster Admont ein Buch zuspielt, das von einem tödlichen Geheimnis umrankt ist.
Gemeinsam mit der 14jährigen Anna, die einiges Negatives über den Abt des Klosters sowie den die Gegend regierenden Burggrafen zu erzählen weiß, begibt er sich auf eine abenteuerliche und gefährliche Reise nach Salzburg, mit dem Ziel, das seltsame Buch dem Erzbischof zu übergeben.
Währenddessen muss er sich immer wieder die Frage stellen, auf welcher Seite die Menschen, denen er unterwegs begegnet, eigentlich stehen.

Ich konnte mich sehr gut in Quirin hineinversetzen und mit ihm mitfiebern. Dabei ist es auch schön zu beobachten, wie sich seine Persönlichkeit weiterentwickelt und der zu Beginn sehr unsichere Junge, welcher sich nur als Figur in den Plänen anderer Menschen fühlt, beschließt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und nach und nach immer mehr Selbstvertrauen erwirbt.

Die Geschichte wird flott erzählt mit vielen Spannungsmomenten und überraschenden Wendungen, einiges ist nicht so wie es zuerst scheint. So ist dies kein reiner Abenteuerroman, der Inhalt geht teilweise mehr in die Tiefe und zeigt beispielsweise, dass man sich nicht nur vom äußeren Eindruck leiten lassen sollte.
Zwar enthält die Handlung doch ein paar Ungereimtheiten, über diese kann aber großteils hinweggesehen werden.

Weiters ist die Darstellung des historischen Hintergrundes sehr gelungen. Sie erweckt die Vergangenheit zum Leben und kommt dabei ohne langatmige Erklärungen und allzu detaillierte Informationen aus.

Veröffentlicht am 15.12.2016

Episoden aus der Salzburger Geschichte

Salzburger Schicksalsorte
0

Dieses Buch versammelt 27 Beiträge, die zwischen 2011 und 2014 in den „Salzburger Nachrichten“ unter dem Titel „Salzburger Schicksalsorte“ erschienen sind.
Die zwei bis vier Seiten langen Kapitel werfen ...

Dieses Buch versammelt 27 Beiträge, die zwischen 2011 und 2014 in den „Salzburger Nachrichten“ unter dem Titel „Salzburger Schicksalsorte“ erschienen sind.
Die zwei bis vier Seiten langen Kapitel werfen jeweils einen kurzen Blick auf interessante Begebenheiten aus der Geschichte des Bundeslandes Salzburg. Sie erzählen beispielsweise vom Bau des Almkanals, dem Zauberer-Jackl-Prozess, Salzleckern in Schwarzach, Desserteuren in Weng oder der Brandkatastrophe bei der Kapruner Gletscherbahn.

Man merkt den Texten ihre journalistische Herkunft an, es geht weniger um die Darstellung historischer Hintergründe, vielmehr stehen Erlebnisse und Schicksale einzelner Personen im Mittelpunkt. Dazu tragen Gespräche mit Zeitzeugen oder Leuten, die näher über das jeweilige Thema geforscht haben (und für deren darüber verfasste Veröffentlichungen dann auch gleich geworben wird) bei.

Natürlich hatte nicht jeder der hier erwähnten Orte einen riesengroßen Einfluss auf das Schicksal des Landes, die diversen Episoden bieten aber vielfältige und lebendige Einblicke in die Vergangenheit und machen auch auf manche unscheinbaren, beinahe in Vergessenheit geratenen Ereignisse aufmerksam, die dennoch eine weitreichendere Bedeutung entfalten sollten oder sich gut zur Illustration früherer Lebenswelten eignen.