Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.12.2016

Schicksale im hohen Norden

Töchter des Nordlichts
0

Dieser Roman erzählt von zwei Frauen auf der Suche nach ihrer Identität.
Finnmark, 1915: Die glückliche Kindheit der neunjährigen Samin Ailu findet ein jähes Ende, als sie zwangsweise in ein Internat eingewiesen ...

Dieser Roman erzählt von zwei Frauen auf der Suche nach ihrer Identität.
Finnmark, 1915: Die glückliche Kindheit der neunjährigen Samin Ailu findet ein jähes Ende, als sie zwangsweise in ein Internat eingewiesen wird, wo samische Kinder zu „richtigen“ Norwegern erzogen werden sollen. Noch Jahre später nagt das Gefühl, nirgendwo richtig dazuzugehören, an ihr.
Oslo, 2011: Nora hat erst vor kurzem erfahren, dass ihre Mutter ihr die Wahrheit über ihren Vater lange verschwiegen hat. Im hohen Norden lernt sie schließlich ihre samischen Verwandten kennen. Von vielen wird sie freundlich aufgenommen, muss aber auch mit heftiger Ablehnung zurecht kommen.

Diese beiden Geschichten werden jeweils abwechselnd erzählt, wodurch durchaus eine gewisse Spannung entsteht.
Die Handlung ist allerdings oftmals vorhersehbar und es sind einige unrealistische oder zumindest unwahrscheinliche Wendungen eingebaut. Es wird viel Platz auf die Schilderung des Innenlebens der Protagonistinnen verwendet, was es zwar leicht macht, sich in sie hineinzuversetzen, teilweise werden ihre Gedankengänge aber ein bisschen zu ausführlich dargestellt. Vor allem Noras ständige Grübeleien und Selbstvorwürfe werden mit der Zeit etwas langweilig.

Dafür kann dieses Buch aber mit interessanten Informationen zur Lebensweise der Sami und den Problemen der samischen Minderheit in Norwegen, sowie mit anschaulichen Landschaftsbeschreibungen punkten.

Veröffentlicht am 04.12.2016

Vielfältige Erklärungen

Wie funktioniert die Welt?
0

Ich habe schon mehrere dieser von John Brockman herausgegebenen Bücher zur „Edge-Frage“ gelesen und war immer wieder begeistert von der Fülle an spannenden Informationen und inspirierenden Gedankengängen, ...

Ich habe schon mehrere dieser von John Brockman herausgegebenen Bücher zur „Edge-Frage“ gelesen und war immer wieder begeistert von der Fülle an spannenden Informationen und inspirierenden Gedankengängen, die sie beinhalten.
Dieses Mal widmen sich ca 150 Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen der Beantwortung der Frage „Welches ist Ihre tiefgreifende, elegante oder schöne Lieblingserklärung?“

Schon allein die unterschiedlichen Ansichten darüber, welche Kriterien eine Erklärung erfüllen muss, um als „schön“ oder „elegant“ zu gelten, sind dabei sehr interessant.
So wird hier ein breites Spektrum an Themen aus den unterschiedlichsten Gebieten – wie Biologie, Physik, Mathematik, Psychologie oder Philosophie – angesprochen. Neben allgemein bekannten Theorien wie Evolution durch natürliche Selektion, Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus oder diversen Aspekten der Quantentheorie, finden sich auch Überlegungen zu etwas abseits gelegenen oder spezielleren Sachverhalten. Besonders interessant fand ich es immer, wenn Erklärungsansätze für etwas geboten werden, das scheinbar gar keiner Erklärung bedarf.
Es gibt beispielsweise Überlegungen dazu, warum die Griechen rote Menschen auf schwarze Gefäße malten, wie ein Geldsystem sich ohne bewussten Plan entwickeln kann, welchen „Gesetzen“ ein schmackhaftes Kochrezept gehorchen sollte, welche Bedeutung Metaphern für die Funktionsweise unseres Geistes haben, ... und vieles, vieles mehr.

Ich kann dieses Werk daher allen, die sich für Wissenschaft interessieren, nur weiterempfehlen, hier kann sicherlich jeder noch etwas Neues erfahren.

Veröffentlicht am 04.12.2016

Aufdeckung eines Familiengeheimnisses

Das Bienenmädchen
0

Inspiriert von ihrem Vater, der sich vor seinem Tod sehr für einen ihr bisher unbekannten Onkel namens Rafe Ashton interessiert hatte, beschließt Lucy spontan, ein paar Tage in dem kleinen Ort St Florian ...

Inspiriert von ihrem Vater, der sich vor seinem Tod sehr für einen ihr bisher unbekannten Onkel namens Rafe Ashton interessiert hatte, beschließt Lucy spontan, ein paar Tage in dem kleinen Ort St Florian zu verbringen, wo ihre Großmutter einen Teil ihrer Jugend verbracht hatte, und dort Nachforschungen über ihre Familiengeschichte anzustellen. Sie lernt Beatrice, eine Jugendfreundin ihrer Großmutter Angelina, kennen. Diese erzählt von ihrem Leben, und diese kurz vor und vor allem während des Zweiten Weltkriegs angesiedelte Geschichte hat viel Drama und – trotzdem einige Entwicklungen und Zusammenhänge früh erahnbar sind – einige Spannung zu bieten.

Der Roman handelt abwechselnd von Lucys Erlebnissen in St Florian und Beatrices Lebensgeschichte, wobei letztere zunehmend den größeren Raum einnimmt. Sie ist – trotz mancher Längen – auch der interessantere Teil.
Man kann Beatrices Entwicklung vom schüchternen, unsicheren Mädchen zu einer starken jungen Frau, die in ihrer Einsatzbereitschaft für ihr Land großen Mut beweist, gut verfolgen, und bei all den Tragödien, die sie erlebt, mit ihr mitfühlen. Auch Angelina und ihre Familie sind nachvollziehbar gezeichnet. Sie wirken zwar nicht immer sonderlich sympathisch, man kann aber doch auch verstehen, wie ihre Persönlichkeiten geformt wurden und wodurch sie zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden.
Zwar bleibt hier einiges offen und manche Fragen unbeantwortet, die Geschichte wird aber jedenfalls letztlich zu einem positiven, „versöhnlichen“ Ende geführt.

Der in der Gegenwart angesiedelte Handlungsstrang um Lucy wirkt dagegen teilweise etwas lieblos gestaltet und tritt mit der Zeit auch immer mehr in den Hintergrund. Zwar würde es hier durchaus ausbaufähige Ansätze geben, es wird ihnen aber einfach nicht genug Platz eingeräumt, um sich entfalten zu können.

Veröffentlicht am 04.12.2016

Prägende Ereignisse

Schicksalsorte Österreichs
0

Der Autor hat für dieses Buch 25 Örtlichkeiten ausgewählt, an welchen sich für die österreichische Geschichte prägende Ereignisse zugetragen haben. Von der Gefangenschaft von Richard Löwenherz in Dürnstein ...

Der Autor hat für dieses Buch 25 Örtlichkeiten ausgewählt, an welchen sich für die österreichische Geschichte prägende Ereignisse zugetragen haben. Von der Gefangenschaft von Richard Löwenherz in Dürnstein bis zur Brücke von Andau, die 1956 vielen Ungarn den Weg in die Freiheit ebnete.
Er schildert den Ablauf der jeweiligen Geschehnisse, erläutert ihre Hintergründe sowie Folgen und lässt oft auch Zitate aus Berichten von Augenzeugen einfließen. Durch letzteres werden die ansonsten eher sachlichen Ausführungen immer wieder lebendig.
Die Darstellungen sind gut lesbar und ermöglichen es, in vergangene Zeiten und historische Zusammenhänge einzutauchen. Nur die Beschreibungen bezüglich des Ablaufs diverser Schlachten hätten für meinen Geschmack etwas weniger ausführlich sein können.
Außerdem wirkt die Auswahl der Orte etwas unausgewogen (aber dies trifft auf die meisten derartigen Werke zu). Mit der sieben Jahre währenden NS-Herrschaft befassen sich vier Kapitel, die 60 Jahre seit 1956 finden dagegen keine Beachtung, obwohl es sicher auch in diesem Zeitraum schicksalsträchtige Ereignisse (z.B. Fall des Eisernen Vorhangs, EU-Beitritt) gegeben hätte.

Veröffentlicht am 27.11.2016

Die Normannen in England

Das zweite Königreich
0

Rebecca Gable entführt den Leser hier an einen entscheidenden Wendepunkt der englischen Geschichte, eine Zeit, in der Angelsachsen und Normannen um die Vorherrschaft ringen und das Land zusätzlich immer ...

Rebecca Gable entführt den Leser hier an einen entscheidenden Wendepunkt der englischen Geschichte, eine Zeit, in der Angelsachsen und Normannen um die Vorherrschaft ringen und das Land zusätzlich immer wieder von Überfällen der Dänen geplagt wird.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Caedmon of Helmsby, Sohn eines Angelsachsen und einer Normannin, den es in jungen Jahren auf die Burg des normannischen Königs William in Rouen verschlagen hat. Im Jahr 1066 kehrt er im Gefolge Williams, den sie bald „den Eroberer“ nennen werden, nach England zurück, dient ihm fortan als Übersetzer und Berater und versucht, zwischen Engländern und Normannen zu vermitteln.

Wie üblich gelingt es der Autorin auch hier vortrefflich, historische Fakten und Fiktion zu vermengen und so Geschichte zum Leben zu erwecken. Die Handlung ist von Beginn an fesselnd und bliebt trotz einer Länge von beinahe 900 Seiten bis zum Schluss spannend.
Die Protagonisten sind lebensnah gezeichnet, ohne allzu viel Schwarz-Weiß-Malerei, und entstammen den verschiedensten Völkern und Gesellschaftsschichten, sodass an ihrem Beispiel verdeutlicht wird, wie schwierig und mit wie vielen Vorurteilen von beiden Seiten belastet die Etablierung der normannischen Herrschaft über England war.
Dabei hat der Leser immer wieder den Eindruck, hinter die Kulissen der Macht zu schauen und bei Entscheidungen hautnah dabei zu sein, die das Schicksal tausender Menschen nachhaltig beeinflussen werden.

Insgesamt ein gut recherchierter und packend geschriebener historischer Roman, den ich (wie auch die anderen Bücher der Autorin) allen Fans dieses Genres nur empfehlen kann.