Roadtrip mit Wohlfühlfaktor
Morgen mach ich bessere FehlerMit „Morgen mach ich bessere Fehler“ habe ich meinen ersten Roman von Petra Hülsmann gelesen. Eher ohne Erwartungen, aber mit der Einstellung „Noch so eine Roadtrip-Story“ bin ich an die Geschichte herangegangen ...
Mit „Morgen mach ich bessere Fehler“ habe ich meinen ersten Roman von Petra Hülsmann gelesen. Eher ohne Erwartungen, aber mit der Einstellung „Noch so eine Roadtrip-Story“ bin ich an die Geschichte herangegangen und wurde eines Besseren belehrt.
Elli, ihre Tochter Paula, Onkel Heinz und der Rechtsanwalt Cano finden sich durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle zusammen in einem altersschwachen Passat auf dem Weg von Hamburg nach München wieder. Vier unterschiedliche Charaktere, die anfangs miteinander natürlich auch ihre Schwierigkeiten haben. Und schon bald ist klar, dass die Fahrt länger als gedacht dauern wird, da das Quartett unterwegs mehrmals gezwungen ist, Pausen einzulegen.
Während die vier immer mehr Zeit miteinander verbrachten, veränderten sich auch viele Einstellungen und Sichtweisen. Der Roadtrip entwickelte sich nach und nach zu einer Geschichte mehrerer Selbstfindungen mit viel Selbstreflexion, Überwindung von Vorurteilen, vielen Lebensweisheiten, Eingeständnissen und Erkenntnissen. Schon relativ am Anfang konnte ich den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen und wollte ein Teil des Roadtrips sein.
Unter anderem lag das daran, dass die Geschichte – entgegen meiner Befürchtung – kein bisschen vorhersehbar war, aber auch an dem flüssigen, leicht zu lesenden und mit viel unaufdringlichem Humor gespickten Schreibstil. Oft musste ich schmunzeln, habe mich (auf eine positive Weise) fremd geschämt und habe mich als Leser voll und ganz in die Geschichte eingebunden gefühlt. Neben dem Humor haben mich aber auch echte Gefühle gepackt, sodass für mich die volle Bandbreite abgedeckt war.
Für die Geschichte hat sich Petra Hülsmann an vielen Klischees bedient und humoristisch verpackt, was mich im Wesentlichen nicht sehr gestört hat. Die Klischees waren nämlich in einen Rahmen eingebunden, der sie mich kritisch hat hinterfragen lassen. Einzig irritiert hat mich der Zwischenstopp in Franken. Auch hier wurde sich, um die Veranstaltung vor Ort anscheinend authentisch beschreiben zu wollen, an vielen Klischees bedient – unter anderem auch der Dialekt wurde (versucht) authentisch wiederzugeben. Tatsächlich bin ich selbst Fränkin (Oberfranken, um genau zu sein, was natürlich jetzt auch wieder den Unterschied ausmachen könnte) und war stellenweise sehr über den Dialekt verwundert. Ich habe beispielsweise hier noch nie jemanden „Gönig“ sagen hören. Auch unser „fei“ war eher zufällig in die Sätze eingeschoben, ganz so, als müsse man unbedingt die Klischee-Liste abarbeiten. Die erzwungene Authentizität konnte mich an dieser Stelle leider für den Moment nicht überzeugen.
ABER – ich bin mir natürlich im Klaren, dass das jetzt Meckern auf hohem Niveau ist. Und wie gesagt, in anderen Teilen Frankens mag man vielleicht auch wirklich so sprechen (Fragezeichen). Wir sagen im Übrigen eher „Könich“…
Alles in einem ist „Morgen mach ich bessere Fehler“ jedenfalls durchweg sehr unterhaltsam, lesenswert und eine gelungene Mischung aus Humor und Gefühlen. Auf eine unbeschwerte Weise wird gezeigt, dass es nie zu spät ist, um sich zu ändern oder den eigenen Platz in der Welt zu finden. Und natürlich – der Titel des Romans sagt es ja eigentlich schon – dass es auch okay ist, Fehler zu machen. Für mich eine klare Empfehlung!