Profilbild von Karschtl

Karschtl

Lesejury Star
offline

Karschtl ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karschtl über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2021

Geschichte immer noch aktuell

Moritz in der Litfaßsäule
0

Anfangs waren meine Jungs nicht sehr begeistert, als ich dieses alte und schon leicht zerschlissene Buch aus dem Regal gezogen hatte für unser allabendliches gemeinsames Lesen. So eine alte Kamelle... ...

Anfangs waren meine Jungs nicht sehr begeistert, als ich dieses alte und schon leicht zerschlissene Buch aus dem Regal gezogen hatte für unser allabendliches gemeinsames Lesen. So eine alte Kamelle... Aber ich bat sie, der Geschichte wenigstens eine Chance zu geben, und als Moritz dann weggelaufen war und in der Litfaßsäule lebte fanden sie es auch interessant. Nicht wirklich spannend (bemängelten sie), aber sie waren immerhin neugierig genug, dass sie weiterlesen wollten.

Die Geschichte des Buches ist auch immer noch aktuell, da merkt man die 40 Jahre nicht wirklich. Moritz fühlt sich von seinen Eltern zu sehr allein gelassen, da sie vor lauter Arbeit und Abendstudium nie Zeit für ihn haben. Dabei bräuchte er dringend ein bisschen Unterstützung, denn Moritz ist zwar überhaupt nicht dumm aber braucht immer ein bisschen mehr Zeit als andere Kinder. Das ist gerade in der Schule oft nicht möglich, und führt dann leider zu schlechten Noten. Als dann noch der Klassenlehrer zu einem Elternbesuch kommt um ein ernstes Wort mit dem Vater zu reden - der leider gar nicht Partei für Moritz ergreift, obwohl er doch von den Vieren schon wusste und am Nachmittag noch zu Moritz sagte, er solle sich keine Sorgen machen. Da ist Moritz tief enttäuscht, packt ein paar Sachen zusammen und verzieht sich in das Innere der Litfaßsäule, die vor ihrem Haus steht.

Wie gesagt, mit der Geschichte können sich auch Kinder von heute noch identifizieren. Auch wenn heutzutage Eltern wohl nochmal sehr viel besorgter wären, wenn ein Kind von zu Hause wegläuft als noch 1980 in der DDR. Ich wäre es auf jeden Fall. Aber zum Glück ist Moritz ja auch nicht ganz allein, und hat vor allem mit dem Straßenfeger gute Gespräche, deren Weisheiten heute ebenfalls noch genauso gelten wie damals.

Unser einziger Kritikpunkt ist eigentlich nur das sehr abrupte Ende. Da waren wir alle drei sehr enttäuscht. Was sagen seine Eltern jetzt zu Moritz, wird sich da was ändern? Wird seine Schwester den versprochenen Streuselkuchen backen? Werden sie eine Lösung für die schulischen Probleme finden? Warum hat eigentlich nie jemand von seinen Klassenkameraden nach ihm gesucht? Jedenfalls kam das nie vor. Hat er vielleicht gar keine Freunde? Da hätte die Autorin wirklich noch ein paar Seiten schreiben können...

Kurz vor Ende fragt Christa Kozik ihre Leserschaft direkt, ob sie denn auch in einer Litfaßsäule Unterschlupf gesucht hätten und wie lange sie ausgehalten hätten. Nicht lange, gibt mein kleiner Sohn zu. Er hätte schon bald Heimweh bekommen und außerdem hätte er sich seine Essensvorräte nicht gut einteilen können und hätte wohl schon alles am ersten Tag aufgefuttert. Das glaub ich ihm sofort! Vielleicht wird er ja schon allein deswegen nie weglaufen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2021

Online-Omi mit grünem Daumen

Fertig ist die Laube (Die Online-Omi 15)
0

Ein Buch von Renate Bergmann zu lesen, ist wie beim Kaffeeklatsch bei der Großtante eingeladen zu sein. Bei der noch sehr rüstigen alten Tante, die schon viel im Leben erlebt hat und gerne davon erzählt, ...

Ein Buch von Renate Bergmann zu lesen, ist wie beim Kaffeeklatsch bei der Großtante eingeladen zu sein. Bei der noch sehr rüstigen alten Tante, die schon viel im Leben erlebt hat und gerne davon erzählt, immer wieder abschweift vom eigentlichen Thema und kleine Umwege geht. So habe ich Renate in nur drei Büchern mittlerweile schon ziemlich gut kennengelernt.

Allerdings kann ich ihre Bücher meist nicht in einem Rutsch durchlesen, ab und ab brauche ich auch mal eine Pause von ihrer ganzen Quasselei. Und es hat ja auch keinen wirklichen Spannungsbogen, wie andere Romane es zumeist haben, der mich antreiben würde unbedingt weiterzulesen. Doch als willkommene Ablenkung zum Nachmittagstee lese ich die 'Online-Omi' ganz gerne mal.

Diesmal dreht sich ja alles um das Thema Garten, zumindest die meiste Zeit. Renate kümmert sich zusammen mit Freundin Gertrud um den kleinen Schrebergarten von deren Freund Gunter. Da dieser - also der Garten, nicht der Gunter - ein bisschen verlottert ist, räumen die rüstigen Damen da erstmal ordentlich auf und machen alles "alters-sicher". Schon erstaunlich, was die zwei da mit ein bisschen Unterstützung schaffen. Und obwohl sie dieses Projekt ja aus reiner Not und Hilfsbereitschaft übernommen haben, macht es ihnen dann mit der Zeit auch sichtlich Spaß. Mittenmang gibt es auch die ein oder andere Anekdote aus ihrem langen Leben. Und sogar ein paar Tipps zum Gärtnern hat Renate auf Lager! Sie ist zwar keine Erika Krause sagt sie (jaa, auch diese Dame und ihre Sendung "Du und ein Garten" kenne ich selbst noch aus DDR-Zeiten, genau wie Renate Bergmann), aber über die Jahre hat sie ja doch so einige Erfahrungen gesammelt und nützliche Leif-Häx aufgeschnappt, die Renate jetzt gerne weitergibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2021

Erforschung neuer Welten

Das Wolkenschiff – Die Legende vom Feuervogel (Das Wolkenschiff 2)
0

Arthur und Marie, die am Ende des 1. Teils der Buchreihe die Gewissheit haben, dass sie nun Waisen sind, wurden von der Harriet Culpfeffer und ihrer Mannschaft vom Wolkenschiff liebevoll in ihrer Gemeinschaft ...

Arthur und Marie, die am Ende des 1. Teils der Buchreihe die Gewissheit haben, dass sie nun Waisen sind, wurden von der Harriet Culpfeffer und ihrer Mannschaft vom Wolkenschiff liebevoll in ihrer Gemeinschaft aufgenommen. Und machen sich auch im 2. Teil auf eine waghalsige Reise in fremde Welten. Diesmal gilt es, einen vermissten Entdecker aufzuspüren. Auch Erzrivalin Eudora Vane macht mit bei der Suche, doch anscheinend verfolgt sie dabei noch ganz andere Ziele.

Wie schon im ersten Band geraten die Protagonisten hier mehrmals in wirklich lebensbedrohliche Situationen. Zum Glück ist aber immer entweder Einfallsreichtum, Glück oder Hilfe von neuen Freunden zur Stelle. Die Geschichte ist phantasievoll, detailreich und wunderbar geschrieben. Man fiebert wirklich mit den Zwillingen und all ihren Freunden mit.
Das Buch ist aber mit 380 Seiten auch nicht gerade kurz und auch komplex, so dass man durchaus 'mitdenken' muss beim Lesen. Ich würde es daher eher für erfahrene Leser empfehlen.

Derzeit gibt es auch im Original noch keinen 3. Teil. Er würde sich bei dem Ende der Geschichte aber definitiv anbieten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.05.2021

Vorhersehbar und wenig Atmosphäre

Irgendwo ist immer irgendwer verliebt
0

Das Thema, das man nochmal alle Ex-Freunde aufsucht in der Hoffnung, unter ihnen die große Liebe zu finden, habe ich in letzter Zeit erstaunlich oft gesehen bzw. gelesen. Bietet ja potentiell auch viel ...

Das Thema, das man nochmal alle Ex-Freunde aufsucht in der Hoffnung, unter ihnen die große Liebe zu finden, habe ich in letzter Zeit erstaunlich oft gesehen bzw. gelesen. Bietet ja potentiell auch viel Erzählstoff. Vor allem wenn es wie hier bei Chelsea verbunden ist mit einer kleinen Europa-Rundreise.

Leider wurde hier an mehreren Stellen die Chance vertan, etwas tolles aus der Vorlage zu machen. Man wusste schon, wie es endet, bevor Chelsea Boston überhaupt verlassen hatte. Das allein ist nicht soo schlimm (das weiß man bei Büchern dieses Genres eh oft), wenn der Weg zum Ziel dann wenigstens gut ist.

Doch genau da drückte für mich der Schuh. Die Beweggründe für die Reise an sich wirken ein bisschen zu bemüht, von der Europa-Tour kam - bis auf den Besuch beim Eifelturm - kaum Atmosphäre rüber. Chelsea blieb ja auch nie lange irgendwo, war einzig und allein auf die Typen fokussiert und gar nicht auf die Reise an sich - die sie vor 7 Jahren ja so abrupt abbrechen musste und nun vollenden wollte.
Daher hatte man auch gar nicht die Chance, die Ex-Lover richtig kennenzulernen. Weder erfuhr man in Rückblenden, wieso sich die zwei mal verliebt hatten und wie die Zeit damals so war, und auch im Hier & Jetzt blieben sie ziemlich blass. Die ganze Episode in Paris war überhaupt sehr "cringey".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.05.2021

Der Weg ist das Ziel

Zum Glück gibt es Umwege
0

Wenn man den Camino geht, dann tun das die meisten um "zu sich selbst zu finden", wie man so schön sagt. Oder auch um einfach wochenlang mit sich und der Natur allein zu sein und dabei Zeit zu haben, Ordnung ...

Wenn man den Camino geht, dann tun das die meisten um "zu sich selbst zu finden", wie man so schön sagt. Oder auch um einfach wochenlang mit sich und der Natur allein zu sein und dabei Zeit zu haben, Ordnung in die ganzen vielen Gedanken zu bringen, die einen oft erdrücken zu drohen.

Zoe macht sich eher sehr spontan auf die Reise, und auch ziemlich unvorbereitet. Doch man findet anscheinend immer Menschen, die einem weiterhelfen. Martin hingegen will vor allem seinen 'Karren' testen, mit dem rückenschonend das Gepäck transportiert werden kann, um ihn dann bei einer Messe an Investoren vorstellen zu können.

Nachdem sich die zwei Protagonisten auf den Weg Richtung Westen gemacht haben, kam es streckenweise auch zu Passagen, die eher in einem Sachbuch-Reisebericht zu finden sind, aber für einen fiktiven Roman auf Dauer zu langweilig wären. Doch zum Glück bleibt es nicht so, unterwegs passiert dann doch eine ganze Menge.

Im Epilog erfährt man dann auch, dass das Autoren-Ehepaar diesen Weg von Cluny in Frankreich nach Santiago de Compostela in Spanien bereits 2x gegangen ist, auf jedenfalls anderen Routen. Sie wissen also wirklich, wovon sie hier schreiben. Dennoch ist das ganze kein Tatsachenbericht, sondern ein Roman mit einer schönen Geschichte und auch Botschaft. Wobei erfreulicherweise hier nicht auf einer spirituelle Ebene gefahren wird, sondern auf einer ganz bodenständigen, was mir sehr viel mehr entgegen kommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere