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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.09.2019

Mehr Drama als Krimi

Verratenes Land
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Vor über 15 Jahren habe ich "24 Stunden" von Greg Iles gelesen. Das war ein gut geschriebener und vor allem richtig spannender Thriller, bei dem ich mitgefiebert habe.

Das ist bei "Verratenes Land" nicht ...

Vor über 15 Jahren habe ich "24 Stunden" von Greg Iles gelesen. Das war ein gut geschriebener und vor allem richtig spannender Thriller, bei dem ich mitgefiebert habe.

Das ist bei "Verratenes Land" nicht so. Es ist zweifellos gut geschrieben, aber statt einem Krimi ist es vielmehr ein groß angelegtes Drama, das zahlreiche Themen abdeckt. Schwierige Vater-Kind-Beziehungen, Verluste, Trauer, Schuldgefühle, Verrat, Betrug, erste Liebe, Affäre, Kriegstrauma.

Da gerät die eigentliche Geschichte - wie der Poker Club mit allen Mitteln den Bau einer chinesischen Fabrik durchkriegen will und anscheinend auch nicht vor einem Mord zurückschreckt - stark in den Hintergrund. Vor allem weil sich bei dieser Geschichte die ersten 300 Seiten fast gar nichts weiter entwickelt (stattdessen werden all die anderen Themen angerissen, inklusive zahlreicher Flashbacks).

Die gesamte Story spielt innerhalb nur weniger Tage (wenn man die zahlreichen Flashbacks in die Vergangenheit nicht mitrechnet natürlich), und so ergibt sich dann doch irgendwie eine steigende Dramatik. Doch obwohl der Protagonist mehrmals in lebensbedrohliche Situationen gerät, kam bei mir keine echte Spannung auf in dem Sinne, dass ich Angst um unseren Held hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass meine Sympathiewerte für ihn und diverse weitere Personen eher begrenzt waren.
Insgesamt war das Buch meiner Meinung nach zu überladen mit Themen, so dass der rote Faden schnell verloren ging. Vielleicht hätte hier eine Aufteilung auf mehrere Teile und dafür ausgefeiltere Storylines mit einem ordentlichen Spannungsbogen mehr Sinn gemacht.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Familie, Freundschaften, Hilfsbereitschaft

Familie Flickenteppich 1. Wir ziehen ein
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Ein alleinerziehender Vater zieht mit seinen 3 Kindern (fast 5, 8 und 11) in eine neue Wohnung in einem 6-Parteien-Haus. Die Kinder finden schnell neue Freunde und lernen nach und nach ihre Nachbarn kennen. ...

Ein alleinerziehender Vater zieht mit seinen 3 Kindern (fast 5, 8 und 11) in eine neue Wohnung in einem 6-Parteien-Haus. Die Kinder finden schnell neue Freunde und lernen nach und nach ihre Nachbarn kennen. Dabei sind manche nett, manche nicht so - und manche anscheinend "geheimnisvoll".

Als roter Faden durch das Buch zieht sich die Frage, was es denn mit dem Bewohner der Wohnung im Erdgeschoss auf sich hat, da den schon lange niemand zu Gesicht bekommen hat. Die Kids (insgesamt gibt es 6 im Haus mit der Nummer 11) wollen das undbedingt ändern.
Dazwischen finden sich Kapitel, in denen alltägliche Dinge beschrieben werden, z.B. wie die kleine Jojo nicht einschlafen kann und ihre Gewschwister ganz lieb für sie da sind, ein Kaffeeklatsch bei Oma Becker und wie die Kids bei einem Sturm Unterschlupf suchen.
Ein ernsteres Thema kommt auch immer wieder mal vor - nämlich die abwesende Mutter von Jojo, Emma und Ben, die ihre Familie verlassen hat um sich in Australien 'selbst zu verwirklichen'. Wie die Kinder das finden und damit umgehen wird mehrmals angesprochen. Das ist von der Autorin sehr einfühlsam gemacht. Doch ist dieser Grund für eine Alleinerzieher-Familie wahrscheinlich äußerst selten und für die meisten kleinen Leser auch nur schwer zu verstehen. Selbst ich kann kaum glauben, dass eine Mama freiwillig so tolle liebe Kinder verlässt.

Mich hat das Buch teilweise an die TV-Serie "Wir Kinder vom Möwenweg" erinnert. Wer das gerne schaut, der hat sicher auch Freude an dem Buch. Für meine Jungs und mich hätte es gern noch etwas spannender sein können, und damit ist nicht nur die Geschichte um den Nachbarn gemeint sondern auch in den 'alltäglichen' Episoden hat ein bisschen der Pfiff gefehlt. Dennoch hoffen wir, dass ein 2. Teil nachkommt, denn es gibt noch genügend zu erzählen über diese 'Familie Flickenteppich'.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Skurril aber nicht wirklich witzig

Scharnow
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"Die Ärzte" begleiten mich schon seit über 30 Jahren. Mein großer Bruder fand die gut, und Kopien der Lieder auf Kassette gehörten Ende der 80er zu seinen größten Schätzen. "Zu spät" war wohl das erste ...

"Die Ärzte" begleiten mich schon seit über 30 Jahren. Mein großer Bruder fand die gut, und Kopien der Lieder auf Kassette gehörten Ende der 80er zu seinen größten Schätzen. "Zu spät" war wohl das erste Lied (mit Ausnahme von Kinderliedern), das ich komplett auswendig konnte - und zwar ohne dass der Song im Radio dazu noch mitlaufen musste. Auch diverse Freunde später hatten immer mindestens eine Platte von den "Ärzten" im Regal zu stehen. Obwohl ich nicht behaupten würde, dass ich ein großer Fan der Band war oder bin, so höre ich sie doch ganz gerne.
Bela B habe ich später auch als Schauspieler kennen gelernt. Als Autor war er mir allerdings neu (hab nachgelesen, dass das zwar sein Debütroman war, aber er vorher schon Kurzgeschichten und ein ganzes Drehbuch verfasst hat). Das kann er auch ganz gut, das Schreiben. Allerdings ist "Scharnow" auch sehr skurril. Für mich leider zu skurril.

Mir hätte hier ein 'normaler' Blick auf ein brandenburgisches Kaff voll gereicht, das wäre schon skurril genug gewesen, auch ohne die übernatürlichen Elemente (das rote Buch, der fliegende Mann). Die waren mir einfach zu viel des Guten. Ich finde sowas aber - außer bei Stephen King - fast nie gut. Eine andere Ausnahmen war noch Matt Ruff mit "G.A.S.", das war gespickt mit ähnlich skurrilen Gestalten und unnatürlichen Wesen, und ich fand es großartig! Allerdings vorwiegend aufgrund des tollen Humors des Buches - und genau der fehlt mir hier bei "Scharnow". Somit reicht es bei mir nur für gute 3,5 Sterne

Veröffentlicht am 06.09.2019

Moderne Klassiker

Kochen? Läuft!
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Ich bin wohl schon zu alt, jedenfalls habe ich mit YouTube kaum was am Hut und kenne auch Mori nicht. Sein Kochbuch gefällt mir allerdings recht gut. Seine Leidenschaft für Videospiele erkennt man auch, ...

Ich bin wohl schon zu alt, jedenfalls habe ich mit YouTube kaum was am Hut und kenne auch Mori nicht. Sein Kochbuch gefällt mir allerdings recht gut. Seine Leidenschaft für Videospiele erkennt man auch, indem er seine Rezepte nämlich nach Schwierigkeitslevel kategorisiert. Und da haben selbst die einfachen Rezepte für die "Noobs" einen kreativen Kniff. Aus einer schnöden Leberkässemmel, wie ich sie schon unzählige Male gegessen habe, wird hier ein 'Burger' in der Laugensemmel mit feinem Cole Slaw (für den es auch noch ein separates Rezept gibt).

Überhaupt kommen hier zahlreiche Klassiker drin vor (Bruschetta, Pizza, verschiedene Pasta, Currywurst, Köttbullar, Wiener Schnitzel, Saltimbocca, Involtini, Tiramisu, Samosas, Chili con Carne, Schweinefilet mit Semmelknödel, Roastbeef, Rinderhüftsteak, Zitronen-Risotto mit Lachsfilet und Creme Brulee), doch für meinen Geschmack ist das genau das Richtige. Die Gerichte kennt jeder, aber weiß auch jeder wie all das selbst gekocht wird? Welche Zutaten und vor allem Gewürze darin vorkommen? Dass bei den Köttbullar zB, anders als bei den Buletten die ich kenne, noch Sahne reingehört. Zumindest macht Mori das so, und ich will ihm das mal glauben.

Es gibt zu jedem Gericht - neben den wertvollen Nährwertinfos - ein schönes Foto, das gleich Appetit macht. Wem das nicht reicht, der kann auch den QR-Code scannen und sich den Autor beim Kochen des Gerichts zuschauen. Das sollte man aber machen, wenn man mal Zeit und Muße hat. Zum reinen Kochen reicht das Buch als Vorlage. Die Beschreibungen zur Zubereitung sind verständlich, ab und an gibt es Tipps & Tricks. Mein Tipp wäre: schafft euch parallel zum Buch gleich eine gut sortierte Gewürzschublade an! Das Standard-Gewürz-Karussell mit den 10 typischen Gewürzen der dt. Küche, die man zum Einzug in die erste Wohnung erhalten hat, reicht hier bei weitem nicht aus!

Veröffentlicht am 24.08.2019

Engagierte Meeresnixen

Der Club der Schwimmerinnen
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Ich habe das Buch im Urlaub gelesen, wo ich jeden Tag entweder im Hotelpool oder im Meer geplanscht habe. Im relativ warmen Ägäischen Meer mit Sandstrand, im Hochsommer. Das ist keine große Kunst. Vor ...

Ich habe das Buch im Urlaub gelesen, wo ich jeden Tag entweder im Hotelpool oder im Meer geplanscht habe. Im relativ warmen Ägäischen Meer mit Sandstrand, im Hochsommer. Das ist keine große Kunst. Vor täglichem Schwimmen im viel kühleren Atlantik, auch im Frühjahr und Herbst und vor allem in aller Herrgottsfrühe oder um Mitternacht, je nachdem wie die Gezeiten gerade sind, habe ich wirklich eine Hochachtung! Und auch wenn ich diese Leidenschaft von Maisie und Deb nicht ganz nachvollziehen konnte (und mich eigentlich auch sonst nicht sehr mit ihnen identifizieren konnte) waren mir ihre Charaktere recht nah und vertraut.

Der Konflikt mit den Bebauungsplänen für ihren geliebten West Beach hätte noch mehr in die Tiefe gehen können, vielleicht wäre das aber auch zu Lasten der anderen Handlungsstränge gegangen. Im Original erschien das Buch anscheinend in 3 eher kürzeren Büchern. Da finde ich es schon besser, dass hier alles zusammen ist und die Gesamtlänge überfordert auch niemanden. Die Autorin hätte aber angesichts der ursprünglich 3 einzelnen Bücher sehr wohl einiges noch ausbauen können.

Aber auch so ist es eine unterhaltsame Lektüre mit recht ernsten Untertönen (wobei auch hier leider nur an der Oberfläche gekratzt wird). Das Ende ist stimmig und ein guter Abschluss.