Das Buch war unglaublich präsent im letzten Jahr, und ich war schon lange neugierig darauf. Vor allem, weil die englische Kurzbeschreibung eine Mischung aus "The Breakfast Club" und "Pretty Little Liars" versprach. Letzteres kenne ich gar nicht, und von ersterem ist hier gerade mal die Tatsache, dass sich 5 sehr stereotype Teenager zum Nachsitzen treffen, gleich. Schade.
Das Nachsitzen selbst dauert gerade mal 15 Minuten, und selbst in denen findet keine großartige Interaktion zwischen den Schülern statt, entwickelt sich keine Gruppendynamik. Bis auf das dramatische Ende der Strafstunde dann.
Im Rest des Buches soll dann geklärt werden, wer für den Tod von Simon verantwortlich gemacht werden kann. Denn wie der Titel ja feststellt: "One of us is lying" (wo ich übrigens IMMER den ABBA-Song summen musste, sobald mir der Titel durch den Kopf ging).
Allerdings passiert im 2. Abschnitt des Buches, dem "Versteckspiel", so gut wie gar nichts. Der Leser bekommt abwechselnd die Sichtweisen der Bayview Four präsentiert, wie sie sich vor der Presse verstecken müssen und dem Enttarnen von Geheimnissen hilflos zusehen müssen. Und da sie untereinander so wenig Kontakt wie möglich haben sollen, entwickelt sich auch hier nicht wirklich eine Gruppendynamik sondern jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Die Lösung des Falles geht hier gar nicht voran, es gibt noch nicht mal kleine Puzzleteile die wenigstens eine Spur legen könnten. Obwohl ich keinen Schimmer hatte wer es denn nun war, wurde dramaturgisch überhaupt keine Spannung erzeugt.
Die gibt es dann erst im letzten Abschnitt, sie legen sich auf einen Verdächtigen fest - und dann beginnen die restlichen Teenager endlich, selbst auf Spurensuche zu gehen. Das hätte ihnen mal schon ein paar Wochen früher einfallen sollen, dann wäre ihre Investigation auch nicht so kurz ausgefallen.
Die finale Auflösung hat mich nur so halb überrascht, auch wenn ich nicht darauf gewettet hätte. Für einiges gab es Hinweise, anderes war doch out-of-the-blue. Insgesamt auf jeden Fall eine passende Auflösung.
Der Schreibstil ist angemessen für die Zielgruppe, hat mich aber auf keinen Fall umgehauen. Zudem glaube ich, dass es bei diesem Plot besser gewesen wäre, einen allwissenden Erzähler zu wählen statt nur die Ich-Perspektive. Denn da man ja die ganze Zeit die 4 begleitet, glaubt man bald schon gar nicht mehr dass es irgendwer von denen gewesen sein könnte.
Die sehr schnellen Perspektivwechsel passen eher bei einem Film/ einer TV-Serie, weniger zu einem Buch. Man konnte sich schlecht auf eine Person einlassen, weil gleich schon wieder die nächste kam, und so dauerte es für mich auch eine Weile bis ich mit jedem einzelnen einigermaßen vertraut war.
Insgesamt bin ich also leider nicht ganz so begeistert wie ich erhofft hatte. Dennoch bin ich froh, das Buch jetzt mal gelesen zu haben, denn neugierig war ich schon die ganze Zeit. Vor 25 Jahren, als ich die perfekte Zielgruppe für das Buch war, hätte ich es vielleicht noch etwas besser gefunden. Allein schon das Thema wäre zumindest damals sehr ungewöhnlich gewesen, und ist es wahrscheinlich auch heute (ohne dass ich einen Überblick über das YA-Genre hätte). Dafür gibt es auf jeden Fall einen Kreativitätsbonus für den Krimi-Plot, obwohl man da echt viel mehr draus hätte machen können (wie man eindrucksvoll an der Jugendserie 'Riverdale' sehen kann).