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Veröffentlicht am 09.12.2020

Idee gut, Umsetzung zu lieblos

Die Frauen vom Alexanderplatz
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Der historische Roman „Die Frauen vom Alexanderplatz„, verfasst von Elke Schneefuss, ist im Februar 2020 im Heyne Verlag erschienen. Er spielt in Berlin im Jahre 1918 zur Zeit der Novemberrevolution und ...

Der historische Roman „Die Frauen vom Alexanderplatz„, verfasst von Elke Schneefuss, ist im Februar 2020 im Heyne Verlag erschienen. Er spielt in Berlin im Jahre 1918 zur Zeit der Novemberrevolution und handelt von dem Leben drei unterschiedlicher Frauen, die alle das gleiche Ziel haben: Ihre Träume zu verwirklichen.

Ich habe mich entschieden, dieses Buch zu lesen, da mich das Verwirklichen von Träumen gereizt hat und die Frage, ob es gerade Frauen in solch einer schwierigen Zeit nach dem ersten Weltkrieg schaffen würden, sich durchzusetzen und ihren Träumen näher zu kommen.

Was mich dann beim Lesen erwartet hat waren drei verschiedene Handlungsstränge, die sich erst spät ineinander verwoben haben.

Jeder Handlungsstrang verfolgte eine der drei Protagonisten:

Vera, die dem Matrosen Benno Unterkunft gewährt und sich diesem annähert. Sie hat das Ziel, die Schneiderei ihres Vaters wieder aufzubauen, doch Benno glaubt nicht an sie. Er meint, es müsse auf Automobile gesetzt werden.

Fritzi, die Jugendliebe Bennos, die nichts davon weiß, dass ihr Mann noch lebt und sich auf die Suche nach ihm macht, da sie ein Kind von ihm hat, ohne dass er davon weiß.

Hanna, die Fabrikantentochter und Krankenschwester, die laut ihren Eltern verheiratet werden soll, jedoch selbst ganz andere Pläne hat.

Alle drei Frauen haben es schwierig, sich ihren Träumen zu nähern und das ist es, was sie verbindet.

Ich fand die Idee sehr gut, die Umsetzung hat mich jedoch enttäuscht. Ich konnte nicht mitfiebern, da ich schnell ungeduldig wurde. Wenn man sich immer erst durch zwei weitere Kapitel schlagen muss, um dann wieder die Person aus dem ersten Kapitel verfolgen zu können, kann das schnell frustrieren.

Außerdem war für mich nicht ganz ersichtlich, weshalb über alle drei Frauen berichtet wurde. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass sie aufeinander treffen, etwas Spannendes passiert, vielleicht ein bisschen Drama. Ich habe vergeblich gewartet.

Dieses Buch hat leider an Tiefe verloren, indem es versucht hat, drei Geschichten gleichzeitig zu erzählen. Sehr schade!

Außerdem waren für mich die Liebesbeziehungen nicht nachvollziehbar. Die Protagonisten machen nichts wirklich zusammen durch, es entwickelt sich emotional nicht viel zwischen ihnen und dann sollen sie plötzlich absolut durch das Äußere des anderen ineinander verliebt sein?

Oder sich lieben, nur weil sie ein Mal unterstützt wurden?

Für mich hat hier leider auch die Spannung gefehlt.

Ebenfalls erschließt sich mir der Titel nicht ganz. Der Roman spielt in mehreren Winkeln in Berlin, wobei dem Alexanderplatz keine bedeunde Stellung eingeräumt wird. Wieso dann der Titel?

Einen Pluspunkt gebe ich gerne für den Schreibstil: Er war flüssig, anschaulich und trotz des Mangels an Spannung und Tiefe ließ sich das Buch daher sehr gut und schnell lesen.

Es gab viele Handlungsstränge – viele mögliche Probleme der Zeit auf wirtschaftlicher Ebene, Folgen des Krieges und auch allgemein das Problem von Frauen, sich durchzusetzen, wurden beleuchtet. Doch das leider zu Lasten der Tiefe und Spannung.

Des Weiteren führten einige Handlungen oder Ereignisse ins Leere. Was wird mit Georg, dem Bruder von Vera, der sich so feindschaftlich verhält, seit er vom Krieg zurück ist? Warum verhält er sich so? Fragen, die unbeantwortet bleiben.

Die Autorin verliert sich darin, potenzielle Konflikte aufzubauen, aber nicht zu Ende zu führen.

Alles in allem bin ich deshalb enttäuscht. Dies ist kein Buch, das unter die Haut geht. Die potenziellen Konflikte wurden leider nicht tief genug ausgearbeitet. Es erschien mir als schaute ich ich einem Schauspiel zu, ohne wirklich mitfühlen zu können.

Da hätte man mehr daraus machen können! Zum Beispiel, indem man ein Buch pro Frau geschrieben hätte und nicht auf Biegen und Brechen den Versuch gestartet, deren Geschichten ineinander zu verweben.

Deshalb für mich leider keine Empfehlung. Da gibt es sicherlich bessere historische Romane!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.12.2020

Warum werde ich nicht glücklich, obwohl es mir „gut“ geht?

Die Überwindung der Gleichgültigkeit
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er Ratgeber „Die Überwindung der Gleichgültigkeit – Sinnfindung in einer Zeit des Wandels“ von Alexander Batthyány wurde 2017 im Kösel-Verlag veröffentlicht. Er thematisiert die Gleichgültigkeit, die inmitten ...

er Ratgeber „Die Überwindung der Gleichgültigkeit – Sinnfindung in einer Zeit des Wandels“ von Alexander Batthyány wurde 2017 im Kösel-Verlag veröffentlicht. Er thematisiert die Gleichgültigkeit, die inmitten des Wohlstands um sich wuchert und klärt die Frage, die sich mancher vielleicht stellt: Warum werde ich nicht glücklich, obwohl es mir „gut“ geht?

Der Autor wagt sich dabei an die These, dass die Gleichgültigkeit dadurch entsteht, dass wir die Hoffnung in unsere Ideale verloren haben. Daraus resultiert, dass wir nicht mehr aktiv am Leben teilnehmen, um unsere Werte einzubringen, sondern mit einer Erwartungshaltung durch das Leben gehen: Was kann mir die Welt geben? Unser Fokus liegt auf unserem Bedürfnis, glücklich zu werden, und genau das ist laut dem Schriftsteller der Grund, weshalb wir nicht glücklich sein können.

Diese These untermauert der Autor das ganze Buch über mit Argumenten und überträgt es auf viele Themen: Sinnkrise, Burnout, Tod und Liebe sind nur wenige von ihnen.

Alexander Batthyány schließt sein Werk mit dem Appell, dass die Thematik der um sich greifenden Gleichgültigkeit jeden etwas angeht und definiert damit auch schon die Zielgruppe des Buches: „Jeder ist aufgerufen, und jeder noch so kleine Beitrag zählt.“
„Reichtum durch Geben“ – meine Meinung

Die Sprache, die der Autor verwendet, ist für mich sehr eindrücklich, denn oft wurden mehrere Wörter hintereinander verwendet, um die (Wichtigkeit der) Aussage zu verdeutlichen. Dies geschieht jedoch zu Lasten der Verständlichkeit, da die Sätze so leider oft unnötig lang wurden. Aber wie im Nachwort steht: Dieses Buch kann man nicht mal eben lesen. Man muss es auf sich wirken lassen. Deshalb fand ich die Wortwahl des Autors sehr passend, auch wenn man manchmal einen Satz zwei Mal lesen musste: Es hat seine Wirkung erzielt und einen zum Nachdenken gebracht.

Trotz der Sprache, die darauf zielte, Emotionen hervorzurufen, blieb der Autor sehr sachlich. Allgemein ist das Werk sehr seriös gehalten – es ist gespickt mit Zitaten, zahlreichen Quellenverweisen und Studien, die die These des Autors belegen. Des Öfteren sind vor allem Zitate von Viktor Frankl eingestreut, dessen Werk Alexander Batthyány näherbringen wollte. Der Autor selbst ist Inhaber des Viktor-Frankl-Stuhls für Philosophie und Psychologie, sodass ich alles in allem dem, was er schrieb, vertrauen konnte.

Die Argumentation des Buches ist durchgehend schlüssig – ich finde keine Lücke oder Widersprüche. Jedoch sind einige Stellen nicht so leicht verständlich, sodass man sich den Kontext noch einmal vor Augen führen muss, um zu verstehen.

Mein erster Eindruck des Buches war: Interessant.

Denn ich selbst habe manchmal Phasen, in denen ich gleichgültig bin und mich frage, wohin meine Gefühle sind. Auch Sinnkrisen kommen bei mir gehäuft vor. Deshalb habe ich mich entschieden, dieses Buch zu lesen, obwohl ich keine großen Erwartungen hatte.

Jetzt, da ich das Buch gelesen habe, muss ich sagen: Wow. Ich kann mich wirklich sehr gut in diesem Buch wiederfinden. Die Thesen passen einfach und die Erklärungen öffnen mir die Augen bezüglich meines eigenen Verhaltens oder Denkweisen der Psychologie im Alltag.

Und ich muss zugeben: Ich habe ein halbes Jahr gebraucht, dieses Buch zu lesen. Ungefähr ein Mal pro Woche habe ich es abends zusammen mit meinem Freund gelesen. Dadurch bot es einerseits Gesprächs- und Diskussionsstoff zwischen uns, da wir uns gegenseitig in manchen „falschen Denkmustern“ wiedererkannten. Andererseits habe ich mich so aktiv mit dem Inhalt auseinandergesetzt, dass ich mich jetzt noch in meinem Alltag an die eine oder andere These oder Studie erinnere und deshalb reifer mit meinen eigenen Krisensituationen umgehen kann als vorher.

Tatsächlich mache ich mir jetzt mehr Gedanken über meine Werte und scheue mich weniger davor, Sicherheiten loszulassen und den Fokus darauf zu legen, wo ich gebraucht werde. Ich gehe aktiver durchs Leben.

Jedoch möchte ich noch eines anmerken: Mein Freund findet, dass das Buch sich zu oft wiederholte, da es immer um die eine These der Gleichgültigkeit geht. Ich jedoch bin der Meinung, dass diese Wiederholungen nötig sind. Erstens um den „harten Stoff“ wirklich sacken lassen zu können und zweitens, um seriös zu sein. Dafür sind eben viele verschiedene Quellen, Zitate und Beispiele nötig, vielleicht auch mehrere Erklärungen für eine These.
„Gefühle sind kein Selbstzweck“ – Fazit

Ich finde, dieses Buch unterscheidet sich dadurch von anderen Büchern, wie sehr eindrücklich es vermittelt: Es muss etwas geändert werden, und das in uns selbst, bei jedem. Aktivität statt Passivität, schauen, wo man gebraucht werden kann.

Es unterscheidet sich außerdem von anderen Ratgebern durch seine wissenschaftliche, aber dennoch gut verständliche Art.

Dadurch hat das Buch eine Chance, durch unsere Abwehrmechanismen zu dringen und dafür zu sorgen, dass wir wirklich aufstehen – und das jetzt sofort – und uns weiterentwickeln – zu Menschen, die nicht daherleben, sondern aktiv am Leben teilnehmen.

Deshalb: Von mir eine Kaufempfehlung, insbesondere für Menschen, die sich mit Entscheidungen schwertun, sich ihrer selbst und ihrer Werte noch nicht bewusst sind. Für Menschen, die sich einsam fühlen, die oft in Sinnkrisen stecken oder mit Gleichgültigkeit zu kämpfen haben.

Veröffentlicht am 09.12.2020

Erster Eindruck der Sankhya Karika

Die Psychologie des Yoga
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Das Sachbuch „Die Psychologie des Yoga“ von Ralph Skuban vermittelt einen ersten Eindruck von der Sankhya Karika, einem von drei klassischen Philosophiesystemen Indiens, die dem Yoga zugrundeliegen.

Der ...

Das Sachbuch „Die Psychologie des Yoga“ von Ralph Skuban vermittelt einen ersten Eindruck von der Sankhya Karika, einem von drei klassischen Philosophiesystemen Indiens, die dem Yoga zugrundeliegen.

Der Autor versteht es dabei sehr gut, abstrakte Dinge auf konkrete Weise zu erklären, sodass selbst für absolute Laien verständlich wird, wie die Sankhya-Lehre verstanden werden kann.

Dabei verbindet Ralph Skuban seine Texte immer wieder mit Zitaten aus Schriften, die sich aus der Sankhya-Lehre entwickelt haben oder diese indirekt in sich tragen, wie der Bhagavad Gita, Svetashvatra Upanishad, dem Yogasutra, dem Yoga-Vasishta, dem Tao Te King, der Bibel und vielen weiteren.

Wem diese Schriften nur wenig sagen, der sollte nicht zurückschrecken. Ich kannte mich vorher überhaupt nicht aus und dennoch bin ich mit diesem Buch sehr gut zurechtgekommen, da der Autor viele abstrakte Theorien mithilfe von Alltagssituationen erklärt. Dadurch verstehen wir einerseits diese besser, andererseits bekommen wir auch schon eine Vorstellung davon, wie wir das Gelesene in unseren Alltag integrieren können.

Was das Lesen etwas erschwert hat, waren 2 Dinge: Erstens ist es dem Autor leider nicht gelungen, den roten Faden durch sein Werk deutlich zu machen. Dadurch fühlte ich mich als Leser etwas verloren (Es wurde für mich nicht von Anfang an deutlich, dass der Autor das Werk der Sankhya Karika dem Leser verständlich machen wollte, was leider auch nicht aus dem Titel ersichtlich wird). Was dies jedoch wieder wettmachte, ist, dass der Autor immer wieder auf zuvor Gelerntes zurückgriff und mit dem Neuen verknüpfte. Dadurch wiederholte man Gelerntes und verlor zumindest nicht vollkommen den Überblick.

Was den Überblick zweitens beeinträchtigte waren die vielen Wörter, die der Autor aus der Sankhya-Lehre verwendet hat. Für mich war es schwierig, mich an die Bedeutung aller zurückzuerinnern.

Dem hilft das Buch jedoch glücklicherweise mit einem Glossar am Ende auf die Sprünge. Alles in allem empfand ich diese neu gelernten Begriffe dann doch als Bereicherung, da sie mir zeigten, wie unterschiedlich man die Welt und mentalen Muster doch definieren kann und wie schwierig es ist, die exakte Definition auszumachen.

Einen weiteren Pluspunkt erhält das Buch für mich, da der Autor Persönliches strikt vom Philosophischen trennte. Dass der Autor am Ende seine persönlichen Erfahrungen anhängte, war für mich eine bereichernde Abrundung des Buches. Ich als Leser merkte, dass Ralph Skuban sich persönlich intensiv mit der Sankhya-Lehre befasst hat.

Leider konnte das Buch jedoch keine wissenschaftliche Herangehensweise bieten, da für mich nicht deutlich wurde, wie genau die Lehre einzuordnen ist noch, wodurch sie sich von anderen Lehren abgrenzt oder inwiefern sie das Yoga, das wir heute kennen, beeinflusst.

Den letzten Pluspunkt vergebe ich für die Sankhya Karika, die sich im Anhang befindet, als roter Faden des Buches gesehen werden kann und die dort noch einmal kurz und knackig, aber verständlich, vom Autor erklärt wird.

Ich persönlich lese Teile des Anhangs mittlerweile gerne zum Schlafengehen oder nach dem Aufstehen, da er für mich eine Art Leitfaden durch das Leben ist, denn die Sankhya-Lehre schafft ein Modell der Wirklichkeit, welches bei der Bewältigung des Alltags und vor allem hinsichtlich des Todes Orientierung gibt. Orientierung im Sinne einer Anleitung, sich selbst zu finden, zu hinterfragen, sich auf den Tod vorzubereiten.

Schließlich: Für mich war das Buch eine nette Abendlektüre ebenso wie eine Bereicherung und ein Einstieg in die Philosophiesysteme Indiens. Ich überlege mir, auch weitere Bücher des Autors zu lesen. Aktuell liebäugele ich mit „Patanjalis Yogasutra“, welches ein weiteres wichtiges Philosophiesystems Indiens beschreibt, welches ebenso dem Yoga zugrunde liegt. Wer bei „Die Psychologie des Yoga“ jedoch Tiefe erwartet oder eine wissenschaftliche Herangehensweise, ist falsch, denn dieses Buch ist eher als nette Lektüre für Zwischendurch geschrieben, nah am Alltag gehalten. Damit wird deutlich, dass die Zielgruppe eher Leser sind, die Orientierung suchen und nicht jemand, der sich intensiv mit den Philosophiesystemen Indiens auseinandersetzen möchte. Es wäre schön gewesen, wenn dies durch den Klappentext deutlich gemacht worden wäre.

PS: Wer in diesem Buch irgendwelche Yoga-Techniken etc. erwartet, ist schlecht mit ihm beraten. Es geht nämlich um die Lehren hinter yoga (Sankhya Karika), wobei mit yoga die spirituelle Entwicklung sowie ihre Methodik gemeint ist. Ralph Skuban geht in diesem Werk jedoch nicht auf letzteres ein. Meiner Meinung nach ist deshalb auch der Titel schlecht gewählt.

Veröffentlicht am 09.12.2020

Molekularmedizin als Heilung

Blut - Die Geheimnisse unseres »flüssigen Organs«
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Mit dem Sachbuch „Blut: Die Geheimnisse unseres „flüssigen Organs“ bringt uns Ulrich Strunz eine relativ unbekannte Art der medizinischen Heilung näher: Die Molekularmedizin, die mit Blutwerten und deren ...

Mit dem Sachbuch „Blut: Die Geheimnisse unseres „flüssigen Organs“ bringt uns Ulrich Strunz eine relativ unbekannte Art der medizinischen Heilung näher: Die Molekularmedizin, die mit Blutwerten und deren Auswertung arbeitet und so sogar Krankheiten vorbeugen könne.

Die zentrale These des Autors ist hierbei, die gewöhnlichen Hausärzte machten Medizin für kranke Menschen und nicht für Menschen, die ihre Leistung steigern oder Krankheiten vorbeugen wollen. Dies hat zur Folge, dass sich der Hausarzt auch an viel zu niedrigen Werten orientiere, die er bereits für „okay“ befindet, die jedoch bei Weitem nicht zu einer umfassenden Leistung ausreichen und bei denen teilweise schon Mangelerscheinungen auftreten können.

Zudem prangert der Autor die Pharmazie an, deren Medikamente sich nur auf wenige Werte konzentriere, der Mensch müsse jedoch mit all seinen Werten betrachtet werden, Medikamente greiften also zu einseitig. Außerdem richte sich Pharmazie nicht auf den Menschen individuell aus und sei gewinnorientiert – nähme man die richtigen Stoffe in der richtigen Menge zu, die es u.a. auch bei der Apotheke zu kaufen gibt, so wäre dies billiger als die Medikamente.

Hierbei preist der Autor vor allem essenzielle Aminosäuren, Mineralstoffe, ungesättigte Fettsäuren und Vitamine und verflucht Kohlenhydrate.

Ich fand es schön, wie umfassend der Autor vorgegangen ist: Man konnte sowohl etwas über die Bestandteile des Blutes erfahren, wie das Immunsystem funktioniert und was dieses mit dem Blut zu tun hat, inwiefern Sport mit dem Blut zusammenhängt wie auch die Mythen, die sich früher um Blut rankten.

Den größten Teil des Buches aber erklärt der Autor jedoch, welche verschienenen Molekülmengen er im Blut misst, welche er empfiehlt und was die Konsequenzen bei Mangel sowie ausreichender Menge sind. Außerdem geht Ulrich Strunz viele Krankheiten oder gesundheitliche Probleme durch und, welche molekularen Ursachen diesen zugrunde liegen könnten. Bei alledem bindet er auch Fallbeispiele aus seiner eigenen Praxis mit ein oder Briefe, die ihn erreicht haben.

An manchen Stellen ist mir das Buch leider ein wenig zu sehr ins Detail gegangen beziehungsweise hatte zu viele Fachbegriffe verwendet, die nicht erklärt wurden. Glücklicherweise begrenzte sich dies nur auf wenige Seiten.

An anderer Stelle jedoch war das Buch für mich wieder zu wenig wissenschaftlich. Zwar zitierte der Autor des Öfteren Studien, jedoch konnte ich ihm nicht ganz Glauben schenken und gehe mit seiner These eher vorsichtig und kritisch um, schließlich ist er selbst Molekularmediziner – also keine neutral wertende Person. Hinzu kommt, dass er sich oft wiederholte und für meinen Geschmack zu viel Werbung für die Molekularmedizin machte. Ich hätte mich beispielsweise gefreut, wenn auch die kritischen Seiten an dieser beleuchtet worden wären (die es sicherlich auch gibt!).

Auch das Ende des Buches fand ich irgendwie dahingeschludert – es kam nicht so richtig ein Fazit auf, da die letzten Seiten sich irgendwie nur noch zäh wie Kaugummi zogen, Krankheiten und deren mögliche Ursachen aneinandergereiht wurden und man merkte, dass es der Autor nun langsam eilig hatte, zum Ende zu kommen.

Außerdem hatte das Lesen meistens einen komischen Beigeschmack, da der Autor sich ein wenig über die unwissenden Menschen lustig machte und so tat als sei er ein besserer Mensch, der glücklicherweise zur Molekularmedizin gefunden habe.

Manchmal hatte ich zudem das Gefühl, Herr Strunz habe kein Buch geschrieben, sondern einen Blogbeitrag o.Ä.. Das hatte einerseits die unangenehme Folge, dass er sich oft wiederholte und sehr umgangssprachlich schrieb, andererseits jedoch war man so dem Autor näher, konnte mitfühlen und spürte, wie wichtig ihm seine Message war.

Alles in allem bin ich trotz der Mängel heilfroh, dieses Buch gelesen zu haben. Vorher hatte ich eine ganz andere Sicht auf die Medizin und kannte diese Komponente der Molekularmedizin nicht so gut. Mittlerweile ziehe ich sogar in Betracht, sie anzuwenden und tatsächlich hat mir der eine oder andere Tipp schon geholfen (Magnesiummangel liegt oft bei Migräne vor).

Das Buch kann also sehr gut als Einstieg in die Thematik der Molekularmedizin gelesen werden und ist an manchen Stellen auch umfassend, jedoch bleibt es meiner Meinung nach auch bei diesem Einstieg. Um dann in die Tiefe zu gehen, müssen andere Bücher herhalten (vielleicht denke ich aber auch nur so, da ich chemisches und biologisches Hintergrundwissen habe und Pharmazie studieren möchte. Möglicherweise sind also die Informationen in diesem Buch für „den Normalbürger“ umfassend genug.

Als Zielgruppe eignet sich sicherlich jeder, der sich für Ernährung interessiert oder Krankheiten hat, mit denen er schon gefühlt zu 100 Ärzten gerannt ist, die ihm nicht weiterhelfen konnten. Ich persönlich habe dieses Buch gelesen, da ich dachte, es handle primär von Blut – und da ich Angst vor Blut hatte, dachte ich, es würde sie mir ein wenig nehmen, wenn ich darüber lesen würde. Hat tatsächlich auch einigermaßen geklappt.

PS: Was mich total an diesem Buch freut ist das Cover, das sich aufklappen lässt. Dort sind noch die wichtigsten essenziellen Aminosäuren, Mineralstoffe, Vitamine und Hormone aufgelistet, deren Wertebereich und Bedeutung. Das ist erstens während dem Lesen hilfreich, aber auch, wenn man später noch einmal schnell etwas nachschlagen möchte.

PPS: Übrigens hat der Autor eine eigene Webseite für seine Praxis. Und er hat ein eigenes Erfolgskonzept entwickelt, genannt forever-young. Man merkt also, dass er sehr ambitioniert ist. Möglicherweise nicht ohne Grund.

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Veröffentlicht am 09.12.2020

Guter Überblick

Zukunftsmedizin
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In „Zukunftsmedizin“ von Thomas Schulz geht es darum, wie die Medizin sich entwickelt und in 10 Jahren oder noch später für uns als Patienten aussehen könnte.

Dabei informiert der Autor über aktuelle ...

In „Zukunftsmedizin“ von Thomas Schulz geht es darum, wie die Medizin sich entwickelt und in 10 Jahren oder noch später für uns als Patienten aussehen könnte.

Dabei informiert der Autor über aktuelle Projekte, die im Silicon Valley laufen und führt auch immer wieder Zitate wichtiger Unternehmer an – die meist recht optimistisch sind, jedoch ohne Kontext und Quellenangabe.

Nicht nur das macht das Buch unwissenschaftlich, sondern auch, dass es wirklich beim Einblick bleibt: Zwar erklärt der Autor an mancher Stelle auch den biologischen Hintergrund, aber wirlich nur so, dass man gerade noch verstehen konnte, worum es in dem jeweiligen Forschungsfeld geht.

Was mir an diesem Buch sehr gefallen hat, ist der Einblick als Überblick selbst: Thomas Schulz schafft es, dem Leser tatsächlich einen Überblick zu geben: von der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen über Krebs, Bio-Editing und Tissue-Engineering bis hin zur digitalen Patientenakte.

Somit eignet sich dieses Buch sehr gut, um zu erfassen, was sich aktuell im Silicon Valley abspielt, warum Deutschland, vor allem wenn es so weiter macht, keine guten Karten hat und, um in medizinisch-ethische Debatten einzusteigen.

Dies ist auch das Ziel des Autors: Dem Leser bewusst zu machen: Da ist etwas in Gange in Kalifornien und wir sollten uns informieren. Tun wir das nicht, wird da vieles ohne uns entschieden werden, was wir im Nachhinein bereuen könnten. Die Zukunftsmedizin geht uns auch in Deutschland etwas an!

Das Buch war wegen mangelnder Tiefe und angenehmen Schreibstil flüssig zu lesen.

Alles in allem freue ich mich riesig, dass ich dieses Buch lesen durfte. Man darf nur nicht biochemische Tiefe erwarten. Das Werk ist hochaktuell und eignete sich für mich (zukünftige Pharmazie-Studentin) als Überblick und ist sicherlich auch für jeden anderen leicht zu lesen.

Meiner Meinung nach auch geeignet, um gemeinsam gelesen zu werden – so kann man an der einen oder anderen Stelle gleich in die Debatte einsteigen. Ich habe es mit meinem Freund (zukünftiger Mechatronik-Student) abends gelesen – beide begeistert und dankbar für diesen Überblick und einige, zum Nachdenken anregende Fragen.

[Vielen Dank an den Spiegel-Verlag und Bloggerhouse-Randomportal für das Rezensionsexemplar!]

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