Die spürst du nicht
Die spürst du nichtIch fühlte mich erschlagen, als ich nach den letzten gelesenen Seiten das Buch „Die spürst du nicht“ von Daniel Glattauer zuklappte. Erschlagen von einer dramatischen Handlung und einem Thema, das oftmals ...
Ich fühlte mich erschlagen, als ich nach den letzten gelesenen Seiten das Buch „Die spürst du nicht“ von Daniel Glattauer zuklappte. Erschlagen von einer dramatischen Handlung und einem Thema, das oftmals unschöne Seiten einer Gesellschaft zum Vorschein bringt. Nun grüble ich seit ein paar Tagen darüber, wie ich diesen Roman bewerten soll. Denn einerseits hat mich der Stil des Autors wieder sehr gepackt, anderseits waren die literarischen Figuren mir einfach zu viel. Doch erst einmal von vorne.
Die spürst du nicht
In Daniel Glattauers neuem Roman begleiten wir Leser zwei Familien auf einer Reise, die ihr gesamtes Leben auf tragische Weise ändern wird. Denn der exklusive Toscana-Urlaub verläuft etwas anders, als ihn sich die Binders und die Strobl-Marineks vorgestellt haben. Dabei hatten sie doch gegen die Langeweile von Tochter Sophie Luise vorsorglich eine Schulfreundin – ein Flüchtlingskind aus Somalia – eingeladen, sie zu begleiten. Zu Beginn stimmte man sich noch mit Prosecco und Antipasti auf die Ferien ein, ohne zu ahnen, dass diese Auszeit in einer Katastrophe enden wird.
„Die spürst du nicht“ ist kein gefälliger Roman, mit dem man es sich an einem lauschigen Plätzchen gemütlich machen und entspannen kann. Vielmehr gleicht dieser Roman einem Sittenbild unserer privilegierten Gesellschaft. Und genau dieser Aspekt hat es mir persönlich sehr schwer gemacht, dieses Buch zu lesen. Ich konnte es gelinde gesagt sehr schlecht ertragen über reißerische und profitable Berichterstattung der Medien, unerträglichen Alltagsrassismus, Egoismus und nicht zuletzt über die Charaktereigenschaften der literarischen Hauptfiguren zu lesen. Es gab in der gesamten Handlung nicht einen Menschen, der mir etwas Erholung gespendet hat.
Daniel Glattauer hat seine Handlung nicht fließend gestaltet. Vielmehr ist sie sehr fragmentiert und unruhig. Es gibt zahlreiche Schauplätze und so wenig Ordnung. So viele Charaktere, mit denen ich nicht sympathisieren konnte und eine Stimmung, die sehr bedrückend ist. Dennoch möchte ich betonen, dass der Autor sein Handwerk versteht. Das zeigt sich in seinen präzisen Beschreibungen, seinen überraschenden Stilmitteln und in starken Dialogen.
„Die spürst du nicht“ von Daniel Glattauer ist ein Buch, das mich sehr zwiegespalten zurückgelassen und beschäftigt hat. Es gab so viele Momente, wo ich es kaum ertragen habe weiterzulesen. Nicht zuletzt, weil Daniel Glattauer unsere Gesellschaft vortrefflich spiegelt und laut ausspricht, was andere totschweigen.