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Veröffentlicht am 27.08.2022

Wir waren immer schon da!

Drei Tage im August
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Berlin 1936: Elfie ringt stets darum ihre Schwermut zu verbergen, denn sie empfindet oft nicht wie andere.
Allein bei ihrer Arbeit in der Chocolaterie Sawade findet sie Zuflucht.
Durch die alte Madame ...

Berlin 1936: Elfie ringt stets darum ihre Schwermut zu verbergen, denn sie empfindet oft nicht wie andere.
Allein bei ihrer Arbeit in der Chocolaterie Sawade findet sie Zuflucht.
Durch die alte Madame Conte und ihre Geschichte einer verbotenen Liebe, begibt sich Elfie nicht nur auf die Suche nach der verschollenen Rezeptur einer einzigartigen Praline.

Auch wenn Elfie die Hauptperson der Handlung ist, sind es doch auch die vielen "kleinen Leute" in Berlin, die man eine kurze Weile begleitet, von deren Gedanken und Gefühlen man liest, und die dieser Geschichte ihre Seele geben.
Ob Verkäuferin Trude, Buchhändler Franz Marcus, Dienstmädchen Mine, Confiseur Gerald, Barbesitzer Issa El Hamady und andere mehr - sie alle leben in der großen Stadt ihr kleines Leben, haben Träume, Wünsche und Pläne.
Sie alle sind Teil einer eigenen, gemeinsamen Welt - selbst Willi, der alte Drehorgelspieler bleibt nach seinem Tod unvergessen und präsent.
Mit einem sehr atmospärischen Schreibstil schafft die Autorin es, das historische Berlin vor dem inneren Auge erstehen zu lassen.
Man schlendert beim lesen durch die belebten Straßen, besucht das Hotel Adlon, das Café Kranzler, die real existierende Pralinenmanufaktur Sawade.
Noch ist Unter den Linden nicht vom Kurfürstendamm als Mittelpunkt Berlins abgelöst.
Man hört die Geräusche der Stadt, riecht und schmeckt die Schokolade.
Die olympischen Spiele gaukeln der Welt eine offene, freundliche Stadt vor, die Repressalien der NS gehen aber mehr oder weniger weiter.
Elfie, die sich von einer kleinen Verkäuferin zur Leiterin von Sawade hochgearbeitet hat, ist unglaublich liebenswert.
Aufgewachsen bei einer lieblosen und kaltherzigen Großmutter, kämpft sie mit ihren Dämonen.
Sie hat ein paar kleine Zwänge, tut sich schwer mit anderen Menschen und hat sich daher im Laufe der Zeit, zumindest außerhalb von Sawade, in sich selbst zurückgezogen.
Nur langsam und zögerlich erkennt Elfie, welche dunklen Veränderungen die neuen Machthaber in Berlin hervorgebracht haben.
Die immer beklemmendere Atmosphäre in Berlin wird den Leser(innen) in wenigen Sätzen schleichend vermittelt und offenbart sich Elfie, als Blumenmädchen Rosa auf offener Straße verhaftet wird und Elfie wie erstarrt und machtlos zusehen muss.
Die vorsichtige Annäherung mit dem etwas älteren Barbesitzer El Hamady schien für mich wie aus einer anderen Zeit und Welt und hat mich zum lächeln gebracht.
Auch Madame Conte und ihr Ausflug in die Vergangenheit hat mir sehr gefallen.
Ihre "verbotene Liaison" mit Ladislaus Ziemkiewicz, dem Gründer von Sawade, wird wunderbar beschrieben.
Ich habe mir Madame ein wenig wie Vanessa Redgrave vorgestellt - schon etwas älter, aber noch immer ausgesprochen charmant.
Sehr interessant und extrem ansprechend gemacht fand ich, dass die Bäume auf der Prachtstraße Unter den Linden in kurzen Zwischenkapiteln vom Lauf der Zeit berichten. "Wir waren immer schon da."

Die Sprecherin Vera Teltz liest mit ihrer ruhigen und warmen Stimme einfach grandios!
"Drei Tage im August" ist ein gefühlvoller, intensiver und bewegender Roman, der noch lange nachklingt.
Eine Hommage an eine untergegangene Zeit.
Und an Freunde, die zu Familie werden.
Ein wahrer Glücksgriff!

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Veröffentlicht am 25.08.2022

Unsympathische Protas verderben die gute Idee

Der Wintermordclub
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In einem kleinen französischen Hotel trifft sich jedes Jahr im Dezember eine Gruppe ehemaliger Ermittler: Polizisten, eine Kriminalistikprofessorin und ein Gerichtsmediziner.
Die Hotelleitung organisiert ...

In einem kleinen französischen Hotel trifft sich jedes Jahr im Dezember eine Gruppe ehemaliger Ermittler: Polizisten, eine Kriminalistikprofessorin und ein Gerichtsmediziner.
Die Hotelleitung organisiert stets ein Krimidinner, an dem die ergrauten Profis noch einmal ihre Fähigkeiten beweisen können.
Doch als sie diesmal im Weinkeller die vermeintliche Leiche finden, stellt sich heraus, dass dort ein echter Toter liegt!
Eines der Mitglied aus ihrer Kriminalistengruppe!
Die übrigen Profis im Ruhestand lassen kein gutes Haar an der Arbeit der herbeigerufenen Polizei. Ganz klar: Sie müssen selbst ran!

Fast die komplette Handlung spielt in dem kleinen, inzwischen ein wenig heruntergekommenen Hotel. Kurze Rückblenden zeigen Hinweise zu dem einen großen und erfolgreichen Fall, den die Senioren-Truppe vor Jahren in einer europäischen Mission zusammengeführt hatte.
Nach und nach wird klar - jeder von ihnen hat ein dunkles Geheimnis.
Auch hat die vielbeschworene Freundschaft deutliche Risse und plötzlich sind sie alle verdächtig.

Cover und Titel haben mich sehr an den Donnerstagsmordclub erinnert. Dazu ermittelnde Protagonist(inn)en Ü70 - das klang nach meinem Geschmack.
Leider muss ich sagen, ich war nicht wenig enttäuscht.
Die Hauptpersonen sind unsympathisch, selbstherrlich, voller Ehrgeiz und Neid.
Selbst bei der Suche nach dem Mörder ihres "Freundes" gibt es statt Zusammenhalt, eher gnadenlosen Konkurrenzkampf, gespickt mit Gehässigkeiten den anderen gegenüber.
Hauptsache, den Sieg beim Ermitteln davontragen!
Dazu ein paar ziemlich dumme Klischees (der Deutsche ist dick und trinkt viel Bier, die Französin ist "immer noch" schön und elegant, die Engländerin trinkt 24/7 Tee, der Grieche ist bestechlich,...).
Und das Zimmermädchen - also bitte, da blieb nicht viel Raum für Spekulation bezüglich ihrer Herkunft.
Aus welcher Richtung der/die Mörder(in) kommt, war sehr schnell klar, selbst das Motiv wurde früh wie auf einem Silbertablett serviert.
Die Idee für die Geschichte ist toll, wurde aber leider schlecht umgesetzt.
Ich habe nach 2/3 nur noch quergelesen, die Pensionäre mit ihrer giftigen Art untereinander waren mir (bis auf den dementen Kasimir) einfach zu unangenehm.
Schade, aus dem Plot hätte man eine charmante Reihe machen können.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Zweite Reise nach Amalfi

Der zauberhafte Papierladen in Amalfi (Kleine Läden in Amalfi 2)
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Seit Papeterie-Besitzerin Carolina von ihrer großen Liebe Bernardo verlassen wurde, hat sie nicht wieder mit ihm gesprochen.
Mittlerweile ist sie mit dem Bäcker Aldo zusammen und Bernardos Rückkehr ist ...

Seit Papeterie-Besitzerin Carolina von ihrer großen Liebe Bernardo verlassen wurde, hat sie nicht wieder mit ihm gesprochen.
Mittlerweile ist sie mit dem Bäcker Aldo zusammen und Bernardos Rückkehr ist ihr vollkommen gleichgültig.
Bernardo versucht zwar alles um Carolina zurückgewinnen, aber sie lässt ihn abblitzen.
Als jedoch die Amerikanerin Rachel in Amalfi auftaucht und Bernardo näherzukommen scheint, erwacht die Eifersucht in Carolina.

Roberta Gregorio entführt ihre Leser(innen) erneut in das wunderschöne Amalfi, welches auch hier wieder fast eine weitere Hauptrolle einzunehmen scheint.
Carolina mochte ich sehr und ihre Papeterie klingt tatsächlich nach einem zauberhaften kleinen Laden, in dem ich gerne stöbern würde.
Dann noch ein Eis von Livia oder einen Kaffee von Salvatore - und das Ganze mit Blick auf den berühmten Dom. Ich sehe alles fast vor mir!
In diesem zweiten Buch aus der Reihe "Kleine Läden in Amalfi" ist diesmal Carolina die weibliche Hauptperson, ihre Freundinnen Diletta und Livia sind aber selbstverständlich auch wieder mit dabei.
Natürlich ist klar, dass Carolina und Bernardo wieder zusammenkommen.
Der Weg dahin ist eine romantische Sommerlektüre, die gute Laune macht.
Das kleine Drama beim Klippensprung fand ich allerdings unnötig.
Auch wenn die Geschichte auf "Die kleine Eismanufaktur in Amalfi" aufbaut, kann man beide Bücher sehr gut separat lesen.
Wird es einen dritten Band um Diletta geben?
Ich reise würde sehr gern wieder (nicht nur literarisch) nach Amalfi reisen.

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Veröffentlicht am 12.08.2022

Neustart in Schottland

Fishergirl's Luck
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Anna stand als Köchin im Schatten ihres Ex-Freundes, dem Besitzer des Restaurants, in dem sie jahrelang geschuftet hat.
Um einen Neuanfang zu wagen zieht sie nach Crovie, einem winzigen Fischerdorf am ...

Anna stand als Köchin im Schatten ihres Ex-Freundes, dem Besitzer des Restaurants, in dem sie jahrelang geschuftet hat.
Um einen Neuanfang zu wagen zieht sie nach Crovie, einem winzigen Fischerdorf am Moray Firth in Schottland.
Anna hofft, in der alten, an der Steilküste gelegenen Fischerhütte, die sie von ihren Ersparnissen gekauft hat, zur Ruhe zu kommen.
Als sie beginnt die Umgebung und ihre Nachbarn kennenzulernen, entdeckt Anna ihre Liebe zum Kochen wieder und eröffnet kurzerhand ein improvisiertes Pop-up-Restaurant direkt am Meer.
Nach und nach freundet sie sich auch mit den Menschen an die in Crovie leben und findet dabei nicht nur sich selbst, sondern auch heraus, mit wem sie ihr Leben teilen will.

Nachdem Anna das kleine Haus in Schottland gekauft hat - ohne es vorher gesehen zu haben - ist sie, als sie ankommt, zuerst überzeugt einen großen Fehler begangen zu haben.
Es sind die warmherzigen Nachbarn Pat und Frank, die sie überreden, dem kleinen Crovie eine Chance zu geben und zu bleiben.
Was erst "nur eine kurze Auszeit" sein sollte, entwickelt sich nach und nach zu einer Art Liebesgeschichte zu Crovie und seinen Bewohnern.
Anna findet nicht nur Freunde, sondern endlich auch Ruhe und so etwas wie einen Hafen.
Das oft stürmische Wetter ist zwar ein untrennbarer Teil der wunderbaren Natur im Norden Schottlands, aber als ein besonders großes Unwetter zu Erdrutschen führt, stehen die Einwohner Crovies vor einer herannahenden Katastrophe und beweisen, was eine Gemeinschaft ist!

Ich mochte die Beschreibungen der wilden Natur, der Klippen und des rauen Meeres sehr, hatte ich doch schon das Glück, Schottland (bei wunderbar sonnigem Wetter) kennenzulernen.
Auch die unglaublich freundliche und herzliche Art der Schotten wird hier trefflich beschrieben.
Sehr, sehr gern würde ich das Fishergirl's Luck besuchen, mich an Liams Tisch setzen und eines der ausgesprochen schmackhaft und lecker klingenden Gerichte von Anna zu probieren

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Wenn ich sterbe, wird es auf dem Meer sein

Die Passage nach Maskat
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Spätsommer 1929: Der traumatisierte Kriegsveteran Theodor Jung begibt sich als Fotoreporter auf den luxuriösen Ozeanliner Champollion.
Er soll für die "Berliner Illustrierte" über die Reise von Marseille ...

Spätsommer 1929: Der traumatisierte Kriegsveteran Theodor Jung begibt sich als Fotoreporter auf den luxuriösen Ozeanliner Champollion.
Er soll für die "Berliner Illustrierte" über die Reise von Marseille nach Maskat im Oman berichten.
Mit an Bord befinden sich auch Ehefrau Dora, Schwager Ernst, sowie die Schwiegereltern Hugo und Marthe Rosterg.
Unter den anderen Passagieren sind u.a. eine skandalumwehte Nackttänzerin, ein mysteriöser römischer Anwalt, eine englische Lady, ein junger amerikanischer Ingenieur und ein Geldeintreiber aus der Berliner Unterwelt.
Als Dora nach wenigen Tagen auf der Champollion spurlos verschwindet, wird die Reise für Theodor zum Albtraum - denn nicht nur deren Familie, auch die anderen Passagiere und die Besatzungsmitglieder behaupten, Dora nie an Bord gesehen zu haben.

Dieses Buch ist eine faszinierende Mischung aus historischem Reiseroman und aufregendem Krimi.
Cay Rademacher beschreibt die Schauplätze von Nordafrika bis in die arabische Welt ausgesprochen bildhaft, sodass man fast meint, die flirrende Wüste bei den Pyramiden zu sehen, die Hitze im Tal der Könige zu spüren und die Gewürze auf den Basaren zu riechen.
Die Charaktere sind allesamt sehr vielschichtig angelegt und werden perfekt beschrieben - gerade, wenn einige nach und nach ihre Masken sinken lassen und die unterschiedlichen Verbindungen und Abhängigkeiten ans Tageslicht kommen.
So wie Jung zwischenzeitlich beginnt an seinem Verstand zu zweifeln, stellen sich auch den Leser(innen) immer neue Fragen, wie wohl die unterschiedlichen Vorkommnisse an Bord zusammenhängen könnten.
Beim mitfiebern entsteht ein farbenprächtiges Kopfkino und irgendwann lässt einen die Handlung kaum mehr los!
Die finale Auflösung um Doras ist überraschend, das Ende gibt sehr viel Raum für Spekulationen.
Grandios und spannend erzählt!

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