Profilbild von Katjuschka

Katjuschka

Lesejury Star
offline

Katjuschka ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Katjuschka über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.04.2021

Lilla mín

Das Mädchen im Nordwind
0

2019: Die Tischlerin Sophie braucht dringend Abstand zu ihrem Freund Thomas, die Beziehung steht kurz vor dem Aus.
Ein Angebot für 3 Monate gegen Kost und Logis ein Haus auf Island zu renovieren, kommt ...

2019: Die Tischlerin Sophie braucht dringend Abstand zu ihrem Freund Thomas, die Beziehung steht kurz vor dem Aus.
Ein Angebot für 3 Monate gegen Kost und Logis ein Haus auf Island zu renovieren, kommt da genau richtig.
Sophie fällt dabei ein altes, auf Deutsch geschriebenes Notizbuch in die Hände.
Und während sie sich in den wortkargen Björgvin zu verlieben scheint, liest sie die tragische Lebensgeschichte der jungen Luise.
1936: Luise ist 17 Jahre alt und leidet, genau wie die gesamte Familie, unter den Verhältnissen der Zeit, den sie sind Juden.
Als ihr Bruder Heinrich eines Tages seinen Kommilitonen Jónas, einen Isländer, mitbringt, ist Luise sofort verliebt.
Aber die Umstände unter den Nationalsozialisten werden immer schlimmer.
Als Luise schwanger wird planen sie und Jónas die Flucht nach Island.
Dann beginnt der Krieg...

Zum dritten Mal verlegt Karin Baldvinsson eine spannende Geschichte nach Island und schafft es dabei erneut, das neue nordische Sehnsuchtsziel vieler Deutschen in eine fesselnde Handlung einzubauen.
Dabei ist es ihr gelungen, nicht nur beide Handlungsstränge, sondern auch die Protagonist(inn)en, sehr lebendig zu gestalten.
Sophie und Björgvin haben beide einen großen Verlust erlitten und tun sich schwer Nähe zuzulassen.
Luise und ihre Familie sind liebenswerte Menschen, die (zu?) spät erkennen, was in ihrem Land geschieht.
Mit Jónas trifft Luise auf ihre große Liebe, aber die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben ist gering.
Und Luises Notizbuch zeugt ja auch davon, dass es wohl kein Happy-End gegeben hat.
Was ist geschehen?
Auch wenn ich Sophie und Luise gleichermaßen mochte, waren ihre Geschichten sehr unterschiedlich.
Die Handlung rund um Luise und ihre Familie war unfassbar atmosphärisch, teilweise beklemmend.
Sophie ist eine nur scheinbar stets selbstbewusste Frau, aber gerade ihre Zweifel, ihr Zögern, machen sie "echt".
Beide sind, jede für sich und in ihrer Zeit, extrem starke Frauen.
Ich mochte das realistische Ende in beiden Zeiten, auch (oder gerade) weil eben nicht immer alles im Leben glatt und gut verläuft, manches sich nicht erfüllt.
Nicht nur für Island-Fans eine wunderbare Geschichte mit Tiefgang!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.04.2021

Der Sommer kann kommen!

Der Eissalon
0

Bonn 1957: Nach einem Techtelmechtel mit einem Lehrer muss Karina die Restaurantfachschule verlassen und so ihre Ausbildung abbrechen.
Karina mietet sich, ohne Wissen der Eltern, bei der Kriegswitwe Erika ...

Bonn 1957: Nach einem Techtelmechtel mit einem Lehrer muss Karina die Restaurantfachschule verlassen und so ihre Ausbildung abbrechen.
Karina mietet sich, ohne Wissen der Eltern, bei der Kriegswitwe Erika ein Zimmer.
Dort gerät sie mit dem zweiten Untermieter aneinander, dem Italiener Ricardo.
Karina verliebt sich in ihn, doch er will von ihr nichts wissen. Nur eines eint sie: Ein Traum von einem Café, bzw. Eissalon!
Ricardo hat das Wissen um die Kunst des Eismachens, Karina das Gespür für die Sehnsüchte der Menschen, sowie das Startkapital.
Alles läuft gut, bis Ricardos Vergangenheit ihn einholt und dazu noch Karinas Vater plötzlich vor der Tür steht.

Karina ist eine junge, selbstbewusste Frau, die sich mit den vorherrschenden Gegebenheiten nicht anfreunden kann und will!
Warum soll sie als liederlich gelten und wird der Schule verwiesen, nur weil sie sich in ihrer Verliebtheit hat küssen lassen, während der "Verführer" nur gerügt wird?
Trotz Anfangsschwierigkeiten hat Karina ein Ziel klar vor Augen: Sie "beichtet" den Eltern das Geschehene, sobald sie einen Erfolg vorweisen, und so ihre Selbstständigkeit unter Beweis stellen kann!
Neben der Handlung rund um Karina, Ricardo und dem Eissalon, spielt aber auch Erika eine wichtige Rolle.
Zuerst "nur" Vermieterin, wird aus der Wohngemeinschaft eine kleine Familie.

Ich fand es spannend, wie die Autorin anhand ihrer Protagonistinnen das Frauenbild der Nachkriegszeit abgebildet hat:
Karina, die als Tochter für alles immer die Einwilligung des Vaters braucht.
Karinas Mutter, die stets hinter dem Ehemann zurücksteht.
Erika, die massiv gegen Vorurteile kämpfen muss, weil sie sich in einen jüngeren Mann verliebt hat.
Franziska, die ihren Ruf zu verlieren droht, nur weil der Ehemann sie verlassen hat.
Generell wird der Zeitgeist in dieser wunderbaren Geschichte perfekt eingefangen:
Karina verliebt sich ins Tanzen und den Rock'n'Roll - die Deutschen entdecken ihre Liebe zu Italien!
Auch wenn es ein paar nachdenkliche Momente gibt, ist die Grundstimmung der Handlung doch eindeutig positiv.
Im Prinzip braucht es nur noch einen passenden Soundtrack und es lässt sich prima von Sommer, Sonne, Eiscreme und natürlich der nächsten Reise nach "Bella Italia" träumen...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2021

Zuerst bin ich eine Frau

Die Mutige
0

Auch Jacqueline Bouvier ist eine der Frauen, die als "Frau von..." in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Zuerst als Jackie Kennedy und später als Jackie O. an der Seite von Aristoteles Onassis.
Die ...

Auch Jacqueline Bouvier ist eine der Frauen, die als "Frau von..." in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Zuerst als Jackie Kennedy und später als Jackie O. an der Seite von Aristoteles Onassis.
Die Autorin lässt hier aber die Frau hinter der First Lady, bzw. der Präsidenten-Witwe, hervortreten, und zeigt ein Bild einer faszinierenden Frau, die einen Großteil ihres Lebens unter kritischer Beobachtung stand - und dies immerzu und weltweit.
Der Roman ist in der Ich-Form aus der Sicht von Jackie geschrieben, und so ist man als Leser(in) gefühlt jederzeit an ihrer Seite.
Man verliebt sich mit ihr in den charismatischen jungen John Fitzgerald Kennedy, erlebt die Höhen und Tiefen ihrer turbulenten Ehe mit.
Und dazu gehören auch die vielen verschiedenen Affären von JFK, welche sich die First Lady gezwungen sah zu ignorieren.
Neben den bekannten Fakten werden hier in einer emotionalen und gleichzeitig doch auch ruhigen Art, die Gedanken und Gefühle einer Frau beschrieben, die einige Schicksalsschläge verkraften musste, es aber niemals zeigen durfte.
Das Image des Ehemannes durfte nicht beschädigt werden!
Aber auch die politische Entwicklung spult sich hier, jetzt aus neuer, intimerer Sicht, noch einmal ab: Wahlkampf, Schweinebucht, Kuba-Krise, Kalter Krieg.
Die Bilder der Todesfahrt von Dallas hat sicher jeder vor Augen. Beim lesen hier jedoch quasi mit im Auto zu sitzen, lässt einen mehr als einmal durchatmen.
Es war ein Zitat von Jackie in einem Interview, aber es passt tatsächlich perfekt:
"For one shining Moment there was camelot."
Spannend fand ich die Beschreibung der engen Beziehung von Jackie zu Bobby Kennedy. Auch hier lässt die Autorin offen (genau wie Jackie zeitlebens selbst), ob die Liebe der beiden zueinander wirklich nur platonisch war...
Warum Jackie Kennedy nach ihrer Ehe mit John F. diesen kleinen (in meinen Augen) öligen griechischen Reeder Onassis geheiratet hat, wird hier gut und realistisch vermittelt.
Generell habe ich das Gefühl, Jacqueline Bouvier-Kennedy-Onassis erst jetzt so richtig kennengelernt zu haben.
Das sie sich nach allen Kompromissen und Rückschlägen erst so spät frei und in ihrem Leben angekommen gefühlt hat, macht ein wenig traurig.
Sie war wohl wirklich, wie ihr Schwiegervater Joe zu ihr gesagt hatte, die Königin der Kennedys. Sie war "Die Mutige".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.04.2021

Bernstein im Sommer

Bernsteinsommer
0

Wer die Bücher von Anne Barns kennt - oder auch vielleicht nur den Klappentext gelesen hat - erwartet wahrscheinlich einen sommerlich-leichten Ostsee-Roman mit Wohlfühlfaktor.
Und letzteres ist definitiv ...

Wer die Bücher von Anne Barns kennt - oder auch vielleicht nur den Klappentext gelesen hat - erwartet wahrscheinlich einen sommerlich-leichten Ostsee-Roman mit Wohlfühlfaktor.
Und letzteres ist definitiv gegeben, denn ich habe mich von der ersten bis zur letzten Seite ausgesprochen wohlgefühlt und war dabei nicht wenig überrascht, wie schnell ich Teil dieser herzerwärmenden Geschichte war!
Das über einen nicht unwesentlichen Zeitraum die Handlung nicht auf einer beliebten Urlaubsinsel, sondern im hessischen Hanau spielt, fand ich sehr schön, hat die Autorin ihrer Heimatstadt so doch eine kleine, liebevolle Hommage geschrieben.
Aber natürlich reist die Protagonistin irgendwann dann doch an die Ostsee - zuerst nach Rügen, später nach Hiddensee.
Die Charaktere werden allesamt sehr sympathisch dargestellt, die Beschreibungen von Stadt und Land sind gewohnt bildhaft.
Wie immer nimmt Anne Barns auch hier wieder ihre Fans mit, zu einem zauberhaften kleinen literarischen Urlaub!
Aktuell ist das reisen vielleicht nicht möglich, aber die Autorin schafft es, auch die heimatliche Umgebung zu einem interessanten Ausflugsziel zu machen!
Gern würde ich in Christinas Café sitzen und von ihren gebackenen Leckereien probieren!
Das Thema Alzheimer wird hier übrigens sehr respektvoll, realistisch und empathisch in die Handlung eingeflochten, ohne bei den Leser(inne)n ein unbehagliches Gefühl auszulösen. Im Gegenteil, die Familie geht ungemein liebevoll mit der Diagnose und auch miteinander um.

Fester Bestandteil der Geschichten von Anne Barns sind - wie in jedem ihrer Bücher - nicht nur leckere Kuchen, Torten, Kekse, süße Naschereien aller Art, sondern auch die dazu passenden Rezepte im Anhang.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.03.2021

Those were the days...

Fritz und Emma
0

1947: Emma ist überglücklich, als ihr geliebter Fritz nach dem Krieg zu ihr nach Oberkirchbach zurückkehrt.
Doch dann geschieht etwas Schreckliches, das alles verändert.
2018: Marie und Jacob sind neu ...

1947: Emma ist überglücklich, als ihr geliebter Fritz nach dem Krieg zu ihr nach Oberkirchbach zurückkehrt.
Doch dann geschieht etwas Schreckliches, das alles verändert.
2018: Marie und Jacob sind neu nach Oberkirchbach gezogen und lernen nach und nach die Einwohner kennen. Auch die 92-jährigen Fritz Draudt und Emma Jung, die seit fast siebzig Jahren nicht miteinander gesprochen haben.
Dabei wollten sie einmal heiraten...
Marie nimmt sich vor, Fritz und Emma wieder miteinander zu versöhnen, bevor es zu spät ist.

Auf den ersten Blick scheint es sicher hier wieder um eine Geschichte auf zwei parallelen Zeitebenen zu handeln.
Dabei ist es eher so, dass sich die beiden Handlungsstränge langsam annähern.
Während die Leser(innen) an der Seite von Marie nach und nach die zumeist älteren Dorfbewohner kennenlernen, begegnet man in wechselnden Kapiteln deren jüngerem Ego und begleitet sie über Jahre auf dem Weg durchs Leben.
Jakob ist der neue Dorfpfarrer von Oberkirchbach und er scheint hier seine Berufung gefunden zu haben.
Marie jedoch hadert mit der Trostlosigkeit des Ortes und der Perspektivlosigkeit für sich und ihren Beruf als Journalistin.
Mit der Gestaltung der 750-Jahrfeier hat Marie aber etwas gefunden, in das sie ihre Energie stecken kann.
Sie mobilisiert die Oberkirchbacher und mit ihrer freundlichen und zupackenden Art scheint ein neuer Wind durch die Pfalz zu wehen.
In den "historischen" Kapiteln erfährt man nicht nur, wie das Leben von Fritz und Emma weitergeht, auch die gesammelten Dorfbewohner sind immer wichtiger Teil der Handlung.
In Oberkirchbach wird geheiratet, es werden Kinder und Enkel geboren. Es gibt Freundschaften, Scheidungen und Unfälle.
Manche Bewohner ziehen weg, andere sterben, neue kommen hinzu oder zurück.
Es wird geliebt, gelacht und gestritten. Es gibt Freude und Glück; Verlust, Trauer und Hoffnungslosigkeit - aber eben auch Zuversicht und Mut.
"Fritz und Emma" ist eine wunderschöne, warmherzige Geschichte von alten und neuen Freunden, von großen Gefühlen, von Verzeihen und Neubeginn - und vor allem von der Liebe!

Während Fritz und Emma langsam älter wurden, wurde ich nach und nach gefühlt selbst zu einem Einwohner von Oberkirchbach!
Und das lag nicht unwesentlich daran, dass ich diese teils skurrilen, aber immer unfassbar liebenswerten Mensch irgendwann allesamt ins Herz geschlossen habe.
Dies ging soweit, dass ich mehr als einmal Tränen in den Augen hatte.
Wie gern würde ich einmal zusammen mit Fritz und Emma in "Margrets Stube" einen Kaffee trinken gehen! Oder mit Marie beim Kneipenchor bei "Those were the days" laut mitsingen....

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere