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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2019

Ein Händchen für guten Kaffee

Der Duft der weiten Welt
1

Mina Deharde entspricht so gar nicht dem gängigen Frauenbild Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie weiß sehr genau, was sie nicht möchte: „nur“ ein Leben als Ehefrau und Mutter. Ihr Ziel ist es, im Kaffeekontor ...

Mina Deharde entspricht so gar nicht dem gängigen Frauenbild Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie weiß sehr genau, was sie nicht möchte: „nur“ ein Leben als Ehefrau und Mutter. Ihr Ziel ist es, im Kaffeekontor ihrer Familie zunächst mitzuarbeiten, um es später einmal zu leiten. Zur damaligen Zeit ein schwerer, wenn nicht gar unmöglicher Plan.

Diese mutige junge Frau mit einem starken Willen ist die sympathische Protagonistin in der dreiteiligen Familiensaga um die Familie Deharde, die in der Hamburger Speicherstadt erfolgreich mit Kaffee handelt.
Der erste Teil spielt in den Jahren 1912-13 und gibt Einblicke in das Familienleben der Dehardes, das Leben und den Kaffeehandel in der Speicherstadt, Minas erste Liebe zu Edo, einem Angestellten ihres Vaters, aber auch einige Schicksalsschläge, die die ganze Familie betreffen.
Trotz der sehr kurzen Zeitspanne erlebt man die Entwicklung Minas vom „Backfisch“ zu einer jungen Frau, die trotz ihrer Jugend erstaunlich reif wirkt und sich nicht scheut, Entscheidungen zu treffen, die zwar zum Wohle der Familie sind, sie selbst aber nicht wirklich glücklich machen.
Neben Mina gibt es noch weitere interessante Charaktere, von denen ich einige schon ins Herz geschlossen habe, und natürlich dürfen auch die Umsympathen dabei nicht fehlen.


Fenja Lüders hat einen sehr angenehmen Schreibstil, so dass die Kapitel nur so dahingeflogen sind. Sie schildert die Geschehnisse dabei immer so realistisch, dass sehr schnell ein Kopfkino entsteht. Insbesondere die Schilderungen der Speicherstadt haben mir sehr gut gefallen. Die dort und im Hafen herrschende Atmosphäre ist schon eine besondere.

Der erste Teil war für meinen Geschmack viel zu schnell beendet und dann mit so einem Cliffhanger. Aber so steigt die Vorfreude auf den zweiten Teil.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Thema
Veröffentlicht am 30.10.2019

Kryptische Botschaften

Dunkle Botschaft: Thriller
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„Dunkle Botschaft" ist das 4. Buch mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, die eine vermeintliche Selbstmörderin auf ihrem Obduktionstisch als Mordopfer identifiziert und Hinweise auf ein nächstes Opfer ...

„Dunkle Botschaft" ist das 4. Buch mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, die eine vermeintliche Selbstmörderin auf ihrem Obduktionstisch als Mordopfer identifiziert und Hinweise auf ein nächstes Opfer in Form eines Rätsels an der Leiche findet. Viel Zeit lässt der Mörder ihr und Kriminalkommissar Florian Kessler nicht. Julia Schwarz stolpert dabei eher zufällig über eine mögliche Rätsellösung und findet schon die nächste Leiche.
Wieder ist eine kryptische Nachricht hinterlassen, die die Ermittler und selbst die Spezialisten an den Rand der Verzweiflung bringen, läuft ihnen doch die Zeit weg.
Julia Schwarz und Florian Kessler bilden ein sympathisches Team, wobei mir in diesem Fall die Rechtsmedizinerin auf ihren Alleingängen ihre Nase doch ein wenig zu tief in die Ermittlungen gesteckt und darüber hinaus ihre Assistentin Lenja mit hineingezogen und so in Gefahr gebracht hat.
Parallel zu diesem Handlungsstrang gibt es einen weiteren. Wird hier die von Misshandlungen geprägte Kindheit und Jugend des Täters geschildert?
Catherine Shepherd hat es wieder einmal geschafft, dass nicht nur die Ermittler rätseln. Auch ich habe mich daran versucht, die Mitteilungen des Mörders zu entschlüsseln und die geschickt gelegten Spuren zuzuordnen, mögliche Motive zu durchleuchten oder Verdächtige auszuschließen. Der Schreibstil war wie immer so fesselnd, dass ich mich nur sehr schwer vom Buch trennen konnte, und der Spannungsbogen war vom Beginn bis zum Ende unverändert hoch. Wie schon so oft bei anderen ihrer Thriller war mir erst kurz vor dem Ende des Buches klar, wer hinter den Morden steckt. Genauso mag ich Thriller.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.10.2019

Hier steht viel zwischen den Zeilen

Winterbienen
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Egidius Arimond hat viele Talente. So fällt es dem an Epilepsie entlassenen Lehrer für Latein auch nicht schwer, seine Tage mit Leben zu füllen. Anfang 1944 ist der Alltag im beschaulichen Städtchen ...

Egidius Arimond hat viele Talente. So fällt es dem an Epilepsie entlassenen Lehrer für Latein auch nicht schwer, seine Tage mit Leben zu füllen. Anfang 1944 ist der Alltag im beschaulichen Städtchen Kall in der Eifel noch wenig vom Krieg berührt.
Egidius kümmert sich mit Hingabe und viel Herzblut um seine zahlreichen Bienenstöcke, die bis kurz vor der belgischen Grenze aufgestellt sind. Nebenbei betreibt er in der Bibliothek Ahnenforschung und übersetzt Fragmente eines Vorfahren aus dem 15. Jahrhundert.
Gut versteckt in unscheinbaren Büchern erhält er dort immer wieder Mitteilungen über jüdische Flüchtlinge, die er in seinen Bienenkörben über die Grenze bringt.

In Tagebuchform berichtet Egidius in kurzen Abschnitten über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten, wie sich nicht nur sein bis dahin ruhig dahinplätschernde Alltag mit zunehmenden Kriegshandlungen verändert. Sein eigenes Leben wird zunehmend gefährdeter durch das Voranschreiten der Krankheit und die Bienen werden zunehmend aggressiver. Und immer wieder finden sich Parallelen zwischen dem Leben in einem Bienenvolk und den vorherrschenden Lebensbedingungen im Nazi-Deutschland oder auch den epileptischen Anfällen und den Kriegsbildern. Zitat: „Zuerst die Blitze vor meinen geschlossenen Augen, dann das Dröhnen in meinen Ohren…“
Der Autor schreibt schnörkellos, realistisch und nachhaltig beeindruckend . Es ist ein Buch der leisen Töne, bei dem sehr viel zwischen den Zeilen steht und für das man sich Zeit nehmen sollte, um es genießen zu können.

Veröffentlicht am 05.10.2019

Zeitgeschichte ist spannend

Die geliehene Schuld
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Der Roman „Die geliehene Schuld“ spielt im Nachkriegsdeutschland im Jahr 1949. Die politische Situation ist angespannt, die Besatzungsmächte üben sich im Tauziehen zwischen Ost und West.
Die Reporterin ...

Der Roman „Die geliehene Schuld“ spielt im Nachkriegsdeutschland im Jahr 1949. Die politische Situation ist angespannt, die Besatzungsmächte üben sich im Tauziehen zwischen Ost und West.
Die Reporterin Vera erhält nach dem plötzlichen tödlichen Unfall ihres Kollegen und langjährigen Freundes Jonathan dessen brisante Unterlagen und möchte für ihn Licht ins Dunkel seines letzten „Falles“ bringen. Dieser Handlungsstrang wechselt sich mit einem Rückblick auf Jonathans bisherige Ermittlungsergebnisse ab. Hier spielt eine weitere junge Frau namens Marie eine wichtige Rolle. Beide Handlungsstränge liegen zeitlich nahe beieinander und es wird immer aus wechselnden Perspektiven erzählt, was die Handlung sehr lebendig macht. Der Spannungsbogen ist in beiden Zeitfenstern gleich hoch, so dass es sehr schwer fällt, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen. Beide Protagonistinnen sind sehr sympathische und mutige Charaktere, beide auf der Suche nach der Wahrheit und einem Neuanfang. Dieser Roman beweist, dass deutsche Zeitgeschichte nicht trocken sein muss, ganz im Gegenteil: die Lektüre hat mich mehr gefesselt als so mancher Krimi und so ganz nebenbei ist auch noch Raum für eine zarte Liebesgeschichte.
Meiner Meinung nach kann man aus dieser Zeit nie genug Bücher lesen. Welche Netzwerke aus Korruption und Vertuschung sich damals aufgetan haben entsetzt mich immer noch.
Eine ganz klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Faszinierende Reise durch die Berliner Zeitgeschichte der 50-er Jahre

Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten
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Was habe ich den 2. Teil herbeigefiebert, und selbst nach der langen Wartezeit hat mich die Handlung gleich nach den ersten Zeilen wieder komplett eingefangen und in die aufregende Zeit der 5oer Jahre ...

Was habe ich den 2. Teil herbeigefiebert, und selbst nach der langen Wartezeit hat mich die Handlung gleich nach den ersten Zeilen wieder komplett eingefangen und in die aufregende Zeit der 5oer Jahre mitgenommen.
In diesem Teil steht Silvie Thalheim im Mittelpunkt. Die Schwester, die mir im ersten Teil zeitweise etwas oberflächlich erschien, ist inzwischen sehr erfolgreiche Moderatorin beim Radio mit eigenen Sendungen und bastelt stetig an ihrer Karriere weiter. Der Familienbetrieb interessiert sie eher nur am Rande.
Mit der Familie Thalheim geht es durch gute und auch schlechte Zeiten. Silvies Entwicklung hat mir hierbei besonders gut gefallen. Sie tanzt nach wie vor nicht nach Papas Pfeife sondern geht unbeirrt ihren eigenen Weg, auch wenn der mitunter ziemlich steinig ist. Trotzdem schafft sie es immer wieder, dabei auch den Familienbetrieb nicht aus den Augen zu verlieren.
Brigitte Riebe hat es wieder einmal geschafft, eine Atmosphäre zu schaffen, bei der ich nicht nur mitgelesen habe sondern aufgrund der lebendig gezeichneten, authentischen Charaktere das Gefühl hatte, mittenmang in den 50er Jahren dabei zu sein. Es war wieder wie bei einem Treffen unter Freunden – die totale Wohlfühlatmosphäre. Dabei gab es eine Zeitreise durch das Berlin der 50-er Jahre mit all den bekannten Ost/West-Problemen und Verstrickungen, die im Anhang auch noch einmal sehr übersichtlich und detailliert dargestellt sind. Durch geschickt eingestreute kurze Rückblicke auf die Geschehnisse in Band 1 könnte man diesen Band theoretisch auch ohne Vorkenntnisse lesen (was jedoch sehr schade für den/die Leser*in wäre).
Auch der 2. Teil war für meinen Geschmack viel zu schnell ausgelesen und ich fiebere jetzt wieder – dem 3. Teil entgegen.