Gefühlvolle Erzählung
Mit jedem JahrHarvey verliert ihre Eltern durch einen Unfall viel zu früh. Zunächst kommt sie in einer Pflegefamilie unter. Doch eine engagierte Sozialarbeiterin sorgt dafür, dass ihr Onkel Jason, der auf den ersten ...
Harvey verliert ihre Eltern durch einen Unfall viel zu früh. Zunächst kommt sie in einer Pflegefamilie unter. Doch eine engagierte Sozialarbeiterin sorgt dafür, dass ihr Onkel Jason, der auf den ersten Blick überhaupt nicht dazu geeignet zu sein scheint, ein kleines Mädchen aufzuziehen, sie bei sich aufnimmt und ihr ein neues Zuhause gibt. Jason, mit seinen Tattoos und der zweifelhaften Vergangenheit, krempelt sein ganzes Leben um, um sich dieser Herausforderung zu stellen.
Der Einstieg in Simon Van Booys gefühlvolle Erzählung gelingt mühelos. Zunächst lernt man Harvey kennen und erfährt ein wenig aus der Zeit, in der ihre Eltern noch leben. Auch Jasons schwierige Vergangenheit wird kurz angeschnitten. Die eigentliche Geschichte, in der man die Beziehung zwischen Harvey und ihrem Onkel, der zu ihrem Dad wird, beobachtet, wird allerdings nicht chronologisch erzählt. Sie startet etwa zwanzig Jahre später in Paris. Hier freut sich die mittlerweile erwachsene Harvey auf den Besuch ihres Vaters. Sie schenkt ihm zum Vatertag eine Kiste mit Dingen, die sie mit besonderen Momenten verbindet. Gemeinsam blicken die beiden zurück in die Vergangenheit und so erfährt man, wie diese beiden Menschen zu Vater und Tochter wurden.
Simon Van Booy beschreibt die besonderen Momente der beiden sehr gefühlvoll. Harvey und Jason wirken sehr lebendig und authentisch. Man merkt auch, dass Jason sich nicht von einem Moment zum anderen in einen pflichtbewussten Menschen verwandelt. Denn Jason ist alles andere als ein einfacher Charakter. Er ist gewaltbereit und kann seine Wut manchmal nur schwer kontrollieren. Doch für Harvey ist er bereit sich zu ändern und arbeitet ständig an sich. Man merkt, wie viel Kraft es ihn kostet. Man spürt allerdings auch, wie gern er Harvey hat und dass es für ihn kein Opfer ist, an sich zu arbeiten und für sie zu sorgen. Die Vater-Tochter-Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt, wird durch Liebe und Vertrauen geprägt. Diese Gefühle kann man regelrecht zwischen den Zeilen spüren und sich so ganz auf die gefühlvolle Erzählung einlassen.
Der Schreibstil ist leicht und angenehm lesbar. Man kann sich die beschriebenen Szenen lebhaft vorstellen und die Gefühle, die hervorragend vermittelt werden, beim Lesen auf sich wirken lassen. Dadurch gerät man in den Sog der Handlung und mag sich kaum von dieser Erzählung lösen. Am Ende gibt es noch eine Überraschung, die zwar kaum vorhersehbar ist, aber leider ziemlich klischeehaft wirkt.
Ich habe mich beim Lesen sehr gut unterhalten und die gefühlvolle Geschichte regelrecht genossen. Allerdings muss ich zugeben, dass die Überraschung am Ende auf mich etwas zu zuckersüß wirkte. Deshalb ziehe ich auch ein Sternchen ab. Sonst habe ich aber überhaupt nicht zu meckern und vergebe deshalb begeisterte vier Sternchen und eine klare Leseempfehlung.