Abbruchrezension
Frühlingsküsse und ErdbeerkuchenDer kitschige Titel sowie das frühlingshafte Cover haben mich sofort angesprochen. Romane, deren Handlung zu bestimmten Jahreszeiten spielen und deren Marketing genau darauf ausgelegt ist, sind so ein ...
Der kitschige Titel sowie das frühlingshafte Cover haben mich sofort angesprochen. Romane, deren Handlung zu bestimmten Jahreszeiten spielen und deren Marketing genau darauf ausgelegt ist, sind so ein Art Guilty Pleasure meinerseits. Besonders die Frühlings- und Sommerromane sind dabei meine große Schwäche. Die Durchfallquote ist leider sehr hoch, wenn man sich nicht auf bestimmte Autorinnen festlegt, mit denen man einmal gute Erfahrungen gemacht hat. Da ich aber immer wieder gerne von mir unbekannten Autorinnen Bücher zulege, muss ich diese Reinfälle leider in Kauf nehmen. Spoiler: Mir hat Frühlingsküsse und Erdbeerkuchen überhaupt nicht gefallen.
Es kommt selten vor, dass mir an einem Roman so gar nichts gefallen mag. Hier vereinen sich mehrere Faktoren. Angefangen bei einem recht einfachen Schreibstil, der jedoch gut die Gemüter der Figuren widerspiegelt, hat sich ein unangenehmer Gesamteindruck bereits früh festgesetzt. Zu keiner der Figuren war es mir auch nur Ansatzweise möglich, Zugang zu finden. Lookismus und Unfreudlichkeit zählen zu den Charaktereigenschaften aller Beteiligten. Sie wären daher kaum auseinanderzuhalten, hätten sie zum Glück nicht unterschiedliche Namen. Protagonistin Doro unterscheidet sich in dieser Hinsicht ausschließlich von ihrer Mutter, dass Doro die Outfits von Menschen, die „sich zurecht machen“ kritisiert. Es steckt jedoch die gleiche Systematik dahinter, mit der auch Doros Mutter Gundula die Kleiderwahl ihrer „langweiligen“ Tochter bewertet.
Doro selbst ist die Unschuld vom Lande, unscheinbar und zum Erbrechen tollpatschig. Hier wurde ganz tief in die Klischeekiste gegriffen, um eine Protagonistin zu schaffen, wie man sie aus den ChicLit Romanen der 2000er Jahre kennt. Wer es hingegen romantisch findet, wenn die Protagonistin in einer Tour dem Love Interest vor die Füße oder in die Arme fällt, wird meine Kritik sicher nicht nachvollziehen können. Obwohl Dorothee ein recht unscheinbares Leben führt, hat ihre bloße Präsenz im Roman ein andauerndes Bedauern meinerseits heraufbeschwört. Es scheinen sich alle um sie herum gegen sie verschworen zu haben, besonders eben ihre Mutter und Felix. Das ärgert sie so sehr, dass ihr auch mal „die Augäpfel vor Empörung unschön hervortreten“ (Pos. 117). Ich kann dies vollkommen nachvollziehen, Doro.
Felix ist ein echter Traummann. Das erste was ihm in den Sinn kommt, als er Doro sowie ihren Wagen erblickt ist, ob das Nummernschild passend zu ihrer Oberweite sein könnte.
„Ob das Doppel-D des Kennzeichens wohl ein Hinweis auf ihre Oberweite sein sollte?“
– Pos. 134
Leider versteckt Doro sich in weiten Kleidern, aber immerhin kann die üppige Oberweite (sie passt zu Felix Freude doch zum Nummernschild) auch durch diese erahnt werden. So viel Glück für Felix!
„Die Frau war ein wenig kleiner als er selbst. Ihre Figur konnte er, abgesehen von ihrer üppigen Oberweite, durch die weiten Klamotten nur erahnen. Aber diese Farbe! Beiger Schlabberpulli und schlammfarbene Hose.“
– Pos. 136
Am meisten hat mir die Stelle gefallen, in dem Felix Doro aufgrund ihrer Frisur mit einem Clown verglichen hat.
„Ihre Kurzhaarfrisur erinnerte ihn ein bisschen an einen Clown. Es fehlte nur noch die knallrote Haarfarbe und die obligatorische rote Nase […] Hatte er nicht noch die rote Schaumstoffnase im Auto, die er einmal bei einem Auftritt von Dr. Hirschhausen erhalten hatte?“
– Pos. 136
Es tut mir wirklich leid, aber mehr als 20% dieses Romans konnte ich einfach nicht hinter mich bringen. Es war mir völlig egal ob (und wie) die beiden zusammenkommen, wie sich das Mutter-Tochter-Verhältnis auf der gemeinsamen Reise entwickeln und an welcher Stelle der Erdbeerkuchen eine tiefere Bedeutung finden wird. Bei all den Büchern, die ich auf meiner aktuellen Leseliste und dem Stapel ungelesener Bücher habe, tut mir der Abbruch von diesem Roman auch nur bedingt leid. Und dass, obwohl es sich um Rezensionsexemplar handelt. Für diesen Umstand muss man bei mir schon einiges erreicht haben. Herzlichen Glückwunsch.
Ich bin mir sicher, dass dieser Roman als lustige Urlaubslektüre auf Unterhaltung und Abschalten der jeweiligen Leserinnen gerichtet ist, diese Art von Humor erschließt sich mir allerdings in keiner Weise. Und dabei gehe ich zum Lachen noch nicht mal in den Keller, sondern nur ins Erdgeschoss. Und wer weiß, vielleicht verpasse ich im weiteren Verlauf die großartigen Entwicklungen der Figuren die endlich erkennen, dass sie sich am Anfang der Geschichte äußert merkwürdig verhalten haben. Aber dies ist dann mein persönlicher Verlust.
Hab ihr den Roman bereits vor Erscheinen gelesen? Wie hat er euch gefallen? Allen, die trotz meiner Kritik Lust auf das Buch bekommen haben, können es ab dem 11.05. erwerben oder wie ich bei Netgalley anfragen. Trotz der Enttäuschung geht wie immer mein Dank an das Team von Forever. Der nächste Roman wird das sicher wieder rausreißen. Da bin ich mir sicher.