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Veröffentlicht am 27.09.2017

Liebe zwischen den Zeilen

Liebe zwischen den Zeilen
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Meinung

Hinter „Liebe zwischen den Zeilen“ verbirgt sich, ähnlich den Regalen einer Buchhandlungen, nicht nur eine, sondern direkt viele kleine Geschichten. Auch wenn der Titel einen klassischen Liebesroman ...

Meinung



Hinter „Liebe zwischen den Zeilen“ verbirgt sich, ähnlich den Regalen einer Buchhandlungen, nicht nur eine, sondern direkt viele kleine Geschichten. Auch wenn der Titel einen klassischen Liebesroman vermuten lässt, der die Protagonistin durch ihr Gefühlsdurcheinander schickt, hat er doch viel mehr vorzuweisen.

Besonders das erste Drittel weiß zu bezaubern und gleichzeitig zu Tränen zu rühren. Emilia, die vor lauter Trauer um ihren Vater nicht mehr ein und aus weiß sieht sich plötzlich der Verantwortung für ein Geschäft und dessen Angestellten gegenüber. Schnell wird klar, wie wichtig ihr Vater, Julius, und die Buchhandlung Nightingale für das kleine beschauliche Örtchen Peasbrook waren. Diese Liebe, die von Emilia und den Einwohnern Julias entgegen gebracht wird, lässt zunächst einen perfekten Romancharakter ohne Ecken und Kanten entstehen. Doch ein kurzer Ausflug in Julius Vergangenheit lässt ihn in einem anderen Licht erstrahlen, was dazu führt, dass seine Figur realer und menschlicher erscheint. Durch diesen, etwas anderen Blick auf die Gallionsfigur des Ortes, bekommt der Roman gerade noch die Kurve, um nicht in eine kitschige Ecke abzudriften.

„Julius war immer noch da, dachte Emilia. In den Tausenden von Buchseiten. In den Millionen Wörtern. All die Bände und das Vergnügen, das sie den Menschen über die Jahre bereitet hatten, in Form von Ablenkung, Unterhaltung, Bildung. […] Julius Nightingale würde niemals sterben.“ – Seite 21

Henry hat Figuren geschaffen, die man gerne und vor allem schnell ins Herz schließt. In der kleinen Buchhandlung versammelt sie einen bunten Haufen an Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch alle auf eine bestimmte Art und Weise das gleiche Problem zu haben scheinen. Sie alle vereint die Suche nach dem Weg aus ihrem Alltagstrott und dem Ausbruch aus ihren mitunter heiklen Lebenssituationen. Und so erzählt der Roman die Geschichten von ihnen allen. Häppchenweise und immer so ein Kapitel beendend, dass man den Roman nicht zur Seite legen mag, um weiter mit ihnen voranschreiten zu können. Diese kleinen Episoden verschmelzen ohne aufdringlich zu wirken, zu einer runden Gesamthandlung, der an mancher Stelle jedoch die Zeit zum Reifen gefehlt hat. Unter der Last der vielen Figuren, geht der ein oder andere Charakter unter oder dem anderen mag dafür zu viel Raum zum Entfalten gegeben worden sein. Ihre Handlungsverläufe sind theoretisch so komplex, dass man ihnen jeweils einen eigenen Roman hätte widmen können.


Und so führt es leider dazu, dass mir ausgerechnet zu Emilia, der vermeidlichen Protagonistin, der Zugang erschwert wurde. Wurde allen anderen Menschen in diesem Roman so viel Leben eingehaucht, wirkte Emilia oftmals wie eine Statistin auf mich. Ein genaues Charakterprofil mag sich mir nicht ergeben. Auf der einen Seite ist sie zwar die liebende Tochter und eifersüchtige Verliebte, auf der anderen Seite kommen jedoch kaum andere Eigenschaften ihrerseits zum Vorschein. Ein großer Teil ihrer Geschichte nimmt ihre Überlegung, den Laden weiterzuführen, ein. Gerade in Bezug auf diesen Punkt hätte ich mir mehr Konflikte gewünscht, da hierfür viel Potenzial vorhanden war.

Der Roman kommt einer Liebeserklärung an die Literatur gleich. Dies merkt man der Autorin auf jeder Seite an. Dadurch finden zahlreiche Titel den Weg in den Roman. Vom literarischen und weltbekannten Klassiker bis zum lediglich in Großbritannien bekanntem Werk ist alles vertreten. Diese Nennungen wecken den Wunsch, nach Beenden von „Liebe zwischen den Zeilen“ direkt zu diesen überzugehen.

Fazit



„Liebe zwischen den Zeilen“ ist eine Liebeserklärung an kleine Buchhandlungen, leidenschaftliche Leser und das Lesen an sich. Der Roman hat seine Schwächen, ist zusammengefasst allerdings eine schöne Herbstlektüre, die jedem Buchliebhaber graue Regentage erheitern wird.

Veröffentlicht am 26.09.2017

Ein bitterer Tee

Rosen, Tee und Kandiszucker
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Meinung

Der Anfang des Romans war sehr vielsprechend. Umso enttäuschender war der Einbruch, der fast genau zur Mitte hin über Ellie und ihre Teestube hereinbrach.

Inhalt und Schreibstil wirken unstrukturiert ...

Meinung



Der Anfang des Romans war sehr vielsprechend. Umso enttäuschender war der Einbruch, der fast genau zur Mitte hin über Ellie und ihre Teestube hereinbrach.

Inhalt und Schreibstil wirken unstrukturiert bzw. wild zusammengewürfelt. Zum einen wäre da die Aufteilung in Kapitel aus Sicht der Protagonistin sowie ihres Objekts der Begierde. Gefallen hat mir, dass obwohl beide aus der Sicht des Erzählers verfasst sind, trotzdem genug Raum für Tiefe, Gefühle und Gedanken gelassen wurde. Beschreibungen, die Umgebung oder Tätigkeiten betreffen oder sogar Ellie, wenn nicht ihre eigenen Gedanken mit eingearbeitet wurden, werden anschauerlich nahe gebracht. Warum dann ausgerechnet das Niveau sinkt, wenn eigene Gedanken Ellies oder Joes einfließen oder auch die beiden miteinander sprechen, ist mir unerklärlich. Man fühlt sich dadurch teilweise in einen Jugendroman versetzt.

Bis zur Hälfte des Romans hat mir die Geschichte noch richtig gut gefallen. Diese erste Hälfte stellen Ellies erste drei Wochen auf Castle Claverham dar und befassen sich mit ihrem schwierigen Start dort und in der Teestube. Und dann, wie aus heiterem Himmel, sieht sich der Leser plötzlich einer aus dem Nichts erschienen Liebesgeschichte gegenüber. Ja, ein Interesse der beiden ist vorhanden, warum aber auf einmal „echte Gefühle“ im Spiel sind, wurde mir nicht nahe gebracht. Die oben erwähnten Kapitel aus Sicht von Joe nahmen bis dahin einen schwindend geringen Teil ein. Nicht nur, dass sie immer mehr werden, sie vermischen sich auch mit denen von Ellie. Auch hier habe ich mich wieder gefragt, warum man diese Aufteilung einführt, wenn man sie dann doch nicht einhält.

Ich kann weder sagen, dass ich den Roman richtig gut, noch richtig schlecht fand. Besonders der Anfang mit Ellies Wiederaufbau der Teestube, der noch detailreich beschrieben wurde und auch das letzte Drittel, welches für Spannung sorgte, haben mir gut gefallen. Jedoch wirkte alles, was sich dazwischen befand, als ob es von jemand anderem geschrieben worden ist. Egal ob es Ellies Liebes- oder Arbeitsleben betraf, wurde viel durch Nacherzählungen an den Leser getragen. Ich bevorzuge immer die Variante „show, don’t tell“. Durch das nachträgliche Schildern gingen die vielen netten Details, die zu Beginn noch eingestreut wurden, verloren. Die charmante Atmosphäre sowie der persönliche Einfluss durch die Protagonistin haben darunter doch sehr gelitten. Ein weiterer Punkt, der mich zu dieser Erkenntnis bringt, ist die wechselnde Qualität der Ausdrucksweise. Mal werden Teestube und Schloss so beschrieben, als sei man selbst anwesend, um dann auf der nächsten Seiten in Groscheromanniveau abzudriften.

„Ja, die gefürchtete Hosenschlange rührte sich. Scheiße.“

Die zuvor erwähnte Spannung, hätte ich mir bereits an früherer Stelle gewünscht. In letzter Zeit halte ich anscheinend häufiger Romane in den Händen, denen weniger Seiten nicht geschadet hätten. Auch hier wären 100 Seiten weniger hilfreich für einen durchgehenden Lesefluss gewesen.

Fazit



Romane, die die in Cafés und Teestuben spielen, oder in denen diese eine große Rolle spielen, sind mein absolutes Guilty Pleasure. Ich komme selten um einen solchen Roman herum. Dabei könnte man auf die Idee kommen, dass ich so ziemlich alles, was in dieser Hinsicht erzählt werden kann, schon gelesen habe und dass alle Romane, die weiterhin erscheinen, immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Die Gute Nachricht ist: Dem ist nicht so und es trifft auch nicht auf diesen Roman zu. Die schlechte ist, dass sich „Rosen, Tee und Kandiszucker“ nicht aus der Masse, dieser Romane hervorzuheben weiß.

Die von mir aufgeführten negativen Punkte sollten euch nicht davon abhalten, euch selbst ein Bild von diesem Roman zu machen. Ich würde ihn euch besonders empfehlen, wenn ihr eine Schwäche für englische Liebesfilme habt, in denen Geheimnisse, Dramen und kitschige Happy Ends so selbstverständlich sind, wie Scones zum Tee. Dabei solltet ihr jedoch auf jeden Fall beachten, dass die Charaktere lediglich an der Oberfläche kratzen und sich eine Bindung zu ihnen – zumindest bei mir – nicht einstellen kann.

Veröffentlicht am 22.09.2017

Totalabsturz

Carlsen Clips: Totalabsturz
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Meinung

Es macht wirklich keinen Spaß, Jugendbücher, die eine Botschaft übermitteln wollen, zu verreißen. Über den schlichten Schreibstil hätte ich noch hinwegsehen können, wäre da nicht diese triefende ...

Meinung



Es macht wirklich keinen Spaß, Jugendbücher, die eine Botschaft übermitteln wollen, zu verreißen. Über den schlichten Schreibstil hätte ich noch hinwegsehen können, wäre da nicht diese triefende Doppelmoral gewesen.

„Totalabsturz“ scheitert bei mir an zwei großen Punkten. Zum einen wäre da der Stil. Selbst für ein Jugendbuch mit einer Länge von unter 100 Seiten ist der Schreibstil sehr einfach gehalten. So einfach, dass man meinen könnte, ein Kinderbuch zu lesen. Bei all den Jugendbücher, die ich bislang gelesen habe ist mir noch keines untergekommen, das so einen Eindruck bei mir hinterlassen hat.

Der weitere Kritikpunkt bezieht sich auf die gewollte Doppelmoral der Autorin. Das Buch vermittelt, dass es egal ist, wie dein Umgang mit Alkohol ist, solange du „aus einem guten Umfeld“ stammst. Der Alkoholkonsum der Familie und Freunde der Protagonistin ist „der gute“, der Konsum ihrer neuen Bekanntschaft (Alternativ/Punk) und dessen Freunde „der böse“. Offenes Trinken und dessen Folgen machen Angst, sind abschreckend und führen zu Filmrissen sowie Ausflügen ins Krankenhaus. Dabei musste auch noch unbedingt die persönliche Abneigung gegen ein Aussehen, das fernab des Mainstreams liegt, mit eingebaut werden. Gibt man sich hingegen trotzdem regelmäßig, jedoch mit Stil die Kante, scheint es kein Problem darzustellen. Die eigentliche Aussage geht komplett aufgrund des gegenseitigen Ausspielens von Gesellschaftsmustern unter. Vielleicht sind diese wenigen Seiten auch einfach nicht ausreichend, um Alkohol, Süchte und deren Folgen genügend auseinander zu nehmen.

Der Klappentext suggeriert ein ganz anderes Auseinandersetzen mit dem Thema. Die „fatalen Folgen“ werden dabei am Rande erwähnt und betreffen noch nicht einmal die Protagonistin und lassen sie in Weiten teilen sogar kalt.

Fazit



Das Thema, welches hier erörtert werden will, sprengt offensichtlich den Rahmen. Anders kann ich mir diesen „Totalabturz“ leider nicht erklären.

Veröffentlicht am 21.09.2017

Opfermond

Opfermond - Ein Fantasy-Thriller
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Meinung

Aufgrund des Vortrag zum Thema „Die Do’s und Dont’s des phantastischen Weltenbaus“ durch Elea Brandt auf dem Litcamp 2017 waren meine Erwartungen an „Opfermond“ doch relativ hoch. Es sind oft ...

Meinung



Aufgrund des Vortrag zum Thema „Die Do’s und Dont’s des phantastischen Weltenbaus“ durch Elea Brandt auf dem Litcamp 2017 waren meine Erwartungen an „Opfermond“ doch relativ hoch. Es sind oft die kleinen Details, die eine fiktive Stadt oder ein fiktives Land zum Sturz oder Fall bringen können. Im Fall von „Opfermond“ ist die Erschaffung einer zwar nicht real existierenden, jedoch vom Setting her an den Orient unserer Welt angelehnten, Stadt wahrlich geglückt.

Was diesen phantastischen Thriller ausmacht, sind seine düsteren Gassen mit ihren zwielichtigen Gestalten. Es sind die Antihelden, die sich trotz ihres Wesens – in welcher Art auch immer – in die Herzen der Leser stehlen. Und es sind genau die oben genannten Details, durch die man sich in Straßen von Ghor-el-Chras versetzt fühlt.

Die vorherrschende Politik wird durch die Kirche und den Hohepriester bestimmt. Schutz für die Bewohner der Stadt oder ein Sozialwesen gibt es nicht. Dementsprechend rau geht es auf den Straßen vor. Die Menschen sind arm, dreckig und krank und viele von ihnen üben nicht all zu ruhmreiche Berufe aus, um sich über Wasser halten zu können. Und in all diesem Elend wird der Leser durch eine erzählende Sicht mit den beiden Protagonisten Varek und Idra auf die Suche nach einem Mörder geschickt.

Varek erfüllt dabei alle Punkte, die man von einem klassichen Antihelden erwartet, was auch dazu geführt hat, dass ich ihn teilweise mochte, was jedoch durch bestimmte Handlungen wieder aufgehoben wurde. Sein Charakterprofil ist schlüssig ausgebaut und seine Handlungen immer nachvollziehbar. Nach außen wirkt er stets hart und kühl, was bei seinem Beruf angemessen erscheint. Doch nachts kommen seine wahren Ängste zum Vorschein. Varek ist dadurch ein vielschichtiger und interessanter Charakter, wenn auch kein liebenswerter.

Im Gegensatz dazu stehe ich mit Idra nach wie vor auf dem Kriegsfuß. Auch wenn man ihr hartes Leben auf der Straße berücksichtigt und in Bezug auf ihren einzigen richtigen Freund so etwas mit Mitgefühl durchblitzt, ist mir ihr Charakter zu unnahbar und brüsk. Durch ihre Herkunft wirkt sie sehr einfach, was auch in den Dialogen mit ihr stark zum Ausdruck gebracht wird. Technisch und erzählerisch passt dies hervorragend, ich selbst finde es immer ein wenig anstrengend, solche Charaktere über viele Seiten hinweg zu verfolgen.

Die Handlungsstränge der beiden Charaktere werden in einem perfekten Timing miteinander verwoben und laufen zusammen, ohne dabei Längen zu erzeugen. Sie sind beide auf ihre eigene Art durchtrieben und verdorben. Würde man sie in eine andere Geschichten setzten, wären sie sicher sehr abschreckend. In dieses Setting eingefügt, passen sie jedoch sehr natürlich in ihre Umgebung. Andere Wesenszüge wären unpassend und nicht nachvollziehbar, jedoch hätte ich mir teilweise einfach mehr „Menschlichkeit“ bei ihnen gewünscht. Nach manchen ihrer Taten stellte ich mir unweigerlich die Frage, ob diese oder jene nicht doch zu viel war. Selbst Antihelden sollten ein gewisses Maß an Punkten erfüllen, dass man sich mit ihnen identifizieren kann.

Das Setting ist, wie oben bereits schon einmal angemerkt, obwohl es sich um eine Fiktion handelt, wahnsinnig authentisch gestaltet worden. Man merkt der Autorin ihre Kenntnisse – die sie durch Pen&Paper Rollenspiele wie „Das schwarze Auge“ erlangen hat – an, da sie diese wirklich gut in ihre Erzählung einfließen lassen hat. Auch wenn man quasi direkt ins kalte Wasser geschmissen wird, decken sich die Geheimnisse Ghor-el-Chras erst nach und nach auf und als Leser erhält man so schrittweise einen Einblick in die Gebräuche, die Politik und den Glauben. Und auch das Phantastische wird einem nicht direkt am Anfang um die Ohren gehauen. Es entfaltet sich ebenfalls Stück für Stück, dafür aber mit voller Wirkung. Opfermond ist ein Roman, den man nicht so einfach wieder aus den Händen legen kann.

Erzählerisch wechselt sich die wunderschöne Schreibweise Eleas mit ihren detailreichen, jedoch nicht überladenen, Ausführungen mit den derben und fluchenden Dialogen der Figuren ab. Auch wenn sich der Plot bereits im Vorfeld interessant und spannend angehört hat, war die Mischung aus Fantasy und Thriller eine ganz neue Erfahrung für mich. Normalerweise bevorzuge ich die beiden Genres getrennt von einander. In meinen Augen ist diese Verschmelzung jedoch sehr geglückt.

Fazit



„Opfermond“ ist ein düsterer Thriller mit einem orientalischem Setting und phantastischen Elementen, der sich vom derzeit erscheinenden Einheitsbrei abzuheben weiß. Eine Leseempfehlung für Fans von blutigen Geschichten und derben Antihelden und für Leser geeignet, die Mord, Totschlag und nicht immer freiwilligen Sex nicht abschrecken können.

Veröffentlicht am 04.09.2017

Die Phantasie der Schildkröte

Die Phantasie der Schildkröte
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Inhalt:


Was passiert, wenn ein Kind das Leben einer Erwachsenen in die Hand nimmt? Edith ist Mitte vierzig und wohnt allein in einer kleinen Wohnung in Köln. Ihr Leben verläuft in sehr engen Bahnen. ...

Inhalt:




Was passiert, wenn ein Kind das Leben einer Erwachsenen in die Hand nimmt? Edith ist Mitte vierzig und wohnt allein in einer kleinen Wohnung in Köln. Ihr Leben verläuft in sehr engen Bahnen. Tagsüber arbeitet sie bei einer Versicherung, abends schaut sie Fernsehen. Außer zu ihrer Mutter, mit der sie sich pflichtschuldig einmal im Monat trifft, um sich von ihr kritisieren zu lassen, hat sie kaum Kontakte. Das ändert sich, als sie mit einer Zehnjährigen im Aufzug stecken bleibt. Die Kleine beginnt ein raffiniertes Spiel mit ihr, der Beginn einer sehr ungewöhnlichen Freundschaft. Jeden Tag muss Edith eine neue Aufgabe erledigen, und ihr Leben verändert sich dabei mehr als sie es je für möglich gehalten hätte. (Fischer)

Meinung:




Edith ist eine Protagonistin, wie sie einem derzeit nur wenig über den Weg läuft. Strenge, selbstauferlegte, Tagesabläufe und feste Handlungsweisen bestimmen ihren Alltag und ihr Leben. So zurückgezogen ist es allein der Weg zur Arbeit und zurück, der sie mit der Außenwelt verbindet. Warum sie so geworden ist lässt schnell nachvollziehen, lernt man den ihr übrig gebliebenen Teil ihrer Familie erst einmal kennen. Diese Kombination war auch dafür verantwortlich, dass ich Edith von Anfang an ins Herz schließen konnte. Vieles an ihr erinnerte an mich selbst und im späteren Verlauf gab es dadurch sogar den ein oder anderen Triggermoment.

In diesem Roman treffen Gegensätze zwar gekonnt, im Nachhinein betrachtet jedoch in einer hohen Häufigkeit, aufeinander. Die unterschiedlichen Charaktere besitzen ausgereifte Persönlichkeiten und wirken zwar leicht überzogen, jedoch wundervoll im Umgang miteinander. Der Anfang ist märchenhaft gehalten. Dieser Zauber des Aufbruchs, der neue Freundschaften und einen Lebenswandel verspricht, wechselt sich gleichermaßen mit ruhigen Momenten ab, die zum Nachdenken anregen. „Die Phantasie der Schildkröte“ lebt sehr von Gefühlen und Emotionen. Leider flachen diese im letzten Drittel in der Art ab, dass die Realität weit in die Ferne rückt. Auch wenn die Erzählungen absichtlich überspitzt dargestellt werden, gerieten sie gegen Ende hin zu sehr in die Richtung der unmöglichen Zufälle. Dieser leicht magische Charme, der mich von Beginn an abholen konnte, verwandelte sich dadurch in eine Geschichte, die schnell zu Ende erzählt werden wollte. Was sehr schade ist, denn das Buch ist voll mit kleinen wunderschönen Momenten.

„Na und? Hört man als Erwachsener plötzlich auf, sich über schöne Dinge zu freuen?“ – Seite 268

Genauso phantasievoll wie Ediths Gefühlswelt, wurde auch das Köln dieses Roman gestaltet. In der Regel habe ich kein Problem damit, wenn real existierende Städte auf fiktive Ausarbeitungen von Autoren treffen. Dieser Roman romantisiert meine Blume aus Beton allerdings in einer Weise, die man überlesen, die mir jedoch negativ aufgefallen ist. Dieser Kritikpunkt ist jedoch eine rein persönliche Feststellung meinerseits. Meine wirklichen Kritikpunkte sind unter anderem der bereits erwähnte Schluss, der zu schnell abgehandelt wirkt. Hier und da habe ich noch Ähnlichkeiten zu anderen Romanen feststellen können. Alles in allem sind diese Punkte jedoch nicht zu greifend, dass sie mir den Spaß am Roman nehmen konnten. Dafür spricht auch, dass ich ihn kaum aus der Hand legen mochte. Durch den besonderen Humor könnte ich mir „Die Phantasie der Schildkröte“ auch wunderbar in einer filmischen Adaption vorstellen.

Der Titel ist in vielerlei Hinsicht passend zum Roman gewählt. Es sind nicht nur diese wundervollen Tiere, die bei Gefahr den Kopf einziehen. Die Welt um uns herum ist voll mit einsamen Seelen, die auf ihre passenden Gegenstücke warten. Es bedarf nur ein Blick hinter den Panzer um den wahren Kern ausfindig zu machen.

Fazit




„Die Phantasie der Schildkröte“ startet stark, um dann mit einem zu rasch erzählten Ende abgeschlossen zu werden. Auch wenn die Entwicklung der Protagonistin im Großen und Ganzen passend für die Länge des Romans war, wirkte sie auf den letzten Seiten doch sehr herunter gebrochen. Alles in allem ist „Die Phantasie der Schildkröte“ jedoch ein toller Herbstroman der mit eigenwilligen und liebenswürdigen Charakteren sowie einer leicht überdrehten Handlung punktet.

Eine Leseempfehlung für Freunde von Entwicklungsgeschichten und Romanen über ungewöhnliche Freundschaften.