Profilbild von Kittyzer

Kittyzer

Lesejury Profi
offline

Kittyzer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Kittyzer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Viel zu viel in einer Geschichte

Girl in Black
0

Rica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt ...

Rica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt Gabriel seine adaptierte Kreation an, dann erwidert er: "Muss ja nicht sein. So ist es ganz okay."
Ganz okay aus seinem Mund bedeutet so viel wie: Gut gemacht. Das höchste Lob, das er zu bieten hat.
Ich lächle. Weil sich das so gehört.
--

INHALT:
Seit 16 Jahren ist Lia ein Mitglied der Musettis, der Mafia-Familie Mailands. Eigentlich will sie nichts mit deren Machenschaften zu tun haben, aber sie hat keine Möglichkeit, sich zu wehren. Sie lebt wie im goldenen Käfig, weil sie durch eine magische Fähigkeit - Gefühle erspüren zu können - zu kostbar ist, um sie gehen zu lassen. Bis ihre Mutter plötzlich stirbt und ihr ohne deren Schutz klar wird, dass sie fliehen muss. Am Tag ihrer Zwangsheirat mit dem Erben der Musettis gelingt es ihr tatsächlich, sich nach Berlin abzusetzen, ihre frühere Heimatstadt. Nur scheint sich ihr Leben ohne Geld und Papiere nicht zum Besseren zu wenden. Doch durch eine glückliche Fügung erhält sie einen Job bei einem Jungdesigner und kann ihrer Leidenschaft nachgehen: Dem Entwickeln von Mode. Der Gefahr durch die Mafia ist sie allerdings noch lange nicht entronnen...

MEINE MEINUNG:
Ein goldglänzendes Cover, ein verführerischer Titel, eine Geschichte um eine besondere Gabe und die Mafia - Mara Langs "Girl in Black" ist in allen Belangen ein echter Hingucker. Doch bereits nach kurzer Zeit wird klar, dass sich hier zu viel vorgenommen wurde - die einzelnen Elemente der Story wollen nicht so recht zueinander passen. Erzählt wird das Ganze größtenteils aus der Ich-Perspektive der Protagonistin, zwischendurch kommt jedoch auch ihr Love-Interest Nevio zu Wort. Während ihre Kapitel besonders in der ersten Hälfte manchmal zu kalt und unnahbar wirken, sprudeln seine über von Gefühlen, was recht sympathisch ist. Der Schreibstil ist, typisch für einen Jugendroman, sehr einfach und schnörkellos, die Beschreibungen der Modekreationen wissen allerdings zu überzeugen.

Lia war mir eine weitestgehend unsympathische Hauptfigur, mit der ich mich nicht recht identifizieren konnte. Entweder ist sie verunsichert und versteckt sich hinter ihrem Panzer, oder sie ist arrogant und vorlaut. Außerdem weiß sie genau, was für eine Gefahr von denen ausgeht, die hinter ihr her sind - und tritt doch in die Öffentlichkeit, was nicht nur sie, sondern auch alle in ihrer Nähe in Gefahr bringt. Nevio war mir da sehr viel lieber. Er erscheint zwar manchmal naiv, als er Lia so schnell vertraut und das auch, obwohl sie selten nett zu ihm ist, aber seine liebevolle und herzensgute Art sorgen doch dafür, dass man ihn gern hat. Die Gegenspieler bestehen natürlich komplett aus den Klischees, die man über die Mafia so kennt, der Designer Gabriel ist schwul und egozentrisch und dicke Menschen kommen hier nur vor, um gemein oder unterwürfig zu sein. Von den Nebenfiguren, bis vielleicht auf die verletzliche Mavie, ist also nicht viel zu erwarten.

Mara Lang erfindet mit ihren Ideen zwar das Rad nicht neu, prinzipiell sind die einzelnen Aspekte aber definitiv interessant - wenn sie sich nur auf zwei davon konzentriert hätte: Mafia und die Gabe zum Beispiel oder Design und die Gabe - dann wäre einem die Geschichte nicht so überfüllt und seltsam unpassend erschienen. Denn so nimmt jeder Handlungsstrang für sich gesehen einfach zu wenig Platz ein bzw. harmoniert nicht wirklich mit den anderen. Dass Lia, gerade vor der Mafia geflohen, tatsächlich zum für alle sichtbaren Model wird, trotz der Gefahr, ist schon ziemlich stark an den Haaren herbeigezogen. Nur selten kommt ihre Angst vor den Bösewichten durch, viel mehr plagt sie sich mit der, Gefühle zuzulassen. Sowieso wird ihre Gabe herzlich wenig erklärt und dass ihre Mutter nicht schon viel früher mithilfe dieser einen Fluchtplan ausgeheckt hat, ergibt erst recht keinen Sinn. Immerhin gibt es zum Ende hin einen spannenden und überraschend blutigen Showdown, der endlich mal zum Thema Mafia passte. Dafür deutet der Schluss mit einem nicht wirklich überraschenden bedeutungsschwangeren Hinweis auf einen Folgeband hin - ob es den geben wird, steht noch in den Sternen, ob ich ihn lesen würde, aber auch.

FAZIT:
"Girl in Black" vereint viele interessante Themen in einem Buch - zu viele. Ich hatte das Gefühl, dass Mara Lang so viele Ideen hatte, dass sie gar nicht wusste wohin damit. Design, Mafia und eine phantastische Gabe passten für mich jedenfalls nicht so recht zusammen und so war mir die Geschichte zu wenig durchdacht und aufgrund der Charaktere zu klischeehaft. Weniger wäre hier mehr gewesen. 2,5 Punkte, leider abgerundet auf 2.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hoffentlich ein einmaliger Ausrutscher

Skin
0

Irgendetwas Konturloses war zu sehen, das ihn auf schreckliche Weise an das Ding im Schließfach erinnerte. Ein Schemen, der auf den ersten Blick keine Struktur besaß. Es war ein Erkennen, das auf grausame ...

Irgendetwas Konturloses war zu sehen, das ihn auf schreckliche Weise an das Ding im Schließfach erinnerte. Ein Schemen, der auf den ersten Blick keine Struktur besaß. Es war ein Erkennen, das auf grausame Weise ein Wiedererkennen war.
Blau und schwarz. Und irgendwelche Flocken, die durch die Dunkelheit schwebten wie amorphe Himmelskörper in einem verwesenden Universum.
Das wurde ihm klar, was er da sah. Den verwesten Kopf einer Leiche.
--

INHALT:
Christian ist endlich am Ziel seiner Träume: Er hat einen Job bei East Coast Consulting und ist damit in einer erfolgreichen Unternehmensberatung tätig, bei der er richtig Geld verdienen kann. Doch gerade als er denkt, alles wäre perfekt, beginnt der pure Terror: Er erhält per Mail - versendet von seinem eigenen Account - ein Video. Und in diesem Video ist eine Wasserleiche zu sehen, die die Polizei wenig später auch tatsächlich findet. Von da an wird es nur schlimmer. Er erhält mysteriöse SMS, ein weiteres Video und hat bald das Gefühl, verrückt zu werden. Als dann auch noch die Polizei gegen ihn als Verdächtigen ermittelt, weil seine persönlichen Gegenstände an den Tatorten gefunden wurden, weiß Christian: Irgendjemand will sich an ihm rächen. Doch wofür?

MEINE MEINUNG:
Veit Etzold ist ein bekannter Thriller-Autor, der mit seiner Clara Vidalis-Reihe viele Leser in den Bann gezogen hat. "Skin" ist nun ein Standalone, an dem ich mich als erstes versuchen wollte. Offensichtlich eine schlechte Idee, denn darf man anderen Lesern glauben, hat dieses Buch nichts mit der Qualität der anderen Werke gemein. Das will ich hoffen - denn dieses hier ist ein einziger Fehlgriff. Erzählt wird die Geschichte die meiste Zeit über aus Christians personaler Perspektive, immer wieder kommt auch der ermittelnde Kommissar zu Wort. Der Stil ist überwiegend flüssig und schnell zu lesen, wirkt aber in den Alltagsbeschreibungen und insbesondere in den Dialogen oft holprig.

Christian ist als Protagonist eine einzige Nervensäge. Anfangs, als er sich hauptsächlich auf seine Arbeit konzentriert, geht es noch einigermaßen. Doch sobald die mysteriösen Geschehnisse beginnen, verwandelt er sich regelrecht in einen völlig konfusen und unglaubwürdig handelnden Irren. Er lügt die Polizei an, verschweigt wichtige Dinge, beschuldigt Außenstehende und manövriert sich so immer mehr in eine aussichtslose Lage - handelt insgesamt einfach so, wie das niemand in einer solchen Situation tun würde. So gehen nach und nach sämtliche Sympathien verloren. Diese kann überwiegend eher Kommissar Deckhard für sich einfahren - wenn er nicht grade völlig wilden Verdächtigungen und Schlüssen nachgeht. Am liebsten liest man eigentlich von seinen beiden Kolleginnen Sophie und Lisa, die als Gespann gut funktionieren. Leider sind aber insbesondere die Nebenfiguren so von Klischees geprägt, dass es bald keinen Spaß mehr macht: Die Hackerin Lisa sieht aus wie Lisbeth Salander, der Hacker Moonshot wie ein Asozialer, Christians Vater ist der skrupellose Anwalt und so weiter und so weiter...

Am schlimmsten ist jedoch schlicht und einfach die Geschichte. Der Autor kennt sich im Wirtschafts-Milieu aus, das merkt man und die vielen Kenntnisse und Details sind anfangs interessant. Nach kurzer Zeit hat man jedoch bereits das Gefühl, dass er viel lieber einen Roman geschrieben hätte, der sich komplett darum dreht - denn auf den ersten 100 Seiten passiert tatsächlich einfach nichts, außer dass lang und breit Christians gesamter Job erklärt wird. Die großartige Atmosphäre aus dem schaurigen Prolog ist dahin, es wird zäh und langweilig, weil nichts voran geht. Selbst als dann endlich das ominöse Video auftaucht, zieht die Spannung aber nur wenig an. Noch immer werden die unwichtigsten Dinge bis ins Detail erklärt und sich viel mehr auf die Arbeit konzentriert als auf die Aufklärung der Morde.

Erst im letzten Viertel geht es richtig voran und plötzlich werden alle Stränge zur Wirtschaft fallen gelassen und es geht nur noch um die Toten. Warum da dann vorher so viele Seiten diesem Thema gewidmet wurden, wird nie klar. Dafür gibt es nun eine Verfolgungsjagd und einige Verdächtigungen, die große Überraschung bleibt aus. Den Täter hat man ab einer bestimmten Stelle erahnt, einen Plot Twist gibt es dann nicht mehr. Stattdessen tatsächlich, kein Witz, eine Erklärung des Mörders über seine Motive und Vorgehensweise - damit man das auch ja versteht. Das ist nicht nur unglaubwürdig, es ist auch total nervig. Mit dem offenen Schluss könnte man vermuten, dass sich hier die Möglichkeit eines Folgebandes offen gehalten wird. Den würde ich aber definitiv links liegen lassen.

FAZIT:
Ich bin nicht sicher, was hier geschehen ist, dass das Buch so unausgegoren, wenig durchdacht und teilweise ziellos wirkt. Veit Etzold, das wurde mir glaubhaft versichert, schreibt sonst großartige Thriller - aber "Skin" ist für mich leider absolut kein gutes Buch. Da kann und will ich nicht mehr vergeben als 1 Punkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Recherche
  • Schreibstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 15.09.2016

Geht unsensibel mit einem wichtigen Thema um

Ich und Earl und das Mädchen
0

Und das ist ein Teil der Hintergrundgeschichte von mir und Earl. Er wird später wahrscheinlich noch von Bedeutung sein, obwohl, wer weiß das schon so genau. Ich fasse es nicht, dass ihr immer noch dabei ...

Und das ist ein Teil der Hintergrundgeschichte von mir und Earl. Er wird später wahrscheinlich noch von Bedeutung sein, obwohl, wer weiß das schon so genau. Ich fasse es nicht, dass ihr immer noch dabei seid, das hier zu lesen. Am besten, ihr haut euch gleich mal selber ein paar rein, nur um die unsäglich bescheuerte Erfahrung, die dieses Buch darstellt, vollkommen zu machen.
--

INHALT:
Greg ist ein relativ normaler 17-jähriger, wenn man mal davon absieht, dass er sich in panischen Momenten gern tot stellt und mit seinem besten Freund Earl absurd-schlechte Filme dreht. Doch im neuen Schuljahr, als er endlich denkt, dass alles gut und er als Oberstufenschüler anerkannt wird, kommt ihm seine Mutter dazwischen: Denn diese zwingt ihn dazu, etwas mit Rachel zu unternehmen, einer ehemaligen Freundin, die an Leukämie erkrankt ist. Greg wehrt sich mit Händen und Füßen, gibt sich dann aber doch geschlagen. Und so verbringt er mit ihr und Earl einige aberwitzige Wochen.

MEINE MEINUNG:

SCHREIBSTIL
Ich weigere mich, Jesse Andrews hingerotzte Sätze als "Schreibstil" anzuerkennen. Das ist kein Stil, das ist keine Art und Weise, das ist einfach ein nervig-umgangssprachliches und völlig unglaubwürdiges Wirrwarr an sinnfreien Sätzen und endlosen Beschreibungen. Ab und zu wechselt der Autor in einigen keinem Muster folgenden Szenen in die Dialogform, obwohl Greg die Geschichte aus seiner Sicht erzählt, was sich einem folglich also nie erschließt. Hinzu kommt das ewige Ansprechen des Lesers, um ihm mitzuteilen, man möge doch das schreckliche Buch nun weglegen, was man darauffolgend dann auch des Öfteren tun möchte.

CHARAKTERE
Aber bei den Figuren wird es noch schlimmer: Greg ist wahrscheinlich der unausstehlichste Protagonist, der mir je untergekommen ist. Er hält sich selbst für sehr intelligent und gewitzt, denkt aber permanent in Schubladen, objektiviert jede heiße Frau als Sexobjekt und gibt nur Blödsinn von sich. Dass er das selbst merkt, macht es nicht besser. Earl kann nicht viel mehr punkten: Mit widerlichen Äußerungen und einer kranken Aggressivität bringt er einen schnell gegen sich auf - immerhin zeigt er Rachel gegenüber aber wenigstens einen Hauch des Mitgefühls. Diese selbst ist okay, ganz niedlich in ihrer Art, oft und viel zu lachen, aber was sie an den Kerlen findet, bleibt einem schleierhaft. Der Rest ist Beiwerk und besteht aus Stereotypen oder wird diskriminiert, ist also nicht weiter nennenswert.

STORY
Eine Geschichte ist im Grunde nicht vorhanden. Es geht irgendwie lose um Gregs und Earls Filme, um Gregs Masterplan, um in der Highschool nicht aufzufallen, und das sterbende Mädchen, natürlich. Aber das alles wird immer und immer wieder durchbrochen von Gregs schier endlosen Ausführungen zu a) den Cliquen seiner Schule und wie sehr er zu keiner gehören will b) seinem Kumpel Earl und wie sie sich die Zeit vertreiben c) den Brüsten irgendwelcher Mädchen d) seinen dämlichen Aussagen gegenüber Rachel/setze beliebigen Frauennamen ein. Man kann auch zusammenfassend sagen: Es geschieht die meiste Zeit über nichts. Und wenn doch, bekommt man davon im Halbschlaf dann auch nichts mehr mit.

UMSETZUNG
Ich bin normal nicht so gemein, denn jedes Werk verdient seine Leser. Aber nicht, wenn meiner Meinung nach mit einem solchen Thema so unsäglich rücksichtslos umgegangen wird. Natürlich muss nicht jedes Buch über Krebs eine poetische Liebesgeschichte à la John Green sein, denn seien wir mal ehrlich, so metaphorisch spricht auch kein Jugendlicher. Aber ein Buch über Krebs muss meiner Meinung nach wenigstens auch ein bisschen sensibel sein, denn es ist ein hartes Thema, eine schwere Krankheit und ein entsetzlicher Leidensweg für die Betroffenen. Doch hier wirkt die Leukämie von Rachel nur wie Beiwerk, etwas, um dem Ganzen den Stempel "Für Fans von John Green" aufdrücken zu können, und das stimmt ganz einfach nicht. Wie Greg selbst schreibt, er lernt aus der Geschichte nichts - obwohl da ein Mädchen stirbt. Das Ganze sollte wohl ein Versuch sein, dem Ganzen die Ernsthaftigkeit zu nehmen, aber die achtlose Weise ist mir einfach unangenehm aufgestoßen.

FAZIT:
"Ich und Earl und das Mädchen" kann ich gerade Fans von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" auf keinen Fall empfehlen, denn Greg ist ein so mieser Protagonist, dass ihn das Schicksal des sterbenden Mädchens herzlich wenig interessiert. Unsensibel, unlustig und unglaublich langweilig haut Jesse Andrews da seine Geschichte raus. Dafür mag ich nicht mehr als 1 Punkt vergeben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Überraschend, sensibel, bewegend

Winterhonig
0

Von weitem erhob sich schließlich das dumpfe Dröhnen der amerikanischen Bomber. Allein an diesem Geräusch konnte Mathilda hören, wie tief sie flogen, doch der Hochnebel versperrte jede Sicht. Nur vage ...

Von weitem erhob sich schließlich das dumpfe Dröhnen der amerikanischen Bomber. Allein an diesem Geräusch konnte Mathilda hören, wie tief sie flogen, doch der Hochnebel versperrte jede Sicht. Nur vage konnte sie abschätzen, wie nah die Flieger bereits herangekommen waren, bevor sie die dunklen Schemen im Hochnebel ausmachte. Unter den Flugzeugen wackelte etwas, klobige Dinger, die mit einer eirigen Bewegung herunterfielen.
Bomben!
Noch bei diesem Gedanken folgte die erste Detonation.
--

INHALT:
Es ist der Sommer 1938, als Mathilda und Karl sich ineinander verlieben, nachdem sie lange befreundet waren - und es ist ebenjener Sommer, in dem er sie verlässt. Karl meldet sich freiwillig für die Wehrmacht und lässt Mathilda mit den Schrecken und Entbehrungen des Krieges zuhause zurück. Sie weiß nicht, dass es neben den fünf Jahren Altersunterschied noch etwas gibt, das ihre Liebe unmöglich macht - denn Karl hütet ein Geheimnis, das ihn zu Zeiten des Nationalsozialismus das Leben kosten könnte. So bangen beide umeinander, weit entfernt und nur verbunden durch verbotene Briefe, die sie sich schreiben. Und durch den Winterhonig, den er ihr einmal geschenkt hat und der sie immer an ihn erinnert.

MEINE MEINUNG:
Eigentlich dachte ich immer, um einen Historie-Roman zu mögen, muss man ein Fan des Genres sein - und das bin ich definitiv nicht. Eher versuche ich, diese Sparte nach Kräften zu ignorieren. Nach "Winterhonig" weiß ich nun aber, dass das vielleicht gar nicht notwendig ist, denn es kommt auf das Gesamtpaket an und das stimmt hier definitiv. Daniela Ohms besitzt einen wunderbaren, einnehmenden und detailreichen Schreibstil, der einen nicht nur das bäuerliche Leben der 40er kennen lernen lässt, sondern einen auch erschreckend realistisch in den Krieg entführt. Erzählt wird die Geschichte sowohl aus der personalen Sicht der Protagonistin als auch des Protagonisten, durchsetzt von den Briefen, die sie sich schreiben. Auch von Briefen innerhalb von Romanen halte ich normal gar nichts - hier fügt sich das aber wunderbar passend ein.

Mathilda ist eine Hauptfigur, die man sehr schnell in sein Herz schließt und gern auf ihrem schwierigen, entbehrungsreichen Weg begleitet. Als jüngstes von 10 Kindern hat sie es nicht einfach, wird teilweise sogar schlecht behandelt - und ist trotzdem ein offenherziges, liebevolles junges Mädchen. Abgesehen davon, dass sie ein bisschen zu viel weint, kann man sich vollständig mit ihr identifizieren. Auch Karl ist ein Sympathieträger mit seiner ruhigen, nachdenklichen Art und seiner immer währenden Hilfsbereitschaft. Die Faszination aller Mädchen kann man durchaus nachvollziehen. Aber auch an unterschiedlichen Nebenfiguren mangelt es nicht: Mathildas etwas grober und überforderter Vater, ihr wunderbar sanfter Bruder Joseph oder auch die freundliche und unterstützende Gutsbesitzerin Viktoria, sie alle zeichnen sich durch ihre ganz besonderen Eigenschaften aus. Und auch historische Persönlichkeiten kommen vor: So lernt man zum Beispiel die Brüder Boeselager in Aktion kennen, die auch in Wirklichkeit am Widerstand beteiligt waren.

"Winterhonig" spielt zur Zeit des 2. Weltkrieges und hat diesen daher natürlich auch zu einem großen Teil zum Thema. Aber der Roman handelt nicht nur von den Soldaten, ihren Kämpfen und ihren Toten, sondern auch von den Menschen, die nicht aktiv im Krieg sind - und diesen dennoch auf die ein oder andere Weise miterleben. Die Autorin macht auf einfühlsame Weise sehr deutlich, was für eine schwere Zeit das für jeden Bürger ist, der nicht vollkommen in Hitlers Fantasien aufgeht - und es gelingt ihr auch ebenso sensibel, das Ganze aus der Sicht eines Soldaten zu beschreiben, der für sein Überleben töten musste. Die Geschehnisse sind grausam und auch das nationalsozialistische Gedankengut spielt selbstverständlich eine Rolle, wenn Mathildas Familie davon auch weitestgehend unberührt bleibt. Es gibt viele Tote und viel Leid - und gerade deshalb ist es wohl auch gut, dass sich die Autorin dafür entschieden hat, dem Ganzen mit einer Liebesgeschichte einen zentralen und schöneren Faden zu geben.

Die Romantik ist weder kitschig noch steht sie zu stark im Vordergrund. Stattdessen entwickelt sie sich sehr langsam und wird immer wieder durch Rückblicke in Mathildas Kindheit näher beleuchtet - denn Karl und Mathilda kennen sich schon lange und anfangs war das nur eine unschuldige Freundschaft zwischen einem Kind und einem Jugendlichen. Die Art und Weise, wie die beiden miteinander umgehen, ist berührend und mitreißend, sowohl in jungen Jahren als auch später in denen voller Liebe und Leidenschaft. Natürlich ahnt man Karls Geheimnis, das schon im Klappentext angedeutet wird, auch wenn es sich dann doch ein wenig von den Vermutungen abhebt. Letztendlich geht es auch viel weniger um das Rätsel als um das Leben und Überleben selbst und die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft trotz der Schwierigkeiten. Bis zum Ende fesselt die Geschichte durchgehend und lässt auch danach noch eine Weile nicht los - denn nachdem man Mathilda und Karl über so eine lange Zeitspanne begleitet hat, mag man sie kaum noch loslassen. Und genau das macht ein gutes Buch aus.

FAZIT:
"Winterhonig" ist ein historischer Roman und damit einer, um den ich normal einen Bogen gemacht hätte. Wem es ähnlich ergeht, der sollte sich das vielleicht noch einmal überlegen - denn Daniela Ohms erzählt die (teilweise wahre) Geschichte so lebendig, einfühlsam und mitreißend, dass man nur begeistert sein kann. Unbedingt ausprobieren! 4,5 Punkte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nur für Kitsch-Erprobte

Halo
0

"Dafür haben wir keine Zeit!", rief ich. "Molly kann schon längst in ernsthaften Schwierigkeiten stecken."
"Unsere erste Sorge ist der Schutz von euch beiden!" Die Verärgerung in Gabriels Stimme brachte ...

"Dafür haben wir keine Zeit!", rief ich. "Molly kann schon längst in ernsthaften Schwierigkeiten stecken."
"Unsere erste Sorge ist der Schutz von euch beiden!" Die Verärgerung in Gabriels Stimme brachte alle im Raum zum Schweigen. Niemand sprach, bis Ivy uns mit plötzlicher Entschiedenheit ansah.
"Xavier, was immer du vorhast, du kannst am Wochenende nicht zu dir nach Hause", sagte sie. "Dort ist es nicht sicher. Du musst bei uns bleiben."
--

INHALT:
Bethany und ihre Geschwister sind Engel und werden auf die Erde nach Venus Cove geschickt, um gegen das Böse zu kämpfen, das dort Einzug hält. Seltsame und schlimme Dinge geschehen, gegen die unbedingt etwas getan werden muss.
Bethany war schon immer das Menschlichste der Geschöpfe und mischt sich deshalb als Schülerin unter die Jugendlichen der Highschool. Schnell findet sie Anschluss - und entwickelt Gefühle für den Schulsprecher Xavier, was nicht unentdeckt bleibt. Was soll sie tun: Ihrer Liebe nachgeben und ihre Herkunft zu gefährden oder das alles einfach ignorieren? Als dann auch noch schreckliche Ereignisse passieren, schwebt Beth in großer Gefahr. Und nicht nur sie...

BUCHAUFMACHUNG:
Was für eine wunderschöne Gestaltung! Das Cover sieht im Original wie auch in der deutschen Version durch den Schemen des Liebespaars, das sich küsst, richtig toll aus. Der Lichteinfall lässt alles erstrahlend und die Flügel des Mädchens verdeutlichen den phantastischen Aspekt. Auch ohne Umschlag ist es toll anzusehen: Ein schwarzes, glattes Buch mit Ranken in den Sandfarben des Covers. Ein echter Hingucker!

MEINE MEINUNG:
"Halo" klingt nach einer schönen, relativ originellen Engelsgeschichte, die sicherlich nicht neu ist, aber Potenzial hat. Daher ging ich mit halbwegs hohen Erwartungen an das Werk heran - und wurde leider, leider enttäuscht.

Der Einstieg gestaltet sich sehr schön - Alexandra Adornetto beschreibt den Ort, von dem Bethany und ihre Geschwister kommen, und ihre Lebensweise dort sehr einfühlsam und gut verständlich. Da die Hauptperson selbst das magische Wesen ist, gibt es nicht das ewige Herumgerate, was ich als sehr erfrischend erfand. Auch Adornettos Schreibstil selbst ist angenehm zu lesen, er ist flüssig und stockt nur selten. Das einzige Problem: Die Geschichte an sich. Denn die vergeht sich ab circa Seite 50 in absolut gängigen Klischees, nicht nur von den Figuren her. Liebe auf den ersten Blick, ausnahmslos wunderschöne Personen und ein böser, böser Bösewicht - oh je...

Tatsächlich ist beinahe der gesamte Plot komplett voraussehbar. Bethany trifft den wunderbaren, [eigentlich] unnahbaren Xavier, der natürlich auch noch - und nicht zu vergessen - perfekt ist, und ist sofort hingerissen. Er natürlich ebenfalls, auch, wenn er ja eigentlich der Unnahbare ist. Danach wird es kitschig. Und mit kitschig meine ich richtig kitschig. Es hat mich gewundert, dass ich keinen Zuckerguss zwischen den Fingern hatte, wenn ich Zeilen las wie, dass die Hauptperson "körperlich und seelisch mit ihm verschmelzen" will [S. 372]. Ein bisschen Kitsch tut nicht weh, aber in einer so geballten Ladung schüttelte es mich das ein oder andere Mal recht heftig.

Bethany selbst ist eine sympathische Hauptfigur, allerdings ohne nennenswerte Eigenschaften. Sie ist lieb, einfühlsam und benimmt sich in Sachen Xavier wie 14. Ansonsten ist sie das gängige Engels-Klischee: Wunderschön, magisch, herzensgut und nicht zu vergessen perfekt. Ihr Freund ist da nicht anders. Er umwirbt Beth mit seinem atemberaubenden Charme, ist vollkommen für sie da und der wunderbare Beschützer, der zudem noch ein unwiderstehliches Lächeln hat - nein, Verzeihung, ein schiefes Lächeln. Von dem ich nach hunderten Büchern, in denen es vorkam, noch immer nicht weiß, wie es anatomisch eigentlich möglich ist! Aber wenigstens bringt er ab und zu ein paar gute Sprüche und Witze, weswegen er noch meine liebste Figur war.

Bei den Nebenfiguren wird es dann allerdings richtig deutlich. Bethany lernt an ihrem ersten Tag Molly kennen, die sich ihrer sofort annimmt und komplett die sogenannte "Tussi" ist - sie spricht den lieben, langen Tag nur über Mode und Aussehen und nervt mit ihrer Besessenheit von allen gutaussehenden Kerlen, die in ihrer Umgebung verkehren. Besonders verliebt ist sie in Gabriel, Bethanys Bruder, der außer, dass er - wie könnte es anders sein - perfekt ist, nicht wirklich lang im Gedächtnis bleibt. Dasselbe mit Ivy, der Schwester, mit der ich ebenfalls nicht richtig warm wurde. Sehr schade...

Der Plot hätte einiges hergegeben, vor allem viel Spannung im Kampf mit dem Bösen. Stattdessen werden die guten Wandlungen eher im Hintergrund vollzogen und nur mal so sporadisch angemerkt. Ansonsten ist die Protagonistin nämlich viel zu sehr mit ihrer Beziehung beschäftigt, den kleinen Eifersuchtsdramen und dem Tagesablauf. Über 200 Seiten passiert buchstäblich nichts, außer dass Figuren eingeführt und benannt werden, die danach nie wieder auftauchen. Es wird so langweilig, dass ich anfing, Seiten zu überblättern, um dann festzustellen, dass ich immer noch mitkam.

Interessant wird es erst, als der neue Schüler, Jake Thorn, auftaucht, von dem jeder außer Bethany weiß, dass er nicht so gut ist wie er scheint. Er hätte durch seine Art und seine immer wiederkehrenden unterschwelligen Drohungen, gepaart mit seinem scheinheiligen Charme, ein interessanter Charakter werden können. Doch auch hier wird wieder nur Schwarz-Weiß und vor allem so vorhersehbar gezeichnet, dass ich die gesamte Zeit über wusste, woran ich war. Wenigstens ist es aber spannend und auch der Showdown wird endlich eingeleitet - der die meiste Zeit über auch recht fesselnd wirkt. Schade nur, dass die Lösung des Problems wiederum so wenig glaubwürdig ist...Der Epilog endet dann schließlich mit einem ansatzweise so zu nennenden Cliffhanger, der bei mir allerdings auch kein richtiges Interesse mehr weckte.

FAZIT:
Schade, schade, dass hier so viel Potenzial verschenkt worden ist! Aber durch die klischeehaften Figuren, die wahnsinnig kitschige Beziehung und den langweiligen Mittelteil konnte mich "Halo" einfach nicht begeistern. Ich gebe trotzdem "noch" 2 Punkte aufgrund der schönen Idee. Trotzdem kann ich hier nur eine Empfehlung für die wirklich Kitsch-Erprobten aussprechen.