Viel zu viel in einer Geschichte
Girl in BlackRica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt ...
Rica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt Gabriel seine adaptierte Kreation an, dann erwidert er: "Muss ja nicht sein. So ist es ganz okay."
Ganz okay aus seinem Mund bedeutet so viel wie: Gut gemacht. Das höchste Lob, das er zu bieten hat.
Ich lächle. Weil sich das so gehört.
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INHALT:
Seit 16 Jahren ist Lia ein Mitglied der Musettis, der Mafia-Familie Mailands. Eigentlich will sie nichts mit deren Machenschaften zu tun haben, aber sie hat keine Möglichkeit, sich zu wehren. Sie lebt wie im goldenen Käfig, weil sie durch eine magische Fähigkeit - Gefühle erspüren zu können - zu kostbar ist, um sie gehen zu lassen. Bis ihre Mutter plötzlich stirbt und ihr ohne deren Schutz klar wird, dass sie fliehen muss. Am Tag ihrer Zwangsheirat mit dem Erben der Musettis gelingt es ihr tatsächlich, sich nach Berlin abzusetzen, ihre frühere Heimatstadt. Nur scheint sich ihr Leben ohne Geld und Papiere nicht zum Besseren zu wenden. Doch durch eine glückliche Fügung erhält sie einen Job bei einem Jungdesigner und kann ihrer Leidenschaft nachgehen: Dem Entwickeln von Mode. Der Gefahr durch die Mafia ist sie allerdings noch lange nicht entronnen...
MEINE MEINUNG:
Ein goldglänzendes Cover, ein verführerischer Titel, eine Geschichte um eine besondere Gabe und die Mafia - Mara Langs "Girl in Black" ist in allen Belangen ein echter Hingucker. Doch bereits nach kurzer Zeit wird klar, dass sich hier zu viel vorgenommen wurde - die einzelnen Elemente der Story wollen nicht so recht zueinander passen. Erzählt wird das Ganze größtenteils aus der Ich-Perspektive der Protagonistin, zwischendurch kommt jedoch auch ihr Love-Interest Nevio zu Wort. Während ihre Kapitel besonders in der ersten Hälfte manchmal zu kalt und unnahbar wirken, sprudeln seine über von Gefühlen, was recht sympathisch ist. Der Schreibstil ist, typisch für einen Jugendroman, sehr einfach und schnörkellos, die Beschreibungen der Modekreationen wissen allerdings zu überzeugen.
Lia war mir eine weitestgehend unsympathische Hauptfigur, mit der ich mich nicht recht identifizieren konnte. Entweder ist sie verunsichert und versteckt sich hinter ihrem Panzer, oder sie ist arrogant und vorlaut. Außerdem weiß sie genau, was für eine Gefahr von denen ausgeht, die hinter ihr her sind - und tritt doch in die Öffentlichkeit, was nicht nur sie, sondern auch alle in ihrer Nähe in Gefahr bringt. Nevio war mir da sehr viel lieber. Er erscheint zwar manchmal naiv, als er Lia so schnell vertraut und das auch, obwohl sie selten nett zu ihm ist, aber seine liebevolle und herzensgute Art sorgen doch dafür, dass man ihn gern hat. Die Gegenspieler bestehen natürlich komplett aus den Klischees, die man über die Mafia so kennt, der Designer Gabriel ist schwul und egozentrisch und dicke Menschen kommen hier nur vor, um gemein oder unterwürfig zu sein. Von den Nebenfiguren, bis vielleicht auf die verletzliche Mavie, ist also nicht viel zu erwarten.
Mara Lang erfindet mit ihren Ideen zwar das Rad nicht neu, prinzipiell sind die einzelnen Aspekte aber definitiv interessant - wenn sie sich nur auf zwei davon konzentriert hätte: Mafia und die Gabe zum Beispiel oder Design und die Gabe - dann wäre einem die Geschichte nicht so überfüllt und seltsam unpassend erschienen. Denn so nimmt jeder Handlungsstrang für sich gesehen einfach zu wenig Platz ein bzw. harmoniert nicht wirklich mit den anderen. Dass Lia, gerade vor der Mafia geflohen, tatsächlich zum für alle sichtbaren Model wird, trotz der Gefahr, ist schon ziemlich stark an den Haaren herbeigezogen. Nur selten kommt ihre Angst vor den Bösewichten durch, viel mehr plagt sie sich mit der, Gefühle zuzulassen. Sowieso wird ihre Gabe herzlich wenig erklärt und dass ihre Mutter nicht schon viel früher mithilfe dieser einen Fluchtplan ausgeheckt hat, ergibt erst recht keinen Sinn. Immerhin gibt es zum Ende hin einen spannenden und überraschend blutigen Showdown, der endlich mal zum Thema Mafia passte. Dafür deutet der Schluss mit einem nicht wirklich überraschenden bedeutungsschwangeren Hinweis auf einen Folgeband hin - ob es den geben wird, steht noch in den Sternen, ob ich ihn lesen würde, aber auch.
FAZIT:
"Girl in Black" vereint viele interessante Themen in einem Buch - zu viele. Ich hatte das Gefühl, dass Mara Lang so viele Ideen hatte, dass sie gar nicht wusste wohin damit. Design, Mafia und eine phantastische Gabe passten für mich jedenfalls nicht so recht zusammen und so war mir die Geschichte zu wenig durchdacht und aufgrund der Charaktere zu klischeehaft. Weniger wäre hier mehr gewesen. 2,5 Punkte, leider abgerundet auf 2.