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Veröffentlicht am 03.12.2018

Ein Song, der alles verändert ...

Der letzte erste Song
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Nach ihrer schrecklichen Blamage und der Flucht vor dem Druck ihrer herrischen Mutter hat Grace beschlossen, nie wieder zu singen. Nie wieder wird sie sich so verletzlich, so persönlich vor allen Zuschauern ...

Nach ihrer schrecklichen Blamage und der Flucht vor dem Druck ihrer herrischen Mutter hat Grace beschlossen, nie wieder zu singen. Nie wieder wird sie sich so verletzlich, so persönlich vor allen Zuschauern zeigen. Doch als Waiting for Juliet eine neue Leadsängerin sucht, stellt sich Grace der Herausfoderung – und Mason. Während er an seinen Songtexten arbeitet und sie sich gemeinsam auf ein musikalisches Abenteuer begeben, wird immer klarer, dass Masons On-Off-Beziehung mit Jenny zwischen ihnen und ihrem Glück steht. Doch können Songs sie einander wirklich näherbringen? Und reicht die Musik aus, um alle Differenzen zu überwinden, die das Leben ihnen in den Weg legt?

Tja … Mit einem Song geht nun gewissermaßen eine Ära zu Ende. Mit Mason und Grace vergieße ich Tränen, weil ich meine liebgewonnenen Charaktere nicht loslassen will. Mit der Clique will ich weiterfeiern, studieren, lachen und lieben – Twister spielen, Flaschendrehen, mich immer wieder neu verlieben und die großen Gefühle erleben.

Schon als ich „Der letzte erste Song beendet hatte, wusste ich, dass das nicht das letzte Mal sein würde, dass ich die Firsts-Reihe und vor allem den Band um Mason und Grace lesen würde. Ich werde dieses Buch noch sehr oft verschlingen, nicht nur, weil der Abschied von „meiner“ Clique schwerfällt. Nein, es fällt mir auch schwer, in Worte zu fassen, was diese Geschichte rund um Musik und Liebe mit mir angestellt hat. Ich hatte Herzklopfen. Ich habe gelitten. Habe gezittert und geweint und mich so sehr in Grace wiedererkannt, dass es geschmerzt hat. Und gleichzeitig war sie ein so wichtiger Charakter für mich, der mir in einer dunklen Zeit Kraft gegeben hat und immer noch nachklingt, dass ich nicht anders kann, als sie zu bewundern. Nicht nur für ihre Stärke – an der keiner zweifeln sollte – sondern auch für ihre schwachen Momente. Weil Grace am Ende ihrer Entwicklung, die ich so bezeichnend für die ganze Reihe finde, jemand geworden ist, nach dem ich strebe und gern in vielen Punkten ähnlicher wäre.

Nach diesem Buch kann ich guten Gewissens sagen: Die „Firsts“-Reihe vergisst man nicht so schnell. Mir sind auch im vierten Band alle wieder ans Herz gewachsen, nicht zuletzt, weil das Leitmotiv der Musik so emotional verpackt wurde, dass ich nicht anders konnte, als mich mit Mason und Grace zu verlieben. Zudem hatte ich das Gefühl, dass sie nach Tate und Trevor im Vorgängerteil „leichtere Kost“ waren und so ein herrlich positives Gefühl, so ein Sehnen und eine besondere Freundschaft übermittelt haben, dass ich mich perfekt in der Geschichte verlieren konnte.

Ich hatte wirklich Gänsehaut an vielen Stellen, die Chemie zwischen den Protagonisten hat wunderbar gepasst. Aber noch wichtiger fand ich die Erkenntnisse, die sie für sich gezogen haben, um als Menschen zu reifen und erwachsener zu werden. Gerade wenn die Charaktere fast in meinem Alter sind, spüre ich emotionale Verbindungen zu ihnen stärker, und gerade mit Grace bin ich ein Stück weit mitgewachsen, habe sie angefeuert und sie so gut nachvollziehen können. Ich glaube, dass sie ein Charakter ist, der vielen Menschen Hoffnung und Mut geben kann, der zeigt, dass Schwächen erlaubt sind, man sich aber immer wieder aus den dunkelsten Löchern der Zweifel herauskämpfen kann.

Der Epilog … Ja, ich musste wirklich weinen. Es ist das Ende wundervoller Zeiten, unsere wundervolle Clique zieht weiter in neue Abenteuer. Aber ich bin sicher, dass es nicht das letzte Mal ist, dass wir von ihnen hören. Und ich möchte Bianca Iosivoni dafür danken, dass wir sie begleiten durften. Dass sie diese vier wundervollen Bücher geschrieben hat, die ich nicht mehr in meinem Leben missen möchte. Danke für Emery und Dylan, Elle und Luke, Tate und Trevor, und Mason und Grace – die mir gezeigt haben, dass ein Lied oft mehr verändern kann, als wir vorher denken mögen.

Veröffentlicht am 30.10.2018

Mystisch und erstaunlich seltsam ...

All the strangest things are true.
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Wink. Poppy. Midnight. Drei Spieler einer Geschichte, ein Held, eine Wölfin, eine Strippenzieherin – und ein altes, verlassenes Spukhaus, in dem sich grausame Dinge ereignet haben. Alle seltsamen Geschichten ...

Wink. Poppy. Midnight. Drei Spieler einer Geschichte, ein Held, eine Wölfin, eine Strippenzieherin – und ein altes, verlassenes Spukhaus, in dem sich grausame Dinge ereignet haben. Alle seltsamen Geschichten sind wahr, und so auch diese: Zwischen Lüge und Verrat, Begehren und Verderben, erzählt jeder seine ganz eigene Geschichte. Aber es gibt nur eine Wahrheit – und sie ist dunkler als alles, was im Spukhaus geschah …

Ich muss ganz ehrlich sagen … Ich weiß nicht so recht, was ich hier eigentlich gelesen habe. „All the strangest things are true“ lag schon länger auf meinem SuB und jetzt habe ich es doch sehr schnell runtergelesen blieb aber mit einem riesigen Fragezeichen zurück. Was genau war dieses Buch? Mystery? Jugendroman? Seltsam beschreibt es wohl auf jeden Fall gut, und alle seltsamen Dinge sind schließlich wahr, aber hoffentlich nicht diese Geschichte.

Wink, Poppy und Midnight erzählen sie aus ihren Sichten und könnte unterschiedlicher nicht sein. Aber mir waren sie als Charaktere zu überzeichnet, zu sehr in Schubladen gepresst, um dann doch wieder umgekrempelt zu werden, weil sich die Autoren zu einem besonderen Plot Twist am Ende entschieden hat. Mir persönlich hat der nicht gefallen. Es hat nur dazu geführt, dass ich von allen dreien am Ende genervt war, weil ich weder ihre Motivationen verstehen und nachfühlen konnte, noch damit zurechtkam, dass sie die drei Special Snowflakes sind und irgendwie alles an der Geschichte möglichst „special“ sein sollte.

Der Schreibstil war anstrengend und leicht zugleich. Das klingt zurecht nach einem Widerspruch, aber während ich wirklich schnell vorankam, weil große Passagen sehr leicht zu lesen waren, haben mich die ständigen Wortwiederholungen und wörtlichen Reden genervt, die wohl besonders poetisch klingen sollten. Aber mal im Ernst: So redet niemand. Erst recht nicht drei Teenager. Ich lese gern Bücher mit besonderen sprachlichen Wendungen und voll schöner Beschreibungen, und hier hat sich zwar eine mystische Atmosphäre gebildet, aber sie konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Plot leider sehr dünn ist.

Im Endeffekt ist das Buch eine riesige Geschichte, die sich Wink einfach nur ausdenken könnte: Sie benutzt die Charaktere als Schachfiguren in ihrer eigenen Welt. Aus Poppys Sicht ist aber sie es, die besonders perfekt ist und die Königin in dem ganzen Spiel zu sein scheint. Und Midnight steht irgendwo zwischen der Verführerin und dem Manix Pixie Dream und lässt sich herumschubsen und bezeichnet es als Liebe. Die ganzen Beziehungen der Charaktere, wirklich aller Charaktere untereinander, waren extrem toxisch und seltsam.

An sich hätte die Geschichte wirklich cool werden können und ich muss sie doch stark für die Einbeziehung des Übernatürlichen und die mystische, dunkle Atmosphäre loben, die über allem mitschwingt. Vor allem das Roman-Luck-Haus hat mich mit seinen Spukereien echt gegruselt. Aber alle anderen Umstände waren für mich nicht besonders toll zu lesen und ich war froh, als das Buch dann vorbei war. Irgendwie hat es mehr Fragen aufgeworfen, als es tatsächlich beantwortet hat. In dem Sinne ist „All the strangest things are true“ kein kompletter Reinfall, aber auch nicht unbedingt mein Liebling.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Am leuchtenden Abgrund Hollywoods ...

Starlight Nights - Immer wieder du
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Ein schreckliches Ereignis brachte die Schauspielfreunde Calista und Eric auseinander. Dabei sind sie die Einzigen, die sich gegenseitig Hoffnung schenken können, wenn sie schon im Keim von ihren übergriffigen ...

Ein schreckliches Ereignis brachte die Schauspielfreunde Calista und Eric auseinander. Dabei sind sie die Einzigen, die sich gegenseitig Hoffnung schenken können, wenn sie schon im Keim von ihren übergriffigen Familien erstickt wird. Doch Callie will nach dem frühen Ende ihrer Karriere nichts mehr als ein normales Leben – bis Eric wieder in ihrem Leben auftaucht. Seine Anziehungskraft ist nicht geringer geworden, und als er Callie eine Traumrolle in einer Serie anbietet, muss sie zustimmen – doch da wäre noch ein kleines Problem: Eric ist inzwischen verlobt …

Diese Rezension fängt mit einem langen Seufzer an. Denn auf „Starlight Nights – Immer wieder du“ hatte ich mich wirklich gefreut. Das Thema der Hollywood-Beziehungen hatte ich schon lang nicht mehr in Liebesromanen und gerade unter dem Aspekt der Gefahren, an denen Kinderstars leiden, fand ich es umso interessanter. Eigentlich wollte ich bei dem neuen Roman von Stacey Kade einfach nur zum Schmachten gebracht werden, und anfangs sah es auch prima aus – bevor das Buch seinen Reiz verloren hat.

Was ich der Geschichte zugutehalten kann, ist der wirklich interessante Einstieg. Wir erfahren ein wenig über Calistas College-Leben, das von ihrer ehemaligen Skandalen und der Ausgrenzung aufgrund ihres früheren Ruhms geprägt ist, und man fiebert mit, ob Eric es schafft, sie für eine Rolle in seiner neuen Serie „Fly Girl“ zu engagieren. Ich fand den Einstieg locker und leicht und hätte mir gewünscht, dass es länger so bleibt. Vor allem die Wortgefechte zwischen Callie und Eric haben mir gut gefallen, dass sie ihm oft Kontra geboten hat und einen Plan hatte, wo ihr Leben hinführen soll.

So viel dazu. Denn danach ging es leider stetig bergab und von meiner anfänglichen Euphorie, weil ich die beiden geshippt habe wie einige ihrer Fans auch, blieb nicht viel übrig. Seite für Seite erfährt man mehr über Callies und Erics Vergangenheit am Set der Serie Starlight, über das Ereignis, das ihre Leben für immer veränderte, über Erics neue Beziehung und die Familien, die beide behandeln wie den größten Dreck. Und langsam kam bei mir Langeweile auf. Die Autorin verstrickt sich immer stärker in Wiederholungen, ein Klischee wurde ans nächste gereiht. Ich hatte mir anfangs gewünscht, dass sich der Hauptteil des Buchs am Set von „Fly Girl“ abspielen würde und man so richtig in die Hollywood-Welt eintauchen könnte, aber das ist leider nicht eingetreten. Stattdessen wurde die Schauspielerei eine totale Nebensache – lieber ergehen sich die Charaktere im seitenlangen gegenseitigem Anschmachten und wieder Wegstoßen.

Die Gründe für das Wegstoßen? Eric denkt, er sei nicht gut genug für Calista. Oh, come on. Ich bin ehrlich, ich kann diese Art von bösem Bad Boy nicht mehr lesen, dessen einzige böse Seite darin besteht, dass er Selbstzweifel hat und die Protagonistin so stark verletzt wie nur möglich. Eric ist kein Boyfriend zum Anschmachten, aber auch nicht so gefährlich und böse, wie er sich selbst immer darzustellen versucht. Gut, er trinkt gern mal und hat ausschweifende Partys gefeiert. Und das soll nun böse gewesen sein? Mir hat sich schlicht und ergreifend nicht erschlossen, was ihn und Calista die ganze Zeit daran hindert, einfach einzusehen, was jeder andere im Buch auch sieht: Dass sie offenbar das perfekte Paar sind, das einander retten kann.

Ich möchte hier jetzt nicht davon anfangen, dass diese Beziehung der beiden sehr konstruiert wirkt und die Funken für mich spätestens ab der Hälfte endgültig erloschen waren. Im Endeffekt baut die Beziehung drauf, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit haben und ja so unsterblich ineinander verliebt sind – was die Autorin nicht müde wird, ständig wieder zu betonen. Diese Gefühle der Verliebtheit kamen aber absolut nicht bei mir an. Und zeitgleich fahren die Charaktere so eine seltsame Doppelmoral, dass ich sie einfach nicht verstehen konnte. Eric hasst Calistas Mutter, will sie seit Jahren von ihrer Tochter fernhalten, benutzt sie dann aber wieder, um Calista in „Fly Girl“ reinzukriegen und stößt sie damit zurück in ihre extrem toxische Familie? Wo passt das bitte zusammen? Und fangen wir mal nicht davon an, dass Dr. Katie, die Tierärztin und Erics Verlobte, einfach das unnötigste Plot Device des ganzen Buches ist. Sie ist nur dazu da, um Calista besser wirken zu lassen, verbündet sich mit Erics Vater, will ihn zum besseren Menschen machen … Dieses irrsinnige Bild, dass eine Beziehung jemanden retten und zum besseren Menschen machen kann, wird hier wirklich voll ausgeschlachtet.

Calista ist für ihr Alter extrem naiv und unwissend, und ich kaufe die Erklärung, dass das an ihrer kontrollierenden Mutter liegt, keiner erwachsenen Frau ab. Callie ist am Anfang des Buchs im Studium und studiert sogar etwas Wirtschaftliches – aber sie darf kein eigenes Konto führen? Hat noch nie eins besessen und kennte ihre eigene Sozialversicherungsnummer nicht? Also bitte! Callie ist die perfekte Damsel in Distress – förmlich dazu konzipiert, von Eric gerettet zu werden und ihm dafür dankbar zu sein, obwohl er sie selbst oft genug richtig dreckig behandelt.

Ich sage es mal so: Der Schreibstil war in Ordnung, und es hätte ein cooles Buch werden können, wenn man tiefer an Hollywoods Oberfläche, am Dreh, an den Beziehungen am Set gearbeitet hätte. Aber diese Umsetzung mit den Charakteren, die für mich weder geistige Reife noch irgendeine Art von Tiefe gezeigt haben, hat mir das Buch verdorben. Ich habe mich wirklich riesig auf „Starlight Nights“ gefreut, aber es hat wohl nicht sollen sein.

Veröffentlicht am 24.10.2018

Auf den Spuren der Zeit ...

Die kleine Hummel Bommel und die Zeit
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Ein Besuch von Oma Hummel sorgt für ganz schön viel Aufregung. Gespannt und voller Vorfreude wartet die kleine Hummel Bommel mit Mama und Papa Hummel am Bahnhof. Wenn doch nur der Zug nicht so lang brauchen ...

Ein Besuch von Oma Hummel sorgt für ganz schön viel Aufregung. Gespannt und voller Vorfreude wartet die kleine Hummel Bommel mit Mama und Papa Hummel am Bahnhof. Wenn doch nur der Zug nicht so lang brauchen würde! Und überhaupt, wieso geht die Zeit so langsam vorbei? Wieso wird sie in manchen Augenblicken schneller und fließt dann doch wieder zäh wie Honig dahin? Bommel macht sich auf die Spuren der Zeit und entdeckt ihre Geheimnisse …

In dem neuesten Abenteuer der kleinen Hummel Bommel gibt es wieder einmal viel zu entdecken. Gerade das Thema, das „Die kleine Hummel Bommel und die Zeit“ aufgreift, fand ich sehr spannend, denn ein abstraktes Konstrukt wie die Zeit sinnvoll und verständlich für Kinder aufzubereiten, fällt wohl vielen Erwachsenen, auch mir, schwer. So war ich gespannt darauf, was Bommel bei seinen Abenteuern entdecken würde und was auch wir Großen noch von den Kleinen lernen können, wenn es um die Zeit geht.

Die Einbettung des Rahmenthemas in die Geschichte fand ich richtig gut gelungen. Bommel wartet mit seinen Eltern auf den Bummelzug (ein wahrer Zungenbrecher!), der mal wieder rumbummelt und seine Oma endlich wieder zur Familie bringen soll. Gerade für die kleinen Leser ist so ein Gefühl der Vorfreude sicher nicht unbekannt und auch das Warten macht selbst uns Erwachsene oftmals verrückt. So macht sich Bommel auf die Erkundungstour durch den Bahnhof, um herauszufinden, was die Zeit eigentlich ist. Ich fand die Story wieder superniedlich und auch Bommels Versuche, der Zeit eine Bedeutung zu geben.

Besonders einfallsreich fand ich diesmal die Eintagsfliege Einstein. Das hat dem Ganzen noch einen lustigen Kick gegeben und man hat Einstein natürlich wunderbar erkannt. Das Lied hingegen fand ich diesmal etwas schmuckloser und fast schon langweiliger, dafür ist es aber sehr eingängig und die Melodie und Botschaft sind super gesetzt. Auch die vielen kleinen Botschaften, die Bommel über die Zeit mitnimmt, finde ich gut auf Kinder abgestimmt. Sie entsprechen auch den Fragen, die in dem Alter mal auftreten können und die die Eltern so mit Bommels Hilfe beantworten können.

Joëlle Tourlonias‘ Zeichnungen setzen dem Buch wieder die Krone auf. Ich finde es schön, dass es hier wieder neue wie alte Charaktere mit dem unverkennbaren Zeichenstil zu entdecken gibt, und auch die Umgebung war sehr warm und freundlich gestaltet, was den Bahnhof zu einem schönen Ort des Wartens macht, an dem man gern seine Zeit verbringt. Britta Sabbag, Maite Kelly und Joëlle Tourlonias ist mit „Die kleine Hummel Bommel und die Zeit“ ein weiteres Buch der kleinen Hummel gelungen, das den anderen in nichts nachsteht.

Veröffentlicht am 22.10.2018

Auf dem Eis des Lebens ...

Pirouetten
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Schon von klein auf besteht Tillies Leben aus dem Eiskunstlauf. Wettbewerbe, tägliches Training, kaum Freunde, dafür aber Mobbing: Ihr Leben ist nicht nur eitel Sonnenschein. Als Tillie die Schule und ...

Schon von klein auf besteht Tillies Leben aus dem Eiskunstlauf. Wettbewerbe, tägliches Training, kaum Freunde, dafür aber Mobbing: Ihr Leben ist nicht nur eitel Sonnenschein. Als Tillie die Schule und ihr Team wechseln muss, macht ihr auch die neue Atmosphäre zu schaffen. Zwischen dem Leistungsdruck, den sie sich selbst auferlegt, und dem Aufwachsen in Texas ist es nicht leicht, zu sich selbst zu finden – vor allem als lesbische Eiskunstläuferin. Doch Tillie gibt nicht auf und kämpft dafür, ihre Ketten zu sprengen, die sie am Boden halten.

„Pirouetten“ von Tillie Walden ist ein autobiografisches Werk, das ich einfach lesen musste. Angezogen haben mich daran vor allem zwei Punkte: Die LGBT-Thematik und der Leistungssport, die ich beide ziemlich stark verfolge, vor allem, wenn sie auch noch in eine Graphic Novel verpackt werden. Früher habe ich mir unheimlich viele Eiskunstlauf-Videos angesehen, vor allem von Kim Yuna, und da der Sport auch so viele Ähnlichkeiten zum Ballett beinhaltet, habe ich auch davon geträumt, mal so professionell auf dem Eis zu stehen. Tillie Walden hat mich vor allem mit ihrer Geschichte berühren können, weil sie auf die Gefühlsebene ihres jüngeren Ichs eingeht und dabei viele Probleme ihrer Kindheit und Jugend aufarbeitet, die ich sehr gut nachvollziehen konnte.

Überrascht hat mich, dass sie tatsächlich gar nicht so sehr auf konkrete Ereignisse eingeht. In ihrem Nachwort ist zu lesen, dass „Pirouetten“ auch nicht in allen Details genau sein sollte – es ging ihr mehr darum, das Gefühl rüberzubringen, wie man sich in einer langen Phase der Selbstfindung in einem Sport verliert, der das Einzige ist, was einem Anerkennung einbringt. Ihre Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung, die sie von ihrer Mutter nie erfuhr, haben sie im Sport durchhalten lassen, immer auf der Suche nach einem Menschen wie ihrer ersten Trainerin, die sie unterstützt und gefördert hat. Man spürt tatsächlich auch durch die Illustrationen Tillies Hunger nach Liebe und die toxischen Muster, die sie in ihren Freundschaften immer wieder aufgreift. Deshalb fand ich es beeindruckend zu sehen, dass sie am Ende auch allein zu der Erkenntnis gelangen kann, dass ihr Verhalten sie zu keiner guten Freundin gemacht hat.

Beeindruckt hat mich auch die Episode, in der sie von ihrer ersten Freundin erzählt. Während Tillie unabsichtlich geoutet wird und ohnehin schon unter dem Mobbing an ihrer Schule leidet, muss sie sich auch noch für ihre Gefühle rechtfertigen und bekommt einiges an Hass und Unverständnis ab. Gerade diese Szenen haben mich sehr nachhaltig getroffen, weil ich mich noch so klar an mein eigenes Coming Out erinnere. Ich verstehe Tillies Suche nach sich selbst, ihre Gefangenheit in den Mustern, die ihr wenigstens etwas Struktur und auch irgendwie Geborgenheit geben, wenn sie schon in anderen Bereichen so viel Angst hat. Gleichzeitig ist da auch dieser Wunsch nach Freiheit, den sie sich im Eiskunstlauf nicht erfüllen kann, weil sie vor dem Publikum immer eine Maske aufsetzen muss.

Auch der Zeichenstil war sehr einprägsam und transportiert die Gefühle in „Pirouetten“ sehr gut zum Leser. Ich möchte die Illustrationen sehr gern, fand auch die Mimiken der Charaktere sehr klar, allerdings hatte ich in Tillies Freundesgruppe manchmal das Problem, einzelne Mädchen auseinanderzuhalten. Auch die Zeitsprünge waren sehr klar und die Trennungen der Abschnitte gut gesetzt und mit verschiedenen Figuren aus dem Eiskunstlauf versehen, um sie deutlich zu machen.

Trotz der vielen guten Punkte muss ich aber zugeben, dass ich „Pirouetten“ als sehr oberflächlich empfand. Wichtige Themen wie Sexualität, Belästigung, Mobbing, Freundschaft und Gefahren des Leistungssports werden zwar angeschnitten, aber nicht wirklich behandelt, obwohl man merkt, dass sie Tillie in ihrer Entwicklung stark beschäftigen. Ich hätte mir hier eine stärkere kritische Auseinandersetzung gewünscht, um noch tiefer eintauchen zu können. So blieben die Probleme zwar greifbar und präsent, aber für mich nicht ausreichend stark behandelt.

Alles in allem war „Pirouetten“ trotzdem eine Graphic Novel, die ich sehr empfehlen kann. Sie ist auch für Einsteiger geeignet, schneidet wichtige Themen an und stellt vor allem Gefühle sehr offen und verständlich dar. Daher gibt es eine klare Leseempfehlung von mir.