Eine alte Dame auf den Spuren der Vergangenheit und der Suche nach ihrem Bruder
Auf den Flügeln der ZeitKöln im April 2019: Es ist eine sehr ungewöhnliche Situation, als zwei ältere Damen an Delias Tür klingeln und bitten, einen Blick in ihre Wohnung werfen zu dürfen. Nach anfänglicher Skepsis lässt Delia ...
Köln im April 2019: Es ist eine sehr ungewöhnliche Situation, als zwei ältere Damen an Delias Tür klingeln und bitten, einen Blick in ihre Wohnung werfen zu dürfen. Nach anfänglicher Skepsis lässt Delia sie ein und erfährt, dass es sich um die achtzigjährige Rosmarie handelt, die mit ihrer Tochter nach Deutschland gekommen ist und nach Spuren aus der Vergangenheit sucht. Damals, in Kriegszeiten und kurz danach, lebte Rosmarie mit ihrer Familie genau in dieser Wohnung. Diese erste Begegnung zwischen Delia und Rosmarie ist der Beginn einer ganz besonderen Freundschaft. Delia erfährt, dass Rosmarie kurz nach dem Krieg, zusammen mit ihren Zwillingsbruder Gerd, im Rahmen der Operation Shamrock, nach Irland gebracht wurde, eine Aktion der Nächstenliebe, um notleidenden Kindern im Nachkriegsdeutschland zu helfen. Die Zwillinge wurden getrennt, und Rosmarie verbrachte ihr weiteres Leben auf der grünen Insel, während ihr Bruder nach einigen Jahren wieder nach Deutschland zurückkehrte, dann aber spurlos verschwand.
Delia fliegt zusammen mit Rosmarie nach Irland zurück und setzt alles daran, der alten Dame zu helfen, denn für Rosie ist es ein dringendes Bedürfnis, zu erfahren, was aus ihrem Bruder geworden ist und ob er überhaupt noch lebt.
Die hauptsächliche Erzählung spielt in der Gegenwart, und wir begleiten Rosmarie und Delia bei ihren Nachforschungen. In Hazelbrook House, wo Rosmarie lebt, lernt Delia auch deren Enkel kennen. Mit Deirdre versteht sie sich auf Anhieb, und auch Brendan ist ihr sehr sympathisch. In ihm verbindet sie eine Art Seelenverwandtschaft. Allerdings geschehen dann auch Dinge, die Delia zweifeln lassen, ob es nicht besser wäre, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Erst als Rosmarie sich erinnert, wo sie als Kind Halt und Trost gefunden hat und beschließt, die Suche und ihre Geschichte in Gottes Hand zu legen, gerät alles in die richtige Bahn.
Rückblicke in die Vergangenheit erzählen von Rosmaries Kindheit und davon, wie es ihr allein in der Fremde ergangen ist. Auch die Gründe, wieso sich ihr Bruder nie mehr bei ihr gemeldet hat, werden nach und nach klar. Neben dieser fesselnden und berührenden Familiengeschichte erfährt man viel über die damalige Zeit, kurz nach dem Krieg, als die Menschen in Deutschland froren und Hunger litten. Ich hatte vorher noch nie von der Operation Shamrock gehört, finde es aber toll, was die Menschen in Irland damals für die Kinder getan haben.
Mich hat dieser Roman nachhaltig beeindruckt. Man erfährt von berührenden Schicksalen und erhält eindrucksvolle Schilderungen der irischen Landschaft. Auch eine Romanze findet in diesem schönen Roman Platz, und obwohl sie eher eine untergeordnete Rolle spielt, so rundet sie die Geschichte doch wunderbar ab. Für mich war dieser Roman ein Jahreshighlight 2021.