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Veröffentlicht am 31.01.2018

Die Arthrose-Lüge

Die Arthrose-Lüge
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Man kann sagen, Probleme mit den Gelenken sind schon fast eine "Volkskrankheit". An allen Ecken und Enden, auch im engsten Verwandten- und Freundeskreis klagen viele über Gelenkschmerzen, Verlust der Beweglichkeit ...

Man kann sagen, Probleme mit den Gelenken sind schon fast eine "Volkskrankheit". An allen Ecken und Enden, auch im engsten Verwandten- und Freundeskreis klagen viele über Gelenkschmerzen, Verlust der Beweglichkeit etc. Meist sieht der Leidende nur die Möglichkeit einer Operation, aber selbst ein neues Gelenk bringt oft keine Lösung des Problems.
Das Autoren-Ehepaar Liebscher-Bracht hat sich das Thema Arthrose sehr intensiv angesehen und neue Behandlungsmethoden entwickelt, die auf den ersten Blick revolutionär anmuten, bei näherer Betrachtung aber absolut logisch und nachvollziehbar wirken. Ich habe vor einiger Zeit die Videos der Autoren auf Youtube entdeckt und mir viele davon angesehen. Nun hat das Ehepaar alle Erkenntnisse zum Thema Arthrose in einem umfangreichen Buch zusammengestellt.
Die erste Hälfte des Buches enthält Erläuterungen zu dieser Krankheit an sich, zu bisherigen Behandlungsmethoden, zu Erklärungen der Medizin, wo der Schmerz her kommt. Es werden Ungereimtheiten erklärt und Missverständnisse ausgeräumt, und die Autoren geben ihren Lesern jede Menge Wissen und Informationen an die Hand, mit deren Hilfe sich der Knorpel regenerieren soll. Das Behandlungskonzept ist eine Kombination aus Ernährungsrichtlinien und sinnvollen Bewegungsübungen. Diese Übungen und auch Anleitungen zu einer Rollmassage findet man in einem dicken Kapitel im Anschluss an den allgemeinen Erklärungsteil. Alle Übungen sind ausführlich in Wort und Bild dargestellt, so dass man eigentlich sofort loslegen kann. Besonders gut gefällt mir an diesen Übungen, dass man die meisten völlig ohne zusätzliche Hilfsmittel ausführen kann. Ab und zu braucht man eine Übungsschlaufe, aber dafür kann gerade am Anfang auch ein Schal eingesetzt werden. Man kann die Empfehlungen im Buch also erst einmal ausprobieren, ohne noch größere Anschaffungen tätigen zu müssen. Ist man überzeugt, kann man sich nach und nach evtl. eine Übungsschlaufe und eine Massagerolle oder einen Massageball zulegen.
Neben den Bewegungsübungen enthält das Buch auch zahlreiche Rezepte, denn auch die Ernährung spielt eine große Rolle bei Gelenkkrankheiten. Frau Dr. Bracht stellt hier ihre Lieblingsrezepte vor, die alle eines gemeinsam haben: sie verfügen über eine hohe Nährstoffdichte und enthalten reichlich Vitalstoffe. Außerdem findet man in diesem Abschnitt auch die Beschreibungen zu diversen Nahrungsmitteln und Kräutern, die schmerzlindernd wirken können.

Die Autoren betonen, dass ihr Konzept nicht in ALLEN Fällen anschlägt, aber doch in den meisten. Ausnahmen bestätigen eben auch hier die Regeln.
Ich selbst habe zwar keine Probleme mit Arthrose, kann also aus meiner persönlichen Sicht auch nicht sagen, ob die empfohlenen Therapien wirklich bei dieser Krankheit anschlagen. Aber ich hatte Ende des letzten Jahres über mehrere Wochen starke Rückenschmerzen und habe langsam damit angefangen, die im Buch beschriebenen Übungen zu machen. Egal welche Ursache meine Beschwerden hatten, die Übungen haben mir geholfen!

Ich möchte auch noch lobend erwähnen, dass dies ein Sachbuch ist, das sich auch von Laien richtig gut lesen lässt, denn es ist absolut verständlich geschrieben, und ich möchte sogar behaupten, es ist fesselnd. Man muss auch bedenken, dass diese Behandlungsmethoden, die hier aufgezeigt werden, sowohl den Patienten als auch den Krankenkassen viel Geld sparen könnten, denn auch wenn man sich das Buch, die dazu passende Übungs-DVD und alle Massagerollen besorgt, ist das immer noch unvergleichlich günstiger als jede Medikation oder Operation. Wenn man als Patient die Diagnose "Arthrose" bekommt und womöglich als Ausweg nur noch ein künstliches Gelenk sieht, dann kann es ja nicht schaden, erst einmal diesen, viel leichteren Weg zu beschreiten und sich auf die Liebscher-Bracht Therapie einzulassen. Zahlreiche Studien geben dem Autorenehepaar mittlerweile recht, auch wenn dieses Konzept noch weit davon entfernt ist, allgemein anerkannt zu werden. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass Mediziner neue Erkenntnisse hatten, die zu Beginn von der Öffentlichkeit als Schmu abgetan wurden, Jahre später aber als anerkannte Fakten galten. Ich bin diesbezüglich immer offen für Neues, vor allem wenn man etwas bewirken kann, ohne dem Körper an anderer Stelle dabei zu schaden. Das Konzept, das in diesem Buch beschrieben wird, geht die Krankheit Arthrose ganzheitlich an, und ich denke, das ist der Weg der Zukunft.

Veröffentlicht am 30.01.2018

Ein tiefgründiger Roman mit Lokalkolorit und Herz

Windmühlenträume
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Nach einem Unfall, bei dem sich Maike Matthiesen den Kopf angestoßen hat, muss sie plötzlich immer die Wahrheit sagen. In ihrem Beruf ist das fatal, denn die Wahrheit ist nicht immer angenehm, und Maike ...

Nach einem Unfall, bei dem sich Maike Matthiesen den Kopf angestoßen hat, muss sie plötzlich immer die Wahrheit sagen. In ihrem Beruf ist das fatal, denn die Wahrheit ist nicht immer angenehm, und Maike stößt so manchen Kunden damit vor den Kopf. Ihr Chef ist verärgert und beurlaubt sie kurzerhand, damit sie sich von ihrem Unfall erholen und zu sich kommen soll. Nicht nur der Zwang, immer die Wahrheit zu sagen, setzt ihr zu, sondern sie verspürt auch plötzlich das Bedürfnis, in ihre alte Heimat zu fahren, um sich der Vergangenheit zu stellen. Dreißig Jahre war sie nicht mehr in ihrem Elternhaus, und selbst den Menschen, die ihr nahe stehen, hat sie nie anvertraut, was damals wirklich geschah.

Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Da ist einmal das gegenwärtige Geschehen um Maike, dazwischen erzählen mehrere Rückblenden die Geschichte von Rosa, die als Kind nach Südwerder kam und auf dem Hof von Onkel und Tante lebte.
Die Einblicke in Rosas Leben lassen Verständnis und Mitgefühl für sie aufkommen. Maike hingegen zögert lange, ob sie sich einem Gespräch mit der Frau stellen soll, von der sie so bitter enttäuscht ist. Erst nach und nach, während ihres Aufenthalts in Südwerder, beginnt sie zu verstehen. Es gibt viel für sie aufzuarbeiten und zu klären. Da geht es nicht nur um das Verhältnis zu ihrem Vater und ihrer Stiefmutter, sondern Maike muss sich alten Freundschaften stellen und sich darüber klar werden, was sie im Leben wirklich will. Ihre zwanghafte Ehrlichkeit wirkt auf ihre Mitmenschen zum Teil verstörend und verletzend, aber andererseits hilft sie ihr auch, andere nicht nur oberflächlich zu betrachten und zu beurteilen, sondern ihnen ins Herz zu sehen. Durch diese unfreiwillige Eigenschaft findet sie heraus, wer es wirklich gut mit ihr meint.
Der neue Roman von Brigitte Janson ist warmherzig und tiefgründig, und doch blitzt immer wieder ein leiser Humor auf. Neben aller Nachdenklichkeit und Problembewältigung gibt es auch heitere Szenen, beispielsweise wenn Bradley, das Shetlandpony, seine Auftritte in der Geschichte hat.
Es sind viele Gespräche und Begegnungen nötig, bis man erfährt, was mit Maike los ist, wieso sie ihr Elternhaus dreißig Jahre zuvor verlassen hat. Je mehr ich über sie und ihr Leben erfahren habe, umso besser konnte ich sie verstehen. Nicht nur Maike und Rosa, die Hauptpersonen, sind großartig dargestellt, daneben gibt es noch viele interessante und lebendig beschriebene Charaktere, von denen jeder, wie im richtigen Leben, gute und schlechte Eigenschaften hat und auf seine Art besonders und liebenswert ist. Natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz, wobei die Einwohner von Südwerder ihre Hoffnung in Liebesdingen gerne auf das traditionelle Windmühlenfest setzen. Die entsprechende Windmühle, die dem Roman auch seinen Titel gegeben hat, ist eine Art Orakel, das alljährlich befragt wird, was jedoch auch oft zu Enttäuschungen führt. Was es damit genau auf sich hat, erfährt man in diesem schönen Roman, der mir ausgezeichnet gefallen hat und mir, neben der kurzweiligen und fesselnden Handlung, auch die Hamburger Vierlande nahegebracht hat, denn die Autorin erzählt mit viel Lokalkolorit, und man spürt ihre Liebe zu dieser Region.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Man trifft sich stets zweimal (1.Teil)

Man trifft sich stets zweimal (Teil 1)
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Ausgerechnet an ihrem Geburtstag erfährt Janna, dass die gefährliche Auftragsmörderin Susanne Krause aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Janna denkt mit Schrecken an die Ereignisse in der Vergangenheit ...

Ausgerechnet an ihrem Geburtstag erfährt Janna, dass die gefährliche Auftragsmörderin Susanne Krause aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Janna denkt mit Schrecken an die Ereignisse in der Vergangenheit zurück, als sie schon einmal mit der gefährlichen Frau zusammentraf und um ihr Leben fürchten musste. Eigentlich ist Janna gerade erst dabei, ihr gemeinsames neues Büro mit Markus einzurichten. Ihr Arbeitsvertrag ist noch gar nicht in Kraft, und so hilft sie nur hie und da im Institut aus. Aber Susanne Krauses Flucht ändert alles. Markus wird mit einem Undercover-Einsatz beauftragt, während Janna und die übrige Abteilung sich im Hintergrund bereit halten. Dann geht alles ganz schnell, und innerhalb kürzester Zeit werden alle vorherigen Fakten und Pläne auf den Kopf gestellt.
Die elfte Folge, die zugleich der erste Teil des Staffel-Finales ist, beginnt eher ruhig und harmlos. Janna verbringt etwas Zeit mit ihrer Familie, und man gewinnt Einblicke in ihren Alltag. Ihr Verhältnis zu Markus hat sich im Lauf der Zusammenarbeit verändert. Die anfängliche Skepsis ist inzwischen einer Vertrauensbasis gewichen, und der Agent und seine zivile Partnerin sind gute Freunde geworden. So verschieden die beiden sind, so haben sie doch eines gemeinsam, und das ist die Liebe zur Musik der Gruppe R.E.M. Unterschwellig knistert es auch immer ein wenig zwischen ihnen. Im Verlauf der Geschichte musste ich öfter schmunzeln, denn Janna hat eine Angewohnheit: wenn sie aufgeregt ist, redet sie wie ein Wasserfall, aber die Mitarbeiter des Instituts haben sich schon daran gewöhnt und sehen es gelassen.
Die Handlung, die diesmal eher langsam und entspannt beginnt, nimmt nach dem ersten Drittel des Buches plötzlich rasant an Fahrt auf, und die Spannung steigert sich bis zur letzten Seite. Einmal angefangen, konnte ich nicht mehr bremsen und habe die ca. 150 Seiten in einem Rutsch gelesen, denn Mila Roth erzählt in gewohnt kurzweiliger und fesselnder Art. Was sich die Autorin dann zum Ende dieses Teils für ihre Leser ausgedacht hat, grenzt jedoch schon an seelische Grausamkeit! Da gibt es nämlich einen ganz gemeinen Cliffhanger, der sicher viele Leser(innen) verzweifelt zurück lässt. Wie bitteschön soll man die Wochen bis zum Erscheinen des zweiten Teils aushalten? Nur gut, dass dies schon Anfang März der Fall ist, und ich fiebere dem Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits jetzt entgegen. Beim Lesen habe ich auch einige Songs von R.E.M. nebenbei gehört, was die emotionale Wirkung des Romans noch zusätzlich verstärkt hat, und ich gebe zu, dass ich auf den letzten Seiten die eine oder andere Träne nicht unterdrücken konnte.
Mein Tipp für alle, die Janna und Markus erst neu entdeckt haben und die vorherigen Bände noch nicht kennen: Es ist ratsam, mit dem ersten Band anzufangen, denn Quereinsteiger könnten zwar dem kriminalistischen Teil der Geschichte problemlos folgen, aber es wäre schade, so zu beginnen, weil das Wissen um die Hintergründe und Zusammenhänge fehlen würde.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Schöne und stimmungsvolle geistige Reise nach Cornwall

Winterglitzern
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In diesem zweiten Teil der „Cornwall Seasons“ geht es hauptsächlich um Bree. Sie arbeitet als Model, aber man spürt schon zu Beginn des Romans, dass sie Zweifel hat, ob der Job in Zukunft noch gut für ...

In diesem zweiten Teil der „Cornwall Seasons“ geht es hauptsächlich um Bree. Sie arbeitet als Model, aber man spürt schon zu Beginn des Romans, dass sie Zweifel hat, ob der Job in Zukunft noch gut für sie ist. Auf jeden Fall ist sich Bree im Klaren, dass sie das Modeln nur noch eine begrenzte Zeit ausüben kann. Dazu kommen die Sorgen um ihre kranke Mutter, als Bree einen Anruf ihres Vaters erhält, mit der dringenden Bitte, nach Hause zu kommen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ist angespannt, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Mutter Brees Beruf nicht ernst nimmt. Es geht auf Weihnachten zu, und zu dieser Jahreszeit ist nicht viel los im Bed & Breakfast von Brees Eltern. Nur ein einziger Gast hat sich angemeldet, und zu Brees Überraschung kennt sie ihn bereits. Die Anziehungskraft, die Ben auf sie ausübt, ist beunruhigend für Bree. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass sich hier eine andere Beziehung entwickelt als die unverbindlichen Affären, die sie bisher hatte. Nun muss sie sich die Frage stellen, ob sie das überhaupt möchte.
Bryluen, wie sie eigentlich mit richtigem Namen heißt, ist von völlig anderer Wesensart als ihre Freundin Alys aus dem ersten Band der Cornwall Seasons. Sie ist selbstbewusst und stark und weiß, was sie will, und doch schleichen sich immer öfter Zweifel bei ihr ein, ob sie in ihrem gewohnten Leben noch wirklich glücklich ist.
Auch Ben, die männliche Hauptfigur des Romans, ist in seinem Leben an einem Wendepunkt angekommen. Er ist von Bree fasziniert, ist sich aber noch unschlüssig, wie er sich entscheiden soll, denn er hat erst eine enttäuschte Liebe hinter sich. Auch ist er eigentlich ein ehrlicher, geradliniger Mensch, aber er schleppt doch so einige Geheimnisse mit sich herum, die sein Verhältnis zu Bree belasten.

Mit Bree und Ben hat der Roman zwei außerordentlich sympathische und starke Charaktere, an deren Gedankengängen und Gefühlen man als Leser teilhaben kann.
Auch Cornwall, als Schauplatz der Geschichte, hat gerade in der Vorweihnachtszeit so einiges zu bieten, was Cara Lindon sehr schön in Worte gefasst hat, so dass man die Atmosphäre direkt spüren kann. Im Anhang findet man einige schöne Rezepte für Kuchen und cornische Kekse, die alle sehr lecker klingen und mit denen Bree im Lauf der Handlung sich und ihre Freundinnen verwöhnt.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich eine Besonderheit, die für die Romane der Autorin bereits ein Markenzeichen und unverzichtbar ist. In all ihren Büchern gibt es nämlich auch vierbeinige Protagonisten. Alys' Kater Helyer ist bereits aus dem ersten Band bekannt, ebenso wie Jorys Hund Buddy. Aber die beiden bekommen Gesellschaft, denn zusammen mit Ben zieht sein Hund Charlie Brown mit im B&B von Brees Eltern ein. Bree kümmert sich um eine verletzte Katze, außerdem kommen noch Bens Freund Joel und sein Hund Godzilla ins Spiel. Die Vierbeiner sorgen immer wieder für Turbulenzen und amüsante Situationen im Roman.
Der erste Teil war gut, dieser zweite Band hat mir aber noch besser gefallen. Das liegt sicher einerseits daran, dass mir gerade Bree von den Freundinnen ausgesprochen sympathisch ist. Besonders gefällt mir an ihr, dass sie zu ihrer „curvy“ Figur steht und ein gewisses Auftreten und Selbstbewusstsein hat und dass sie nicht auf den Mund gefallen ist, wenn sich jemand abfällig über ihre Kurven äußert.

Die Probleme, die sie und auch Ben haben bzw. die sich aus der Beziehung der beiden ergeben, sind sehr realistisch dargestellt und wirken daher glaubwürdig und wie aus dem wirklichen Leben gegriffen. Trotz des wunderschönen Covers, das sehr anheimelnd wirkt und trotz der idyllischen Atmosphäre Cornwalls und der romantischen Handlung ist die Geschichte alles andere als verklärt oder kitschig. Ich kann von Herzen eine Leseempfehlung aussprechen, denn das ist ein Roman, mit dem man es sich an kalten Wintertagen oder -abenden so richtig gemütlich und stimmungsvoll machen kann. Auf jeden Fall bin ich schon sehr gespannt auf den dritten Band, in dem es um Chesten gehen wird, und ich freue mich darauf, die drei Freundinnen und ihre Lieben (die zweibeinigen und die vierbeinigen) wieder zu „treffen“.

Veröffentlicht am 22.01.2018

Ein zutiefst berührendes Buch

Meinen Hass bekommt ihr nicht
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Am 13. November 2015 wurde Antoine Leiris der Liebe seines Lebens und der gemeinsame kleine Sohn Melvil seiner Mutter beraubt. Hélène Leiris kam bei dem Attentat im Le Bataclan in Paris ums Leben. Antoine ...

Am 13. November 2015 wurde Antoine Leiris der Liebe seines Lebens und der gemeinsame kleine Sohn Melvil seiner Mutter beraubt. Hélène Leiris kam bei dem Attentat im Le Bataclan in Paris ums Leben. Antoine Leiris ist von jetzt auf gleich mit seinem Sohn allein. Trotz seiner tiefen Trauer kann er sich nicht verkriechen, sondern muss für Melvil da sein. Der Kleine versteht noch nicht, was passiert ist. Er vermisst seine Mutter, und Antoine muss einen Weg finden, ihm zu sagen, dass seine geliebte Mama nicht wieder kommen wird.
Das Büchlein ist mit 141 Seiten nicht sehr dick und dabei groß gedruckt, und doch enthält es so viel! Antoine Leiris erzählt seine schmerzvolle Geschichte, die das Schicksal ihm auferlegt hat. Er beschreibt seine eigene Situation und seine Gefühle sehr bildhaft. In seinen Worten kommt die ganze Tragik zum Ausdruck, die er selbst noch gar nicht in vollem Umfang begreifen kann. Für ihn war es vermutlich auch eine Art Trauerbewältigung, dieses Buch zu schreiben. Er schildert seine Bemühungen, zusammen mit seinem Sohn wieder in den Alltag zu finden, seine Erfahrungen mit Menschen im Umkreis der zerstörten kleinen Familie, und er berichtet von den liebevollen, hoffnungsvollen Momenten mit seinem Sohn, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern (ja, auch das gibt es in diesem Buch, und es ist gut so!).
Das Herzstück des Buches ist jedoch der Brief, den Antoine Leiris, an die Attentäter gerichtet, auf Facebook veröffentlicht hat. Dieser beginnt mit den Worten: „Freitag Abend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht“.
Nicht nur dieser Brief, das ganze Buch ist zutiefst berührend. Es spricht von der unendlichen Trauer eines liebenden Mannes und Vaters, es erzählt einerseits von Hoffnungslosigkeit, aber das, was Antoine Leiris geschrieben hat, zeugt auch von einer ungemein starken Geisteshaltung. Die Aufgabe, seinem Sohn das Schicksal der Mutter nahe zu bringen, ist nicht einfach und wird in der Zukunft noch viel Kraft erfordern. Aber er wird das hinbekommen und seinen kleinen Sohn zu einem freien, starken, liebenden Menschen erziehen. Antoine Leiris hasst die Täter nicht, und genau damit trifft er sie! Ich kann die Stärke dieses Mannes nur bewundern.
Das kleine Buch mit dem großen Inhalt kann ich nur jedem ans Herz legen.