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Veröffentlicht am 26.02.2021

Auch Serafinas sechster Fall entwickelt sich wieder sehr spannend

Die Wölfe vor den Toren
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Der sechste Band dieser historischen Krimireihe führt uns wieder ins mittelalterliche Freiburg. Es ist ein frostiger Februar im Jahr 1418. Die ehemalige Begine Serafina ist seit etwas mehr als einem Jahr ...

Der sechste Band dieser historischen Krimireihe führt uns wieder ins mittelalterliche Freiburg. Es ist ein frostiger Februar im Jahr 1418. Die ehemalige Begine Serafina ist seit etwas mehr als einem Jahr mit dem Stadtarzt Achaz verheiratet und betreibt die Freiburger Armenapotheke. Nach einer kalten, unheimlichen Nacht, in der Serafina von schaurigem Wolfsgeheul geweckt wurde, wird Achaz in das kleine Dörfchen Würi vor den Mauern der Stadt gerufen. Jörgelin, der kleine Sohn des Baders, wurde von Wölfen überfallen und getötet. Die Dorfgemeinschaft ist verstört, denn um die Wölfe ranken sich auch einige Schauergeschichten. Ein Wolf wird gefangen und zur Abschreckung am Dorfplatz aufgehängt. Ein weiterer Todesfall versetzt die Dorfbewohner in Angst und Schrecken und schürt die Wut auf die Wölfe, denn das Opfer, die junge Heilerin Mia, war bei allen beliebt. Serafina und Achaz haben jedoch ihre Zweifel, ob es sich auch hier wirklich um einen Überfall der Wölfe gehandelt hat. Gemeinsam überlegen sie, was dahinter stecken könnte. Auch wenn es Achaz eigentlich nicht recht ist, dass sich seine geliebte Serafina an den Ermittlungen beteiligt, so weiß er inzwischen, dass sie sich von nichts und niemandem davon abhalten lassen würde. Außerdem konnte sie in der Vergangenheit mit ihrem wachen Verstand schon oft zur Lösung eines Falls beitragen. Allerdings haben beide nicht mit der Verschlossenheit der Dorfgemeinschaft gerechnet, und letztendlich geraten sie wieder in so manche brenzlige Situation.

Dies ist nun bereits der sechste Band der Reihe um die kluge Serafina mit der bewegten Vergangenheit, und ich kann sagen, die Reihe hat bisher nichts von ihrer Faszination und Spannung verloren. Viele der Charaktere kennt man bereits, wenn man die Reihe von Anfang an verfolgt hat, aber es kommen auch viele neue hinzu. Ein ausführliches Personenregister gleich am Anfang des Buches macht es leicht, sich zurecht zu finden, denn zu allen aufgeführten Personen gibt es einen kleinen Hinweis bzw. eine hilfreiche Bemerkung. Überhaupt sind die Charaktere alle sehr gründlich beschrieben, und der Schreibstil ist so gefällig und kurzweilig, dass man nur so durch die Seiten fliegt. Es wird wieder sehr spannend, und so manches, was so offensichtlich scheint, stellt sich als völlig anders heraus.

Sehr gut gefällt mir an dieser Reihe, dass sie in Freiburg spielt, einiges an Lokal- und Zeitkolorit zu bieten hat und man immer wieder einen schönen Einblick in die damaligen Heilmethoden und Gepflogenheiten erhält. Diesmal geht es in der Hauptsache um die damaligen Auswirkungen eines langen, kalten Winters und um die Ängste der Menschen im Bezug auf die Wölfe. Vor allem die Bewohner von Würli sind in Panik, denn ihr Dorf liegt relativ ungeschützt vor den Stadtmauern, und sie fühlen sich von den Freiburgern im Stich gelassen. Da kommt schnell ein Werwolf ins Gespräch, und Achaz hat seine liebe Mühe, die Menschen zu überzeugen, dass Werwölfe in die Welt der Schauermärchen gehören.
Man kann diesen Roman jederzeit für sich allein lesen, aber wenn man die erschienenen Bände in der chronologischen Reihenfolge liest, erhöht das den Lesespaß enorm.

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Veröffentlicht am 24.02.2021

Jede Wahl, die wir im Leben treffen, führt irgendwann einmal zu einem unwiderruflichen Ende

Cloris
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Das Buch enthält eigentlich zwei Geschichten, die parallel nebeneinander her laufen und letztendlich nur sehr wenige Berührungspunkte haben.

Da geht es natürlich in erster Linie um Cloris Waldrip. Zusammen ...

Das Buch enthält eigentlich zwei Geschichten, die parallel nebeneinander her laufen und letztendlich nur sehr wenige Berührungspunkte haben.

Da geht es natürlich in erster Linie um Cloris Waldrip. Zusammen mit ihrem Ehemann begibt sich die zweiundsiebzigjährige Texanerin auf einen Rundflug über den Bitterroot National Forest. Sie wollen ein paar schöne Tage dort in der Nähe in einer gemieteten Hütte verbringen. Doch es kommt alles ganz anders, denn die Cessna 340 stürzt mitten in der Wildnis ab, und Cloris ist die einzige Überlebende. Sie steht unter Schock und macht sich mit einem Stiefel, ihrer Bibel und ein paar Karamellbonbons in ihrer Handtasche auf die Suche nach Rettung. Wie durch ein Wunder gelingt es der alten Dame, in der wilden Natur zu überleben und die Tortur, die sie auf ihrem langen Weg ertragen muss, zu überstehen. Auf ihrem Weg zurück zur Zivilisation hat sie aber auch ein paar rettende Begegnungen, die sie langfristig prägen. Sehr detailliert und lebendig beschreibt sie, wie ihr (Über)Leben in der Wildnis der Bitterroots aussieht.
Ihre Sicht der Dinge und wie sie sich durch die Erfahrungen in der Wildnis verändert, wird hier sehr eindrucksvoll und bildhaft dargestellt. Cloris schildert ihre Erlebnisse aus eigener Sicht, allerdings rückblickend, erst ca. zwanzig Jahre später. Das ist wohl auch der Grund, wieso sie teilweise im lockeren Plauderton erzählt, als würde sie über etwas ganz Banales, Alltägliches berichten. Diese Erörterung wirkt in Anbetracht der Situation, wie sie von dem toten Piloten und ihrem Mann spricht, manchmal schon etwas makaber, auch wenn das, was da geschehen ist, doch sehr real ist und durchaus so passieren könnte. Es sind einige brutale, schonungslose Szenen dabei, die einem ziemlich an die Nieren gehen, aber die Situation, in der sich Cloris befindet, ist ja auch wirklich grausam. Allerdings hat sie in der Einsamkeit auch viel Zeit, über sich und ihr bisheriges Leben nachzudenken. Sie zieht über ihre Ehe und ihre Vergangenheit Bilanz, und ihre zum Teil schon philosophisch anmutenden Gedanken haben eine starke Aussagekraft.

Die zweite Geschichte dreht sich um die Rangerin Debra Lewis. Sie ist eine vom Leben und von ihrem Ehemann schwer enttäuschte Frau, die sich mit billigem Wein tröstet und stoisch ihren Dienst versieht. Als ein Notruf eingeht, bei dem man nur abgehackt eine menschliche Stimme hört, die immer zu „Cloris“ ruft und Lewis wenig später von dem vermissten Flugzeug erfährt, das vermutlich abgestürzt ist, stellt sie schnell eine Verbindung zwischen den Fakten her. Sie ist die Einzige, die an Cloris‘ Überleben glaubt und einen Suchtrupp zusammenstellt. Obwohl keiner außer ihr einen Sinn darin sieht, gelingt es ihr, eine groß angelegte Suche in die Wege zu leiten.
Dieser Erzählstrang ist in der dritten Person erzählt und dreht sich weitgehend um Rangerin Lewis, ihren Job und ihr direktes Umfeld. Ihre Geschichte habe ich mit sehr gemischten Gefühlen gelesen. Sie selbst hat eindeutig ein Alkoholproblem. Ständig, schon ab dem frühen Morgen, trinkt sie Merlot aus einer Thermosflasche und hat mit den körperlichen Folgen ihres Alkoholkonsums zu kämpfen. Häufig hat sie Rotweinflecken auf ihrer Uniform, und viel zu oft lutscht sie an ihren vom Wein verfärbten Zähnen. Auch ihr Suchtrupp setzt sich weitgehend aus schrägen Vögeln und Kaputten Typen zusammen. Da wäre zum Beispiel der Leiter der Luftrettung, der bei der Bergstation erscheint. Steven Bloor gibt seltsame Wörter von sich, klackert mit den Zähnen und reibt sich die Hände mit Kreide ein. Dabei hält er sich für unwiderstehlich und scheint Gefallen an Debra zu finden. Seine siebzehnjährige Tochter, die sich den „Friends of the Forest“ anschließt, wirkt dagegen recht normal und benimmt sich auch wie ein Teenager. An ihr fällt eigentlich hauptsächlich das rätselhafte Netz von Narben auf ihrem Gesicht auf. Die Geschichte, wie es dazu kam, ist schier unglaublich. Debras Kollege Claude mit seinem kranken Hund Charly und sein Freund Pete vervollständigen das Team. Auch sie haben ihre Macken und verhalten sich manchmal ziemlich ungewöhnlich.
Der Autor schreibt kurzweilig und fesselnd. In beiden Erzählsträngen hat er viele unappetitliche, zum Teil grausame Szenen eingebaut und spielt mit äußerst bildhaften, teils abstrusen Vergleichen. In Cloris‘ Geschichte, die ums Überleben kämpft, wirken diese Szenen stimmig, während ich in Lewis‘ Geschichte häufig den Eindruck hatte, der Autor hätte einfach Effekthascherei betrieben. Während mir Cloris im Lauf der Zeit sehr nahe gekommen ist und ich mit ihr fühlen konnte, blieben alle Charaktere der Suchaktion, einschließlich Lewis, durchgehend auf Distanz. Lewis flucht zum Steinerweichen, und ich fand ihren ständig gleichen Fluch, mit dem sie viele ihrer Sätze ausschmückt, einfach nur noch ermüdend. Ich muss gestehen, dass sich mir nicht erschließen konnte, welche Absicht der Autor damit verfolgt hat. Eigentlich hätte er solche „Special Effects“ gar nicht nötig, denn ansonsten fand ich den Roman außergewöhnlich, gut und lesenswert. Er wird mir ganz sicher lange in Erinnerung bleiben.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Lebens- und Liebesgeschichte von Irving Berlin und Ellin Mackay - wunderschön erzählt

White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht
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Dem Titel nach könnte der Eindruck entstehen, es würde sich hier um einen typischen Weihnachtsroman handeln, aber dem ist nicht so. Der Roman erzählt die Liebesgeschichte des berühmten und erfolgreichen ...

Dem Titel nach könnte der Eindruck entstehen, es würde sich hier um einen typischen Weihnachtsroman handeln, aber dem ist nicht so. Der Roman erzählt die Liebesgeschichte des berühmten und erfolgreichen Jazz-Komponisten Irving Berlin und der reichen Erbin Ellin Mackay. Da es im Roman um reale und bekannte Schicksale geht, habe ich in meinen folgenden Ausführungen doch ein wenig gespoilert. Wer noch nicht viel über Irving Berlin und sein Leben weiß und alles erst selbst erlesen möchte, dem rate ich, hier zu stoppen und vielleicht gleich zum Buch zu greifen, denn soviel vorab: es lohnt sich.

Im Prolog lernt man den zwölfjährigen Israel, genannt Izzy, kennen. Er ist das Kind jüdischer Auswanderer aus Weißrussland und verdient sich im Dezember 1900 etwas Geld als Zeitungsjunge. Schon damals träumte er von einer Zukunft als „singender Kellner“, denn auch wenn er keine Noten lesen konnte, so war er doch schon in jungen Jahren sehr musikalisch.

Im Dezember 1937 begegnen wir ihm in Kalifornien wieder. Inzwischen ist er sehr erfolgreich und unter dem Namen Irving Berlin bekannt. Zu seinem Leidwesen muss er das Weihnachtsfest getrennt von seiner Familie verbringen, da seine Anwesenheit für den ersten Tonfilm der Geschichte vonnöten ist, denn er hat die musikalischen Beiträge dafür komponiert. Aus der Einsamkeit dieses Weihnachtsfests entsteht eines der wohl bekanntesten Weihnachtslieder der Welt: White Christmas.
Im Verlauf dieser Rahmengeschichte nehmen die Rückblicke zu der Zeit, als er seine große Liebe kennenlernte, einen weiten Raum ein. Von seiner ersten Begegnung mit Ellin an begleitet man die Liebenden bei ihrem Kampf um das Glück, denn Ellins Vater ist gegen die Verbindung, und das bringt die junge Frau in einen Gewissenskonflikt zwischen der Loyalität ihrem Vater gegenüber und der Liebe zu Irvin. Da es sich quasi um eine wahre Geschichte handelt, war ich neugierig und habe, während ich den Roman gelesen habe, parallel dazu ein wenig recherchiert. Michelle Marly hält sich eng an die bekannten Tatsachen, aber durch ihre unterhaltsame und gefühlvolle Darstellung und Ergänzung mit fiktiven Elementen wird diese schöne Liebesgeschichte lebendig.
Ich mochte die Protagonisten, und ich konnte stark mit ihnen fühlen. Da sich der Roman über einen längeren Zeitraum hinzieht, ist es auch kein Buch, das man unbedingt nur zur Weihnachtszeit lesen könnte. Der Roman entführt in das Amerika der Dreißiger Jahre und fängt die Atmosphäre und den damaligen Lifestyle sehr gekonnt ein. Diese Liebesgeschichte zweier Menschen hat mich nachhaltig beeindruckt, denn mit Hartnäckigkeit und Treue haben es Irvin und Ellin geschafft, sich gegen den alten Mackay zu behaupten, und ich möchte sagen, dieser Kampf ums Glück hat sich gelohnt, denn das Paar führte bis ins hohe Alter eine glückliche Ehe.
Für mich hat bei diesem Roman alles gestimmt, so dass ich ihn mit begeisterten fünf Sternen bewerte.

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Veröffentlicht am 22.02.2021

Nette kleine Hundegeschichte aber auch nicht mehr

Bonnie Propeller
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Als Momo, der Hund der Autorin stirbt, hat sie sehr schnell das Bedürfnis, sich einen Nachfolger ins Haus zu holen. Irritierend fand ich, dass sie den Hund als „Institution“ bezeichnet. Irgendwo hatte ...

Als Momo, der Hund der Autorin stirbt, hat sie sehr schnell das Bedürfnis, sich einen Nachfolger ins Haus zu holen. Irritierend fand ich, dass sie den Hund als „Institution“ bezeichnet. Irgendwo hatte ich das Gefühl, er ist für sie nur Mittel zum Zweck, einmal gegen die Einsamkeit und auch um regelmäßig gezwungen zu sein, das Haus zu verlassen und sich an der frischen Luft zu bewegen. Löblich fand ich, dass sie sich für ihre Suche an eine Tierschutzorganisation wendet. Sie sucht einen Schnauzermischling. Bei ihren Recherchen stößt sie auf einen Hund mit dem Namen „Propeller“. Sie bemüht sich dann auch darum, diesen Hund zu bekommen, und als er endlich bei ihr einzieht, ist sie enttäuscht. Es sind die Äußerlichkeiten, von denen sie sich leiten lässt, das gibt sie auch ehrlich zu. In der kurzen Erzählung schildert die Autorin, wie sie und Bonnie Propeller dann doch noch zueinander finden und was es mit dem seltsamen Doppelnamen auf sich hat. Ich sehe es positiv, dass die Autorin ehrlich und selbstkritisch ist und offen zugibt, dass sie anfangs unzufrieden war. Erst nachdem andere Menschen in ihrem Umfeld von Bonnie angetan waren, gewöhnt sie sich ebenfalls an ihren neuen vierbeinigen Gefährten. Am Ende wird alles gut, aber mir war die Art, über einen Hund zu entscheiden, etwas zu sachlich. Irgendwie wurde ich lange das Gefühl nicht los, dass Bonnie für sein neues Frauchen mehr ein schlechter Ersatz ist, weil gerade nichts Besseres verfügbar war. Dass die Autorin mit ihren Zweifeln so offen umgeht, hat mich dann doch dazu bewogen, dem Buch drei Sterne zu geben, aber mir hat das Gefühl in der ganzen Geschichte gefehlt.

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Veröffentlicht am 20.02.2021

Ein bezaubernder Roman - kurzweilig, unterhaltsam und doch voller Tiefe

Winterleuchten am Liliensee
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Schon das Cover dieses Buches wirkt auf mich ungemein anziehend und stimmungsvoll. Die wunderbare Landschaft auf dem Titelbild weckte in mir den Wunsch, den Roman lesen zu wollen. Die Stimmung hat mich ...

Schon das Cover dieses Buches wirkt auf mich ungemein anziehend und stimmungsvoll. Die wunderbare Landschaft auf dem Titelbild weckte in mir den Wunsch, den Roman lesen zu wollen. Die Stimmung hat mich sofort gefangen genommen, denn als ich mit dem Lesen begonnen habe, war auch hier, vor meiner Haustür, alles dick verschneit. Ich lese ja sehr gerne zur Jahreszeit passend, und hier bin ich voll auf meine Kosten gekommen, denn die Reise im Roman führt in den winterlichen Schwarzwald.

Lisas Ankunft bei der Familie Vogel ruft einige Missverständnisse hervor, denn Charlotte Vogel erwartete eigentlich ihr sechsjähriges Patenkind und keine erwachsene junge Frau. Trotzdem nimmt sie Lisa herzlich bei sich auf, und diese hat nach kurzer Zeit fast das Gefühl, zur Familie zu gehören. Anders sehen es teilweise Charlotte Vogels Söhne, vor allem ihr Ältester ist sehr skeptisch und unterstellt Lisa unlautere Beweggründe für ihr Erscheinen. Das ist kein Wunder, denn er hat in der Vergangenheit eine schwere Enttäuschung erlitten, die seine Seele verletzt und sein Vertrauen untergraben hat. Hierin sind sich Robert und Lisa ähnlich, denn auch die junge Frau hat einiges aus der Vergangenheit aufzuarbeiten. Je mehr man über die Gründe des Missverständnisses erfährt, umso besser kann man Lisa verstehen. Bei den Vogels fühlt sie sich einerseits sehr wohl und irgendwie geborgen, aber da ihr klar ist, dass ihr Aufenthalt begrenzt ist, erfüllt sie das mit Wehmut.

Obwohl Robert ihr gegenüber sehr ablehnend reagiert, begleitet Lisa ihn auf einer Bergtour. Unverhofft geraten die beiden in einen Schneesturm. In einer eingeschneiten Schutzhütte, abgeschnitten von der restlichen Welt, wird beiden vieles klar. In gegenseitigem Verständnis können sie ihre seelischen Verletzungen als einen Teil von sich akzeptieren und endlich heilen lassen.

Währenddessen ist der Rest der Familie voller Sorge. Nur Johann, Charlottes Schwiegervater und somit der Großvater der Vogel-Söhne, bleibt gelassen. Wieso hatte ich nur immer wieder das Gefühl, dass er einen tieferen, klareren Blick auf seine Mitmenschen hat als der Rest der Familie? Mit seiner etwas kauzigen Art habe ich den alten Herrn schnell ins Herz geschlossen, und auch Lisa geht es da nicht anders. Wohin die Geschichte führt, das möchte ich natürlich nicht weiter ausführen, denn das sollte jeder selbst lesen.

Ich kann nur sagen, dass mir die Charaktere alle sehr gefallen haben, wenn auch Charlotte mit ihren Verkupplungsversuchen etwas übertreibt und für zusätzliche Missverständnisse sorgt, so ist sie doch eine sehr sympathische Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck.

Wie ich es gar nicht anders erwartet habe, so schreibt Elisabeth Büchle auch hier wieder wunderbar kurzweilig und fesselnd und dabei sehr einfühlsam. Sie hat den Zeitgeist der 1960er Jahre sehr schön eingefangen, und die landschaftlichen Beschreibungen tun ein Übriges, mich zu begeistern. Die Autorin schreibt Romane mit christlichem Hintergrund. Aber ihre Geschichten sind nicht nur Gläubigen vorbehalten, denn die religiösen Botschaften und Elemente sind ganz selbstverständlich und natürlich in den Roman eingebunden und stellen einen festen Bestandteil im Alltag der Protagonisten dar.

Der Roman hat mir viele schöne, wohltuende Lesestunden beschert, denn er bietet nicht nur unterhaltsame Lektüre, sondern lädt ein, über das Gelesene nachzudenken. Die Autorin hat auch wieder einige tiefgründige Themen in die Handlung verpackt. Am Ende habe ich mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge von der liebenswerten Familie Vogel verabschiedet. Das weinende Auge, weil die Geschichte schon ausgelesen war, das lachende Auge, weil der Schluss schon einen kleinen Hinweis auf eine Fortsetzung enthält. Auf der Website von Elisabeth Büchle habe ich dann auch gelesen, dass „Winterleuchten am Liliensee“ den Auftakt für eine neue Reihe darstellt. Es wird also wahrscheinlich ein „Wiedersehen“ mit den sympathischen Menschen geben, die ich im Lauf des Romans direkt liebgewonnen habe, und ich freue mich sehr darauf.

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