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Veröffentlicht am 07.01.2018

Das Siechenhaus

Das Siechenhaus
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Auch dieser dritte historische Krimi führt die Leser ins mittelalterliche Freiburg, wo Serafina den Beginen in der Schwesternsammlung Sankt Christoffel angehört. Diesmal geht es um den Bäcker Kannegießer, ...

Auch dieser dritte historische Krimi führt die Leser ins mittelalterliche Freiburg, wo Serafina den Beginen in der Schwesternsammlung Sankt Christoffel angehört. Diesmal geht es um den Bäcker Kannegießer, bei dem der Aussatz festgestellt wurde und der deshalb aus der Gemeinschaft der Stadt ausgeschlossen wird, um künftig vor den Toren Freiburgs im Siechenhaus zu wohnen, wo alle Aussätzigen untergebracht sind. Die Schwestern der Sammlung Sankt Christoffel kümmern sich regelmäßig um die Menschen, die an der Krankheit leiden, die uns heute als „Lepra“ bekannt ist. Menschen, die daran erkrankten, wurden quasi symbolisch „zu Grabe getragen“, was auch hier im Fall des unglücklichen Bäckers erfolgt. Bei einem Besuch Serafinas im Siechenhaus klagt Kannegießer der Begine sein Leid, dass er vermutet, gar nicht aussätzig zu sein, sondern dass seine Hautprobleme lediglich harmloser Natur und auf den ständigen Umgang mit dem Mehl zurückzuführen seien. Serafina beobachtet ebenfalls, dass zwischendurch plötzlich eine Besserung bei Kannegießers Haut festzustellen ist. Als sie den Stadtarzt Achaz darauf hinweist und dieser einer erneuten Untersuchung zustimmt, wird er jedoch plötzlich nachts von einem Unbekannten niedergeschlagen und verliert sein Gedächtnis. Für Kannegießer steht viel auf dem Spiel, denn auch wenn er nicht am Aussatz leidet, nun aber Tag und Nacht mit von der Krankheit Betroffenen auf engstem Raum zusammenlebt, bleibt auf Dauer eine Ansteckung unausweichlich. Serafina gibt nicht auf und gerät wieder einmal in Schwierigkeiten.

Bei diesem neuesten Abenteuer von Serafina bringt die Autorin eine Krankheit zur Sprache, die uns heute unter dem Namen „Lepra“ bekannt und, obwohl heilbar und lange nicht so ansteckend wie geglaubt, in den Ländern der Dritten Welt leider immer noch präsent ist, die damals für die Menschen jedoch quasi ein Todesurteil darstellte, denn die Betroffenen wurden aus der Gesellschaft ausgeschlossen und in spezielle Siechenhäuser verbannt. Man liest in Romanen nicht allzu häufig über dieses Thema, schon gar nicht in der Ausführlichkeit wie hier. Man merkt, dass sich die Autorin gründlich mit der Materie befasst hat, und ich fand es sehr interessant, etwas mehr über die Krankheit und den damaligen Umgang mit den vom Aussatz befallenen Menschen zu erfahren.
Man bekommt hier also viel Wissen über das Leben und die Gepflogenheiten im Mittelalter, all dies nahtlos integriert in einen richtig spannenden historischen Krimi. Haben mir schon die ersten beiden Bände um Serafina sehr gut gefallen, so war doch noch eine Steigerung möglich, und ich fand diesen Teil noch besser. Serafina ist für ihre Zeit eine sehr mutige, selbstbewusste und moderne Frau, die sich nicht so leicht einschüchtern lässt und selten eine Antwort schuldig bleibt. Ich finde sie so richtig sympathisch, auch wenn ihre Mitschwestern und die Beginenmeisterin ihre liebe Mühe damit haben, die Beweggründe der Mitschwester zu verstehen und ihre Alleingänge gut zu heißen. Aber sie besitzt eben diesen untrüglichen Spürsinn, was kriminelle Fälle angeht, und sie kann einfach nicht zusehen, wie die Verantwortlichen das so Offensichtliche oft nicht erkennen.
In dem Stadtarzt Achaz findet sie auch diesmal wieder einen Verbündeten. Auch wenn er nicht gut heißt, dass Serafina ihm in medizinischen Angelegenheiten gerne dazwischen funkt, so ist er doch häufig mit ihr einer Meinung. Und da ist noch etwas zwischen den Protagonisten, erst vage, in Andeutungen, aber mit der Zeit immer klarer: Es kommen Gefühle ins Spiel, die so gar nicht zu einer Begine und ihrer Berufung passen. Es bleibt abzuwarten, wie die Geschichte dieser liebenswerten jungen Frau weitergeht, und ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Teil, der bereits zum Lesen bereit liegt. Liebhaber spannender und gut geschriebener Histo-Krimis werden an dieser Reihe sicher ihre Freude haben.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Unter dem Mitternachtsmond

Unter dem Mitternachtsmond
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Mit diesem wunderbaren Roman begann das neue Jahr geradezu perfekt! Es ist inzwischen schon Tradition, dass es einen Weihnachtsroman von Elisabeth Büchle gibt. Dies ist bereits der dritte, und die Geschichten ...

Mit diesem wunderbaren Roman begann das neue Jahr geradezu perfekt! Es ist inzwischen schon Tradition, dass es einen Weihnachtsroman von Elisabeth Büchle gibt. Dies ist bereits der dritte, und die Geschichten sind zwar für sich abgeschlossen, haben aber auch immer eine lose Verbindung zueinander. Bereits in den ersten beiden Bänden hat man Patrick und seinen Sohn Leo kennengelernt, allerdings nur als Randfiguren. Diesmal sind sie in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt, dafür haben die Protagonisten aus den vorherigen Bänden eine Gastrolle. Auch der Schauplatz hat mich überrascht, denn es ist das alte Gutshaus, das ich bereits aus dem Roman "Winterstürme", auch unter dem Titel "Die Magd des Gutsherrn" kannte. Solche Verbindungen schaffen Erinnerungen und Vertrautheit, und so habe ich mich sozusagen gleich in dem alten, renovierten Gebäude heimisch gefühlt. Während Patrick und Leo den Ostflügel des Hauses beziehen, wohnt im Westflügel eine junge Künstlerin, die sich gleich anfangs Patricks Unmut zuzieht, denn der allein erziehende Vater neigt dazu, seinen Sohn ständig behüten zu wollen. Deboras Fahrstil ist ihm da ein Dorn im Auge. Überhaupt ist ihm die junge Frau suspekt. Aber durch Leo, der vom ersten Augenblick an Deboras Herz gewonnen hat, nähern sich die Nachbarn mit der Zeit an, und Patrick kann nicht umhin, festzustellen, dass Debora eine sehr schöne Frau mit einer tollen Ausstrahlung ist. Aber die junge Künstlerin verbirgt ihre anmutige Figur unter weiter Arbeitskleidung, und sie scheint einige Geheimnisse zu haben. Je weiter die Handlung fortschreitet und je mehr man über die Protagonisten erfährt, umso deutlicher wird, dass beide Narben mit sich tragen, die ganz unterschiedlicher Art sind, denn die einen sind am Körper, die anderen an der Seele. Aber Verletzungen, egal welcher Natur, können überwunden werden, und Narben können verblassen.
Dieser Roman erzählt eine wunderschöne, tiefgründige Liebesgeschichte mit zwei so ungleichen Charakteren, die sich jedoch perfekt ergänzen könnten, wenn es die Protagonisten denn zulassen würden. Aber hier geht es um viel mehr, denn Schönheit spielt eine wichtige Rolle, wobei hier nicht die äußerliche Schönheit wichtig ist, denn diese ist vergänglich, sondern die Schönheit des Herzens, des Geistes und der Seele.

Veröffentlicht am 29.12.2017

Die zwei Gesichter des Nicolai G.

Das Gold des Lombarden
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Köln 1423:
Dass der lombardische Geldverleiher Nicolai Golatti mit der schönen Aleydis de Bruinker eine sehr viel jüngere Frau geheiratet hat, führte schon zu Gerede, aber die Eheleute sind sich sehr zugetan ...

Köln 1423:
Dass der lombardische Geldverleiher Nicolai Golatti mit der schönen Aleydis de Bruinker eine sehr viel jüngere Frau geheiratet hat, führte schon zu Gerede, aber die Eheleute sind sich sehr zugetan und glücklich miteinander. Allerdings währt das Eheglück nicht sehr lange, denn eines Tages wird Nicolai erhängt aufgefunden. Aleydis glaubt nicht an einen Freitod ihres Gemahls. Zusammen mit dem Gewaltrichter Vinzenz van Cleve versucht sie, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, und das ist nicht einfach. Noch problematischer wird die Angelegenheit, als Aleydis erfahren muss, dass ihr fürsorglicher, liebevoller Gemahl auch noch eine andere, eine dunkle Seite hatte. Das, was sie innerhalb kurzer Zeit über Nicolai erfährt, bringt ihr Weltbild gewaltig aus dem Lot. Sie weiß nicht, wem sie überhaupt noch vertrauen kann. Aus Vinzenz van Cleve wird sie nicht schlau, denn er hilft ihr zwar und führt die Ermittlungen zu Nicolais Todesfall durch, aber die beiden Geldverleiher waren geschäftlich erbitterte Konkurrenten.
Petra Schier schreibt unvergleichlich lebendig und fesselnd, dabei ist ihre Sprache nicht zu modern und auch nicht zu alt, so dass sie gut zu der Geschichte aus dem 15. Jahrhundert passt und man doch alles gut verstehen kann. Die Ereignisse sind so dicht in die Handlung gepackt, dass keinen einzigen Moment Langeweile aufkommt.
„Das Gold des Lombarden“ ist der erste Band einer neuen Reihe. Wie schon die Reihe um die Apothekerin Adelina, so spielt auch dieser Roman in Köln. Da es ein ausführliches Namensverzeichnis im Buch gibt, gelingt der Einstieg leicht, und die neuen Charaktere werden schnell vertraut. Aleydis ist eine sympathische junge Frau, die plötzlich aus ihrer heilen Welt gerissen und mit einer Seite des Lebens konfrontiert wird, von der sie bisher nichts ahnte. Ihre Erfahrungen lassen sie stark werden. Sie macht in der Geschichte eine enorme Entwicklung durch, und es ist interessant, sie dabei zu begleiten. Auch Vinzenz van Cleve, der auf den ersten Blick so kühl, dunkel und unnahbar wirkt, offenbart mit der Zeit sein wahres Wesen. Es ist sehr interessant, immer wieder Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten zu erhalten, und dadurch kann man mit der Zeit auch deren Beweggründe besser nachvollziehen.
Was mir auch hier wieder ausgesprochen gut gefällt, ist die Verknüpfung zu anderen Geschichten, die man von der Autorin schon kennt. So tauchen in der Handlung einige Nebencharaktere auf, die ich bereits aus den Adelina-Bänden kannte. Solche Verbindungen schaffen immer ein besonderes Gefühl von Nähe.
Meines Erachtens ist Petra Schier hier wieder ein fesselnder Auftakt gelungen, der neugierig auf eine baldige Fortsetzung macht. Darauf freue ich mich jetzt schon, denn über die liebenswerte und kluge Aleydis, ihre Familie und Freunde gibt es sicher noch viel zu erzählen.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Ein historischer Krimi, toll geschrieben und spannend von der ersten bis zur letzten Seite.

Hostienfrevel
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„Hostienfrevel“ ist der zweite Band um die sympathische und kluge Begine Serafina. Schon der erste Band „Das Aschenkreuz“ hat mir sehr gefallen und mich neugierig gemacht, denn es gibt um Serafina noch ...

„Hostienfrevel“ ist der zweite Band um die sympathische und kluge Begine Serafina. Schon der erste Band „Das Aschenkreuz“ hat mir sehr gefallen und mich neugierig gemacht, denn es gibt um Serafina noch so manches Geheimnis, das gelüftet werden will. Meine Erwartungen in diese Fortsetzung wurden voll und ganz erfüllt. Auch diesmal gerät Serafina wieder in verzwickte Situationen, denn ihr wacher Verstand verbietet ihr, so manches Gerücht, das sich in Windeseile verbreitet, als Wahrheit anzuerkennen. Auf der Suche nach den wirklichen Schuldigen am Hostienfrevel und am Tod des alten Kreuzbruders betreibt sie Nachforschungen auf eigene Faust. Sie ist von der Unschuld der Juden überzeugt, denen man die Tat in die Schuhe schieben will. Hinter diesem plötzlichen Judenhass vermutet sie andere Gründe, denen sie auf die Spur kommen möchte. Bei ihren Nachforschungen kommt ihr zugute, dass auch Meisterin Catharina von der Unschuld der jüdischen Freiburger überzeugt ist. Ihre Ermahnungen, Serafina solle sich aus der Angelegenheit heraushalten, erfolgen daher nur halbherzig. Dafür macht ihr Serafina das Verhalten des Stadtarztes Achaz Kummer, denn dieser benimmt sich ihr gegenüber sehr seltsam, und sie hat den Eindruck, dass er ihr einiges verschweigt.
Neben den äußerst spannenden Ermittlungen zu diesem mittelalterlichen Kriminalfall erfährt man im Roman so einiges über Serafinas Vergangenheit. Ihr Schicksal ist sehr einfühlsam dargestellt, und schnell wird klar, wieso die mutige Begine sich so für Gerechtigkeit einsetzt, denn ihr selbst ist in der Vergangenheit so viel Unrecht widerfahren!
Auch das gemeinschaftliche Leben der Beginen wird ausführlich geschildert, so dass man sich sehr gut in die damalige Zeit versetzen kann. Auch dieser zweite Band war spannend von der ersten bis zur letzten Seite, und ich bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung, die glücklicherweise schon bereit liegt.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Der Schneekristallforscher

Der Schneekristallforscher
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1887: Wilson Bentley hat eine außergewöhnliche Leidenschaft: er sammelt Schneeflocken.
Die meisten Einwohner des kleinen Ortes Jericho, nahe der Green Mountains, leben von der Landwirtschaft und haben ...

1887: Wilson Bentley hat eine außergewöhnliche Leidenschaft: er sammelt Schneeflocken.
Die meisten Einwohner des kleinen Ortes Jericho, nahe der Green Mountains, leben von der Landwirtschaft und haben kein Verständnis für derartige „Spinnereien“, wie sie es nennen. Sie betrachten Wilson als Sonderling, denn von Schneeflocken und deren Betrachtung kann man nicht leben. Auch seine eigene Familie, besonders sein Vater und sein Bruder, reagieren mit Unmut auf seine Forschungen. Nur bei der jungen Lehrerin Mina aus New York findet er Verständnis. Sie zeigt Interesse an seiner Arbeit und den Fotografien, die er, mit Hilfe eines Mikroskops, von den filigranen Schneekristallen macht, und sie ist fasziniert von seiner Art, die Dinge zu betrachten. Langsam entwickelt sich eine tiefe Zuneigung zwischen Wilson und der jungen Lehrerin. Sie führen tiefsinnige Gespräche über Gott und die Welt. Wilson findet Gott nicht in der Kirche, sondern er begegnet ihm in der Natur, was Mina auch gut nachvollziehen kann.
Aber dann muss die junge Frau plötzlich zurück nach New York und hinterlässt Wilson einen liebevollen Abschiedsbrief. Wilson kann sich nicht damit abfinden, dass Mina für immer aus seinem Leben verschwunden sein soll. Bei der nächsten Gelegenheit, die sich ihm bietet, beschließt er, sie in New York zu suchen, ein schwieriges Unterfangen, wie er schnell feststellen muss, aber er kämpft beharrlich um sein Glück.

Mit Wilson und Mina hat diese wundervolle Erzählung ein äußerst sympathisches Protagonistenpaar. Beide Charaktere sind sehr liebevoll beschrieben.
Wilson Bentley ist keine Erfindung des Autors, sonder er hat wirklich gelebt und die Schneekristalle erforscht. Auch Mina hat es gegeben. Ob sie die große Liebe seines Lebens war und wie sich die Beziehung entwickelt hat, ist nicht sicher, aber man hätte den Beiden alles Glück der Welt gewünscht. Als Mina aus Jericho abreist, hinterlässt sie eine Lücke in seinem Leben, mit der er sich nicht abfinden möchte. Unbeirrt kämpft Wilson für seine Liebe. Minas Beweggründe, warum sie auf ihr Lebensglück verzichtet, kann man sehr gut nachvollziehen, und sie sind bewundernswert.

Die Erzählung ist zauberhaft und hat etwas Magisches, wenn sie beschreibt, wie Wilson die Wunder der Schöpfung in der Natur, in den allerkleinsten und so vergänglichen Dingen findet. Es ist eine Geschichte der leisen Töne und doch von ungeheurer Kraft, eine Erzählung zum Genießen, Staunen und Träumen. Nicht zuletzt die wundervolle Gestaltung des Buches, der samtig überzogene Einband, geschmückt mit geprägten Schneekristallen und silberfarbenem Druck, macht dieses Büchlein zu einem wertvollen Geschenk für einen lieben Menschen, gerade jetzt, zum nahenden Weihnachtsfest.