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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2018

Düster und spannend!

Alchimie einer Mordnacht
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"Alchimie einer Mordnacht" - ein verheissungsvoller Titel! Und ein grausiger Mord an einem jungen Mädchen in einer dunklen, verschneiten Gasse im alten Prag, ein vielversprechender Anfang für einen Kriminalroman! ...

"Alchimie einer Mordnacht" - ein verheissungsvoller Titel! Und ein grausiger Mord an einem jungen Mädchen in einer dunklen, verschneiten Gasse im alten Prag, ein vielversprechender Anfang für einen Kriminalroman! Christian Stern, ein kluger junger Mann, der gerade seine Studien in Bayern erfolgreich beendet hat, will im Ausland Erfahrung sammeln. Er ist es, der in der ersten Nacht die Tote findet und gerät prompt selbst unter Mordverdacht. Nur durch Zufall und Glück gerät er in die Aura des Kaisers Rudolf, der ihn mit Wohlgefallen in seine Kreise aufnimmt. Und ihn mit der Suche nach dem Mörder beauftragt.
John Blanville alias Benjamin Black erzählt unglaublich detailreich, anschaulich und sehr beeindruckend, wie der junge Gelehrte seinen Weg durch das finstere Prag findet. Dieser Christian Stern glänzt mit Überheblichkeit und einem starken Ego, wird dann aber wieder von Zweifeln befallen. Er wird zum Geliebten der kaiserlichen Mätresse, gerät in die Intrigen am Hof und wird zum Beauftragten des Kammerherren. Ein sehr farbiger Roman, vielfältig und malerisch! Allerdings finde ich, das es eher ein wunderbarer historischer Roman als ein Kriminalroman ist. Die Ermittlungen geraten angesicht des üppigen Sittengemäldes leider völlig in den Hintergrund, man ist selbst durch das Geschehen abgelenkt, und ich hatte fast erwartet, das es zu keiner Auflösung kommt. Aber diese kommt dann doch und ist eine Überraschung. Ein sehr beeindruckender Roman vor geschichtlichem Hintergrund.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Anleitung zum Glücklichsein

Ca. 750 g Glück – Das kleine Buch über die große Lust sein eigenes Sauerteigbrot zu backen
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Ein unspektakuläres Cover - unter dem sich eine liebevolle Anleitung zum Glücklichsein verbirgt. Minimalismus! Das ist es, was die Menschen wieder suchen, etwas, das man selbst (er)schaffen kann! Und hier ...

Ein unspektakuläres Cover - unter dem sich eine liebevolle Anleitung zum Glücklichsein verbirgt. Minimalismus! Das ist es, was die Menschen wieder suchen, etwas, das man selbst (er)schaffen kann! Und hier ist es das Grundnahrungsmittel schlechthin: Sauerteigbrot. Wer erinnert sich nicht an die Kindheit und ein köstliches Schnittlauch- oder Tomatenbrot?
“ca. 750 g Glück” ist kein Backbuch im üblichen Sinn. Das Rezept nimmt nur einen geringen Anteil der 100 Seiten ein. Und das Inhaltsverzeichnis ist der Wegweiser zum Glück, zur Liebe und Achtsamkeit, den Tugenden, die das Leben ausmachen, und die im Alltag meistens untergehen. Die Kapitel sind sehr humor- und liebevoll geschrieben; die Beispiele sind selbstverständlich an der Freude am Backen ausgerichtet, gehen aber tiefer und erinnern den Leser daran, was im Leben wirklich wichtig ist und wie man selbst wieder einen Bezug herstellen kann. Psychologisch tiefsinnig, ein bisschen philosophisch, sehr unterhaltsam, humorvoll und auf unaufdringliche Art lehrreich. Man kommt auf jeden Fall zu dem Schluss, es selbst zu probieren - und da ist es dann auch: das Rezept! Und all die vielfältigen Möglichkeiten, wunderschön ins Bild gebracht von Hubertus Schüler. Lutz Geißlers “Gedanken beim Mischen des Sauerteigs” sind zwar - ohne Punkt und Komma - etwas gewöhnungsbedürftig zu lesen, aber ja, man gerät dann doch in einen gewissen Flow…
Ein in jeder Hinsicht empfehlenswertes Buch, das schon beim Lesen ein Lächeln auf die Lippen zaubert!

Veröffentlicht am 01.10.2018

Spannend, skurril, liebenswert!

Walter muss weg
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Thomas Raab ist allseits für seine (bereits verfilmten) “Metzger-Krimis” bekannt - umso neugieriger war ich auf seinen neuen Fall!
Frau Huber, um die siebzig Jahre alt und davon 53 Jahre mit ihrem Walter ...

Thomas Raab ist allseits für seine (bereits verfilmten) “Metzger-Krimis” bekannt - umso neugieriger war ich auf seinen neuen Fall!
Frau Huber, um die siebzig Jahre alt und davon 53 Jahre mit ihrem Walter verheiratet, muss nun von ihm Abschied nehmen. Zwar ist er auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen, aber Hanni ist eher erleichtert, als in Trauer versunken. Dennoch gibt es ihr ordentlich zu Denken, als da an Walters Grab eine weitere, ehrlich trauernde Witwe weint…
Hanni ist eine gute Beobachterin und eine kluge dazu. Gekonnt gelingt es ihr, einem makaberen Betrug auf die Schliche zu kommen - und erlebt am Ende auch noch eine Überraschung!
Thomas Raab überrascht mit einer resoluten, alten Dame, die erst langsam ihre Gefühle wieder ausgräbt und Nähe zulässt. Knorrig, knarzig, ein bisserl bärbeissig, aber irgendwie auch total liebenswert ist sie, und der Leser begleitet sie durch Höhen und Tiefen, voller Humor und Situationskomik, aber auch Sentiment, Tiefgang und Lebensweisheit. Man taucht sofort ein in die romantische Umgebung Glaubenthals, die so im krassen Gegensatz zu den Geschehnissen steht.
Thomas Raab ist echt ein Meister des Humors und Wortwitzes, er versteht es, skurrile Geschichten mit viel Spannung, aber auch Gefühl und leisen Tönen zu erzählen. Ich habe diesen Krimi voller viel Spaß und Spannung gelesen und kann ihn nur empfehlen!

Veröffentlicht am 24.09.2018

Düster und beklemmend

Der Narr und seine Maschine
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Ein düsteres Cover - und ein beklemmender Kriminalroman, in dem Friedrich Ani seinen Privatdetektiv Tabor Süden auf die Suche nach einem Schriftsteller schickt. Eigentlich hat Süden bereits alle Brücken ...

Ein düsteres Cover - und ein beklemmender Kriminalroman, in dem Friedrich Ani seinen Privatdetektiv Tabor Süden auf die Suche nach einem Schriftsteller schickt. Eigentlich hat Süden bereits alle Brücken hinter sich abgebrochen, steht unentschlossen auf dem Bahnsteig im Hauptbahnhof und wird von seiner (ehemaligen) Chefin gerade noch abgefangen. Er lässt sich überreden, den vermisst gemeldeten Linus Hallig aufzuspüren. Eine Suche, die ihn in die Tiefen seines eigenen Lebens blicken lässt…
Friedrich Ani beschreibt ganz raffiniert das Leben beider Männer, durch Zeugen und Beobachter erfährt man über die traurige und wirklich beklemmende Existenz des ehemals unglaublich erfolgreichen Hallig, der - erst recht nach dem Tod seiner Mutter - dem Alkohol verfällt und vergeblich versucht, wieder Fuß zu fassen. Und darf gleichzeitig lesen, wie es Tabor Süden ergeht, der zwar erfolgreich seiner Arbeit nachgeht und doch grundlegende Probleme mit sich und seiner Zukunft hat. Einsam und verlassen, das trifft auf beide zu, obwohl Hallig im Hotel, in dem er lebt, doch irgendwie Freunde hat.
Ein Roman mit psychologischem Tiefgang, gut zu lesen, aber demonstrativ negativ, düster, beklemmend. Man liest ihn relativ schnell - auch in der Hoffnung, an ein gutes Ende zu gelangen… Kein Krimi, der zufrieden macht, aber absolut spannend zu lesen ist!

Veröffentlicht am 18.09.2018

Gefühlvoll

Ein Winter in Paris
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“Ein Winter in Paris” - ein verträumter Titel und ein ansprechendes Cover, und dann ist die Geschichte, die Jean-Philippe Blondel erzählt, so gar nicht romantisch.
Victor, Student im zweiten Jahr an einer ...

“Ein Winter in Paris” - ein verträumter Titel und ein ansprechendes Cover, und dann ist die Geschichte, die Jean-Philippe Blondel erzählt, so gar nicht romantisch.
Victor, Student im zweiten Jahr an einer renommierten Uni, kommt aus einfachen Verhältnissen. Er ist knapp neunzehn, jung, unscheinbar und einsam. Mathieu, ein Jahrgang unter ihm, geht es ebenso und bei einer gelegentlichen gemeinsamen Zigarette bahnt sich ein erster Kontakt an. Dieser zerbricht, als Mathieu völlig unvorhergesehen im Treppenhaus in den Tod springt. Victor ist einer der ersten am Unfallort. Aus Beklemmung, Trauer und Neugier scharen sich die Kommilitonen bald um Victor, der die neu gewonnene Beachtung genießt und in Folge sogar sein Studium vernachlässigt.
Jean-Philippe Blondel ist ein Meister der feinen Töne. Er beschreibt sehr eindringlich und berührend die Gefühlswelt seines zart besaiteten Protagonisten. Victor ist ein kluger Kopf, befindet sich aber genau in dem wankelmütigen Zustand eines Teenagers, der auf dem Weg ins Erwachsenenleben ist. Er hat jede Menge Pläne, die er mit niemandem teilen kann, Erwartungen an die Zukunft, aber auch Befürchtungen und Ängste. Mathieus Tod lässt ihn sein Leben neu überdenken, er trifft Menschen, die ihn beeindrucken, ihm Einblick in ihr Leben geben, und in mit neuen Zweifeln hinterlassen. Auch wenn ihn Mathieus Selbstmord nie loslässt, findet er doch den Weg in ein erfülltes, zufriedenes Leben.
“Ein Winter in Paris” ist ein sehr gefühlvolles, fast poetisches Buch, das sehr beeindruckt und berührt, das man fast nicht aus der Hand legen kann. Sehr empfehlenswert!