Profilbild von Krimine

Krimine

Lesejury Star
offline

Krimine ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Krimine über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2019

Ein atmosphärischer Regionalkrimi mit wunderbar authentischen Figuren

Ostfriesenangst
0

Die Schüler eines Bochumer Gymnasiums sind mit ihrem Lehrer zu einer Wattwanderung unterwegs, um neben der körperlichen Ertüchtigung auch etwas für ihre Teambildung zu tun. So jedenfalls hat es sich Oberstudienrat ...

Die Schüler eines Bochumer Gymnasiums sind mit ihrem Lehrer zu einer Wattwanderung unterwegs, um neben der körperlichen Ertüchtigung auch etwas für ihre Teambildung zu tun. So jedenfalls hat es sich Oberstudienrat Bollmann gedacht, der mit vierzehn Schülern und einer Lehrerin in die Untiefen des Wattenmeers aufbricht. Dabei hat er doch glatt die drohende Gefahr des heimtückischen Fahrwassers unterschätzt. Und so geschieht es, dass er von der aufkommenden Flut mitgerissen wird, während sich der Rest der Gruppe mit Mühe und Not retten kann. Doch nur kurze Zeit später wird sein Köper von Rettungskräften aus dem Meer gefischt und zwei in ihm steckende Pistolenkugeln zeugen davon, dass das zunächst vermutete Unglück gar keines war. Doch wer von den Anwesenden hat den Lehrer so sehr gehasst, dass er ihm das Leben nahm?

"Ostfriesenangst" ist der sechste Fall mit Kriminalkommissarin Ann Kathrin Klaasen, die während der turbulent verlaufenden Ermittlungen ihre Familie völlig vergisst. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass sie durch ihre Gedankenlosigkeit das Missfallen ihres Sohnes erregt, da sie trotz Vorwarnung in seine Party platzt oder den verletzten Lebensgefährten erst nach Stunden im Krankenhaus besucht, weil er etwas zum Lesen braucht. Eine Polizistin, die weiß, was sie will, dafür aber ohne nachzudenken ihr Privatleben riskiert. Doch nicht nur die Figur der engagierten Kommissarin wurde mit vielen menschlichen Schwächen und einem eigensinnigen Charakter angelegt. Auch ihr Marzipan vernichtender Chef Ubbo Heide oder ihr machohafter Kollege Rupert erscheinen sehr lebensecht und sorgen dafür, dass der Leser ihre Handlungsweisen gut nachvollziehen kann.

Der Fall ist spannend konstruiert und versteht es, den Leser lange Zeit an das Buch zu fesseln. Dabei entwickelt sich das, was zunächst wie ein Racheakt mehrerer Schüler aussieht, schon bald zu einer handfesten Verbrechensserie, die mit überraschenden Wendungen, zwielichtige Gestalten und viel krimineller Energie in Erscheinung tritt. Hinzu kommen ein flüssiger Schreibstil, der mit einigen humorvollen Dialogen versehen, Spannungsschwächen zu überbrücken versteht sowie jede Menge bildhafte Beschreibung von Orten und Figuren, die dafür Sorge tragen, dass der Leser mitten im Geschehen ist und neben den nervenaufreibenden Ereignissen auch die überkochenden Gefühle regelrecht spüren kann.

Fazit:
Ein atmosphärischer Regionalkrimi, der zwar in Sachen Glaubwürdigkeit nicht immer überzeugt, dafür aber mit wunderbar authentischen Figuren und einer akribischen Ermittlungsarbeit punkten kann.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Ein bewegender Roman, der sehr düster in Erscheinung tritt

Die Wege, die wir kreuzen
0

Die junge Studentin Stella hat in ihrem Leben noch viel vor, als sie in einem Pub auf den Naturwissenschaftler John trifft und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ohne es zu wollen, wird sie schwanger ...

Die junge Studentin Stella hat in ihrem Leben noch viel vor, als sie in einem Pub auf den Naturwissenschaftler John trifft und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ohne es zu wollen, wird sie schwanger und mit dem Ziel eine Familie zu gründen, heiraten sie. Nur, dass John weiterhin seinen Forschungen auf dem Gebiet der Quantenphysik nachgehen kann und Stella, anstatt ihre Doktorarbeit zu schreiben, die Rolle der Haufrau und Mutter übernimmt. Eine Entwicklung, die sie zunehmend unzufrieden werden lässt und erst als John schwer erkrankt und nicht mehr arbeiten kann, raufen sich beide erneut zusammen.

Demgegenüber sieht es bei der Lehrerin Beth und dem Literaturagenten Charlie ganz anders aus. Schon seit längerer Zeit wünscht sich Beth ein Kind und ist regelmäßig enttäuscht, weil es nach einer erlittenen Fehlgeburt mit dem Familienzuwachs einfach klappt. Eine enorme Belastung für die junge Frau, die neben Charlies zunehmenden Alkoholkonsum auch noch seine plötzlich zutage tretenden Untreue ertragen muss. Und erst als Beth einer kleinen Tochter das Leben schenken kann, entsagt Charlie dem Alkohol. Doch nun ist es für die Rettung ihrer zerbrochenen Ehe längst zu spät.

Katy Mahood hat in ihrem einfühlsamen Roman zwei völlig unterschiedliche Paare in den Mittelpunkt der Handlung gestellt, die sich immer wieder in London begegnen, ohne zu wissen, wer der jeweils andere ist. Erst ein später Schicksalschlag führt sie zusammen und sorgt dafür, dass sich das nach Jahrzehnten voller Liebe, enttäuschter Hoffnungen und zerplatzter Träume plötzlich ändern wird. Bis dahin aber begleitet der Leser abwechselnd das eine oder andere Paar, ist dabei, als sie beschließen ihren Weg gemeinsam zu gehen, nimmt an ihrem Leben und ihren Entscheidungen teil und muss mit ansehen, dass trotz einer anfänglichen Einigkeit die Beziehungen zwischen ihnen ins Wanken geraten.

Der Schreibstil von Katy Mahood ist wunderbar plastisch, sodass man als Leser die einzelnen Orte, Figuren und Szenen jederzeit vor sich sieht. Deshalb stört es wenig, dass gerade zu Beginn wenig geschieht und es lange Zeit nur Andeutungen und schwer einzuordnende Handlungssplitter gibt. Denn erst viel später kristallisieren sich aus den erzählten Bruchstücken die Lebensgeschichten beider Paare heraus, die geprägt durch unverstandene Gefühle und der daraus resultierenden Einsamkeit eher düster und nur schwer zu ertragen sind. Und obwohl in diesem Buch eine negative Grundstimmung überwiegt und der Leser eher die Schattenseiten des Daseins ertragen muss, lässt ihn das Schicksal der Figuren nicht mehr los.

Fazit:
Ein bewegender, atmosphärischer und tiefgründiger Roman, der nur langsam verinnerlicht werden kann und durch seine enorme Gefühlsvielfalt viel Stoff zum Nachdenken hinterlässt.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Ein nervenaufreibendes Psychospiel mit kleinen Schwächen

Alles, was du fürchtest
0

Nach einem traumatischen Erlebnis wird Kate Price regelmäßig von Panikattacken und Albträumen heimgesucht. Deshalb wundert es ihre Familie sehr, dass sie die Londoner Wohnung mit dem Bostoner Appartement ...

Nach einem traumatischen Erlebnis wird Kate Price regelmäßig von Panikattacken und Albträumen heimgesucht. Deshalb wundert es ihre Familie sehr, dass sie die Londoner Wohnung mit dem Bostoner Appartement ihres Cousin Corbin tauschen will. Doch Kate sieht in der Veränderung ihrer Lebenssituation eine reale Chance, den seelischen Problemen beizukommen. Deshalb macht sich voller Zuversicht auf Weg. Aber kaum ist sie dort angekommen, muss sie erfahren, dass Corbins Nachbarin Audrey ermordet worden ist und niemand weiß, wer der Täter war. Von nun an wird Kate mit merkwürdigen Dingen konfrontiert und ist sich bald nicht mehr sicher, ob sie Corbins Beteuerung unschuldig zu sein glauben kann und welche Rolle der gegenüber wohnende Nachbar Alan in dem immer gefährlicher werdenden Drama spielt.

"Alles, was du fürchtest" ist ein Thriller des US-amerikanischen Autors Peter Swansson, der bereits mit "Die Unbekannte" und "Die Gerechte" bewiesen hat, dass er die Spielarten perfider Geschichten bestens beherrscht. So gaukelt er seinen Lesern und Figuren gleichermaßen eine bestimmte Entwicklung der Ereignisse vor, bis er sie plötzlich widerruft und mit Andeutungen und Beobachtungen untersetzt, in eine ganz andere Richtung laufen lässt. Und während er mit den Wahrnehmungen und Gefühlen spielt, kristallisiert sich ganz allmählich die Wahrheit heraus, die noch ungeheuerlicher ist, als gedacht. Ein wunderbar wendungsreiches Geschehen, das diesmal allerdings einen Haken besitzt. Denn Corbins Vergangenheit wird in der Mitte des Buches so detailliert offenbart, dass das Ende der dramatischen Mörderjagd viel zu schnell vorhersehbar ist.

Kurze Kapitel, ein flüssiger Schreibstil und der zunächst wunderbar undurchsichtige Plot sorgen dafür, dass das Buch nur schwer aus der Hand gelegt werden kann. Dabei werden die in Boston zum Tragen kommenden Ereignisse aus den Perspektiven von Kate und Alan erzählt, während sich Corbins Schilderungen nach seiner Ankunft in London eher auf die Vergangenheit beziehen. Darüber hinaus spielen auch noch weitere Figuren eine Rolle, wie ein vor dem Haus auftauchender Mann, der sich als guter Freund von Corbin entpuppt oder die mit den Ermittlungen betrauten Detectives, die akribisch jeder noch so kleinen Spur nachgehen. Und mit der Zeit wird aus der Fülle der Ereignisse und Erinnerungen ein erschreckend grausames Komplott zusammengesetzt, dessen Drahtzieher noch lange nicht am Ende mit seinen perfiden Spielchen ist.

Fazit:
Ein perfider Thriller, der durch das nervenaufreibende Zusammenspiel seiner Figuren Spannung erzeugt und lange Zeit mit einem undurchsichtigen Plot punkten kann. Doch leider werden die Hintergründe der verabscheuungswürdigen Tat viel zu schnell aufgedeckt und damit das in der Geschichte wohnende Potenzial teilweise verschenkt.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Ein ruhiger und in sich brodelnder Thriller, der durch seine Zwielichtigkeit fesselt

Die Beobachterin
0

Nach der Trennung von ihrem Mann zieht die erfolgreiche Romanautorin Elena in das Haus einer Freundin ein, wo sie ihre Entscheidung überdenken und zu sich selbst finden will. Doch schon nach kurzer Zeit ...

Nach der Trennung von ihrem Mann zieht die erfolgreiche Romanautorin Elena in das Haus einer Freundin ein, wo sie ihre Entscheidung überdenken und zu sich selbst finden will. Doch schon nach kurzer Zeit nimmt die Langeweile überhand, da sie auf dem großen Anwesen ganz alleine ist und auch keine Idee zum Schreiben hat. Deshalb nistet sich Elena in der Küche ein und beobachtet das Haus nebenan, in dem etwas ganz und gar nicht zu stimmen scheint. Denn umso mehr sie wie ein Voyeur in Geheimnisse der fremden Familie eintaucht, umso stärker erhärtet sich der Verdacht, dass etwas Schreckliches im Gange ist und einer der Bewohner um sein Leben fürchten muss.

"Die Beobachterin" ist nach "Die Vermissten" der zweite Thriller der Stockholmer Autorin Caroline Eriksson, der in deutscher Sprache erschienen ist. Mit einem mysteriös verlaufenden Plot und Figuren, die nur schwer zu durchschauen sind, gelingt es ihr, jede Menge Misstrauen beim Leser zu streuen und ihn lange Zeit darüber im Unklaren zu lassen, was hinter der Fassade eines gutbürgerlichen Hauses wirklich geschieht. Dabei sind es meist nur kleine Beobachtungen und geschickt platzierte Andeutungen, die durch Elena gemacht, Schlimmes vermuten lassen, wobei sie bei näherer Betrachtung auch nur schlecht zu deuten sind. So wird der Leser ohne es anfänglich zu bemerken in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt, weil es ihm einfach schwerfällt einzuschätzen, ob er der in einer deprimierenden Lage befindlichen Romanautorin glauben kann oder nicht.

Erzählt wird das geschickt erdachte Verwirrspiel aus zwei Perspektiven heraus, die in ihrem Zusammenspiel eine ungeahnte Sogwirkung entfachen. Vor allem, weil der Leser durch Elenas aufkommende Panik neugierig wird und wissen will, ob bei den Nachbarn tatsächlich Einiges im Argen liegt oder ihre Fantasie ein böses Spiel mit ihr treibt. So berichtet zum einen Elena aus ihrer Sicht, was sie von den heimlich ausspionierten Vorkommnissen hält und wie sie diese zu deuten versucht. Zum anderen kommt der Mann der Nachbarin zu Wort, der durch ein außereheliches Verhältnis abgelenkt, seine Frau viel zu oft alleine lässt. Und dann gibt es da noch ihren gemeinsamen Sohn, der ganz eigene Sorgen hat und Elenas Mutter, die Einiges über die Vergangenheit ihrer Tochter erzählt.

Fazit:
"Die Beobachterin" ist ein ruhiger und in sich brodelnder Thriller, der den Leser durch seine Zwielichtigkeit in den Bann zu ziehen versteht und je nachdem, wie ihm die subtile Art der Zurschaustellung fremder Probleme und Gemütsverfassungen gefällt, mag er dieses Buch oder mag er es nicht.

Veröffentlicht am 29.01.2019

Ein spannender Thriller, der mit einem nicht vorhersehbaren Rachefeldzug gut unterhält

Der Verfolger
0

Fünf Jahre ist es her, seit der New Yorker Psychotherapeut Frederick Starks einem Profikiller namens Rumpelstilzchen entkommen konnte. Seitdem hofft er jeden Tag, dass dieser den schweren Verletzungen ...

Fünf Jahre ist es her, seit der New Yorker Psychotherapeut Frederick Starks einem Profikiller namens Rumpelstilzchen entkommen konnte. Seitdem hofft er jeden Tag, dass dieser den schweren Verletzungen erlegen ist, die ihm Frederick während eines dramatischen Kampfes zugefügt hat. Doch als er eines Abends aus der Klinik in Miami nach Hause kommt, findet er den inzwischen genesenen Killer mit einer Waffe in der Hand in seinem häuslichen Sprechzimmer vor. Ohne Erbarmen zwingt dieser ihn, auf seine verbrecherischen Forderungen einzugehen. Schließlich schuldet er ihm Frederick Starks noch einen Tod, den er nun umgehend liefern soll. Ein gefährliches Spiel nimmt seinen Lauf, bei dem alles anders ist, als es anfänglich scheint und es keinen Gewinner geben kann.

"Der Verfolger" ist die Fortsetzung von John Katzenbachs Thriller "Der Patient", der im Januar 2006 in deutscher Sprache erscheinen ist. Damals hatte der rachsüchtige Killer einen grausamen Wettstreit um Leben und Tod erdacht und dem renommierten New Yorker Psychotherapeuten Frederick Starks ein 15- tägiges Ultimatum gestellt. In dieser Zeit sollte er herausfinden, wer hinter dem selbst ernannten "Rumpelstilzchen" steckt und sollte er es nicht schaffen, verliert er seine Familie dafür. Unter enormen Druck gab es eine dramatische Jagd, die nun mit einer neu eingeläuteten Runde ihre Fortsetzung findet und nichts von der einstigen Spannung eingebüßt hat. Denn obwohl Frederick Starcks inzwischen weiß, wer der Killer ist und warum ausgerechnet er in seinem Fokus steht, ist lange noch nicht klar, was dieser diesmal bezweckt.

Der Auftakt des zweiten und finalen Teils um den Rumpelstilzchen-Killer ist gut erdacht und überzeugt mit einem dramatischen Verlauf und einem unvorhersehbaren Geschehen. Aber leider knickt die Spannungskurve in der zweiten Hälfte des Buches etwas ein und plötzlich scheinen die Gedankengänge des New Yorker Psychotherapeuten und seine Spekulationen um die wahren Absichten des Killers mehr im Mittelpunkt zu stehen, als die Bemühungen, den von ihm erdachten Plan zu durchkreuzen. Dadurch wirkt die Handlung ein wenig flach, obwohl viel geschieht und Frederick Starks als vermeintlicher Handlanger des Killers der Wahrheit immer näherkommt. Und erst am Ende merkt der Leser, wie genial erdacht der Plot wirklich ist, und genießt einen Showdown, der es in sich hat.

Der Schreibstil des Autors präsentiert sich gewohnt flüssig, entbehrt aber nicht gängiger Klischees. Regelmäßig auftauchende Rückblicke in die Vergangenheit lassen auch einen Neueinsteiger nicht im Regen stehen, wobei es auf jeden Fall besser ist, den ersten Teil mit allen seinen perfiden Einzelheiten zu kennen. Denn nur so entfalten die abnormalen Spielchen des psychopathischen Profikillers in wahres Potenzial und helfen über die vorhandenen Schwächen bei der Handlungsdarlegung hinweg. Wobei auch die Figur des zunächst unsicheren und später knallhart agierenden New Yorker Psychotherapeut Frederick Starks etwas zu wankelmütig angelegt worden ist. Denn bereits am Ende des ersten Teils hat dieser seine neu gewonnene Stärke gezeigt. Warum also fällt er nun wieder in alte Muster zurück?

Fazit:
Ein spannender Thriller, der trotz kleiner Schwächen mit interessanten Wendungen und einem nicht vorhersehbaren Rachefeldzug gut unterhält.