Klappentext:
„Rika, eine junge Journalistin in Tokio, recherchiert über die Serienmöderin Manako Kajii, die Männer mit ihren Kochkünsten verführt und anschließend umgebracht haben soll. Manako behauptet, sie verabscheut nichts mehr als „Margarine und Feministinnen“ und hat eine ausgeprägte Leidenschaft für hemmungslosen Genuss und insbesondere Butter. Jetzt, wo sie im Gefängnis sitzt, empfängt sie Rika, unter der Bedingung, nur über ihre Kochkünste zu reden. Für Rika werden die Begegnungen mit Manako zu einer Meisterklasse der Lebenskunst. Ein Roman, der Genuss, Essen und Trinken feiert, vor allem aber die unmöglichen Erwartungen thematisiert, die an Frauen in patriarchalen Gesellschaften heute gestellt werden.“
Zugegeben dieser Roman ist speziell und es erfordert eine gewisse Disziplin beim Lesen. Warum? Autorin Asako Yuzuki beschreibt hier sehr detailliert die japanische Kultur, die japanische Lebensweise, die japanische Küche, das Berufsleben und so viel mehr. Sie benutzt dafür die normalen Begrifflichkeiten und es gibt kein Lexikon dazu. Einerseits könnte man sagen, wäre dies ein Minuspunkt für das gesamte Buch, ist es aber keineswegs. Man sollte sich Lesenotizen dazu machen und diese immer mal wieder nach beenden der Kapitel nachschlagen. Warum ich das nicht negativ finde? Der Lesefluss ist so herrlich gegeben und schlussendlich erleben wir Leser dadurch einen besonderen und vor allem realitätsnahen Einblick. Yuzuki hat in ihrem Buch „Rika“ als Hauptprotagonistin auserwählt. Dieser Charakter und genau so alle anderen (Reiko, Manako, Shinoi….) werden wunderbar beschrieben. Sie werden durch die Geschichte immer sichtbarer und wir lernen ihre Seelen kennen. Yuzuki hat hier als Aufhänger ihrer Geschichte Butter als „Geschmacksträger“ für ihre Geschichte gewählt. Perfekter geht es nicht. Yuzuki spielt mit Zweideutigkeiten par excellence. Diese trieft aus jeder Zeile bewusst unbewusst und die Autorin spielt nicht nur mit ihren Protagonisten sondern auch gewaltig mit uns Lesern. Sie führt uns, genau wie Rika, in die Kunst des guten Geschmacks ein und beschreibt anhand köstlicher Gerichte Denkweisen und Handlungsmöglichkeiten. Manako Kajii wickelt Ricka um den Finger und schlussendlich auch uns als Leserschaft. Die köstlichen Beschreibungen, bei der Butter nie fehlen darf, lösen wahre Wolllüste auf Essen aus und schlussendlich ist dies der Spiegel aller. Dieser Spiegel der menschlichen Seele zeigt sich beim essen - was mögen wir, was dürfen wir essen um in der Gesellschaft anerkannt zu sein um dazu zu gehören, dürfen wir dick sein? (allein dieses Bild der Japaner war höchst interessant zu erlesen!), dürfen wir uns wohlfühlen in unserem Körper so wie wir sind?….Viele, viele Fragen tauchen eben nicht nur bei Rika auf, sondern eben auch bei uns Lesern. Schlussendlich steht aber fest, wir sollten das essen was uns schmeckt und gut tut. Wir sollten auf keine Vorgaben achten sondern genießen. „Essen hält Leib und Seele zusammen“ - dieses Sprichwort ist hier der indirekte Schlüssel zum Leseglück. Dieser Genuss wird hier zum Türöffner vieler Probleme die jeder der Protagonisten mit sich herum trägt. Yuzuki spinnt hier ein extrem sensibles Geflecht aus Sinnlichkeit, gesellschaftlichen Zwängen, eigenen Wünschen und dem Verlangen nach Zuwendung zusammen, das es nur so ein Genuss ist. Ja, man muss hier viel verstehen und auflösen um die Geschichte im Ganzen zu verstehen. Man liest „Butter“ nicht einfach mal so weg. Man kann „Butter“ auch nicht einfach so als butterlastiges Buch abstempeln indem es nur immer wieder um Butter geht, denn hier steckt so viel mehr drin. Hier stecken so viele Zweideutigen drin, so viel japanische Kultur, so viele Emotionen.
Die Autorin wendet, wie gesagt, feine und ruhige Techniken an um den Leser zu verführen. Ihr Schreibstil ist klar und bildlich, ihr Ausdruck dem japanischen (weiblichem) Gefühl angepasst: ruhig und unaufgeregt. Was wir hier erlesen ist eine Abbild der Gesellschaft die sich durch eigene Zwänge und Vorgaben des angeblich lebenswerten Lebens selbst zerstört und die wahrlich wichtigen Dinge wie Liebe und Zuwendung ganz weit hinten anstellt.
Da ich der japanischen Literatur mittlerweile verfallen bin, war dieses Buch ein Muss. Eine sehr gute Freundin, die sich mit der japanischen Kultur bestens auskennt, war mir hier eine große Hilfe und eigentlich müsste es hierfür einen Minuspunkt für das Lesevergnügen geben, denn ohne dieses Wissen bzw. eine Suche nach den „Fremdworten“ wäre das Verständnis hier anders ausgefallen bzw. die Lesezeit etwas länger gewesen. Warum dann doch 5 Sterne? Ich habe selten so ein anspruchsvolles Werk gelesen, das den Leser so von einem Autor einlullt, ja gar fast verführt. Das ist für mich die große Kunst der Literatur. Es ist ein Glücksfall, dass dieses Buch endlich auf Deutsch erschienen ist und es ist kein Wunder, dass so viele japanische Leser dieses Buch zu seinem Erscheinen 2017 so gefeiert haben. Wer die japanische Seele kennenlernen will, sollte Butter essen und dieses Buch lesen! 5 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!