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Veröffentlicht am 10.08.2024

Schonungsloses Lesehighlight

Die schönste Version
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Jella findet sich auf der Polizeiwache wieder, nachdem sie von ihrem Partner im Streit gewürgt und mit dem Umbringen bedroht wurde. Sie kann die Situation gar nicht fassen und weiß nicht so recht, wie ...

Jella findet sich auf der Polizeiwache wieder, nachdem sie von ihrem Partner im Streit gewürgt und mit dem Umbringen bedroht wurde. Sie kann die Situation gar nicht fassen und weiß nicht so recht, wie es nun weitergehen soll. Schließlich findet sie sich bei ihrem Vater ein und beginnt nicht nur ihre Beziehung zu Yannick zu rekapitulieren, sondern ihr komplettes Leben. Wie konnte es nur so weit kommen?

Ruth-Maria Thomas gelingt mit "Die schönste Version" ein beeindruckendes Romandebüt, das schonungslos das Thema Partnergewalt mit all seinen Facetten aufzeigt: die einlullende Masche der Täter, die großen Selbstzweifel, die Menschen, die einem nicht glauben, die Realität, die Frau nicht wahrhaben will, den Rechtfertigungszwang und vor allem die patriarchalen Strukturen - die "kleinen" bis großen Übergriffe, denen Frauen ausgesetzt sind und sich selbst oft übergehen, weil sie es so gelernt haben; es gewohnt sind. Ständig wird die Selbstbestimmung, das sich-entwickeln-Wollen dargestellt, als wären wir Frauen alle selbst daran schuld, Opfer zu werden - ja, so wurden wir alle sozialisiert. Dass NEIN wird geflissentlich ignoriert, denn Mann dachte, sie wollte es doch eigentlich so. Die Autorin spart nicht damit den Ausnahmezustand facettenreich darzustellen, den eigenen inneren Widerstand, die ständigen Selbsthinterfragungen.

Beeindruckend ist auch die Sprache von Ruth-Maria Thomas. Das erste was mir dazu eingefallen ist, ist das Wort "derb", besonders, weil sie so offen und klar die sexuellen Bedürfnisse der Protagonistin darlegt - aber dafür "derb" zu verwenden, könnte falscher nicht sein, wir sind es bloß nicht gewohnt, dass auch Frauen ihre Wünsche offen artikulieren. Im wahrsten Sinne atemberaubend sind auch die inneren Monologe, die Jella mit sich führt, die getränkt sind voller Zweifel - war das Erlebte wirklich so schlimm, trägt sie nicht selbst Schuld an dem, was ihr passiert ist? Nein, tut sie nicht, trotzdem wurde uns Frauen Jahrtausende eingeimpft, dass wir das Problem sind, wie könnten wir da anders als an uns selbst zu zweifeln?

Einzig wie das Thema Freundschaft dargestellt wird, konnte mich nicht einhundertprozentig überzeugen, zwar gibt es eine Freundin, die Halt und Unterstützung bietet, aber trotzdem recht oberflächlich bleibt.

Das Ende des Romans verläuft anders, als Statistiken und sozialarbeiterische Erfahrungen es voraussagen würden, aber es gibt Hoffnung, dass wir uns irgendwann gegen das Sozialisierte stellen.

Mein Fazit: ein grandioser Roman, der das Thema Partnergewalt in den Mittelpunkt stellt, ohne offensichtlich zu sein. Es rekonstruiert anhand der Rückschau auf das bisherige Leben der Protagonistin die traurige Realität des Patriarchats - einfühlsam, ehrlich und selbstreflexiv. Für mich ein absolutes Lesehighlight des Jahres 2024, ein Roman, der lange nachhallt und ganz bestimmt noch einmal gelesen werden wird.

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Veröffentlicht am 05.08.2024

Beeindruckender griechischer Generationenroman

Bittersüße Mandeln
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Stella befindet sich im Krankenhaus in Athen, ihre Mutter hatte einen Schlaganfall. Sie versucht einen Krankentransport zu organisieren, zu sehr misstraut sie dem griechischen Gesundheitssystem und weiß ...

Stella befindet sich im Krankenhaus in Athen, ihre Mutter hatte einen Schlaganfall. Sie versucht einen Krankentransport zu organisieren, zu sehr misstraut sie dem griechischen Gesundheitssystem und weiß um die gute medizinische Versorgung in ihrer Heimat Deutschland. Während des Wartens auf den Transport lernt sie ihren Onkel Oddy besser kennen und er beginnt ihr die griechische Geschichte ihrer Familie zu erzählen. Mittelpunkt der Schilderungen ist Stellas Großmutter Anna, die sich während der Zeit des Bürgerkriegs in den 1940er Jahren auf die Flucht begeben musste, es danach schaffte, alleine ihre fünf Kinder groß zu ziehen und nebenbei eine erfolgreiche Gemüseanbaufirma zu etablieren. Als ihr Mann aus der Kriegsgefangenschaft zurück kommt, ändert sich ihr Leben schlagartig - Anna wird daran erinnert, dass Manolis, ihr Mann, nun wieder das Sagen hat. Trotzdem er sie und die gesamte Familie in den Abgrund zu stoßen droht, bleibt Anna die starke Säule ihrer Familie...

Hanna von Feilitzsch nimmt uns in "Bittersüße Mandeln" mit in die griechische Zeitgeschichte. Die Hauptprotagonistin Anna bewältigt dabei die allergrössten Schwierigkeiten - sei es die Flucht als Schwangere mit vier kleinen Kindern, die drohende Armut, die sie trotz der Tatsache, dass sie weder lesen noch schreiben kann, erfinderisch und ehrgeizig werden lässt und allen voran die patriarchale Gesellschaft, derer sie sich beugen muss, als ihr Ehemann wider erwarten aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Oft blieb mir der Atem weg, wie Manolis ihr Schaffen ignoriert, negiert und schließlich auch zerstört, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie es Anna wohl damit gehen mag. Der Mann hat das Sagen im Haus und kann tun und lassen, was er für richtig hält. Dass er dabei mit starken Depressionen zu kämpfen hat, ausgelöst durch den Krieg und das verräterische Hintergehen eines Verwandten, wird immer mehr klar und auch, dass die Krankheit in dem behandelten Zeitraum (1950er, 1960er) schlicht nicht als solche erkannt wurde. Anna schlägt sich tapfer und fügt sich, immer in der Überzeugung, dass es für ihre Familie das Beste sei. Dieses Sich-Ergeben in den vorherrschenden Strukturen schmerzt beim Lesen sehr, vor allem, weil Anna kaum Anzeichen erkennen lässt, dass sie sich dem widersetzen möchte, zu sehr ist sie in dem Gewohnten verhaftet. Im Laufe der Zeit allerdings erkämpft sie sich durch kleine Schritte eine gewisse Art von Freiheit und schließlich darf sie im Alter einen unerwarteten zweiten Frühling erleben.

Der Erzählstil der Autorin ist recht nüchtern aber gleichzeitig eingängig, sodass ich mich sehr gut in die schwierige Zeit, die geprägt von politischen Kämpfen, Armut und den patriarchalen Strukturen war, hineinversetzen konnte. Es wird dadurch eine ganz besondere, realistische Atmosphäre geschaffen, die die Schlichtheit des Alltags und die Komplexität der politischen Situation anschaulich wiedergibt. Auch die verkrusteten Strukturen des Familienverbands werden in all ihren negativen, aber auch positiven (Stichwort: Zusammenhalt) Facetten beleuchtet. Fällt es mir grundsätzlich schwer, mir viele verschiedene Charaktere zu merken, machte es mir die Autorin in "Bittersüße Mandeln" durch die eindrücklichen Schilderungen der Charaktere ziemlich leicht, mir diese zu merken. Besonders hervorheben möchte ich, dass man nie ahnt, welche Wendungen die Geschichte nehmen wird und so kommt es immer wieder zu überraschenden Ereignissen, die die Handlung in eine unerwartete Richtung laufen lassen. Auch weiß man lange Zeit nicht, welche der Töchter Annas nun Stellas Mutter ist. Die komplexen politischen Vorkommnisse werden so geschickt und einleuchtend in die Geschichte eingebaut, dass man getrost darauf verzichten kann, bei Wikipedia nachzuschlagen. Somit liest man nicht nur einen spannenden und vielschichtigen Generationenroman, sondern lernt auch viel über die griechische Zeit- und Kulturgeschichte, ohne belehrt zu werden.

Mein Fazit: "Bittersüße Mandeln" ist ein komplexer aber eingängiger Generationenroman über eine griechische Familie, der den Weg einer starken Frau und ihrer Familie von den 1940ern bis in die 70er Jahre nachzeichnet. Man lernt nicht nur viel über griechische Zeit- und Kulturgeschichte, sondern trifft auch wunderbare, vielschichtige Charaktere, die im Laufe der Zeit unterschiedliche und überraschende Entwicklungen durchmachen. Die Geschichte der Familie ist noch nicht aus erzählt und so bleibt zu hoffen, dass uns bald eine Fortsetzung dieses tollen Romans beglücken wird!

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Veröffentlicht am 04.08.2024

Die Einsamkeit und Stärke eines Fluchtkindes

Solito
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Javier ist neun Jahre alt, als die ersehnte Nachricht kommt: er darf sich nun endlich auf die Reise zu seinen Eltern in "La USA" begeben. Eigentlich hat der smarte Junge in El Salvador alles, was er braucht ...

Javier ist neun Jahre alt, als die ersehnte Nachricht kommt: er darf sich nun endlich auf die Reise zu seinen Eltern in "La USA" begeben. Eigentlich hat der smarte Junge in El Salvador alles, was er braucht - ein Dach über dem Kopf, Menschen, die sich fürsorglich um in kümmern, Haustiere und Erfolg in der Schule - und doch sehnt er sich sehr nach den beinahe unbekannten Eltern und dem verheißungsvollen Land im Norden. In der Hoffnung in zwei Wochen bei ihnen zu sein, startet er mit einem Schlepper und einer kleinen Truppe Erwachsener die Flucht ins Ungewisse. Die Erfahrungen die er machen muss, sind geprägt von kaum ertragbarer Langeweile, der Angst eines Aufgriffs, dem Auswendiglernen einer Schein-Identität und dem unsäglichen Wunsch nach Nähe, der Großteils unerfüllt bleibt. Die Strapazen der Flucht sind tiefgehend, das Kind muss zusehen, wie viele andere Menschen scheitern, doch Javier bleibt stark, auch dank einiger Erwachsener, die sich seiner annehmen - seine temporäre, neue Familie. Zwei Grenzübertritte nach "Gringolandia" missglücken, doch die Familie gibt nicht auf...

Javier Zamora erzählt in "Solito" seine eigene Fluchtgeschichte aus dem Jahr 1999 nach. Die Erzählperspektive ist jene des Neunjährigen, die Sprache bleibt dementsprechend einfach. Gekennzeichnet ist sie durch Wiederholungen, Langatmigkeit und detaillierten Beschreibungen, was das Erzählte noch eindrücklicher nacherlebbar macht. Er erzählt das Erlebte chronologisch und durchläuft die Tage vor der Abreise sowie die gesamte Flucht. Ärgerlich sind die stets eingestreuten Ausdrücke auf Spanisch, die man zwar im angehängten Glossar nachlesen kann, das stellt sich allerdings als mühsames Unterfangen heraus: die Übersetzungen sind nach Kapitel geordnet, nicht alphabetisch und außerdem sind sie nicht vollständig. Das Nachschlagen stört den Lesefluss teils beträchtlich, Fußnoten könnten diesem Problem entgegenwirken. Hilfreich wäre ebenfalls eine Landkarte, in der die gewaltige Fluchtroute nachvollziehbar wäre.

Besonders in der ersten Hälfte des Buches störte mich das langsame Tempo der Erzählung Zunehmens - es zog sich durch Detailreichtum und die ständigen Wiederholungen. Doch vermutlich war das, was der Autor bezwecken wollte, war der erste Teil der Flucht doch geprägt von langweiligem Warten. Zwischendurch jedoch waren immer wieder kleine Highlights, beispielsweise die Beschreibung über die Fluchtpassage mit einem Boot. Zamora beschreibt das Erlebte so eindringlich, dass ich das Gefühl hatte, es selbst mit zu erleben - besonders die Gerüche schienen sich lebhaft zu formieren, auch das Durchdrehen eines Mannes am Boot und die Hilflosigkeit ob der Grausamkeit der Situation, die Javier stark zusetzt, beeindrucken mich nachhaltig.

In der zweiten Hälfte des Buches änderte sich der Ton, alles wird beschleunigt, teilweise sogar rasant, was natürlich auch mit dem Fortgang der Geschichte zu erklären ist. Der Gang durch die Wüste ist hochgefährlich und nicht alle schaffen es lebendig durch die Ödnis. Die mehrfachen Wüstenquerungen setzen Javier besonders zu und dementsprechend mitgerissen wurde ich durch das Erzählte. Als die Flucht geschafft ist und der Abschied von seiner temporären Familie bevorsteht, die ihn nun über Monate begleitet, gestärkt hat und von der er doch ein wenig von der ersehnten Nähe bekam, hat es der Autor endgültig geschafft mich zum Weinen zu bringen. Und auch das letzte Kapitel, das uns einen kleinen Einblick gibt, was aus Javier Zamora geworden ist und weshalb er dieses Buch geschrieben hat, ist zutiefst berührend und lässt hoffen, dass seine Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist.

Mein Fazit: "Solito" ist ein absolut lesenswertes Buch über die reale Fluchterfahrung eines Kindes, die lange nachhallt. Speziell im zweiten Teil schafft es der Autor, Spannung und tiefes Mitempfinden zu erzeugen, sodass die Geschichte im Kopf lebendig wird. Einen Stern Abzug bekommt es jedoch durch das m.E. unpraktische Glossar und dem zu überbordenden Detailreichtum im ersten Teil des Buches.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Wunderbarer Einblick in die Welt des Schreibens

Tintenspuren
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Andrea Hahnfeld hat mit "Tintenspuren" einen Schreibguide der besonderen Art veröffentlicht. Dort gibt sie einen Überblick über das Studium "Biographisches und Kreatives Schreiben" an der Alice Salomon ...

Andrea Hahnfeld hat mit "Tintenspuren" einen Schreibguide der besonderen Art veröffentlicht. Dort gibt sie einen Überblick über das Studium "Biographisches und Kreatives Schreiben" an der Alice Salomon Hochschule in Berlin. In der Einleitung gibt die Autorin Einblicke, weshalb sie sich für das Studium entschieden hat und stellt den Leser:innen ihren Bewerbungstext zur Verfügung. In jedem Kapitel werden die einzelnen Module des Studiengangs beschrieben - deren Inhalte, Infos zu den Lehrenden und sehr nützliche, weiterführende Literaturtipps zum Thema. Die Inhalte der Module reichen von Kreativem Schreiben, Prosa, Lyrik über Gesundheit & Schreiben, Lebensphilosophie, Lebensphasen, Sprachgeschichte & Soziale Medien bis hin zu Schreibgruppen-Pädagogik, Schreibberatung & Schreibkrisen, dem Szenischen Schreiben, Schreiben als Therapie und Creative Writing. Ebenfalls gibt es ein Modul, bei dem ein Praxisprojekt ausgearbeitet werden muss. Zudem wird ein Blick auf Arbeitsmarktanalysen und Forschungsmethoden geworfen. Als Wahlmodul wählte die Autorin Autofiktion und Nature Writing. Highlight in jedem Kapitel sind eine Auswahl an Texten, die Andrea Hahnfeld während des jeweiligen Moduls erschaffen hat. Oft kommentiert sie den Entstehungsprozess der Texte und lässt uns wissen, wie die Überarbeitung der Texte vonstatten gegangen ist.

Ihre Texte sind oft sehr persönlich und intim und gaben mir den Eindruck, dass ich die Autorin, ihre Persönlichkeit, ihre Geschichte, ihre Zweifel und ihre Entwicklung ein wenig kennenlernen und mitverfolgen durfte. Besonders gefallen hat mir, dass sie ihre Selbstzweifel (die ich von mir selbst gut kenne) oft thematisierte und den Leser:innen wissen lässt, wie sie damit umging bzw. umgeht. Dass es hierbei eine Entwicklung in Richtung mehr Selbstbewusstsein gab, kann man auch anhand ihrer kreativen Texte nachvollziehen. Ihr Geschriebenes ist sehr ehrlich und selbstreflexiv, was das Buch einfach sehr authentisch macht. Ich mochte auch, dass die Autorin eine tiefe Verbindung zu Tieren hat, was man ebenfalls anhand ihrer Geschichten erkennen konnte. Was mir am meisten im Gedächtnis blieb, war ihr mehrfacher Aufruf, sich mit einer ordentlichen Feedbackkultur zu beschäftigen und diese auch umzusetzen. Demnach ist es essentiell, seine Texte mit anderen Schreibenden zu teilen und deren Feedback einzuholen - allerdings auf eine stärkende Art und Weise, welche die positiven Seiten des Geschriebenen hervorhebt und sich von einer Defizitorientierung abwendet.

Da ich mich persönlich schon länger mit dem Gedanken beschäftige, eine Ausbildung in Richtung Kreatives Schreiben zu machen, kam "Tintenspuren" für mich genau zum richtigen Zeitpunkt. Für mich war es irrsinnig motivierend nachzuvollziehen, wie eine solche Ausbildung aussehen kann und was sie einem persönlich bringt, welche Entwicklung man dadurch vollzieht. Auch wenn für mich Berlin aufgrund der großen Distanz eher nicht in Frage kommt, hat es meine Lust auf ein Schreibstudium definitiv gestärkt. Sehr schön fand ich auch, dass die Autorin es geschafft hat, mein Interesse für Biographisches Schreiben zu wecken - ein Themenfeld, was bislang für mich eigentlich überhaupt nicht spannend war. Zusammenfassend kann ich sagen, dass "Tintenspuren" für mich ein sehr motivierender und fesselnder Guide ist, der einen wunderbaren Einblick in die Welt des Schreibens gibt.

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Veröffentlicht am 16.07.2024

...und mit James

Die Sache mit Rachel
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Cork in den 2010er Jahren. Rachel ist gerade dabei mit ihrem Literaturstudium am College fertig zu werden. Sie durchlebt die prägendste Zeit ihres Lebens, das getragen wird von Freundschaft, Liebe und ...

Cork in den 2010er Jahren. Rachel ist gerade dabei mit ihrem Literaturstudium am College fertig zu werden. Sie durchlebt die prägendste Zeit ihres Lebens, das getragen wird von Freundschaft, Liebe und dem Erwachsenwerden. Sie lebt zusammen mit ihrem neu gefundenen, schwulen besten Freund James zusammen, beide arbeiten in einer Buchhandlung, haben kaum Geld, verstehen es aber trotzdem sich zu amüsieren. Ihre Freundschaft ist resistent gegenüber den vielen Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt und ist so eng, dass sie manch anderen Beziehungen im Weg zu stehen scheint. Gemeinsam planen die beiden nach London auszuwandern, doch schlussendlich kommt alles anders...

Caroline O'Donoghue erzählt die Geschichte ihrer Protagonistin rückblickend. Eingeleitet wird mit der schwangeren Rachel, die in einem Pub auf jemanden trifft, der sie an ihren Literaturprofessor erinnert. Damit beginnt die Rückschau auf Rachels 20er-Jahre. Die "junge" Rachel war für mich anfänglich etwas schwer zu ertragen. Sie wirkte auf mich naiv, unentschlossen und fahrig und ich konnte nicht wirklich nachvollziehen, weshalb die Freundschaft zwischen ihr und James so etwas besonders sein sollte. Das klärte sich für mich erst im Laufe der Geschichte, in der die beiden mir ziemlich ans Herz gewachsen sind. Gekonnt beschreibt die Autorin für mich, wie sich die Charaktere entwickeln, wie sie gefestigter werden in dem was sie erleben und wie sie wachsen. Besonders gut hat mir aber gefallen, wie der Zeitgeist thematisiert wird: (Indie-)Musik, Filme, Bücher und Serien spielen für die Hauptcharaktere eine wesentliche Rolle, dienen sie doch irgendwie als Mittel aus der Tristesse der Provinzstadt zu entfliehen, wenn auch nur im Geiste. Vor allem gibt es ein Zitat, dass mir als Musik- und Konzertfan langfristig hängen bleiben wir, trifft es doch den Kern, wie sich das Leben in seinen unterschiedlichen Fassetten im Laufe der Jahre verändert: "Er war noch Mitte dreißig und kinderlos, und so kamen er und Deenie viel herum. Wir trafen sie bei einem Konzert von Goldfrapp. Sie besuchten es so, wie ich jetzt mit meinem eigenen Mann zu Konzerten gehe - etwas Spaß, zuerst Abendessen, um elf zu Hause, eine gemeinsame Beschäftigung. Es gibt nur eine kurze Zeitspanne im Leben, in der man Konzerte mit wirklich spiritueller Hingabe besuchen kann." (S. 79 jm E-Book)

Neben dem Zeitgeist werden die unterschiedlichen (irischen) gesellschaftspolitischen Aspekte dieser Zeit thematisiert. Sei es die Schwierigkeit einer Abtreibung für irische Frauen, die Rezession, die fast alle Gesellschaftsschichten plagte oder die Struggles, die queere Menschen und ihre Angehörigen durchmach(t)en. Auch die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen und die religiöse Prägung finden, wenn auch nur dezent, ihren Eingang in die Geschichte. Trotz vielfältiger Thematiken handelt es sich bei "Die Sache mit Rachel" doch vorwiegend um einen Roman, der die Herausforderungen unterschiedlicher Beziehungen während der Zeit als junge Erwachsene beschreibt.

Mein Fazit: "Die Sache mit Rachel" ist ein kurzweiliger Roman über das Erwachsenwerden und die vielfältigen Beziehungen dabei, der den popkulturellen und gesellschaftspolitischen Zeitgeist (Irlands) in den 2010er-Jahren widerspiegelt. Besonders für Menschen der Generation Y weckt er viele Erinnerungen und mit seinem eingängigen Schreibstil ist er die perfekte Lektüre für Zwischendurch.

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