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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.07.2024

Ein ironisches Anerkennen des gesellschaftlichen Scheiterns

Geile Zeit
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Die Autobiographie «Geile Zeit» von Niclas Seydack ist für Millennials eine Zeitreise voller Nostalgie. Aber auch die Gen Z wird sich, vor allem in der zweiten Hälfte des Buches, wiederfinden. Niclas Seydack ...

Die Autobiographie «Geile Zeit» von Niclas Seydack ist für Millennials eine Zeitreise voller Nostalgie. Aber auch die Gen Z wird sich, vor allem in der zweiten Hälfte des Buches, wiederfinden. Niclas Seydack erzählt von seiner Kindheit in den Neunzigern, mit Schnürren vom Dorfbäcker, Pokémon, Ronald McDonald und Pisspottschnitt; von seiner Jugend mit dem verhassten Teuro, zwei Ikonen der Nullerjahre und LAN-Partys, bis in die Gegenwart. Dabei geht es nicht nur um seine persönlichen Erinnerungsmomente, sondern überwiegend um gesellschaftliche Ereignissen in Kultur, Politik und Weltgeschichte, die eine ganze Generation (einschlägig) geprägt haben.

Niclas Seydack fasst das deprimierte Lebensgefühl der Millennials humorvoll zusammen und spricht für eine ganze Generation, der die Leichtigkeit abhandengekommen ist: „Eigentlich müsste es uns viel wütender machen…“ Denn es „gärte und brodelte und schimmelte. In Deutschland. Auf der ganzen Welt.“ Sehr schön fand ich die Kapitelüberschriften denkwürdiger Sprüche ihrer Zeit, die wir alle kennen. Ich habe einige Textstelle markiert, aber mein Lieblingssatz ist folgender: „Meine Altersvorsorge bestand in der Hoffnung, dass eines Tages die aktive Sterbehilfe legalisiert werden würde.“ Ich habe geschmunzelt, sogar gelacht, fühlte mich verstanden und manchmal war mir zum Heulen zumute. Ja, es kann überfordert, denn „während die Millennials erwachsen werden, ist die Welt mehrmals eine andere geworden.“ Wenn ich auch nicht alles so unterschrieben würde, gibt es viele Überschneidungen und Momente der Wiedererkennung. Für mich ist es eine wichtige Autobiographie, die eine Stellt-euch-nicht-so-an-Genration ins Licht rückt, die bittersüß geschrieben ist und wehmütig macht. Es ist aber vor allem eine subjektive Bestandsaufnahme ohne Perspektiven, die von geilen Zeiten, Krisen, Weltschmerz und Depression erzählt, wobei immer wieder die Gefühlslage des Autors durchschimmert und zunehmend eine bedrückende Stimmung entsteht. Insgesamt eine unterhaltsame Zusammenfassung der letzten drei Jahrzehnte; schöner Art und harter Realität, die auch viel über die Gegenwart und Generationsunterschiede verrät.

Veröffentlicht am 12.07.2024

Taube & Pechvogel in ihrer Welt

Malte & Oßkar und das Glück, Pech zu haben
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Dieses fantasievolle und tiefgründige Bilderbuch erzählt von einer außergewöhnlichen Freundschaft, einem spannendem Abenteuer und einer geheimnisvollen Begegnung.

Der kleine Malte lebt in seiner Welt, ...

Dieses fantasievolle und tiefgründige Bilderbuch erzählt von einer außergewöhnlichen Freundschaft, einem spannendem Abenteuer und einer geheimnisvollen Begegnung.

Der kleine Malte lebt in seiner Welt, denn die Welt da draußen, ängstig ihn sehr. Dann trifft er auf die Taube Oßkar und die beiden werden allerbeste Freunde. Selbst aus dem größten Pech, ziehen sie das kleinste Glück und erleben ein fantastisches Abenteuer. Es ist eine Geschichte voller sichtbar gemachter Ängste, aus denen Mut entsteht, voller zufälliger Zufälle und sumpfiger Sorgen, allerlei Wortspielereien und versteckter (persönlicher) Details, die das Buch zu einem farbenfrohen Erlebnis machen. Jede Seite ist anders und die Geschichte wird abwechslungsreich, spannend und mitreißend erzählt. Nach jeder Seite fragt man sich, was als nächstes passiert. Doch zwei Sätze bleiben immer gleich, in denen Malte sein Innerstes offenbart und ihm zugehört wird.

Die Illustrationen von Amia von Arenberg haben eine stimmungsvolle Farbauswahl und bestechen mit viel Humor und Detailliebe. Bild und Text ergeben ein harmonisch verspieltes Gesamtbild, mit hoffnungsvollen Botschaften und ganz viel Wertschätzung für Tauben. Ich mochte diese ermutigende Geschichte sehr und finde es toll, wie wahre Ereignisse mit so viel Kreativität und Fantasie in eine zeitlose Geschichte für Kinder verwandelt wurden. Ein tolles Bilderbuch für alle Altersklassen. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 08.07.2024

„Und ewig grübelt das Murmeltier.“

Der Schatz der Frauen
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Der Titel spricht vor allem Frauen an, die als lernbereite Erkenntniswesen, wie die Autorin Ida Marie Stoegerer anerkennt, besonders empfänglich für die neun inneren Gefühls- und Glaubensmuster sind, die ...

Der Titel spricht vor allem Frauen an, die als lernbereite Erkenntniswesen, wie die Autorin Ida Marie Stoegerer anerkennt, besonders empfänglich für die neun inneren Gefühls- und Glaubensmuster sind, die wir alle (auch Männer) kennen. Ob Selbstunterschätzung, Selbstkritik oder Perfektionismus - sie greifen alle ineinander. Überlässt man den Saboteuren das Ruder, verbrauchen sie viel Kraft, während sie uns ausbremsen. Dass aber niemand machtlos ist, zeigen Übungen und motivierende Worte, inspirierende Zitate und kleine Merksätze in diesem Buch. Die Autorin zeigt Ansätze, damit die Saboteure ihr Interesse verlieren und versteckte Ressourcen offen gelegt werden. Hier wird nämlich eine Zusammenarbeit angestrebt. Jeder unter die Lupe genommene Saboteur für sich, füllt ganze Bücher, deshalb verstehe ich diesen Ratgeber auch als kompakte Übersicht mit Aha-Effekt, denn Ida Marie Stoegerer findet klare Worte und hält schonungslos den Spiegel vor. Dabei hat sie eine Mission: „… die Entwicklungsreise in diesem Buch primär eine Einladung an alle Frauen ist, die der Welt ihren Fingerprint eigenständig und unabhängig aufdrücken möchten.“ Das unterstreichen auch die zahlreichen beruflichen Beispiele aus der Coaching-Branche von Klientinnen, die von persönlichen Geschichten oder Anekdoten aus dem Freundeskreis ergänzt werden. Die meisten Beispiele konnten mich nicht abholen, aber es ist immer nachvollziehbar, was damit verdeutlicht werden soll. Besonders gefallen haben mir die einprägsamen Zeichnungen und die übersichtliche Umsetzung. Mit dem Buch arbeiten, hat sich als hilfreich erwiesen, weshalb ich das Buch empfehlen kann.

Veröffentlicht am 03.07.2024

Sehr empfehlenswert

Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit
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Leon ist ein ganz normaler dreizehnjähriger Junge, der heimlich verliebt ist, oft traurig und allein - und das ist seine Geschichte. Es find alles damit an, dass er jeden Tag zweimal an einer Ampel vorbeikommt, ...

Leon ist ein ganz normaler dreizehnjähriger Junge, der heimlich verliebt ist, oft traurig und allein - und das ist seine Geschichte. Es find alles damit an, dass er jeden Tag zweimal an einer Ampel vorbeikommt, an der ein Holzkreuz steht. Dort starb vor zwei Jahren Lukas am 29. September - Leons Geburtstag. Das lässt ihn nicht los und er wählt das Thema für sein Ethik-Referat. Auf dieser vielschichtigen Ermittlungsreise entdeckt und lernt Leon eine ganze Menge über das Leben und macht eine spannende Entwicklung durch. Der stille Rouven ist nämlich gar nicht so still und hat viel gemeinsam mit Leon. Der erkennt, “Älterwerden ist ein Scheißglück“ und es ist immer eine gute Idee, um Hilfe zu bitten.

Es geht nicht nur um Depression und Traurigkeit, auch um Freundschaft, Angst, Toleranz und Mut, aber auch Verletzlichkeit, Zivilcourage und Gefühlschaos. Das alles ist verpackt in eine unterhaltsame Coming-of-Age- meets Detektivgeschichte, die mit einer lockeren Sprache brilliert und humorvoll ermutigend ganz nah am Erzähler bleibt. Volker Surmann ist die Kunst gelungen, dass sich die Geschichte zu keiner Zeit überladen oder schwer anfühlt. Man kann sich dieser angenehmen Sogkraft kaum entziehen. Tine Schulz hat dazu das grandiose Cover und die schönen Vignetten illustriert, die immer einen neuen Kapitelausblick geben. Die Chatverläufe sind toll gestaltet und bieten zusätzliche Abwechslung.

«Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit» konnte mich total begeistern und ich liebe die Mischung aus spannender Unterhaltung, direkt aus dem Leben gegriffen, und vielseitiger Tiefe, treffend formuliert. Ich hoffe, ihr werden Leon „Inspektor Hertz“ genauso in euer Herz schließen und an ihn denken, wenn ihr einen emotionalen Super-GAU erlebt. So ein tolles Buch! Große Leseempfehlung für alle (ab 12 Jahren).

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Veröffentlicht am 25.06.2024

Moderner Überblick für Einsteiger

Zimmerpflanzenliebe
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«Zimmerpflanzenliebe» gibt einen Überblick für Einsteiger, die sich einen heimischen Dschungel zulegen wollen. Autorin Antonia Hartwich zeigt, wie viel Zeit und Hingabe diese Leidenschaft benötigt, wenn ...

«Zimmerpflanzenliebe» gibt einen Überblick für Einsteiger, die sich einen heimischen Dschungel zulegen wollen. Autorin Antonia Hartwich zeigt, wie viel Zeit und Hingabe diese Leidenschaft benötigt, wenn es um Dünger, Rankhilfen, Luftfeuchtigkeit oder die richtigen Substrate geht und richtet sich an eine junge Zielgruppe, die auf ihrem Instagram-Account noch mehr Inspiration findet. Hartwich versucht, Verständnis für die Bedürfnisse und Pflege zu vermitteln, denn ein grüner Daumen kommt mit der Erfahrung, die man sammelt. Statt spezifischer Anleitungen, gibt es viele Anhaltspunkte für die weitere Recherche. Die Grundlagen und Pflanzensteckbriefe sind auf das Wichtigste reduziert, denn abgesehen von „Tonis Erdmix“ oder „Oma Apotheke“, gibt es wenig konkrete Tipps. Den größten Teil nehmen seitenfüllende Fotografien und die Pflanzenvorstellungen ein. Vor allem Blattpflanzen, aber auch Kakteen und Sukkulenten, Fleischfressende Pflanzen, unbekannte Exoten und Blütenpflanzen. Wer etwas mehr Erfahrung hat, wird wenig neue Informationen erhalten. Mir fehlte es insgesamt an Mehrwert, auch wenn es Freude macht, das Buch durchzublättern. Hier geht es vor allem darum, überhaupt für Zimmerpflanzen zu begeistern. Abgesehen vom schicken Aussehen, wird aber kaum auf die vielen Vorteile der grünen Mitbewohner eingegangen. Dafür findet man ein bisschen Inspiration, tolle Aufnahmen und viel Pflanzenliebe. Leider hat es meine Erwartungen nicht erfüllt, aber als erster Einstieg für Anfänger ist es ansprechend und übersichtlich.

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