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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2021

Emotionale Bilderbuchgeschichte in Reimen

Arno und sein Pferd
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Ein Junge namens Arno verliert sein Holzpferd, sein liebstes Spielzeug, dass er immer und überall dabei hat. Alle seine Freunde helfen bei der Suche, aber das Pferd bleibt verschwunden. Arno ist über den ...

Ein Junge namens Arno verliert sein Holzpferd, sein liebstes Spielzeug, dass er immer und überall dabei hat. Alle seine Freunde helfen bei der Suche, aber das Pferd bleibt verschwunden. Arno ist über den Verlust sehr traurig und erinnert sich daran, was ihm das Holzpferd bedeutet.

Die außergewöhnlichen Illustrationen zeigen fünf Kinder, die draußen in der Natur spielen, auf einen Baum klettern und in den Wald gehen, um Arnos Pferd zu suchen. Bis nur noch Arno im Zentrum steht und die schönen Erinnerungen an seinen Großvater. Die natürlichen Farben und der Zeichen- und Gestaltungsstil lassen Arnos schmerzhaften Verlust glaubhaft nachempfinden. Der reimende Text und die Zeichnungen ergeben ein einfühlsames Gesamtbild, dass den emotionalen Wert des Holzpferdes herausarbeitet und zeigt, worum es eigentlich geht, als Arno sich erinnert. Die Darstellungen von Traum und Erinnerung waren besonders beeindruckend und bieten Raum für kindliche Fantasien. Zudem erweitert die Geschichte den Horizont, weil ein handgemachtes Spielzeug aus Holz, einen Kontrast zu dem bietet, womit Kinder heutzutage normalerweise spielen.
Ein besonderes und hochwertiges Bilderbuch, das sich über den schmerzlichen Verlust eines geliebtes Spielzeugs, für Kinder verständlich, Gefühlen der Trauer nährt, und zu Gesprächen anregt. Sehr empfehlenswert für Kinder und auch für alle interessant, die schöne Bilderbücher mögen.

Veröffentlicht am 14.08.2021

Originelle Erzählweise einer eindringlichen Kindheit

Die Überlebenden
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In „Die Überlebenden“ geht es um die Brüder Benjamin, Nils und Pierre, und ihre Kindheit in dem schicksalshaften Sommer im Haus am See. Als die Mutter stirbt, treffen sich ihre erwachsenen Söhne nach langer ...

In „Die Überlebenden“ geht es um die Brüder Benjamin, Nils und Pierre, und ihre Kindheit in dem schicksalshaften Sommer im Haus am See. Als die Mutter stirbt, treffen sich ihre erwachsenen Söhne nach langer Zeit wieder, um sie zu beerdigen. Benjamin blickt zurück und muss sich unweigerlich fragen: Was ist passiert?

Im Fokus der Erzählung steht Benjamin, der stets als stiller Beobachter die Stimmungen und Verhaltensweisen seiner Familienmitglieder analysiert. Sein jüngere Bruder Pierre ist eng mit ihm verbunden, während Nils als Ältester sich immer mehr zurückzieht. Die Familie verbringt idyllische Sommer am See, umgeben von einem Birkenwald. Die Brüder begegnen sich mit Rivalitäten, teilen gemeinsame Erlebnisse und begegnen sich mit Distanz und Stillschweigen, während die Eltern in ihrer eigenen Welt zu leben scheinen, die vor allem ein kühles alkoholisches Getränk beinhaltete, klare Regeln und Routine. Ich habe die Stimmung des Romans nicht nur als sommerlich wahrgenommen, sonder auch als bedrohlich und aufgeladen. Man spürt, da ist etwas bedrückend vorgefallen, aber man weiß nicht was. Diese eindrücklichen Fragen werden erst im Laufe des Roman geklärt, bis man am Schluss das ganze Ausmaß versteht. Alex Schulman erzählt die Geschichte auf zwei Ebenen. Abwechselnd reist man mit den Brüder in die Vergangenheit und in die Gegenwart. Das Besondere: die Handlungsstränge wechseln sich Kapitelweise ab und fügen sich nahtlos ineinander. Dabei wird die Gegenwartsebene rückwärts erzählt. Ein gewöhnungsbedürftiger Geniestreich, der mir Geduld und Aufmerksamkeit abgefordert hat. Am Ende hat mich die Geschichte aufgewühlt und es war unmöglich, sich diesem Sog zu entziehen. Viel zu eindringlich war die Sprache, die sommerlichen Bilder und die distanzierten Beschreibungen. Einige Rückblicke haben mich besonders aufgewühlt, die mir auch nach dem Lesen im Gedächtnis geblieben sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, es ist ein dramatisches Werk über die zerstörerischen Ausmaße von tragischem Unglück und daraus entstehender emotionaler Distanz und Verschwiegenheit innerhalb der Familie.

Eine Geschichte, die einen nicht mehr loslässt und mir durch die originelle Erzählweise und die eindrücklichen Sprachbilder besonders gefallen hat. Es empfehlt sich, das Buch möglichst ahnungslos zu lesen und sich einfach von der Intensität mitreißen zu lassen.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Der Titel ist Programm

Eskalation
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Der Titel ist wörtlich zu nehmen. Es beginnt mit einem Anruf, während einer Autofahrt. Dina Martin muss tun, was der Anrufer ihr sagt. Sie darf nicht anhalten, sonst würde die Situation eskalieren. Man ...

Der Titel ist wörtlich zu nehmen. Es beginnt mit einem Anruf, während einer Autofahrt. Dina Martin muss tun, was der Anrufer ihr sagt. Sie darf nicht anhalten, sonst würde die Situation eskalieren. Man fragt sich, warum und was mit ihr passieren wird, als es ungewollt zum Stillstand kommt. Wer einen Thriller wie den Film „Speed“ erwartet, irrt, denn das anfängliche Szenario findet schnell ein dramatisches Ende. Polizeiliche Ermittlungen werden aufgenommen, der Fall ist äußerst brisant und die Presse gnadenlos. Der Täter mordet, entführt und gewährt immer wieder Einblicke in sein erschreckendes Denken. Wenn er sein Opfer mit einem „na, na, na“ maßregelt, dann bekommt man schon eine Gänsehaut. Die Tortur der Opfer wird eindringlich und packend beschrieben. Immer wieder gibt es einen erzählerischen Sichtwechsel, der gekonnt gewählt wird, weshalb man einen vielfältigen Eindruck von den Ermittlungen erhält, der Pressearbeit, den Opfern und Angehörigen und dem Täter. Durch diese vielen Sichtweisen kam die Ermittlungsarbeit leider etwas kurz.

Ich habe „Eskalation“ als gelungenen Debütroman wahrgenommen, der unterhält und mit Spannung zu überzeugen weiß. Besonders das abschließende Plädoyer der Verteidigung als Romanausklang fand ich als Idee gelungen. Lose Fäden wurden miteinander verknüpft, abschließende Worte schlugen einen runden Bogen. Es kam mir allerdings etwas konstruiert vor, um den Leser oder die Leserin möglichst das ganze Buch über im Dunkeln tappen zu lassen, wer der Täter ist. Deswegen würde ich den Thriller zwar gut bewerten, aber im Vergleich mit anderen Thriller, die mich mehr gepackt haben, verpasst man in meinen Augen auch nichts, wenn man ihn nicht liest.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Nächtliche Reisegeschichten zum Schlafengehen

Anouk, die nachts auf Reisen geht (Anouk 1)
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Heldin dieser Geschichte ist die fast siebenjährige Anouk. Jeden Abend, wenn sie einschläft, scheint sie durch Zeit und Welt zu reisen. Wenn sie aufwacht, ist sie immer wieder an einem anderen Ort. Aber ...

Heldin dieser Geschichte ist die fast siebenjährige Anouk. Jeden Abend, wenn sie einschläft, scheint sie durch Zeit und Welt zu reisen. Wenn sie aufwacht, ist sie immer wieder an einem anderen Ort. Aber eines bleibt stets gleich: Anouk begegnet einem Kind in ihrem Alter, dass ein Problem hat und eine gute Freundin braucht. Anouk steht mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt ihren neuen Freund oder ihre neue Freundin mit viel Wärme und Verständnis. Wenn Anouk schließlich in ihrem Bett aufwacht, hat sie immer ein Geschenk zur Erinnerung, dass ihr beweist, dass sie dieses nächtliche Abenteuer wirklich erlebt hat. Ihre Eltern jedoch wiegeln flüchtig die aufgeregten Berichte ihrer Tochter ab, woraus Anouk zurecht schließt: sie sind einfach viel zu erwachsen sind, um das zu verstehen. Dabei ist das Buch eine in sich abgeschlossene Geschichte, bei der die nächtlichen Reisen zwar im Fokus stehen, aber auch Anouks Alltag ein bisschen beleuchtet wird.
Dabei sind die sieben verschiedenen Reiseorte genau das, was Kinder lieben: auf dem Meer mit Piraten segeln, in einer Burg Rittern begegnen, im Zirkuszelt Artisten bestaunen oder auf dem Bauernhof Tiere erleben. Da ist für jeden etwas dabei. Die sieben Kapitel sind etwas lang als Gute-Nacht-Geschichte für fünfjährige, aber es ist auch möglich, sie zu teilen. Die wiederholende Botschaft der Geschichte mag für Erwachsene etwas aufdringlich erscheinen, aber für die Zielgruppe ergibt es genau die richtige Mischung aus Behaglichkeit und Abenteuer, mit dem Gefühl, auf die eigenen Stärken vertrauen zu können. Die bekannte Illustratorin Joëlle Tourlonias hat mit ihren farbigen Bildern zum abwechslungsreichen Leseerlebnis beigetragen. Besonders das erste Bild des neuen Reiseortes fasziniert auf einer kompletten Seite und lädt zu einem kleinen Rätsel ein, wo Anouk diesmal gelandet sein könnte. Der kleine Tabaluga, in Anouks Zimmer, sorgt außerdem für nostalgische Kindheitserinnerungen.

Ein gelungenes Kinderbuch, mit liebevoller Umsetzung und schöner Idee. Ich würde es für Kinder von 4-6 Jahren empfehlen. Für ältere Kinder ist es vermutlich etwas vorhersehbar.

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Veröffentlicht am 06.08.2021

Eine dramatische Zugfahrt

Dreieinhalb Stunden
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Der historische Roman dreht sich um den 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus. Reisende sind mit dem Interzonenzug von München auf dem Weg nach Ost-Berlin und erfahren über das Radio von dem Bau der Grenzsperrung. ...

Der historische Roman dreht sich um den 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus. Reisende sind mit dem Interzonenzug von München auf dem Weg nach Ost-Berlin und erfahren über das Radio von dem Bau der Grenzsperrung. Nun bleiben ihnen noch Dreieinhalb Stunden, zu entscheiden, ob sie vorher aussteigen und im Westen bleiben, oder nach Osterberlin weiterfahren und nicht zurück können. Ein Buch, das die innere Zerrissenheit des Landes und der Protagonisten auf dramatische Weise erfahrbar macht.

Als Leser ist man den Protagonisten einen Schritt voraus. Man weiß, dass diese Mauer 28 Jahre lang bestehen wird und es sich nicht um eine vorübergehende Maßnahme zur Grenzsicherung handelt. Ohne dieses umfassende Wissen müssen die Protagonisten eine lebensverändernde Entscheidung treffen: gewohnte Sicherheit oder ungewisse Freiheit? Freunde, Familie, Liebe oder eine berufliche Zukunft? Dabei sind die Protagonisten sehr unterschiedlich: ein älteres Ehepaar, dessen Sohn im Westen lebt; eine freiheitsliebende Band, die ihre Erfolge jedoch im Osten feiert; Marlis und Gert, die sich lieben, aber nicht die selben Ansichten teilen oder Edith, die erste Lokführern der DDR, die große Träume hat.

Eine spannend umgesetzte Idee, die Kapitelweise aus der Sicht verschiedener Protagonisten, mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebensweisen, erzählt und näher beleuchtet, welche Argumente und Gegenargumente es überhaupt in so einer Situation zu durchdenken gab. Hier lag meiner Meinung nach die Stärke und historische Relevanz der Thematik, die Robert Krause authentisch erdacht hat. Die Zeit schreitet unbarmherzig voran. Dieser Druck macht den Reiz aus, bringt mehr Dynamik ins Geschehen und es bleibt spannend, wie sich jeder am Ende entscheidet.

Ein historisch authentisches Buch über schicksalshafte Entscheidungen, das die Frage aufwirft: Wie hättest du dich entscheiden? Der Erzählstil funktioniert in meinen Augen besser als Drehbuch, weil in einer verhältnismäßig kurzen Geschichte zu viele Personen unterkommen mussten. Unabhängig vom Format, möchte ich die Geschichte aber jedem ans Herz legen.