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Veröffentlicht am 17.02.2021

Über Freiheit und Sehnsucht

Big Sky Country
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„Das Leben von jedem, den du kennenlernst, kann von deinen Worten aus den Angeln gehoben werden. Hast du darüber mal nachgedacht?“ S. 248

„Big Sky Country“ erzählt die Geschichte von August wie er vom ...

„Das Leben von jedem, den du kennenlernst, kann von deinen Worten aus den Angeln gehoben werden. Hast du darüber mal nachgedacht?“ S. 248

„Big Sky Country“ erzählt die Geschichte von August wie er vom Jungen zum Mann wurde; wie er mit seinem ersten Auto dem Gefühl von Freiheit ganz nahe kam und einschneidende Ereignisse sein Schicksal zeichnen. August ist einfach gestrickt. Nur Hunde scheinen eine Bedeutung für ihn zu haben. Kühen und Katzen begegnetet er mit Respektlosigkeit. Er ist stets auf der Suche und lebt einfach, während er bereit ist, hart zu arbeiten und akzeptiert, was das Schicksal für ihn bereit hält. Aber es gibt etwas, das August in die Verzweiflung stürzt: Frauen.

Trotz auktorialer Erzählperspektive habe ich mich dem Geschehen nah gefühlt. Augusts Gedanken nicht genau zu kennen, machte sogar den Reiz aus, wenn man seine Verschlossenheit bedenkt. Es lässt Interpretationsspielraum und ließ mich neugierig bleiben, wie sich August entwickeln würde. Das Ende war nicht vorherzusehen. Es kam mir vor wie eine Talfahrt: die plötzliche Flucht, die deprimierende Stimmung im zweiten Teil, die Wendung am Ende und das gefühlsaufgreifende Wetter, die Landschaft, der amerikanische Flair aus Träumen und Widersprüchen, Fast-Food, Alkohol, Rindfleisch, Rodeo und rustikalen Schimpfwörtern. Bei alledem darf man den schweigsamen August nicht unterschätzen, der, wie sein Vater von sich selbst sagt, mehr von allem versteht, als es den Anschein hat. Ich mochte vor allem die Gespräche mit seiner Mutter, die besorgt und sinnierend zugleich sein konnte, während die Dialoge mit seinem Vater eher praktischer Natur waren, wobei es August vermied, tiefgründiger zu werden.
Callan Wink ist es hervorragend gelungen, die Entwicklung eines jungen Mannes im Laufe der Jahre so fein und authentisch zu zeichnen, dass sein eigentümlicher Charakter die Geschichte trägt. Es sind die teils philosophischen Dialoge, die Begegnungen im Leben, die berührenden Momente und die stetige Weiterentwicklung von August, die mich am meisten überzeugt haben. Die erhabenen und rauen Landschaftsbilder, die Leichtigkeit und Ruhe, mit der Wink erzählt und erschreckende, realistische, wie lyrische Gebilde baut, die sich einbrennen, von augenscheinlich unbedeutenden Momenten. Es war wunderbar mit August zu reisen und seine ersten Male mitzuerleben. Dieser Roman braucht Zeit, um seine Kraft zu entfalten, aber hält am Ende soviel bereit: schmerzhafte und schöne Veränderungen in Augusts Leben, der letztlich durch sein Handeln inspiriert, weil er seine Angst ein Stück weit hinter sich lassen konnte. Die letzte Szene im Rückspiegel fand ich grandios. Für jeden, der amerikanische Literatur und Coming-of-Age-Romane mag.

Veröffentlicht am 11.02.2021

Aufwühlende Erzählung über Diskriminierung von Frauen

Kim Jiyoung, geboren 1982
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„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert.“ ...

„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert.“ S. 156

„Kim Jiyoung, geborgen 1982“ beginnt im Herbst 2015: wie die meisten koreanischen Mütter hat sie ihren Job aufgegeben, um sich ganz ihrem Baby zu widmen. Plötzlich benimmt sie sich seltsam: verrückt, beinahe rebellisch, und verändert phasenweise ihre Persönlichkeit. Ihr besorgter Ehemann schickt sie zu einem Psychiater. Dieser erzählt chronologisch das gewöhnliche Leben seiner Klientin nach: Kim Jiyoungs Erziehung, ihre Kindheit, ihr Bildungsweg, ihr Leben als Frau und Mutter geprägt von Ungerechtigkeit, Frustration und Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Bewertungen und Erwartungen.

Die Autorin hat Interviews mit Frauen geführt und dessen Erfahrungen in ihre Geschichte einfließen lassen. Einige dieser Szenarien kommen Leserinnen bestimmt bekannt vor: wenn sich Familie und Beruf nicht mehr vereinbaren lassen, wenn nach dem Karriereabbruch ein Wiedereinstieg erfolglos bleibt, die ungerechte Lohnverteilung der Geschlechter oder anzügliche und abfällige Äußerungen von Männern am Arbeitsplatz.

„Ohne dass die jungen Mädchen sich dessen bewusst waren, führten derartige Ereignisse im Laufe der Zeit dazu, dass sie Männern gegenüber hauptsächlich Enttäuschung und Angst empfanden.“ S. 71

Beim Lesen ging es mir wie der Autorin Cho Nam-Joo beim Schreiben: ich hatte Mitleid mit Kim Jiyoung und empfand den nüchternen Schreibstil als bedrückend. Diese Einblicke in das koreanische Leben von Frauen schärfen das eigene Unrechtsbewusstsein und decken das Schicksal vieler Frauen auf, die trotz aller Bemühen den starren gesellschaftlichen Normen und Diskriminierungen hilflos gegenüberstehen.

Fazit: Anspruchsvolle Gegenwartsliteratur über die Diskrimierungen und Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen, die mehr Gleichberechtigung der Geschlechter in den Fokus rücken lässt. Ein kleines Buch das sachlich und provokant in seiner Struktur vielschichtig ist. Das Lesen lohnt sich spätestens dann, wenn man entweder tiefe Dankbarkeit für die eigenen Chancen verspürt oder den Antrieb, für eine gerechtere Welt zu kämpfen.

Veröffentlicht am 11.02.2021

Gesellschaftskritische und spannende Unterhaltung für Kinder ab 12

Das Kind vom anderen Stern
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Darum gehts:
Alles beginnt mit einer erschütternden Weihnachtstragödie. Die zwölfjährige Tammy wird vermisst. Ihre Familie, insbesondere ihr Zwillingsbruder Ethan, und ein ganzes Dorf drehen jeden Stein ...

Darum gehts:
Alles beginnt mit einer erschütternden Weihnachtstragödie. Die zwölfjährige Tammy wird vermisst. Ihre Familie, insbesondere ihr Zwillingsbruder Ethan, und ein ganzes Dorf drehen jeden Stein um, um sie zu finden. Die elfjährige Hellyann weiß, was mit Tammy passiert ist und wo sie sich aufhält. Da gibt es nur ein Problem: Hellyann ist eine Außerirdische! Gemeinsam mit Ethan, dessen neuem Freund Iggy und seinem zahmen Huhn versucht Hellyann, unentdeckt zu blieben und geschehendes Unrecht, wieder gut zu machen.

Meine Kritik:
Mit seinem unverwechselbarem Look reiht sich „Das Kind vom anderen Stern“ in die bereits erschienen Romane von Ross Welford ein. Auch seinem Erzählstil ist der Autor treu geblieben: Die Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Ethan und Hellyann erzählt, in der teilweise der Leser direkt angesprochen wird. Dadurch ist es möglich, ein Ereignis aus verschiedenen Winkel zu betrachten und sich in Mensch und außerirdischer Lebensform gleichermaßen einzufühlen. Nicht nur die interessante Mischung aus Realität und Science-Fiktion, sondern auch die vielen raffinierten Cliffhanger am Kapitelende sorgen dafür, dass man sich aus dem Spannungssog kaum befreien kann. Die Handlung ist dabei so mitreißend und ideenreich beschrieben, dass garantiert keine Langeweile aufkommt. Trotz der unterschiedlichen Stilmittel, fällt das Lesen leicht. Es werden allerdings durchaus tiefgründige Themen behandelt: wieviel Schmerz Angehörige von Entführungsopfern ertragen müssen oder unmoralisches Verhalten, das zum Nachdenken anregt. Besonders die Kinder müssen einiges durchmachen und ihr Weg ist von Schwierigkeiten und Widrigkeiten geprägt. Dabei fühlen sie sich manchmal auch hilflos und sind überrascht, aus welcher Richtung Beistand kommt. Ross Welford schafft es dabei immer wieder durch Witz und Einfallsreichtum, die Geschehnisse aufzulockern. Damit ist ihm eine emotionale Achterbahn der Gefühle gelungen, mit witzigen und überraschenden Charakteren, die mit vielen Wendungen immer wieder Anlauf, zum packenden, aber leider zu kurzem Rettungsmissions-Finale, nehmen. Es gab viele berührende und dramatische Momente - manche davon fand ich für ein Kinderbuch zu drastisch. Mir hat allerdings das emotionale Ende gefallen, auch wenn es kein reines „...und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ Finale ist.

Fazit:
Eine hoffnungsvolle Geschichte, voller Liebe und Weisheit, über die Bereitwilligkeit, immer sein Bestes zu geben und die Entscheidende Kraft der Emotionen. Ich würde das Buch Kindern ab zwölf Jahren empfehlen, die es gern etwas anspruchsvoller, humorvoll und spannend mögen. Einige drastische Ereignisse sind möglicherweise für jüngere oder zart besaitete Kinder nicht geeignet.

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Veröffentlicht am 11.02.2021

Für Anfänger und Fortgeschrittene

Trockenblumen: Natürlich schön
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Sträuße binden, Kränze schmücken oder Dekorationen zusammenstellen - dieses Buch macht total Lust auf Bastel-Projekte mit Trockenblumen, um Blumen länger haltbar zu machen und mit besonderen Geschenkideen, ...

Sträuße binden, Kränze schmücken oder Dekorationen zusammenstellen - dieses Buch macht total Lust auf Bastel-Projekte mit Trockenblumen, um Blumen länger haltbar zu machen und mit besonderen Geschenkideen, andere zu überraschen.
Fast alle, der vierzig vorgestellten Dekoideen, teilen sich eine Doppelseite. Neben einer ganzseitigen Aufnahme, die ein mögliches Endergebnis zeigt, findet sich eine Materialauflistung und eine kurze Anleitung. Bei dem etwas anspruchsvollerem Graskranz gibt es auch eine Step by Step Anleitung. Wer keine Klebepistole besitzt, kann trotzdem mit Schmuckdraht und einer Schere einiges ausprobieren. Es kommt vor allem auf die Technik an und alles andere hat man entweder da oder findet man im Bastelladen.

Besonders gefallen haben mir die herbstlichen Arrangements, wie der Türschmuck-Kranz und die abschließenden Pflanzenportraits. Vorgestellt werden vierzig Pflanzen, wo sie zu finden sind, wann sie blühen und wie man sie am besten trocknet - begleitet von einer schönen Großaufnahme der bereits getrockneten Variante. Damit kann man vorweg prima planen und die Vielfalt der Natur nutzen. Das weckt Vorfreude auf die sonnigen Monate. Die meisten Blumen findet man im Garten, statt auf der Wiese.

Fazit: Inspirationsquelle für schöne Trockenblumen-Projekte, die lange das Zuhause verschönern. Aufwendig, liebevoll und minimalistisch gestaltet ist das Buch ein richtiger Hingucker und sowohl das Buch als auch die fertigen Trockenblumen-Projekte sind ein tolles Geschenk.

Veröffentlicht am 01.02.2021

Was wäre, wenn… Mutmach-Story für Krisen

Die Mitternachtsbibliothek
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„Ich war in Gedanken gerade woanders - worüber haben wir noch mal gesprochen?“

Zwischen Leben und Tod - dieser Roman lädt zu vergnüglichen Experimenten mit den unendlichen Möglichkeiten der eigenen Vorstellungskraft ...

„Ich war in Gedanken gerade woanders - worüber haben wir noch mal gesprochen?“

Zwischen Leben und Tod - dieser Roman lädt zu vergnüglichen Experimenten mit den unendlichen Möglichkeiten der eigenen Vorstellungskraft ein.
„Wir alle haben die Wahl. (…) Es gibt so etwas wie einen freien Willen“, sagt einer der Protagonisten zu Beginn und seine Worte brutzeln wie Grashalme unter dem Vergrößerungsglas, denn schnell wird klar: Manchmal hat man keinen freien Willen mehr. Matt Haig schreibt philosophisch von einem Leben tiefer Verzweiflung, von Einsamkeit und Depressionen, die jeden hoffnungsvollen Gedanken unter sich begraben, und der Angst, geliebte Menschen, und sich selbst, zu enttäuschen. Mithilfe berühmter Zitate erzählt Haig auf inspirierende Weise, obwohl das Thema durchaus deprimiert. Es beginnt mit einer erschütternden Nachricht, bei einer Schachpartie in der Bibliothek, die Noras Leben völlig durcheinander bringt. Seit diesem schicksalhaften Tag, packt sie immer mehr die Lebensangst. Neunzehn Jahre später kommt der Tag, an dem einfach alles schief läuft und der sehnsuchtsvolle Tod zur verlockenden Erlösung wird. Doch statt zu sterben, findet sie sich in dieser besagten Bibliothek wieder, in der sie einst Schach spielte, voller Bücher, die ihr unendliche Versionen ihres Lebens zeigen, wie es hätte sein können, wenn sie andere Entscheidungen getroffen hätte. „Die Wissenschaft sagt uns, dass die Grauzone zwischen Leben und Tod ein geheimnisvoller Bereich ist.“

Die Kapitel sind sehr kurz - anfangs manchmal nur zwei Seiten - und tragen eine Kapitelüberschift, die Handlungsschwerpunkte in Aussicht stellt. Das hat mir gut gefallen, weil es eher ungewöhnlich ist. Die Kapitel, in denen Nora mit der Bibliothekarin Mrs Elm spricht, sind vor allem philosophisch, tiefgründig und therapeutisch. Hier entsprangen die Schach-Metaphern, die ich sehr mochte. Es sind die Herausforderungen, in die Nora geworfen wird, die das Buch interessant machen. Sie wird einfach in das jeweilige Leben katapultiert - ihr fehlt jegliches Vorwissen. Man fragt sich unweigerlich, wie man selbst entscheiden würde. Ich konnte einige Impulse für mich mitnehmen. Allerdings fand ich nicht jede dieser Paralleluniversen gelungen und manche davon waren besonders vorhersehbar und klischeehaft - aber glücklicherweise bin ich mit dem Ende sehr zufrieden. Der Anfang der Geschichte war logischerweise etwas schwermütig, weshalb ich schwieriger in die Geschichte fand - das hat sich aber schnell gegeben. Den Rest des Buches habe ich fast am Stück weggelesen.

Fazit: Eine therapeutische Reise, in die Viele-Welten-Interpreation der Quantenphysik - inspirierend, philosophisch und lehrreich zugleich. Faszinierendes Thema und das perfekte Mutmach-Buch für schwere Zeiten.

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