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Veröffentlicht am 21.07.2017

Gemischtes Empfinden

Tanz der Zitronen
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Die Drehbuchautorin Nicole Joens versucht in ihrem Buch die Gratwanderung zwischen Sachbuch und biografischer Klageschrift.
Höchst interessant sind etliche Informationen des TV-Lebens hinter den Kulissen. ...

Die Drehbuchautorin Nicole Joens versucht in ihrem Buch die Gratwanderung zwischen Sachbuch und biografischer Klageschrift.
Höchst interessant sind etliche Informationen des TV-Lebens hinter den Kulissen. Leider sind sie etwas verwirrend dargestellt, sodass man als Outsider wirklich Probleme hat, das Puzzle zusammen zu bekommen. Mir erschließt sich auch nach der Lektüre immer noch nicht wirklich, welche genauen Aufgaben, Arbeitsbereiche und Verantwortung ein Produzent und welche ein Redakteur hat. Dazwischen stehen noch Drehbuchautor und Regisseur.
Was mir hingegen klar geworden ist, ist dass Frau Joens sich extrem ungerecht behandelt fühlt seit Jahren. Das ist der Teil der Klageschrift. Immer wieder Leute, denen sie vertraut hat und von denen sie letztlich enttäuscht wurde. Immer wieder tauchen ähnliche Vorwürfe an unterschiedlichen Stellen auf. Dabei gibt es Zeitsprünge, die die Lektüre nicht immer einfacher machen. Es fällt mir schwer, dieses Buch wirklich als Sachbuch zu betrachten, denn dazu hätte es eigentlich eines objektiveren Autors bedurft.
Die eingewobenen satirischen Momente (Tanztherapie ARD und ZDF) konnten mich nicht wirklich überzeugen. Den letzten Teil habe ich nur noch überflogen um im Buch weiter lesen zu können.
Interessant waren die tieferen Einblicke in den Ablauf einer TV-Produktion. Mit welchen Problemen Drehbuch-Autoren zu kämpfen haben, wenn sie sich nicht den Wünschen der Redaktion beugen - dass dann ggf. das bis dahin erarbeitete Drehbuch nach monatelanger Arbeit einfach einem sog. Geier übergeben wird, der es gemäß den redaktionellen Wünschen umarbeitet und man tlw. sein eigenes Drehbuch nicht mehr wiedererkennen kann. Frau Joens führt wohl seit Jahren wegen eines solchen Drehbuches einen Prozess gegen das ZDF, um die Rechte an ihrem (Dreh)Buch wieder zu erlangen.
Dass gerade beim ZDF reichlich Klüngel betrieben wird - vor allem durch zu viel politischen Einfluss - sollte ohnehin bekannt sein. Das frisch gefällte Gerichtsurteil in dieser Sache gibt Frau Joens in diesem Punkt eindeutig Recht!
Andere Punkte ihrer Klagerede kann ich jedoch nicht nachvollziehen: Immer wieder werden ausländische Produktionen als positives Beispiel angeführt, wie man "gutes" Fernsehen machen kann und dabei das breite Publikum ansprechen.
Leider sehe ich genau das etwas anders. In den privaten Sendern gibt es schon reichlich TV-Spökes (vor allem aus Amerika) - z. T. Nachgemachtes (SitCom, DokuSoap u. ä.) - den ich überhaupt nicht sehen will und schon gar nicht mit meinen Gebühren finanzieren. Gerade von den Öffentlich Rechtlichen Programmen erwarte ich ein Programm, das nicht nur auf Quote ausgerichtet ist sondern mich zwar auch unterhalten, aber vor allem informieren soll. Ich erwarte auch und gerade dort Filme, die eben nicht die Kassenschlager sind, jedoch zweifelsfrei zu den besonderen Filmen gehören (auf Arte z. B.).
Die Informationen sollen nicht reißerisch sein, sondern gut recherchiert und so weit möglich unvoreingenommen (was natürlich bei zu starkem politischem Einfluss nicht funktioniert). Mein TV-Konsum (der zugegebenermaßen nicht gerade reich an Stunden ist) findet zu mind. 75 % bei ÖR Sendern statt - die Dritten sowie Digi-Sender eingeschlossen. Der Rest von 25 % beläuft sich auf den ein oder anderen Kinofilm und auf vielleicht 2 Serien in den Privatsendern. Ich möchte keine Produktionen wie BreakingBad oder DrHouse in den ÖR sehen und ehrlich gesagt auch keine grenzdebile Sitcom mit künstlichem Gelächter (damit man merkt, wann man hätte lachen müssen). Aber zugegebenermaßen konnte mich auch der Marienhof nicht begeistern. Egal ob zu Anfang oder zu Ende seiner Geschichte (Frau Joens hat hierfür zu Anfang die Drehbücher mitgeschrieben).
Fazit:
Wer etwas Hintergrundwissen zum TV-Geschäft erwerben will, dem kann das Buch durchaus nützen. Zu große Ansprüche an Objektivität sollte man allerdings nicht stellen, da Frau Joens zu sehr persönlich betroffen ist und ganz offensichtlich zu sehr verletzt wurde.

Veröffentlicht am 21.07.2017

Eine Klasse für sich!

Schuld
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In seinem Buch erzählt Ferdinand von Schirach von verschiedenen Fällen aus seiner Praxis als Rechtsanwalt. Er zählt definitiv zu meinen Lieblingsautoren, denn niemand schafft es so zuverlässig, mich vom ...

In seinem Buch erzählt Ferdinand von Schirach von verschiedenen Fällen aus seiner Praxis als Rechtsanwalt. Er zählt definitiv zu meinen Lieblingsautoren, denn niemand schafft es so zuverlässig, mich vom ersten Satz an sein Buch zu fesseln.

Sein Schreibstil ist einzigartig: präzise und knackig auf den Punkt! Er trifft mit wenigen Worten haargenau den Kern. Kein überflüssiger Schnickschnack, keine Schönmalereien, keine unnötigen Gefühlsduseleien. Alles sitzt treffsicher da wo es hingehört. Ich liebe seinen Schreibstil!

Dabei schafft er mit seinen analytischen und absolut sachlichen Schilderungen dennoch einen intensiven Kontakt zur Hauptperson und lässt im Leser eine enorme Empathie aufkommen. Man fühlt förmlich die Ungerechtigkeiten und die Verzweiflung, die manchen Protagonisten seiner Erzählungen überkommen haben mag. Man liest diese Geschichten und immer wieder muss man schlucken in Erinnerung dessen, dass es keine erfundenen Storys sondern das wahre Leben ist, was hier geschildert wird. Dass jede dieser Gerichts-Geschichten anders ist, macht die Lektüre umso schöner, denn Eintönigkeit ist hier nicht vorhanden.

Das Buch ist wahnsinnig gut zu lesen, auch von Leuten, die nicht ständig mit Buch in der Hand anzutreffen sind. Allerdings ist es alles andere als leichte Kost. Nicht wegen des Schreibstils, sondern wegen der Geschichten, die einem nicht selten Tränen des Mitgefühls in die Augen steigen lassen. Wie schafft dieser Mann das, ohne rührselig zu schreiben? Man muss es lesen, dann weiß man es!

Veröffentlicht am 21.07.2017

Anekdoten aus einem Schauspielerleben

Der Fenstersturz
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Dieses Buch stellt eine unterhaltsame und auch nachdenklich stimmende Sammlung verschiedenster Anekdoten dar, die Mario Adorf im Rahmen seiner Arbeit erfahren durfte bzw. die ihm weitergegeben wurden. ...

Dieses Buch stellt eine unterhaltsame und auch nachdenklich stimmende Sammlung verschiedenster Anekdoten dar, die Mario Adorf im Rahmen seiner Arbeit erfahren durfte bzw. die ihm weitergegeben wurden. Es ist nicht das erste Buch Adorfs, das ich lese und ich lese ganz sicher noch weitere!

Er besitzt die Gabe des treffsicheren Erzählers. Ich kann mir vorstellen, dass auch die längsten Abende an seinem Tisch nicht langweilig werden, weil er sicher Hunderte solcher Geschichten auf Lager hat. In diesem Buch wird über Berühmtheiten berichtet wie Alain Delon, Billy Wilder, Bertold Brecht, Klaus Kinski, Roger Moore u. a., aber auch über kaum bekannte Zeitgenossen wie einen Theater-Garderobier, einen Nachbarn oder Produzenten, sowie fast in Vergessenheit geratene Schauspieler und Autoren. Dabei merkt man allen Erzählungen an, dass Adorf mit viel Gefühl und Wärme geschrieben hat.

Wer etwas erquickliches für "zwischendurch" sucht, etwas, wo man immer mal ein Viertelstündchen schmökern kann, der ist hier glänzend bedient!

Veröffentlicht am 14.07.2017

Hiervon hatte ich mir mehr versprochen

Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt
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Wir schreiben das Jahr 2018. Jakub wird als erster tschechischer Raumfahrer ins All gesandt, um eine Staubwolke zwischen Venus und Erde zu erforschen und dort Proben zu sammeln. Völlig allein in seinem ...

Wir schreiben das Jahr 2018. Jakub wird als erster tschechischer Raumfahrer ins All gesandt, um eine Staubwolke zwischen Venus und Erde zu erforschen und dort Proben zu sammeln. Völlig allein in seinem Raumschiff freut er sich auf die regelmäßigen Videokonferenzen mit seiner Frau Lenka. Als diese sich von ihm trennt gerät seine Welt aus den Fugen und auch sein Forscherdrang ist nicht mehr der vom Beginn seiner Reise. Dann bekommt er Gesellschaft durch einen 8-beinigen Alien der von nun an zum Mittelpunkt seiner Reise wird.

Die Buchbeschreibung sowie die Leseprobe ließen auf einen recht abgedrehten, amüsanten Roman schließen. Leider war davon im Verlaufe des Buches nicht allzu viel zu merken. Es findet ein steter Wechsel zwischen Rückblicken und 2018 statt, der durchaus Leben in die Geschichte bringt. Diese Rückblicke des Ich-Erzählers Jakub reichen bis in seine Kindheit zurück. Eine Kindheit, die tlw. in den Wirren des Umbruchs 1989 gelebt wurde. Hier will ich jedoch nicht zu viel des Inhalts verraten, denn ein wenig Spannung soll ja bleiben.
Jedenfalls hatte Jakub eine Kindheit, die alles andere als einfach war. Diese Einblicke in die Geschichte der Tschechoslowakei waren ausgesprochen interessant, wie eigentlich nahezu alle Rückblicke in diesem Buch.
So paradox es klingen mag: Das Buch hätte m. E. ohne den teils albernen Teil mit der Raumfahrt wesentlich mehr gewonnen. Sie waren absolut überzeugend geschildert und enthielten so viel Nachdenkenswertes, dass es schade ist, dass diese durchaus ernst zu nehmende Geschichte durch die wirre Sputnik-Story verwässert wurde.
Noch trauriger finde ich, dass mit der Buchbeschreibung der Fokus gänzlich auf diese abstruse Teil-Geschichte gelenkt wird. Hier sind Enttäuschungen vorprogrammiert.
Nach einem guten Beginn kam erst einmal - von den Vergangenheits-Episoden abgesehen - nicht mehr viel. Ich habe mich als Leser ähnlich gelangweilt wie Jakub in seinem Raumschiff. Da konnte auch der Alien nicht viel heraus reißen.
Im letzten Buchdrittel - Jakub ist endlich wieder zurück auf der Erde - nimmt die Geschichte noch einmal Fahrt auf und manches aus der Vergangenheit klärt sich. Hier konnte man durchaus gute philosophische Ansätze finden.
Die Schreibweise insgesamt ist absolut überzeugend. Sehr angenehm zu lesen, aber nicht hinreichend einnehmend, um von den Schwächen der Story abzulenken.
Fazit: Hier wäre weniger mehr gewesen! Zu albern um ernst genommen zu werden - zu ernsthaft um als absurder, humoriger Roman gelesen zu werden.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Witzig, spritzig - Das Leben schreibt die besten Geschichten!

"Nee, wir haben nur freilaufende Eier!"
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Nach Entschuldigung, sind Sie die Wurst? ist dem Autorenteam wieder ein höchst amüsantes Buch gelungen. Das Rezept ist schlicht, denn es handelt sich um im web zusammengetragene "belauschte" Gespräche. ...

Nach Entschuldigung, sind Sie die Wurst? ist dem Autorenteam wieder ein höchst amüsantes Buch gelungen. Das Rezept ist schlicht, denn es handelt sich um im web zusammengetragene "belauschte" Gespräche. Die Situationskomik ist dabei oft kaum zu überbieten. Es ist sicher 1,5 Jahre her, dass ich den ersten Band gelesen habe, weshalb sich bei mir keine Langeweile einstellen konnte.

Bei mir sind Bücher dieser Art (also mit Anekdoten bzw. kurzen Geschichtchen) sog. Klobücher - was nicht heißt, dass sie dort tatsächlich landen. Es sind einfach Bücher, die ich parallel neben Romanen lesen kann. Immer mal die ein oder andere Seite in kurzen Pausen.

Auch dieses Buch finde ich gut strukturiert angelegt mit seinen Kapiteln, die schon erahnen lassen, was auf einen zukommt. Hier einige Beispiele:

Wirre Worte
Schlechte Ideen
Kleine Leuchten
Klare Ansagen

Zu jedem Kapitel gibt es eine kurze, erklärende Einleitung. Die einzelnen "Storys" sind dann nochmal betitelt, meist auf zweideutige, originelle Weise. Dazu gibt es noch die Angabe an welchem Ort und bei welcher Gelegenheit das Gespräch aufgeschnappt wurde.

Interessant fand ich auch das letzte Kapitel, unter dem Storys aufgeführt wurden, die gleich mehrfach geschildert wurden, nur an unterschiedlichen Orten mit tlw. abweichenden Protagonisten. Die Autoren wagen an dieser Stelle offen den Zweifel, dass nicht jede Story wirklich so erlebt wurde wie geschildert. Trotz dieses großen Fragezeichens finde ich die Situationen allesamt ausgesprochen komisch und ich hatte meine helle Freude auch an diesem Folgeband.

Hier ein kurzes Beispiel für das, was den Leser so erwartet (und weil es so schön zu WLD passt):

video killed more than the radio star

Aachen, In der Fußgängerzone.

Im Woolworth steht ein kleiner Junge (ca. vier) am Bücherregal. Seine Mutter ruft ihm zu:
"Kevin, komm von die Bücher weg.... wir lesen nicht!"