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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2017

Märchenbuch, auch für Erwachsene

Schauderhafte Wunderkinder
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Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ...

Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ein magischer Name, der besser nicht ausgesprochen wird, ein superhochbegabter Zwilling oder Norm, der so normal und durchschnittlich ist, dass ihn schlichtweg jeder übersieht.

Dieses Buch besticht durch seine ausgesprochen feine Sprache voller Alliterationen (z. B. Melinda Milford mit Mutter Melanie und Tante Mildred) und die launigen, kuriosen Geschichten einer Autorin namens Linda Quilt, hinter der sich niemand anderer als Hans Magnus Enzensberger verbirgt. Man erkennt seine Fabulierfreude in jeder Geschichte. Auch die Illustrationen sind ausgesprochen liebenswert gelungen.

So ist ein höchst unterhaltsames, vergnügliches Büchlein entstanden, das sich liest wie Butter!

Veröffentlicht am 23.06.2017

Nicht ganz ausgegoren

Heute leben wir
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Der letzte Kriegswinter im Dezember 1944. Renée ist ein 7jähriges jüdisches Mädchen, das seine ganze Familie verloren hat. Sie wird in den belg. Ardennen von verschiedenen Leuten vor den Deutschen versteckt. ...

Der letzte Kriegswinter im Dezember 1944. Renée ist ein 7jähriges jüdisches Mädchen, das seine ganze Familie verloren hat. Sie wird in den belg. Ardennen von verschiedenen Leuten vor den Deutschen versteckt. Durch einen Irrtum landet sie in einem amerikanischen Jeep, der jedoch von 2 verkleideten SS-Offizieren gefahren wird. Alles scheint auf ihre Hinrichtung hinzuführen, doch einer der Offiziere - Matthias - nimmt ihr Schicksal in seine Hände und nimmt sich ihr an.
So unglaublich beginnt der Debüt-Roman von Emmanuelle Pirotte. Alleine die Thematik sprach mich bereits ungeheuer an. Leider wurden meine Erwartungen nur z. T. erfüllt. Ich erhoffte mir eine Reflexion des Protagonisten Matthias, der immerhin als SS-Offizier eine hinreichende Vorgeschichte bot. Dies fand jedoch nach meinem Empfinden nirgends wirklich statt. Die einzige Reflexion die er erlebte war die, dass er sich eigentlich recht allein in der Welt befand und dies auch gezielt so gewählt hatte. Dann taucht dieses Mädchen auf und auf seltsame Weise fühlt er sich ihr verbunden. Wenn sie älter gewesen wäre, hätte man es Liebe auf den ersten Blick nennen können.
Es entwickelte sich zu meinem Leidwesen eher eine Art Abenteuerroman über die Flucht inmitten der verwirrenden Verhältnisse in einem Frontbereich des Krieges. Die gesellschaftlichen Knackpunkte der damaligen Zeit - Angst, Verrat auch von Freunden, Grausamkeiten ungewohnter Art - werden nur angekratzt und erst recht nicht vertieft.
Die Gedankengänge der Renée werden hingegen gut dargelegt. Mir mangelt es an einem nachvollziehbaren Charakter in Person des Matthias. Er ist mir viel zu wenig heraus gearbeitet und hier wurden Chancen vertan, eine so grenzwertige Person wie einen SS-Offizier wirklich nahe zu bringen. Er wirkt eher wie eine Maschine, der durch Renée etwas Sand ins Getriebe gerät. Für mich ist diese Figur absolut unergründlich.
Dafür birgt der Roman jedoch ausreichend Spannung und er lässt sich sehr gut lesen. Wenngleich im Mittelteil einige Längen zu spüren sind, holt er im letzten Drittel nochmal kräftig Luft. Verblüffend ist, dass es Pirotte gelungen ist, den Leser so weit zu bringen, trotz des unausgegorenen Charakters von Matthias eindeutig für diesen Partei zu ergreifen, selbst wenn er mehrfach Menschen töten muss.
Bei mir stand das Wohl der kleinen Renée im Vordergrund, die ich offenbar mit dem Überleben von Matthias in Zusammenhang brachte. Sie konnte in meinen Augen nur überleben, wenn Matthias dies auch gelang. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen. Auch das ein genialer Streich der Autorin.
Gestört hat mich etwas das diffus Esoterische, das latent mitklang, wenn es immer wieder um die Frage ging, warum Renée so auf Matthias wirkte - warum er sich so komplett gegen jede Vernunft verhielt. Genau wie bei der Frage, was Renée an Matthias hängen lässt. Eine Vaterfigur m. E. nicht, denn das waren die vorherigen Männer, die sie versteckten, wesentlich eher. Es wird ein unsichtbares Band gewoben, nur weil es diese Story braucht, um zu funktionieren. Das gab dem Ganzen einen leichten Mystery-Touch, der m. E. in einem solchen Roman fehl am Platze ist.
Angenehm empfand ich hingegen, dass sämtliche Gewalttaten eher sachlich geschildert wurden. Ohne große Ausschmückung oder jedes Pathos. So kann man sich auch diesen schwierigen Szenen annehmen, ohne überwältigt zu werden.
Fazit: Durchaus empfehlenswert für Leser, die sich mit der Thematik gerne beschäftigen und auch für Neueinsteiger, da einem nicht zu viel abverlangt wird. Da gibt es deutlich anspruchsvollere Bücher, die aber dann auch meist keine Romane sind.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Nette Unterhaltung für zwischendurch

»Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt«
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Wie gewohnt ist auch dieses Buch von Stephan Orth wirklich gut zu lesen - als Klobuch natürlich - meiner Meinung nach nichts für eine durchgängige Lektüre.

Unter verschiedenen Kapitel strukturiert werden ...

Wie gewohnt ist auch dieses Buch von Stephan Orth wirklich gut zu lesen - als Klobuch natürlich - meiner Meinung nach nichts für eine durchgängige Lektüre.

Unter verschiedenen Kapitel strukturiert werden abenteuerliche Begebenheiten rund um die Fliegerei geschildert. Diese Anekdoten wurden von Lesern an Spiegel Online geschickt. Hierbei gibt es etliche Blödeleien der Crews sowie unfreiwillige Komik zu lesen. Locker eingestreut auch Informationen rund um den Passagierflug - angefangen bei technischen Informationen über psychologische Fragen und auch Tipps.

Wer viel fliegt, wird hier sicher manches wiedererkennen. Wer nicht, der ist auf jeden Fall gut gerüstet auf alle möglichen Absonderlichkeiten, die auftreten können.

Fazit: Empfehlenswert für Leute, die gerne Anekdotensammlungen lesen oder fliegen. Macht rundum Spaß!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Ein typischer Jochimsen

"Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst?"
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Auch dieses Jochimsen-Buch findet meine ungeteilte Begeisterung. Für mich ein Klo-Buch par Excellence! Hier stimmt alles: die Länge der einzelnen Kapitel, der Humor, der ausgezeichnete Stil bei Formulierung ...

Auch dieses Jochimsen-Buch findet meine ungeteilte Begeisterung. Für mich ein Klo-Buch par Excellence! Hier stimmt alles: die Länge der einzelnen Kapitel, der Humor, der ausgezeichnete Stil bei Formulierung und Wortwahl - es dürfte jedoch 50-100 Seiten mehr aufweisen.
Zum Inhalt ist nicht viel zu sagen: Der kleine Tom und sein Vater in allen erdenklichen Situationen und Wortwechseln, wobei der Vater oftmals arg in Nöte gerät. Meist nicht etwa wegen Tom, sondern vielmehr, weil er sich selbst von gesellschaftlichen Regeln unter Druck setzen lässt. Also ist im Grunde genommen er selbst die Ursache der Fettnäpfchen, in denen er oft zu stehen glaubt.
Zum Glück ertappt er sich oft genug selbst und dann ist er mächtig stolz auf seinen Sohn, der sich noch so wenig von gesellschaftlicher Etikette beeindrucken lässt. Und weil man sich als Elternteil sehr gut in dieses Empfinden hinein versetzen kann macht die Lektüre auch so ungeheuer viel Spaß!

Allerdings war ich wie einige andere ebenfalls verblüfft, dass diese tollen Storys nur erfunden sein sollen. Die Erlebnisse wirken so authentisch, dass man es kaum glauben mag. Vielleicht haben wir Glück und aus den zahlreichen Tom-Storys die existieren wird noch ein weiterer Band erscheinen. Neue Geschichten von Tom soll es wohl leider nicht mehr geben, wenn man Jess Jochimsen glauben schenken darf - und der wird es wohl wissen

Veröffentlicht am 22.06.2017

Keiner schreibt wie von Schirach!

Verbrechen
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Er zählt zu meinen Lieblingsautoren, denn niemand schafft es, mich so vom ersten Satz an ein Buch zu fesseln.

In seinem Buch erzählt er von verschiedenen Fällen aus seiner Praxis als Rechtsanwalt.

Sein ...

Er zählt zu meinen Lieblingsautoren, denn niemand schafft es, mich so vom ersten Satz an ein Buch zu fesseln.

In seinem Buch erzählt er von verschiedenen Fällen aus seiner Praxis als Rechtsanwalt.

Sein Schreibstil ist m. E. einzigartig: präzise und knackig auf den Punkt! Er trifft mit wenigen Worten haargenau den Kern dessen, was er zu schildern gedenkt. Kein überflüssiger Schnickschnack, keine Schönmalereien, keine unnötigen Gefühlsduseleien. Alles sitzt genau an der Stelle, wo es hingehört. Ich liebe diese Schreibe!

Dabei schafft er es mit seiner beinahe emotionslosen, analytischen Schilderung, einen tief zu bewegen und mitfühlen zu lassen. Man fühlt förmlich die Ungerechtigkeiten und die Verzweiflung, die manchen Protagonisten seiner Erzählungen überkommen haben mag. Man liest jede dieser Geschichten und muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass es keine erfundenen Storys sondern das wahre Leben ist, was hier geschildert wird. Dass jede dieser Lebens-Geschichten anders ist, macht die Lektüre umso schöner, denn Eintönigkeit ist hier nirgends zu finden.

Das Buch ist sehr gut zu lesen, auch von Leuten, die nicht ständig mit Buch in der Hand anzutreffen sind. Allerdings ist es alles andere als leichte Kost. Nicht wegen des Schreibstils, sondern wegen der Geschichten, die einem nicht selten Tränen des Mitgefühls in die Augen steigen lassen. Wie schafft dieser Mann das, ohne rührselig zu schreiben? Man muss es lesen, dann weiß man es!