Dieses Buch habe ich mit richtig viel Vergnügen gelesen! Die Schilderungen des Schulalltages an einer sog. Brennpunktschule in Berlin sind wirklich amüsant geschrieben. Frl. Krise erzählt in chronologischer Reihenfolge von mehr oder weniger besonderen Erlebnissen während ihres Lehrerlebens mit ihrer 8. und 9. Klasse. Dass in ihrer Klasse bis auf 2 Schüler ausschließlich Kinder mit Migrationshintergrund sind, wird zwar einleitend erwähnt, spielt jedoch für sehr viele Geschichten überhaupt keine Rolle. Die sind multikulturell und einfach hormonell bedingt.
Nichtsdestoweniger macht es vieles nicht gerade einfacher an dieser Schule. Da in der Klasse überwiegend Moslems geschult werden ist manches anders als in einer überwiegend deutschen Klasse. Sehr angenehm fällt mir jedoch gerade bei diesem Thema auf, wie oft Frl. Krise versucht, gerade diese Probleme aus Sicht der Jugendlichen oder zumindest die Ursache dessen zu betrachten.
Immer wieder schafft sie es, ihre Sympathie für "Ihre" Kinder anklingen zu lassen. Ob es der mit ihrer Kollegin durchgeführte Kopftuchtest ist oder die gemeinsame Weihnachtsfeier, der Besuch bei ihren Schülern zu Hause, wenn die Leistungen sehr zu wünschen übrig lassen und der in einem gemeinsamen Essen mündet - mit gegenseitigen Beteuerungen, alles in Zukunft besser zu machen: Der Schüler, die Eltern, die Schwester und auch die Lehrerin. Und die etwas bittere Erkenntnis, dass nach diesem Abend sich selbstverständlich nichts geändert hat.
Ob der wörtlich übernommene Slang, der von den Jugendlichen gesprochen wird, wirklich notwendig ist, wage ich zu bezweifeln. Ganz sicher lockert er jedoch die Geschichten auf und ist sicherlich auch authentischer, als den Schülern grammatikalisch einwandfreie Sätze in den Mund zu legen.
Das Buch ist in kurzen Sequenzen geschrieben, die immer wieder mit ebenso kurzen Geschichten von früheren Jahren abwechseln. Diese sind dankbarer Weise in kursiver Schrift gedruckt, sodass einem dieser Zeitwechsel nicht entgehen kann. Die Geschichten von "Früher" handeln von Frl. Krises Zeit als Referendarin, ihrer ersten Klasse, ihrer Arbeit mit Referendaren und von einigen ihrer früheren Klassen. Diese Gegenüberstellung ist nicht nur spannend sondern macht das Buch in sich interessanter als eine bloße Schilderung dieser beiden letzten Schuljahre.
Bei vielen ihrer Erzählungen muss man schmunzeln, manchmal wirklich lachen (ich sage nur: Bolzenschneider!) und manchmal auch traurig lächeln, denn vieles kann man wirklich gut verstehen und man ahnt, dass manche Kinder einfach nur Pech haben. Es ist sehr locker geschrieben und für mich war es das ideale Klobuch! Durch die sehr kurzen Geschichten ist es hervorragend dafür geeignet, immer wieder mal in einer kurzen Pause zur Hand genommen zu werden. Nach kurzer Zeit hat man die Namen der Kinder und auch sicher jeder ein passendes Bild dazu im Kopf. Durch seine Art nicht unbedingt ein Buch welches man in einem Zug liest wie einen Roman.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Nicht zuletzt, weil man der Schreiberin ihre Leidenschaft für ihren Beruf deutlich anmerkt. Auch wenn manches sehr humorvoll geschildert ist - manches auch durchaus fatalistisch - so ist vollkommen klar, dass sie sowohl ihren Beruf als auch ihre Kinder wirklich von ganzem Herzen mag. Dies verdeutlicht auch am Ende des Buches ihre Widmung, wo sie sich besonders bei all ihren Schülern bedankt, die ihr Leben so sehr bereichert haben.
Wer keinen platten Schulhumor sucht und auch keine Verteufelung derselben, der ist mit Frl. Krise gut beraten! Ich kann es nur weiterempfehlen!