Ausnahmebuch
Die dritte Hälfte eines LebensDie dritte Hälfte eines Lebens ist in meinen Augen eine wirkliche Ausnahmeerscheinung. Umso schwieriger ist m. E. die Rezension...
Der Roman spielt im fiktiven niederösterreichischen Dorf Krimmwing. Wenn ...
Die dritte Hälfte eines Lebens ist in meinen Augen eine wirkliche Ausnahmeerscheinung. Umso schwieriger ist m. E. die Rezension...
Der Roman spielt im fiktiven niederösterreichischen Dorf Krimmwing. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, könnte ich noch nicht einmal sagen, wann es genau handelt. Es erstreckt sich jedoch über gut 44 Jahre. Genau genommen ist aber auch egal, wann es spielt, denn "in Krimmwing gilt die Zeit nicht", wie Protagonist El-Kah-Ih treffend feststellt. Das Dorf sieht alles und vergisst nichts!
Krimmwing hat anscheinend seine eigenen Regeln und wer sich nicht einordnen lässt, der wird ausgegrenzt. Völlig einerlei, ob wegen seiner sexuellen Orientierung, Hautfarbe, Religion oder physiognomischer Besonderheiten. Die Dorfgemeinschaft ist erbarmungslos und die Dorfkinder sind wie oft die härtesten von allen.
In dieser Gemeinschaft wächst der kleine Seppi ohne seinen Vater auf, denn der war ohnehin als Farbiger nicht gut gelitten im Dorf. Seine Mutter Rosa, wirklich mit ganzem Herzen in ihren Jackson verliebt, ist mit gerade mal 16 Jahren überfordert mit der Situation und zerbricht letztlich in den folgenden Jahrzehnten an ihrer Rolle als Alleinerziehende eines im Dorf unerwünschten, farbigen Kindes. Nicht zuletzt, weil sie beständig hoffte und auch erwartete, dass Jackson eines Tages zurückkehrt und sie abholt. Die Erkenntnis, dass auch er sie verraten hat, lässt sie immer mehr verhärten und Schmerz und Wut auch gegen ihr Kind richten.
Ich musste oft schlucken, was der kleine Kerl alles so zu ertragen hatte. Geholfen hat mir der typisch österreichische, immer etwas kantige Schreibstil der jungen Autorin Anna Herzig, die, selbst mit Migrationshintergrund, allerdings in der Hauptstadt Wien aufgewachsen ist. Der recht distanzierte Stil lässt alles besser ertragen und trotz des Sicherheitsabstands sind mir die Charaktere doch nicht fern geblieben, sondern sogar ziemlich nahe gekommen. Und mit allen Hauptakteuren konnte ich mitfühlen - sogar mir Rosa, die es einem nicht gerade leicht machte.
Das Buch zählt zu den dünneren Exemplaren mit gerade mal insgesamt 130 Seiten und ich habe es an einem gemütlichen Nachmittag eingesogen. Kein leichtes Stück Lektüre, was jedoch niemanden abhalten sollte, der einmal etwas ganz anderes lesen möchte.
Fazit: Nur Mut! Es lohnt sich...