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Veröffentlicht am 09.07.2018

Und weiter geht es in Fuseta

Lost in Fuseta - Spur der Schatten
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Leander Lost ist inzwischen gut in seinem Leben in Fuseta angekommen. Er wird respektiert von seinen Kollegen und deren Familie und er gibt sich auch die größte Mühe, sich "normalen" Menschen anzupassen, ...

Leander Lost ist inzwischen gut in seinem Leben in Fuseta angekommen. Er wird respektiert von seinen Kollegen und deren Familie und er gibt sich auch die größte Mühe, sich "normalen" Menschen anzupassen, damit er kein Außenseiter bleibt - was gar nicht so einfach ist, da er Asperger Autist und Eidetiker ist. Wie er das anstellt, will ich hier jedoch nicht verraten, denn das Buch bringt so viele gute Einfälle, dass es schade wäre, sie in einer Rezension vorweg zu nehmen.
Zum Kriminalfall: Eine beliebte und erfahrene Polizistin verschwindet - sie erscheint einfach nicht zum Dienst und ist vor allem ohne ihr heißgeliebtes Handy aufgebrochen. Graciana ahnt, dass dies kein gutes Zeichen ist. Kurz darauf wird sie ermordet aufgefunden und erst einmal stehen die Ermittler Graciana, Carlos und Leander recht ratlos da.

Diesen Kriminalfall fand ich deutlich spannender und mitreißender als den ersten Lost-Krimi. Da mich jedoch auch der erste Band schon begeisterte ist keine Frage, dass mich der zweite noch mehr für sich einnimmt.
Er war für mich ein echter Pageturner und ich musste sehr oft schmunzeln und das ein oder andere Mal auch herzhaft lachen, denn die Situationen, die sich durch Losts besondere Begabung ergaben, waren wirklich z. T. sehr amüsant.
Begeistert hat mich, wie Ribeiro es schafft, immer neue Facetten in den Personen (vor allem natürlich die von Lost) anzulegen. Vor allem die Entwicklung, die auch seine Kollegen (allen voran Carlos) durch ihn und mit ihm machen, sind einfach toll zu lesen.
Dieser Roman hat alles, was ein guter Roman für mich haben muss: Spannung, phantastische Charaktere, eine gute Portion Humor und dazu noch recht viel Hintergrundinformationen - sei es zu landestypischen Gerichten und Landschaft oder auch zur historischen Rolle Portugals während und nach der Kolonialzeit. Eine ganze Weile tappt man völlig im Dunkeln und fragt sich genau wie die Kommissare, was wohl alles dahinter stecken mag und erst während der Roman sich entwickelt bekommt man eine Ahnung, wie alles miteinander verquickt sein könnte.
Hoffentlich bleibt uns Lost noch lange erhalten! Wenn das keine TV-Serie wird, dann weiß ich es auch nicht. Als typischen Regionalkrimi würde ich ihn übrigens nicht bezeichnen. Er könnte überall woanders spielen, solange die Protagonisten mitziehen.

Fazit: Lohnt sich auf jeden Fall, wenn man nicht unbedingt bluttriefende Thriller lesen möchte. Hervorragender, kurzweiliger Schreibstil!

Veröffentlicht am 24.06.2018

Zu viel des Guten

Das Eis
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Ausgangspunkt der Geschichte ist das Auftauchen eines schon länger vermissten Mannes, dessen Leiche das wohl nicht mehr so ewige Eis beim Kalben eines Gletschers freigibt. Bei dem Toten handelt es sich ...

Ausgangspunkt der Geschichte ist das Auftauchen eines schon länger vermissten Mannes, dessen Leiche das wohl nicht mehr so ewige Eis beim Kalben eines Gletschers freigibt. Bei dem Toten handelt es sich um Thomas Harding, einen recht charismatischen Umweltschützer, der seit einer Exkursion in eine Höhle unter dem Eis vermisst wird. Es gibt eine gerichtliche Untersuchung über diesen Vorfall, den sein bester Freund Sean Cawson mit viel Glück überlebt hat. Dies bildet den Rahmen für das Buch.
Eingeleitet wird jedes Kapitel von kurzen Geschichten aus der Zeit der ersten Expeditionen in die Arktis, die die zum Teil sehr extremen Situationen beschreiben. Dieser Part gefiel mir recht gut, weil er insgesamt zur Auflockerung beitrug.
Im Rahmen der o g. gerichtlichen Untersuchung erfährt man, wie es zu dem Unglück kam, welche wirtschaftlichen Interessen sich hinter der Erschließung der Arktis verbergen - egal ob als Rohstoffquelle oder als neuer deutlich kürzerer und politisch sicherer Transportweg bis hin zu illegalem Waffenhandel ist alles dabei. Auch der Wandel der Freundschaft (hört bei Geld ja oft auf) und der Klimawandel wird hier angerissen. Letzterer bei der Untersuchung durch den Auftritt eines Gutachters, der leider fast schon als Karikatur rüberkommt. Gewürzt mit ein bisschen Mystik dann und wann und mit einem bekehrten Helden am Schluss lässt mich das Buch etwas ratlos zurück.
Es packt viele unterschiedliche Themen an, will meiner Meinung nach aber zu viel. Man kann einiges über die Arktis lernen und vermeintliche Menschenkenntnis erweist sich im Laufe der Handlung oft als verhängnisvoller Irrtum.
Geschrieben ist es sehr ansprechend und es ist wirklich gut zu lesen, aber ich finde die Verquickung der verschiedenen Bereiche nicht wirklich geglückt.

Veröffentlicht am 23.05.2018

Was verlorene Gegenstände so alles erzählen könnten

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Schriftsteller Peardew hat in seinem Haus eine stattliche Sammlung an gefundenen Sachen gehortet. Sein Plan ist, dass irgendwann vielleicht jemand etwas ganz Wichtiges zurück bekommt, an dem sein Herz ...

Schriftsteller Peardew hat in seinem Haus eine stattliche Sammlung an gefundenen Sachen gehortet. Sein Plan ist, dass irgendwann vielleicht jemand etwas ganz Wichtiges zurück bekommt, an dem sein Herz hängt. Einst verlor er etwas, das für ihn unglaublich wichtig war und ihn an seine Verlobte band. So steigerte er sich über die Jahrzehnte in diese "Macke" des Sammelns hinein.
Der andere Erzählstrang ist der des Verlegers mit dem Spitznamen Bomber und dessen Angestellter Eunice. Beide Stränge werden parallel erzählt, und das zeitversetzt. Während der Peardew-Strang (nebst dessen Angestellter Laura) in aktueller Zeit spielt, beginnt der Bomber-Strang etwa 40 Jahre früher. Selbstverständlich kreuzen sich die Stränge irgendwann und ergeben ein schlüssiges Ende der Geschichte.
Der Schreibstil lässt sich sehr flüssig lesen und macht auch Spaß. Die Zeitwechsel waren für mich nicht immer so leicht nachvollziehbar, brachten aber das Lesevergnügen nur kurz ins Stocken. Nicht so recht zum Ganzen passte für mich der leichte Mystery-Touch, der immer mehr Platz einnahm in der Geschichte.
Sehr gelungen fand ich hingegen die immer wieder eingestreuten, kurzen Geschichten der Besitzer der Fundstücke. Sie brachten ein wenig Abwechslung ins sich doch recht schnell wiederholende Einerlei der Hauptstränge. Davon hätte ich gerne mehr gelesen und dafür weniger Schmalz.
Insgesamt war das Buch gut zu lesen, auch wenn es mich irgendwie enttäuscht hat. Es hörte sich so vielversprechend an, aber für mich zog es sich insgesamt etwas und vor allem der gegen Ende immer stärker aufflammende Romantikteil hat 1 Pünktchen gekostet in meiner Bewertung.
Wer gerne leichte, etwas verdrehte und vor allem romantische Bücher liest, der wird hier jedoch gut bedient!

Veröffentlicht am 21.05.2018

Die andere Walters...

Die letzte Stunde
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Zum Inhalt:
Im Jahre 1348 bricht in Südengland die Pest aus. Innerhalb kürzester Zeit sterben in manchen Landstrichen alle Menschen. Lady Anne, die Herrin von Develish erkennt die Situation richtig und ...

Zum Inhalt:
Im Jahre 1348 bricht in Südengland die Pest aus. Innerhalb kürzester Zeit sterben in manchen Landstrichen alle Menschen. Lady Anne, die Herrin von Develish erkennt die Situation richtig und schottet ihr Dorf hermetisch von der Außenwelt ab. Sogar ihrem Mann verweigert sie nach einer Reise den Zutritt. In der Abgeschlossenheit treten Konflikte auf und eines Tages geschieht sogar ein Mord. Thaddeus, der nach dem Tod des Gutsherren von Lady Anne zum Verwalter ernannt wurde macht sich mit fünf Jugendlichen auf die Suche nach Vorräten. Die weitere Handlung beschäftigt sich mit den Erlebnissen der Gruppe und dem Überlebenkampf der Zurückgeblieben gegen Räuber und den internen Intrigen. Der Mord wird auf den letzten zwei Seiten so nebenbei aufgeklärt.
Stilistisch ist das Ganz recht gut geschrieben. Es liest sich recht flüssig, obwohl bei den Charakteren an manchen Stellen noch etwas mehr Tiefe und Feinschliff zu wünschen wäre.
Genre?
Die Buchbeschreibung auf dem Schutzumschlag erweckt - m. E. durchaus beabsichtigt - den Eindruck, als würde es sich um einen historischen Krimi handeln. Das basiert wahrscheinlich auf der Vermutung, dass es sich besser vermarkten lässt, weil Minette Walters üblicherweise Krimis schreibt. Obwohl ein Mord passiert ist dieser und auch dessen Aufklärung dennoch reine Nebensache.
Ob es ein historischer Roman ist, ist etwas schwieriger zu beantworten. Sicherlich ist er um 1350 angesiedelt und manche Sitten und Gebräuche werden auch so beschrieben wie es wahrscheinlich damals zuging, aber Lady Anne kommt mit für damalige Verhältnisse revolutionären Ideen um die Ecke. Sie bringt den Leibeigenen lesen und schreiben bei, kümmert sich um Kranke und hat für damalige Verhältnisse sehr innovative Ideen zum Thema Hygiene. Sogar einen Leibeigenen, Thaddeus, macht sie nach dem Tod ihres Gatten zum Verwalter. Ob das im Jahre 1348 tatsächlich funktioniert hätte, sei mal dahingestellt. Für mich ist es rundweg unglaubwürdig und genau da liegt für mich das Problem bei der Bezeichnung historischer Roman. Natürlich hat ein Roman fiktive Handlung, aber ich erwarte dennoch einen größtenteils realistischen Rahmen, was mir bei diesem Buch leider fehlt.
Zum Ende noch eine Bemerkung:
Auf der letzten Seite erfährt der geneigte und danach womöglich verärgerte Leser, dass der Roman als Fortsetzungsgeschichte konzipiert ist. Dies war vorher definitiv nicht zu vermuten und erschließt sich auch nicht aus dem Klappentext. So wird man nach 650 Seiten ziemlich allein gelassen auf weiter Flur und kann sich dann überlegen ob tatsächlich Interesse an der Weiterentwicklung dieses phantasiereichen sozialen Experiments besteht oder nicht. Auf mich trifft Letzteres zu.

Veröffentlicht am 11.04.2018

Mehr als schwarz und weiß

Strafe
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Auf gewohnt sachlich distanzierte Weise präsentiert Ferdinand von Schirach uns mit seinem neuen Buch 12 neue Erzählungen aus dem Bereich der deutschen Rechtsprechung. Sehr gut gewählt ist wieder der Titel ...

Auf gewohnt sachlich distanzierte Weise präsentiert Ferdinand von Schirach uns mit seinem neuen Buch 12 neue Erzählungen aus dem Bereich der deutschen Rechtsprechung. Sehr gut gewählt ist wieder der Titel des Buches, denn dieses Mal geht es um nicht erteilte Strafe, die eigentlich auf ein Verbrechen folgen sollte. Jedenfalls, wenn es gerecht zuginge vor den Gerichten - der allgemeinen Einschätzung nach zumindest.

Doch was passiert, wenn man diese Erzählungen liest? Man ertappt sich bei der ein oder anderen Story, dass man aufatmet, weil die Tat nicht gesühnt wurde. Wie kann das angehen, wenn man selbst doch durchaus ein meistenteils gesetzestreues Mitglied unserer Gemeinschaft ist? Das wird wohl das Geheimnis des Ferdinand von Schirach bleiben, wie er solche Misstöne in das gesunde Gerechtigkeitsgefühl des Lesers zu setzen vermag.

Wie immer geht er ganz leise ans Werk, schleicht sich mit der durchaus detaillierten jedoch nie überladenen Schilderung der Lebensumstände von Opfer und Täter an und dann schlägt er zu. Manches Mal hält man die Luft an, wenn das Ende einer Story naht. Ein anderes Mal muss man wirklich schmunzeln, wie beim kleinen Mann. Am meisten beeindruckt und mitgenommen hat mich gleich die erste Geschichte Die Schöffin und auch Subotnik. Wie unsagbar bürokratisch kann unser Rechtssystem sein, dass sowohl die Gerechtigkeit als auch die Leben der am Prozess beteiligten Personen dem untergeordnet werden. Man kann es kaum nachvollziehen.

Bei jedem seiner Bücher erstaunt mich immer wieder, wie von Schirach es fertig bringt, den Leser trotz seiner knappen distanzierten und tatsächlich nahezu emotionslosen Schilderung so einzunehmen. Ich gestehe, dass es nur wenig Bücher gibt, die mich so ergreifen wie seine. Vielleicht weil er wirklich alles schreibt und nichts umschreibt. Weil man solch umfassende Geschichten in kurzen, prägnanten Sätzen serviert bekommt, sodass kaum Zeit bleibt, sich zu wappnen. In einem Absatz kann so viel passieren, wie sonst bei anderen Schriftstellern auf etlichen Seiten.

Wie auch immer: Ich liebe seine Bücher!

Und deshalb kann ich auch dieses Buch nur wärmstens empfehlen.