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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.03.2025

Unterhaltsam, ehrlich und verletzlich

No Hard Feelings
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„No Hard Feelings“ ist direkt und ehrlich, aber dabei auch sehr witzig und verletzlich. Erzählt wird aus der Sicht von Penny, die mit Ende 20 in einer sehr einseitigen Beziehung zu Max steckt. Will sagen: ...

„No Hard Feelings“ ist direkt und ehrlich, aber dabei auch sehr witzig und verletzlich. Erzählt wird aus der Sicht von Penny, die mit Ende 20 in einer sehr einseitigen Beziehung zu Max steckt. Will sagen: Max will nur was lockeres, Penny aber eine richtige Beziehung. Natürlich denkt sie, dass sie Max schon dazu bewegen kann, fest mit ihr zusammen zu sein, wenn sie nur nicht anstrengend ist und die ganze Zeit macht, was er will. Und wir wissen ja alle, wie gut sowas läuft … nicht.

Ich habe mich in diesem großartigen Debütroman so oft wiedererkannt und wollte Penny ebenso oft sagen: Lass ihn! Such dir einen anderen Mann! Aber Penny würde nicht auf mich hören, genauso wenig, wie sie auf ihre Freundinnen Annie und Bec hört – oder auf ihren Mitbewohner Leo. Sie muss erst auf die Nase fallen - mehrfach - um Max gehen lassen zu können. Bis dahin gibt es viel zu lachen, aber auch zu weinen. Denn Penny steht unter Stress und ist einem Nervenzusammenbruch nahe. Letztlich holt sie sich Hilfe bei einer Therapeutin (was zunächst allerdings auch nicht so gut läuft).

Mir gefällt sehr gut, wie in „No Hard Feelings“ das Thema mentale Gesundheit behandelt wird. Penny hat ständig Angst zu versagen, sie fühlt sich wertlos, alle anderen sind immer besser und schöner.
Genevieve Novak beschreibt Pennys wechselhafte Emotionen nachvollziehbar und echt. Der Druck, dass sie immer „alles richtig machen muss“, ist deutlich spürbar und ebenfalls nachvollziehbar. Dass dieser Druck nicht gut ist und die Psyche früher oder später darunter leiden wird, ist logisch. Ich finde es toll, dass dieses Themen in immer mehr Büchern in den Mittelpunkt rücken. Davon hätte ich mir in meiner Jugend mehr gewünscht.

Fazit: „No Hard Feelings“ ist unterhaltsam, ehrlich, verletzlich und chaotisch. Ein Roman, in dem sich viele Frauen wiedererkennen werden. Ich bin absolut begeistert, habe viel gelacht und auch mitgefühlt.

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Veröffentlicht am 03.03.2025

Eine düstere Liebesgeschichte mit Twist

Love Letters to a Serial Killer
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„Love Letters to a Serial Killer“ bedient sich des Phänomens, dass (junge) Frauen, mutmaßlichen oder verurteilten Mördern Liebesbriefe schreiben, da von den Männern offenbar eine besondere Faszination ...

„Love Letters to a Serial Killer“ bedient sich des Phänomens, dass (junge) Frauen, mutmaßlichen oder verurteilten Mördern Liebesbriefe schreiben, da von den Männern offenbar eine besondere Faszination ausgeht. Vor kurzem habe ich eine Dokumentation gesehen, in dem dieses Thema aufgegriffen wird und es wird darüber spekuliert, dass die Frauen und Mädchen, die Serienmördern (in diesem Fall war es Ted Bundy) Liebesbriefe schreiben, oftmals psychische Probleme haben. Tasha Coryells Protagonistin Hannah fällt definitiv in diese Kategorie. Sie macht sich klein, will immer gefallen – vor allen Männern – und schreibt einem Mann, der im Gefängnis sitzt, weil der immerhin nicht weglaufen kann.

Hannah tritt als Ich-Erzählerin auf, weshalb ich tief in ihre Gedankenwelt eindringen kann. Ihre Briefe an William offenbaren eine tiefe Sehnsucht nach einer festen Verbindung, allerdings wird auch deutlich, dass die mitschwingende Gefahr einen besonderen Reiz auf Hannah ausübt. Die Grenze zwischen (vermeintlicher) Liebe und Obsession wird hier sehr oft übertreten. Als Williams Prozess beginnt, zieht es Hannah in den Gerichtssaal, um ihrem „Freund“ nahe zu sein. Doch sie will noch mehr, sie will auch seine Familie kennenlernen und aufgenommen werden. Ihre obsessive Art zieht sich durch die ganze Geschichte – bis zu einem brisanten Ende. Es ist eine Liebesgeschichte, wenn auch eine sehr düstere und spezielle. Und es ist eine Liebesgeschichte, die Fragen über Moral und Abgründe der menschlichen Seele aufwirft.

Abgesehen von den psychologischen Aspekten ist „Love Letters to a Serial Killer“ aber auch einfach eine spannende Geschichte. Tasha Coryell baut zudem einige Wendungen ein und das Ende ist nochmal ein (böses) Sahnehäubchen.

Hannah ist als Protagonistin sehr ambivalent. Ich wusste nie so richtig, wie ich sie einschätzen soll, was auch einen gewissen Reiz ausmacht. Das betrifft auch ihre Motive bezüglich ihres Briefwechsels mit William. Die anderen Charaktere bleiben im Vergleich eher blass, was in Ordnung ist, da es um Hannah geht. Insgesamt fühlte ich mich von Love Letters to a Serial Killer sehr gut unterhalten und habe es dank des flüssigen Stils sehr schnell durchgelesen.

Fazit: "Love Letters to a Serial Killer" ist eine düstere Liebesgeschichte, die Fragen über Moral und Abgründe der menschlichen Seele aufwirft. Eine ambivalente Protagonistin, einige Twists und eine gut geschriebene Geschichte machen den Roman von Tasha Coryell lesenswert.

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Veröffentlicht am 28.02.2025

Unterhaltsam, mitreißend und spannend

Der letzte Mord am Ende der Welt
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Am Ende haben wir unsere Welt selbst vernichtet, bevor die Natur das tun konnte – auch wenn wir ihr nur sehr knapp zuvorgekommen sind.“ (Zitat Seite 82)

„Der letzte Mord am Ende der Welt“ ist ein absolut ...

Am Ende haben wir unsere Welt selbst vernichtet, bevor die Natur das tun konnte – auch wenn wir ihr nur sehr knapp zuvorgekommen sind.“ (Zitat Seite 82)

„Der letzte Mord am Ende der Welt“ ist ein absolut fesselndes Leseerlebnis, das mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat und dann nicht wieder losgelassen hat. Turton gelingt es, eine komplexe und vielschichtige Geschichte zu weben, bei der wirklich jeder auf seine Kosten kommen wird. Denn der Autor versteht es einfach perfekt, verschiedene Genres miteinander zu verbinden und das auf sehr mitreißende Art und Weise.

Es geht um das Ende der Welt (buchstäblich), die Suche nach einem Mörder und darüber hinaus um Schuld und Identität. Was macht einen Menschen aus? Kann man ein Leben gegen ein anderes aufwiegen? Ja, es wird durchaus auch philosophisch. Aber keine Sorge, auch das auf unterhaltsame Weise. Eben zwischen den Zeilen.

Hier bleibt kein Charakter blass. Alle, auch Nebenfiguren, sind sehr gut ausgearbeitet, haben ihre Geheimnisse und Wünsche – was angesichts einer bestimmter Wendung sehr überraschend ist. Überhaupt versteht es Stuart Turton einfach großartig, mich immer wieder auf falsche Fährten zu führen. Immer, wenn ich dachte, ich weiß, wie der Hase läuft, dann wechselte dieser die Richtung und brachte mich an einen ganz anderen Ort. Ich war (und bin) begeistert.

„Der letzte Mord am Ende der Welt“ ist ein unterhaltsamer, mitreißender, sehr gut geschriebener Spannungsroman, der Krimi- und Thriller-Leser, aber auch Romanleser gleichermaßen begeistern wird. Und dass dieses Buch so ein Lesegenuss ist, liegt natürlich auch an der großartigen Übersetzung von Dorothee Merkel. Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 24.02.2025

Tiefgründige Familiengeschichte

Der Gott des Waldes
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Die Familie Van Laar ist reich und benimmt sich auch so. Reiche Leute, denen es an Empathie mangelt, die denken, sie können sich alles erlauben (wobei sie leider oft auch recht behalten) und die selbst ...

Die Familie Van Laar ist reich und benimmt sich auch so. Reiche Leute, denen es an Empathie mangelt, die denken, sie können sich alles erlauben (wobei sie leider oft auch recht behalten) und die selbst ihre eigenen Familienangehörigen schlecht behandeln, kennen wir natürlich aus der Literatur. Doch obwohl das Thema nicht neu ist, sorgt u. a. Liz Moores präziser und mitreißender Stil dafür, dass ich „Der Gott des Waldes“ nicht aus der Hand legen kann.

Gelungen finde ich die verschiedenen Erzählperspektiven, die Liz Moore für ihren Roman gewählt hat. Sie lässt mich nicht nur in den Jahrzehnten hin- und herspringen (von den 1970ern geht es in die 50er und 60er und wieder zurück), sondern wechselt auch mit jedem Kapitel das erzählende Personal. So komme ich der Auflösung immer näher. Einer Auflösung, die mich überrascht und die ich nicht habe kommen sehen.

Besonders gut hat mir auch die Vielfalt der Themen gefallen. Das Thema „Familie“ ist an sich ja schon komplex, aber hier kommt auch noch die soziale Komponente hinzu. Die reichen Van Laars sind natürlich aus dem Schneider. Jegliche Verfehlungen ihrerseits – mögen sie auch noch so blutig sein – haben selten Konsequenzen – dafür haben sie ihre gut bezahlten Anwälte. Die weniger privilegierten Angestellten des Camps kommen da schon mal unter die Räder und müssen für Dinge ins Gefängnis, die sie nicht zu verantworten haben. Das macht wütend – aber Liz Moore schaut ja nur, wie es in der Welt zugeht. Und so ist es leider (fast?) überall. So ist „Der Gott des Waldes“ also nicht nur ein Roman, der mich auf perfekte Weise unterhalten hat, sondern er bewirkt auch, dass ich über verschiedene Dinge nachdenke. Gute Romane können so was.

Fazit: „Der Gott des Waldes“ ist eine tiefgründige Familiengeschichte mit vielschichtigen Charakteren und einem mitreißenden Stil. Darüber hinaus punktet Liz Moore mit literarischer Eleganz, unterhält und regt zum Nachdenken an. Ein großartiger Roman.

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Veröffentlicht am 06.02.2025

Ein Highlight

Umlaufbahnen
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Samantha Harvey nimmt mich mit an einen ganz besonderen Ort, nämlich eine internationale Raumstation. Auf dieser treffe ich auf sechs Astronauten bzw. Kosmonauten aus Amerika, Japan, Großbritannien und ...

Samantha Harvey nimmt mich mit an einen ganz besonderen Ort, nämlich eine internationale Raumstation. Auf dieser treffe ich auf sechs Astronauten bzw. Kosmonauten aus Amerika, Japan, Großbritannien und Japan sowie Russland. Jeweils aus der Sicht eines der Protagonisten erlebe ich ihre Zeit im All.

„So einsam sind sie in ihrem um die Erde kreisenden Raumschiff und gleichzeitig einander so nah, dass ihre Gedanken, ihre individuellen Mythologien, bisweilen zusammenfinden.“ (Seite 7)

Schon mit diesem ersten Satz zieht mich die Autorin hinein in ihren klugen und wundervollen Roman, der mich mehr als einmal zum Taschentuch greifen lässt. Tief beeindruckt hat mich die Schönheit der Worte, die Samantha Harvey für ihr mit dem Booker Prize 2024 ausgezeichnetes Buch gewählt hat und die von Julia Wolf so grandios ins Deutsche übersetzt wurden.

Die poetische Sprache trägt mich durch das Buch und als wäre das nicht genug, verzaubert Harvey mit eindrucksvollen, sehr bildhaften Beschreibungen des Himmels, der unendlichen Weiten des Alls und den Aussichten auf die Erde. Das ist absolut faszinierend! Schon aufgrund der Schönheit der Sprache ist der Roman eine Empfehlung wert.

Als Leserin folge ich den Gedanken der Astronauten, die oft existenziell sind. „Was zur Hölle mache ich hier, in einer Blechbüchse im luftleeren Raum? Ein konservierter Mann in einer Konservendose. Zehn Zentimeter Titan trennen ihn vom Tod. Nicht einfach vom Tod, sondern von der Auslöschung, der völligen Nichtexistenz.“ (Seite 83)

Das berührt und macht nachdenklich. Neben den bewegenden Gedanken erlebe ich auch die Einsamkeit der Astronauten. Sie vermissen ihre Liebsten und dennoch wollen sie nirgendwo anders sein als im All.

Samantha Harvey erzählt davon, unaufdringlich, leise und sehr glaubwürdig. „Umlaufbahnen“ ist kein Science-Fiction-Roman, die Autorin hat für ihr Buch akribisch recherchiert und das merkt man ihm auch an. Ein Highlight!

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