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Veröffentlicht am 01.09.2019

Wie war das damals wirklich, während der friedlichen Revolution?

Das Wunder der Freiheit und Einheit
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Klappentext:

3. Oktober 1989: Honecker schließt die letzte offene Grenze der DDR. Die Welt hält den Atem an. Es folgen 38 bewegende Tage, bis sich die Mauer öffnet. Jeden Tag davon können wir miterleben ...

Klappentext:

3. Oktober 1989: Honecker schließt die letzte offene Grenze der DDR. Die Welt hält den Atem an. Es folgen 38 bewegende Tage, bis sich die Mauer öffnet. Jeden Tag davon können wir miterleben - durch die lebendigen Berichte von über 50 Zeitzeugen. Sie nehmen uns Tag für Tag in die Geschehnisse mit hinein, darunter Politiker wie Hans-Dietrich Genscher und Christine Lieberknecht sowie Akteure der Friedlichen Revolution wie Harald Bretschneider, Christian Führer und Uwe Holmer. Die Augenzeugen- und Hintergrundberichte geben Anregungen, sich mit seinem Glauben auch heute in der Gesellschaft einzumischen. Damals waren es Kerzen und Gebet - und heute?

Fazit:

Im Oktober haben viele Menschen gehofft und gebangt. Honecker lässt die Muskeln spielen, um die Rufe aus dem Volk zu ersticken. Die DDR feiert ihren 40. Jahrestag und die Rufe aus dem Volk werden immer lauter. Wir im Westen, im grenznahen Bereich sahen die Bilder: Die überfüllten Botschaften der östlichen Anreinerstaaten, die Panzer und Wasserwerfer der Polizei gegen Demonstranten und die pompösen Feierlichkeiten der DDR zum 40. Jahrestag. Die DDR war am Ende, doch die Machthaber wollen mit aller Gewalt ihren Status aufrechterhalten. 38 Tage entschieden über den Ausgang dieser Revolution eines enttäuschten Volkes.

„Das Wunder der Freiheit und Einheit“ beschreibt diese 38 Tage anhand von Zeitzeugenberichten und gibt einen tiefen Einblick in die Hintergründe. Wer sind die Strippenzieher im Hintergrund, die auch vor harten Strafen nicht zurückschrecken? Warum blieb diese Revolution tatsächlich friedlich, obwohl mit dem Schlimmsten zu rechnen war? Wo konnten sich so viele Menschen treffen, um ihren Unmut kundzutun? Welche Rolle spielt Gorbatschow und seine Politik der Glasnost und Perestroika? Diese und weitere Fragen werden in diesem Buch beantwortet.

Die Kirchen hatten in der DDR einen sehr zweifelhaften Ruf und es gab relativ wenige Kirchenoberhäupter, die sich gegen den Staat stellen konnten, da sie mit schärfsten Repressalien zu rechnen hatten. Im Herbst 1989 gab es einige mutige Vertreter der Kirche, die ihre Türen öffneten und Gläubige und Ungläubige fanden Halt und Hilfe. Nach den gut besuchten
Montagsgebeten fanden die ersten Demonstrationen statt und zogen immer mehr Menschen an. Die Revolution beginnt zu laufen und die vielen Kerzen bringen sie zu leuchten. Wie brisant diese Revolution wirklich war, dies dürfen wir auch 30 Jahre danach nicht vergessen, denn die Menschen dieser emotionalen 38 Tage leisteten unglaubliche Dinge.

Ich wollte mein Wissen und meine Erinnerungen an diese Zeit auffrischen, als ich mich für dieses Buch entschieden habe. Schon während der Lektüre wurde mir bewusst, wie wenig wir hier im Westen wirklich wussten. Ja, wir sahen die Bilder der überfüllten Botschaft in Prag, die vielen Menschen bei den Demonstrationen, die Gewalt gegen die Demonstranten und so weiter. Das wahre Ausmaß der Kraft dieses Volkes und seiner Unterstützung konnten wir nur ahnen. Wie oft dachte ich in dieser Zeit, das kann nur ein verlorener Kampf sein, da Honecker und seine Schergen bis zur letzten Sekunde gegen das Volk kämpften. Nach dem Lesen ist mir wieder bewusst, welch großes Wunder wir erleben durften.

30 Jahre danach wünsche ich mir, dass viele Menschen dieses Buch lesen und sich erneut den Mut der damaligen Macher vor Augen halten. Wir alle sind in der Pflicht zu ändern, was wir ändern können und zwar auf friedliche Art. Die Mauer, die am 9. November 1989 endgültig fiel, sollte auch in den Köpfen endgültig fallen und wir sollten dazu kommen uns zuzuhören und anzunähern. Gemeinsam sind wir stark, dies wird mit dem vorliegenden Buch sehr deutlich vermittelt.

Von mir eine Leseempfehlung für alle Generationen im gesamten wiedervereinigten Land.

Veröffentlicht am 31.08.2019

Historischer Krimi mit toller Milieustudie

Die schwarze Fee
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Klappentext:

Berlin Babylon: Die einen feiern, die anderen verrecken. Die Weimarer Republik neigt sich ihrem Ende zu, Nazis und Kommunisten kämpfen um die Macht und Kommissar Ariel Spiro sucht den Mörder ...

Klappentext:

Berlin Babylon: Die einen feiern, die anderen verrecken. Die Weimarer Republik neigt sich ihrem Ende zu, Nazis und Kommunisten kämpfen um die Macht und Kommissar Ariel Spiro sucht den Mörder zweier Männer, die niemand zu vermissen scheint.
Berlin tanzt auf dem Vulkan. Glitzernde Tanzpaläste, wilde Partys, Drogen, sexuelle Freizügigkeit – die deutsche Hauptstadt gilt zur Zeit der Weimarer Republik als eine der aufregendsten Städte Europas. Russische Emi¬granten, darunter Schriftsteller, Gelehrte, Politiker und Anarchisten, haben nach der Revolution in Berlin Zuflucht gefunden vor dem Zugriff der sowjetischen Geheimpolizei. Mittendrin Kommissar Ariel Spiro, den zwei Giftmorde ins russische Milieu führen. Und dann ist da noch Nike, seine große Liebe, die ihn um Hilfe bei der Suche nach ihrem neuen Freund Anton bittet. Unversehens geraten beide in einen Strudel aus Politik und Gewalt.

Fazit:

Mir stach zuerst das Cover in die Augen, eine Frau die für die wilden zwanziger Jahre steht. Frisur, Make-Up und auch die Zigarettenspitze zeigt klar in welchem Zeitraum dieser Krimi handeln wird. Zusätzlich versprach der Klappentext Spannung nach meinem Geschmack, so dass ich diesen Krimi lesen wollte. Ich wurde angenehm überrascht, da es der Autorin gelang, einen spannenden Krimi mit einer Milieustudie zu verbinden. Besonders gut hat mit gefallen, dass auch mal das Leben der unteren Schichten mit all seinen Problemen beschrieben wurde. Die zwanziger Jahre waren eine Zeit des Umbruchs und dies spiegelt sich in diesem Krimi auch wieder. Wer Unterhaltung auf hohem Niveau verbunden mit Hintergrundwissen sucht, wird hier fündig.

Nachdem ich mich eingelesen und die Protagonisten kennenlernte, flogen die Seiten sehr schnell dahin. Dies lag an dem außergewöhnlichen Schreibstil der Autorin, die es schafft, diese außergewöhnliche Atmosphäre dieser Zeit einzufangen und bildgewaltig zu beschreiben. Der Spannungsbogen wird schon früh aufgebaut, da zwei Tote gefunden werden, die scheinbar nicht vermisst werden. Die Charaktere wirkten auf mich sehr authentisch, da sie sehr facettenreich und passend für diese Zeit aufgebaut waren. Es gibt die Charaktere, die sympathisch sind und auch genügend Fieslinge, um bis zum gelungenen finale zu rätseln, wer der oder die Täter sind.

Es handelt sich nicht um einen klassischen Krimi, da diese Handlung manchmal in den Hintergrund tritt, um das Milieu der angeblichen „goldenen“ Zwanziger zu beschreiben. Da wird gefeiert und genossen und eine Ecke weiter sterben die Menschen am Hunger und Elend. Auch die Lebensumstände der damals sehr großen Gemeinde der Exilrussen wird beschrieben, die nicht wissen, wie es weitergeht und sich teilweise gegenseitig zerfleischen.

Vor diesem Hintergrund ermittelt Ariel Spiro, der in Berlin einen schweren Stand hat, da seine Kollegen ihn nicht akzeptieren, da er nicht aus Berlin stammt. Er leidet zusätzlich noch unter der Trennung von Nike, die sich inzwischen vom verwöhnten Töchterchen zur motivierten Medizinstudentin mauserte. Gemeinsam mit ihrem neuen Freund kümmert sie sich um die Menschen in den Arbeitervierteln. Als auch dieser verschwindet, wendet sie sich an Ariel und sehr verkrampft begegnen sie sich wieder häufiger.

Der Krimi besteht aus verschiedenen Handlungssträngen, dessen Fäden zum Schluss bei Ariel Spiro zusammenlaufen. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven der Hauptprotagonisten und so konnte ich mich immer in ihre Lage versetzen und mitfühlen und miträtseln. Gerade durch die verschiedenen Perspektiven ergibt sich ein sehr lebendiges und authentisches Bild dieser Zeit.

Ich war schnell fasziniert von diesem außergewöhnlichen Krimi und war mitten in diesem Geschehen. Für mich eine Entdeckung, da dieser Krimi besonders durch seine Milieustudie und seine Hintergründe bei mir gepunktet hat.

Für Krimiliebhaber, die auch historische Krimis mögen, empfehle ich diesen Krimi voller Überzeugung. Dies war mein erster Krimi von Kerstin Ehmer und ich freue mich auf weitere Werke aus ihrer Feder.

Veröffentlicht am 29.08.2019

Was ist, wenn Eltern nicht mehr weiterwissen?

Acht Wochen Wüste
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Klappentext:

Um 03:47 Uhr kommen sie Wren holen. Mitten in der Nacht wird sie aus ihrem Bett gezerrt und in ein wartendes Auto, dann in ein Flugzeug, und schließlich auf einen stundenlangen Marsch durch ...

Klappentext:

Um 03:47 Uhr kommen sie Wren holen. Mitten in der Nacht wird sie aus ihrem Bett gezerrt und in ein wartendes Auto, dann in ein Flugzeug, und schließlich auf einen stundenlangen Marsch durch die Wüste geschickt. Warum das alles? Weil Wren so sehr die Kontrolle verloren hat, dass sich ihre Eltern einfach nicht mehr anders zu helfen wissen. Also heißt es für sie: Willkommen im Wildnis-Therapie-Camp. Wren ist stinkwütend, denn sie hat keine Ahnung, womit sie acht Wochen Wüste verdient hat. Oder etwa doch?

Fazit:

Als ich den Klappentext gelesen hatte, war mir klar, dass ich dieses Buch unbedingt lesen will, da ich von solchen Wildnis-Camps zwar schon gehört, allerdings noch nichts in dieser Form gelesen habe.

Ich wurde sofort in die Handlung geworfen und fand mich bei Wren wieder, die nicht versteht, warum sie mitten in der Nacht ihre Familie verlassen muss. Nicht nur dies, sie wird auch mitten in die Wüste gebracht, um dort an einer Therapie teilzunehmen. Welch Schock mitten in der Nacht.

Wren kann nicht verstehen, warum sie solch harten Maßnahmen ausgesetzt wird. Ob sie wirklich so ahnungslos ist, erschließt sich nach und nach, da auch aus ihrer Vergangenheit erzählt wird. Sie hat sich den falschen Freunden angeschlossen und dieses Wüstencamp ist der verzweifelte Versuch ihrer Eltern, sie von der schiefen Bahn zu holen.

Ich konnte Wren in das Camp begleiten und mit ihr erleben, wie hart es ist, in der Wüste zu überleben. Kein Handy, kein Internet dafür das Loch in der Erde, um die Notdurft zu verrichten, eine Plane als Zelt und Feuer muss auch ohne bekannte Hilfsmittel entzündet werden. Selbstständig Kochen und Lebensmittel und Wasser einteilen muss auch noch erlernt werden. Welch hartes Leben in dieser Wüste ohne die Annehmlichkeiten der Zivilisation.

Wren wehrt sich natürlich am Anfang gegen dieses Leben und verweigert sich den Betreuern und der übrigen Gruppe. Nach der ersten Trotzphase überwindet sie sich jedoch und fängt an zu kämpfen. Sie beginnt auch sehr zögerlich auf die anderen Mädchen zuzugehen, um dann immer offener um Hilfe und Beistand zu bitten. Schon dies ist ein riesiger Fortschritt, dem nach und nach noch viele kleine Fortschritte folgen werden. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, damit ihr dieses lesenswerte Buch voller Spannung selbst lesen könnt.

Die Art von Wren bereitete mir ein regelrechtes Gefühlschaos, es gab Stellen, an denen ich Mitleid mit ihr hatte und es gab Momente, in denen ich sie am Liebsten ordentlich durchgeschüttelt hätte. Genau dieses Chaos der Gefühle durchlebt auch Wren, wenn auch auf andere Art, da sie nach und nach lernen muss, sich ihrer Vergangenheit und Wut zu stellen. Das Verlassen des verhassten Camps wird ihr nur möglich sein, wenn sie es schafft, sich selbst zu reflektieren und über sich selbst nachzudenken. Ob ihr dies gelingen wird?

Wren ist sehr authentisch dargestellt und ich konnte ihre Gefühle und ihre abweisende Art nachvollziehen. Es ist auch deutlich zu spüren, dass ihr von den Betreuern die Hand gereicht wird, um sie auf ihrem Weg zu begleiten, dies beweisen auch viele kleine Gesten. Auch wenn Wren anfangs sehr abweisend und störrisch ist, ist es schön zu beobachten, wie sie sich aus dieser Haltung nach und nach befreit und auch wieder Freude an den kleinen Dingen empfinden kann. Natürlich findet im Camp keine Wunderheilung statt und Wren muss einen harten, steinigen Weg gehen, um sich selbst eine realistische Chance auf ein gutes Leben zu geben und aus ihren Fehlern zu lernen. Ich konnte mich mit ihr über jeden noch so kleinen Erfolg freuen.

Auch die Eltern und Geschwister von Wren spielen in dieser Geschichte natürlich eine wichtige Rolle und es hat mir gefallen, wie sie nach den Abstürzen von Wren beginnen, sich mit ihren Fehlern auseinanderzusetzen. Anfangs hagelt es von beiden Seiten nur Vorwürfe, um sich dann endlich mal zuzuhören und zu versuchen, die andere Seite zu verstehen.

Das Ende habe ich so nicht erwartet, es macht das Buch für mich richtig rund. Ob es ein Happy End ist verrate ich natürlich nicht.
Dieses Buch habe ich durch seinen schönen Schreibstil regelrecht verschlungen. Es hat mich nachdenklich zurückgelassen, da dieses Thema sehr häufig vorkommt. Besonders gefiel mir die Entwicklung von Wren und ich wünsche mir für mehr junge Menschen mit ihren Problemen, solche Betreuer, wie sie sie hatte. Einfach Menschen, die verstehen und die Hand reichen, bevor es zum Äußersten kommt.

Von mir eine absolute Leseempfehlung für Jugendliche und deren Eltern, da dieses Buch mit vielen Vorurteilen aufräumen kann.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Auf der Suche nach sich selbst

Südwärts, dann links
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Klappentext:

Mitte dreißig und erfolgreich. Das ist Marc Schilling. Genau genommen war er erfolgreich. Bis irgendwann nichts mehr klappt in seinem Job bei der Werbeagentur Kai & Mole. Als auch noch die ...

Klappentext:

Mitte dreißig und erfolgreich. Das ist Marc Schilling. Genau genommen war er erfolgreich. Bis irgendwann nichts mehr klappt in seinem Job bei der Werbeagentur Kai & Mole. Als auch noch die Akquise der spanischen Künstlerin Amparo Orihuela scheitert, findet Marc sich selbst plötzlich arbeitslos mitten auf der Iberischen Halbinsel wieder.
So schnell wie möglich will Marc die Sicherheit in seinem Leben zurückbekommen. Weil Amparo verspricht, von einer Beschäftigung für Marc in Andalusien zu wissen, lässt dieser sich mit dem Mut der Verzweiflung auf ein Wagnis ein: Marc begleitet die mysteriöse Künstlerin auf eine abenteuerliche Reise voller Begegnungen quer durch das Land, in der Hoffnung, einen neuen Job zu finden. Was Marc tatsächlich findet, ist etwas ganz Anderes …

Fazit:

Das Cover lässt einen heiteren Urlaubsroman vermuten, allerdings wurde von der Autorin schon angemerkt, dass diese Geschichte zum Nachdenken anregen wird. Mich hat die Geschichte tatsächlich zum Nachdenken gebracht.

Marc machte auf mich am Anfang einen sehr unsympathischen Eindruck. Er ist unzufrieden in seinem Beruf, der ihm früher viele Erfolge einbrachte und in dem es seit einem Jahr nur noch steil bergab geht. Seine Unzufriedenheit endet in Wutanfällen, die angesichts der Banalität schon überzogen wirken. Als er das erste Mal ausflippte, dachte ich noch: Will ich wirklich Geschichten eines Kampf-Cholerikers lesen? Da ich mich gerne über den Tellerrand schaue, blieb ich dran und die Geschichte gefiel mir immer besser. Ich konnte nach und nach verstehen, warum Marc sich so tief in einer Krise befindet und außer seiner Wut keine andere Möglichkeit sieht, mit dieser Krise umzugehen.

Doch halt. Um was geht es? Marc wurde schon von jeher vom Erfolg verwöhnt und seine Zukunft scheint sonnenklar vor ihm zu liegen, dadurch kann er mit seinen derzeitigen Misserfolgen nur schwer umgehen. Als er die Chance wittert, einen ungewöhnlichen Auftrag an Land zu ziehen, reist er auf die iberische Halbinsel. Er bekommt von der Künstlerin Amparo jedoch eine Absage und wird daraufhin auch noch von seinem Chef entlassen. Eine Welt bricht für ihn zusammen. Für sein Scheitern ist die Schuldige natürlich schnell gefunden, die ihm dann trotzdem die Hand reicht und ihm eine abenteuerliche Reise vorschlägt, da sie eine Beschäftigung für Marc kennt. Marc wittert die Chance für neue Erfolge und findet sich kurz darauf in Amparos altersschwachen Auto wieder, um diese Reise zu unternehmen. Da Amparo unterwegs Freunde und Lieferanten besucht, lernt Marc zwangsläufig andere Menschen mit ihren Sorgen und Nöten kennen. Er ist immer wieder fixiert darauf, einen anderen Job zu finden und dann kommt es doch ganz anders, als gedacht. Doch das lest bitte selbst.

Die Begegnungen mit den anderen Menschen und die vielen Gespräche zwischen Amparo und Marc, bringen letzten Endes beide Charaktere dazu, sich ihrem Leben zu stellen und sich Gedanken über ihre weitere Zukunft zu machen. Diese Entwicklung mitzuverfolgen, hat mir schöne Lesestunden beschert. Amparo erschien anfangs sehr mysteriös und ich konnte sie nach und nach immer mehr in mein Herz schließen, da es ihr gelang auf ihr Leben zu schauen und gleichzeitig Marc den Schubs in die richtige Richtung zu geben. Mit Marc konnte ich mich nur sehr zögerlich anfreunden, dies gelang mir erst, als er sich immer mehr selbst hinterfragte.

Ich konnte mich gut in die Gefühle und Gedanken der Charaktere, auch der Nebencharaktere, einfühlen. Der flüssige Schreibstil sorgte dafür, dass ich die Geschichte schnell und angenehm lesen konnte. Der Autorin ist es gelungen, die Suche nach sich selbst in eine glaubwürdige Handlung mit authentischen Protagonisten einzubinden, so dass sie auch nach dem Lesen noch zum Nachdenken anregt.

Wer eine locker, leichte Sommerlektüre erwartet, wird höchstwahrscheinlich enttäuscht sein. Leser, die sich für Persönlichkeitsentwicklung interessieren, sollten sich dieses Buch näher anschauen und mit Marc und Amparo auf die Reise gehen.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Gelungenes Debüt, mit kleinen Makeln

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
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Klappentext:

Liebe, Verrat und Sehnsucht: Der Auftakt zur großen historischen Romantrilogie im viktorianischen Schottland
Glasgow, 1876: Emily strebt an der Seite von Liam und ihrer treuen Freundin Christine ...

Klappentext:

Liebe, Verrat und Sehnsucht: Der Auftakt zur großen historischen Romantrilogie im viktorianischen Schottland
Glasgow, 1876: Emily strebt an der Seite von Liam und ihrer treuen Freundin Christine ein respektables Leben an, fern vom blühenden Laster des Bordells, in welchem sie als Spross einer Hure aufwächst. Doch dann wird ihre Mutter ermordet und Emilys Leben auf eine harte Probe gestellt. Um den Schuldigen zu überführen, muss sie zuerst ihren Namen reinwaschen. Einen Namen, den sie nicht einmal kennt, denn ihre Mutter nahm ein altes Familiengeheimnis mit ins Grab.

»Hurentochter – Die Distel von Glasgow« ist der erste Teil einer Romanserie aus dem viktorianischen England. Die beiden Folgebände sind ebenfalls bei Piper Schicksalsvoll erschienen.

Fazit:

In Glasgow findet die Bordellbesitzerin Margery Gallaham im Hafen eine fast tote, junge Frau. Da Margery nur schlechte Dinge über die Armenhäuser gehört hat, nimmt sie die verletzte Frau kurzerhand mit in ihr Bordell. Wer ist diese Fremde, zudem schwanger, die ihr Gedächtnis verloren hat?

17 Jahre später lebt diese Fremde, die von Margery den Namen Ines erhielt, als Hure mit ihrer jungen, hübschen Tochter immer noch im Bordell und ihre Tochter Emily wünscht sich ein ehrbares Leben. Margery ist eine verständnisvolle Bordellbetreiberin, die keine Frau zwingt, sich gegen ihren Willen zu prostituieren. Emily hat im Sohn einer weiteren Hure einen guten Freund gefunden und beide leisten sinnvolle Arbeit für das Bordell. Als Margery stirbt, übernimmt eine andere Chefin das Bordell und jetzt ziehen Peitsche und Härte ein. So soll auch Emily in die Prostitution gezwungen werden.

Emily plant mit ihrem Freund Liam, ihrer Mutter und einer weiteren Hure, Emilys Freundin Christine, die Flucht. Doch nun trifft sie das Unglück in voller Härte. Emilys Mutter und die weiteren Huren werden Opfer eines feigen Mordes. Nur ein glücklicher Zufall sorgt dafür, dass Emily, Liam und Christine überleben. Emily und Liam sind nun auf sich selbst gestellt und gehen auch vom Tod ihrer Freundin aus. Werden sie sich je wiedersehen?

Das weitere Leben von Emily und Liam gestaltet sich härter als von den jungen Leuten gedacht, doch sie schaffen es immer wieder, nach jedem Schicksalsschlag auf die Füße zu kommen und weiter zu kämpfen. Emily will unter allen Umständen, dass der Mörder ihrer Mutter seine Strafe erhält, obwohl sie sehr schnell ahnt, dass auch sie in Gefahr ist. Aus dem jungen, verbissenen Mädchen entwickelt sich eine junge Frau, die für ihre Sache kämpft. Liam ist mit der Entwicklung der Dinge teilweise überfordert, doch er erweist sich immer wieder als treuer Freund. Die Entwicklung der Hauptcharaktere wurde für mich sehr authentisch und glaubwürdig dargestellt und ich konnte mitleiden und mitfiebern. Ob es ihnen gelingt, den Mörder zu stellen und der Strafe zuzuführen, dass müsst ihr selbst lesen, da ich euch die Spannung erhalten möchte.

Die Geschichte machte auf mich einen sehr gut recherchierten Eindruck und ich konnte von Anfang an in sie abtauchen. Der Schreibstil war so gut, dass ich die Geschichte sehr schnell lesen konnte. Die bildgewaltige Sprache der Autorin sorgte dafür, dass mein Kopfkino sehr schnell Bilder lieferte und ich so noch tiefer in die Handlung abtauchen konnte. Die Spannung baute sich sehr früh auf, um dann auf recht hohem Niveau, bis zum Finale, zu bleiben. Besonders interessant war für mich die Perspektive aus Sicht der Huren, da andere historische Romane sich eher auf die gehobenen Schichten konzentrieren. Ich konnte diesen Makel der Frauen und ihre Hilflosigkeit deutlich spüren. Frauen in dieser Zeit waren sehr wenig wert und ohne Ehemann noch viel weniger. Gerade Frauen wie Emily und Christine, die sehr genau wissen, was sie wollen und ihren Weg gehen, waren die große Ausnahme. Ich bekam einen schönen Einblick in das damalige Leben der Frauen und freue mich auf die Fortsetzung.

Allerdings empfehle ich noch ein ausführliches Korrektorat, da mich die Tipp- und Rechtschreibfehler teilweise störten.

Von mir eine Leseempfehlung an alle Liebhaber von historischen Romanen.