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Veröffentlicht am 15.03.2023

Ein Roman über die Kunstwelt

Blütenschatten
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Annalena McAfee hat mit Blütenschatten einen Roman geschrieben, der von Verrat, Zerrissenheit und Einsamkeit erzählt und die Kunstwelt unter die Lupe nimmt.

Der Roman beginnt mit einem Bruch. Der Bruch ...

Annalena McAfee hat mit Blütenschatten einen Roman geschrieben, der von Verrat, Zerrissenheit und Einsamkeit erzählt und die Kunstwelt unter die Lupe nimmt.

Der Roman beginnt mit einem Bruch. Der Bruch Eves mit ihrem alten Leben. Sie sieht ihren Mann mit seiner neuen Partnerin in ihrem alten Haus sitzen. Es ist Nacht, Winter. Eve verlässt die Szene und macht sich auf den Weg zu ihrem Atelier. Auf diesem nächtlichen Spaziergang wird sie in Vergangenem schwelgen, wird sich der prägenden Ereignisse ihres Lebens und insbesondere der vergangenen Monate erinnern. Monate, die in einem letzten, alles überragenden Gemälde enden…

Eve ist als Protagonistin und als bewusstseinsgebende Instanz dieser Geschichte eine schwierige Figur. Sie steht in einem ständigen Spannungsverhältnis zu ihrer Umwelt, wird von Gefühlen der Einsamkeit geplagt, will sich von ihrem alten Leben losreißen, verliert sich völlig in der Beziehung zu ihrem jungen Liebhaber und sieht die Welt wie durch einen Filter, dessen Grenzen ihre überbordenden Gefühle sind.

Was dem Roman Charakter und Tiefe verleiht, ist jedoch nicht nur die Geschichte seiner Protagonistin, sondern die Kritik an der Kunstwelt, die leitmotivisch ist. Frauen, das macht der Roman deutlich, haben es in der Welt der Kunst besonders schwer, denn Erfolg und Anerkennung sind männlichen Künstlern vorbehalten. Künstlerinnen können Musen sein, dürfen höchstens Dekoratives malen oder müssen sich, wie Wanda, Eves ehemalige Freundin, in extremen Formen der Selbstdarstellung verlieren. Wandas Performance-Kunst steht im totalen Gegensatz zu Eves naturgetreuen und auf Nachahmung beruhenden Pflanzenbildern. Wanda versteht es, die Erwartungen des Kunstmarkts zu befriedigen, während hinter Eves Kunst Absicht, Leidenschaft und Überzeugung stehen. Ihr neues Projekt, Poison Florilegium, soll “ein Akt der Wiedergutmachung für all die unsichtbaren Frauen in der Botanik und der Kunst sein”. Trotzdem wird ihre Kunst von Kritikern als “höchstens geeignet für Kinderbücher, Kurzwaren und die Geschenkpapierindustrie” abgetan.

McAfee schreibt gekonnt. Die zahlreichen Bezüge zu Gemälden geben der Erzählung etwas Malerisches. Sie lassen manche Szenen herausstechen, brechen wie große Bilder hervor, während andere - insbesondere Eves Spaziergang - wie Skizzen dahinfließen. Die Atmosphäre des Romans ist dicht, greifbar und führt besonders im letzten Teil dazu, dass die Geschichte einen Sog entwickelt, der den Leser mit sich reißt.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Eine Bereicherung

Noah – Von einem, der überlebte
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Noah konfrontiert den Leser schonungslos mit der Wirklichkeit des letzten Jahrhunderts und lässt die Schrecken und die unvorstellbare Grausamkeit der Nazi-Herrschaft lebendig werden. Es führt schlicht ...

Noah konfrontiert den Leser schonungslos mit der Wirklichkeit des letzten Jahrhunderts und lässt die Schrecken und die unvorstellbare Grausamkeit der Nazi-Herrschaft lebendig werden. Es führt schlicht kein Weg an einem Buch wie diesem, das Dokumentation und Erinnerung in einem ist, vorbei.

Noah Klieger, dessen Erinnerungen das Buch festhält, wurde 1925 in Straßburg geboren, verbrachte seine Jugend in Belgien und schloß sich einer Organisation an, die jüdische Kinder in die Schweiz brachte. Als er beschlossen hatte, dass es auch für ihn an der Zeit war, das Land zu verlassen, wurde er von der Gestapo an der französisch-belgischen Grenze festgenommen. Er war 17 Jahre alt.

Noah wurde zunächst in ein Sammellager gebracht, um anschließend nach Auschwitz deportiert zu werden. Dort gab er sich als professioneller Boxer aus, um sich mit der Suppe, die die Boxer bekamen, stärken zu können. Mehrmals entglitt er in seiner Zeit in Auschwitz dem Tod nur knapp, überlebte eine Lungenentzündung und eine Selektion, bei der er den Todeskandidaten zugeordnet wurde.

Noah überlebte Auschwitz. Er war Zeuge der Befreiung durch die Alliierten und bestieg schließlich nach Ende des Krieges in Sète das berühmte Flüchtlingsschiff Exodus, das jüdische Flüchtlinge nach Palästina bringen sollte. Noah erlebte die Gründung des israelischen Staates, wurde Journalist, begleitete die Auschwitz-Prozesse und hielt unzählige öffentliche Vorträge. 2018 verstarb er.

Das Buch ist das Zeugnis dieser außergewöhnlichen und erinnerungswürdigen Lebensgeschichte und Takis Würger hat einen Stil gefunden, der diesem Leben gerecht wird. Er verzichtet auf Ausschmückungen und auf Nebensächlichkeiten. Noahs Leben wird in kurzen, klaren Sätzen wiedergegeben, die den dokumentarischen Charakter des Buches unterstreichen.

Dieses Buch in Händen halten zu dürfen und Noah Kliegers Geschichte kennenlernen zu dürfen, ist eine Bereicherung für jeden Leser. Es ist ein kostbares Zeitzeugnis, das Noahs Stimme laut und klar in die Zukunft trägt und das auch all denjenigen, denen Noah auf seinem Weg begegnet ist und die den Holocaust zum großen Teil nicht überlebt haben, ein Denkmal setzt.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Für alle Frida Kahlo-Fans

Das Leben ist ein Fest
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Rien n’est noir heißt Claire Berests Roman über das Leben und Schaffen Frida Kahlos im Original. Nichts ist schwarz. Und es ist auch nichts schwarz in dieser Geschichte, die den Leser schon gleich zu Beginn ...

Rien n’est noir heißt Claire Berests Roman über das Leben und Schaffen Frida Kahlos im Original. Nichts ist schwarz. Und es ist auch nichts schwarz in dieser Geschichte, die den Leser schon gleich zu Beginn in ein rauschhaftes Fest hineinwirft. Es sind die mexikanischen Künstler und Schriftsteller der 1920er Jahre, die sich dort an Tanz, Musik und Alkohol berauschen und mittendrin: Frida. Unser Anker, unser Mittelpunkt. Die Figur, die wir begleiten werden, mit der wir mitfühlen werden und deren Gefühle, die häufig ins Extreme ausufern, wir manchmal nicht werden nachvollziehen können.

Das Leben ist ein Fest ist eine Zeitreise, ist Lebens- und Liebesgeschichte, Künstlerbiographie und das Zeugnis einer Umbruchszeit. Fridas Leben, so scheint es, wird ständig von Veränderungen bestimmt. Sie hat mit den Folgen eines schweren Unfalls zu kämpfen, muss Träume aufgeben, Neuanfänge wagen, muss Schmerzen, Eifersucht, Verlust und Trennungen ertragen. Umbrüche finden auch auf politischer Ebene statt und führen dazu, dass Frida und Diego Rivera Mexiko für längere Zeit verlassen. In der Kunst drücken sich Umbrüche dadurch aus, dass sie weniger elitär wird und für ein breites Publikum zugänglich wird.

Claire Berest hat eine Sprache gefunden, die mitreißt, die oft atemlos und voller Energie ist und die gleichzeitig Fridas Schmerz und ihren emotionalen Extremen gerecht wird. Es sind die Farben ihrer Gemälde, ihrer Kleidung und ihres Schmucks, die hier auf die Seiten überspringen und die den Roman in Kapitel unterteilen. Schwarz ist nur Fridas Tod. Alles andere ist Blau wie der Horizont, die Zukunft, die verlorenen Träume, der Neuanfang. Oder Rot wie das Blut, die Fehlgeburt, wie die Liebe, die Leidenschaft und die Wut. Und schließlich Gelb wie die Sonne, die Hoffnung und Freude, wie Krankheit und Wahnsinn.

Für alle Frida Kahlo Fans oder für die, die es noch werden wollen, ist dieser Roman ein Fest. Er stellt die starke, beeindruckende und schillernde Persönlichkeit Frida Kahlos auf eindrucksvolle Weise dar und scheut sich nicht davor auch die dunklen Momente und die Tiefen ihres Lebens zu beleuchten.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Wichtiges Thema!

Räuber
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Olli Leber wohnt mit seiner arbeitslosen Mutter in einer Sozialwohnung am Rand von Berlin. Die Familie hat eine Reihe von Schicksalsschlägen hinter sich. Sie wurden ein ums andere Mal aus ihren Wohnungen ...

Olli Leber wohnt mit seiner arbeitslosen Mutter in einer Sozialwohnung am Rand von Berlin. Die Familie hat eine Reihe von Schicksalsschlägen hinter sich. Sie wurden ein ums andere Mal aus ihren Wohnungen verdrängt, der Vater hatte einen schweren Arbeitsunfall, an dessen Folgen er gestorben ist und Olli musste seine Ausbildung abbrechen, um für sich und seine Mutter sorgen zu können. Nun soll auch noch ihre Wohnsiedlung an eine Wohnungsbaugesellschaft verkauft werden, doch Olli will nicht wieder vertrieben werden. Als er erfährt, dass es ein Vorkaufsrecht für Mieter gibt, beginnt er, sich zu wehren.

Man könnte der Autorin vorwerfen, dass manche Wendungen und Zufälle in der Handlung und manche Verknüpfungen unter den Charakteren zu konstruiert wirken und sehr zielführend sind. Allerdings hatte ich nie das Gefühl, dass diese Konstruiertheit die Aussagen des Romans in den Hintergrund rückt. Ganz im Gegenteil ist es Ladipo mit diesem Roman gelungen, eines der wichtigsten und drängendsten gesellschaftspolitischen Probleme unserer Zeit in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen: die Gentrifizierung. Durch drei Handlungsstränge treten Stimmen und Personen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten in die Handlung ein: Da ist Olli, der Bauarbeiter, der sich und seine Mutter gerade so über Wasser hält und dessen Leben von Chancenlosigkeit geprägt ist. Dann ist da Amelie, eine Journalistin und junge Mutter, die sich Vorwürfe macht, weil sie das Problem der Verdrängung als Journalistin ernster hätte nehmen müssen. Und schließlich Falk Hagen, der Ex-Finanzsenator von Berlin, der systematisch Sozialwohnungen an Fonds und Banken verkauft hat.

Neben der Gentrifizierung kommen auch andere Aspekte zur Sprache, wie z.B. die Ohnmacht derjenigen, die sich nicht zu wehren wissen gegen ein System, hinter dem Anwälte, Politik und Kapital stehen. Oder die soziale Unterdrückung und Hierarchisierung, die durch Sprache hergestellt werden und schließlich die körperlich schwere und gefährliche Arbeit der Bauarbeiter, die Wohnungen bauen und sanieren, die sie sich selbst niemals werden leisten können und die ihre eigene Verdrängung bedeuten.

Mit ihrer Zeitkritik sichert sich Eva Ladipo einen Platz unter einer Gruppe von zeitgenössischen deutschen Autorinnen, zu der z.B. auch Anke Stelling, Silke Scheuermann und Iris Hanika gehören, in deren Werken der Leser mit gesellschaftlichen Missständen konfrontiert wird.

Räuber ist ein lesenswerter Roman, der denjenigen eine literarische Stimme verleiht, für die Wohnen mit Unsicherheit verbunden ist.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Roman mit Schwachstellen

Unterwasserflimmern
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Unterwasserflimmern erzählt die Geschichte einer jungen namenlosen Protagonistin, die ihren Partner mit anderen Männern betrügt. Sie fühlt sich gefangen in einem Leben, das von gesellschaftlichen Erwartungen ...

Unterwasserflimmern erzählt die Geschichte einer jungen namenlosen Protagonistin, die ihren Partner mit anderen Männern betrügt. Sie fühlt sich gefangen in einem Leben, das von gesellschaftlichen Erwartungen geprägt ist. Über ihren Kopf hinweg macht ihr Partner Zukunftspläne, kauft ein Grundstück und erwartet von ihr, dass sie schwanger wird. Dabei will sie noch keine so weitreichenden Entscheidungen treffen, will spontan sein und sich frei fühlen. Deshalb scheint die Flucht zunächst wie der einzige Ausweg.

Leider wird ihr Ausbrechen aus den Erwartungen und Konventionen im Laufe des Romans aber nicht vertieft. Stattdessen verliert sich die Erzählung und folgt einer Protagonistin, die sehr unreif, unentschlossen und fast schon kindisch wirkt. Ihr Verhalten ist geprägt von Verdrängung und Selbsttäuschung. Sie klammert sich an andere Menschen, macht sich abhängig von ihnen und hat Angst, selbstbestimmt zu leben. Außerdem versucht sie, ihrem Leben ausschließlich über die Sexualität Sinn und Bedeutung zu verleihen. Sie geht im Grunde mit (fast) jeder Nebenfigur in der Geschichte eine sexuelle Beziehung ein, was sie auf Dauer äußerst oberflächlich erscheinen lässt. Man könnte behaupten, dass es ihre Art der Freiheitssuche ist, aber letztlich verstrickt sie sich nur in Zweifeln, in Unentschlossenheit und in Ziellosigkeit. Einen Zustand der Freiheit und der Selbstsicherheit erlangt sie zu keinem Zeitpunkt.

Ehrlich gesagt, gefällt mir das Frauenbild, das dem Roman zugrunde liegt, überhaupt nicht. Schwache und abhängige weibliche Figuren hat es in der Literaturgeschichte zur Genüge gegeben. Ich hatte erwartet, dass der Roman den Leser mit einer weiblichen Figur konfrontiert, die sich auflehnt, die gesellschaftliche Erwartungen sprengt, die sich von den ihr angelegten Fesseln befreit und ihr Leben so lebt, wie sie es möchte. Der Höhepunkt meiner Enttäuschung war eine Vergewaltigungsfantasie der Protagonistin, die ich in keinster Weise nachvollziehen konnte und die auch im Bedeutungszusammenhang der Geschichte für mich keinen Sinn macht.

Diese Schwachstellen des Romans wiegen schwer. Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass die Autorin in einer flüssigen und klaren Sprache schreibt. Abgesehen von den vulgären Passagen, die meiner Ansicht nach den Erzählfluss hemmen, wie Einschnitte wirken und nichts zu der Geschichte beitragen, ist es mir leicht gefallen, mich mit der Sprache, dem Stil und dem Ton anzufreunden. Die erzählte Welt scheint durch die Klarheit und Direktheit der Sprache nah und greifbar.

Dieser Debütroman lässt hinter den Schwachstellen schriftstellerisches Talent erahnen und ich finde es schade, dass dieses durch die nicht sehr überzeugende Geschichte getrübt wird.

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