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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2023

Provozierend, brillant

Wie die Schweine
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Eines der besten Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe!

Bazterrica dreht die Fleischindustrie um. Anstatt Tieren werden Menschen geschlachtet.

Der Roman ist nicht immer leicht zu lesen, ...

Eines der besten Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe!

Bazterrica dreht die Fleischindustrie um. Anstatt Tieren werden Menschen geschlachtet.

Der Roman ist nicht immer leicht zu lesen, aber das ist natürlich auch der Sinn hinter seinem Gedankenexperiment. Brutalität, die in der Realität in Schlachthäusern tagtäglich stattfindet, gewinnt plötzlich an Bedeutung, wenn sie sich auf Menschen bezieht.

Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Großartig!

Salonfähig
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Der Roman ist eine großartige Satire auf die österreichische Politik. Sprachlich gekonnt entlarvt sie Verhaltensweisen und zeichnet die Figuren auf schonungslose Weise.

Eine große Empfehlung, weil der ...

Der Roman ist eine großartige Satire auf die österreichische Politik. Sprachlich gekonnt entlarvt sie Verhaltensweisen und zeichnet die Figuren auf schonungslose Weise.

Eine große Empfehlung, weil der Roman auch nach Kurz und Co. nicht an Wirkung verliert!

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Familiengeschichte und Gesellschaftsstudie

Das Land der Anderen
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Marokko nach dem Zweiten Weltkrieg. Mathilde kommt aus dem Elsass und hat während des Krieges Amine in Frankreich kennengelernt, ihren jetzigen Mann. Nun ist sie eine Fremde in dessen Land, kennt die Sitten ...

Marokko nach dem Zweiten Weltkrieg. Mathilde kommt aus dem Elsass und hat während des Krieges Amine in Frankreich kennengelernt, ihren jetzigen Mann. Nun ist sie eine Fremde in dessen Land, kennt die Sitten nicht und hat Heimweh. Das Abenteuer, was sie gesucht hat, stellt sich als Herausforderung dar.

Doch es ist eine Herausforderung, die Mathilde annimmt. Sie zieht mit ihrem Mann auf einen Hof fernab der Stadt, lernt die Sprache, hadert mit der Rolle der Frauen und nimmt sich Freiheiten. Im besetzten Land bewegt sie sich zwischen zwei sozialen Schichten, Kulturen und Traditionen. Dieses Zwischenraum-Dasein gibt sie an ihre Kinder weiter. So kommt die Tochter Aïcha auf ein Pensionat, in dem sie von den französischen Schülerinnen ausgeschlossen wird. Sie ist als Mädchen vom Land, als Tochter einer Französin und eines Marokkaners zu anders, um Teil der Gruppe zu sein.

Leïla Slimani entfaltet diese besondere Familiengeschichte vor dem Hintergrund von politischen Umbrüchen. Sie erzählt von einer Generation, die durch den Krieg Narben und Entwurzelungen davongetragen hat. Sie erzählt von Heimat, von dem Verlust und der Suche nach ihr und vom Kampf um ihre Freiheit. Von einer Gesellschaft, die sich aufteilt, in der Menschen nicht zu beiden Seiten gehören dürfen.

Im Mittelpunkt dieser Themen, dieser Familiengeschichte, stehen die Frauen, die sich gegen Rollenzuweisungen auflehnen müssen, die sich der Gewalt der Männer ausgesetzt sehen. Da ist zum Beispiel Selma, die hübsche Schwester von Amine, die sich über Regeln hinwegsetzt und als Konsequenz von ihrem Bruder Omar verprügelt wird.

Diese Figuren sind in ihrer differenzierten Darstellung bemerkenswert. Besonders Mathilde, die man durch die Jahre hindurch begleitet, die eine weitreichende Entwicklung durchmacht, von der Naivität und dem Drang der Jugend bis zu den Fragen, die sie später beschäftigen: Was wird von diesem Leben bleiben? Was wird sie hinterlassen?

Für mich ist "Das Land der Anderen" eine vielschichtige Gesellschaftsstudie Marokkos während der französischen Besetzung. Als Leser*in kann man nur dazulernen.

Bereichernd, spannend und deshalb: unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Wichtige Themen

Fremde Federn
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Als er einen neuen Job beginnt, zieht Tom in das Haus seiner Großmutter ein: Eine ungewöhnliche Form der WG, die aber zu funktionieren scheint. Bis Tom Rosmarie eines Abends in seinem Zimmer schlafwandeln ...

Als er einen neuen Job beginnt, zieht Tom in das Haus seiner Großmutter ein: Eine ungewöhnliche Form der WG, die aber zu funktionieren scheint. Bis Tom Rosmarie eines Abends in seinem Zimmer schlafwandeln sieht. Kurze Zeit darauf stürzt sie schwer, muss operiert werden und ist vor allem für mehrere Tage stark verwirrt. Es drängt sich eine Diagnose auf: Demenz.

"Und er tauchte mit einem Kopfsprung in das eisige Wasser einer ihm völlig unbekannten Dimension des Lebens ein. Ins unselbstständige Altsein."

Damit beginnt eine Zeit des Unbekannten, der Entscheidungen und der Überforderung. Tom will seine Großmutter nicht ins Pflegeheim bringen, muss aber gleichzeitig einsehen, dass er die Last der neuen Situation alleine nicht tragen kann. Also stellt er eine 24h-Betreuung ein, die fortan mit den beiden im Haus lebt.

"Denn wenn er das Licht ausmachte, fragte [die Stimme in seinem Kopf] ihn ganz leise, was geschähe, wenn er einfach gehen würde."

Der Roman widmet sich wichtigen Themen, die in der Gegenwartsliteratur viel präsenter sein müssten und alleine deshalb verdient er Aufmerksamkeit.

Diese Themen, also die Pflege von Angehörigen, der geistige Verfall eines Familienmitglieds durch Demenz sowie die Arbeit und das Zusammenleben mit Betreuerinnen, hätten meiner Meinung nach sogar noch eindringlicher, noch fokussierter erzählt werden können.

Denn manchmal schweift der Roman ein wenig ab, dann geht es beispielsweise um die Beziehung von Tom, die eigentlich in der Vergangenheit liegt und die in der Geschichte auch nicht richtig fortgeführt wird oder es geht seitenlang um seine Arbeit in einem Start-up, das Mehlwürmer als Nahrungsmittel produziert. Obwohl das generell sicher nicht uninteressant ist und auch nicht schlecht erzählt, lässt es insgesamt weniger Platz für das, worum es eigentlich geht.

Es muss jedoch betont werden: Trotz dieser kleinen Mängel lohnt sich die Lektüre! Es lohnt sich, Menschen, die pflegen oder gepflegt werden, zuzuhören. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen und Empathie zu entwickeln. Die Gesellschaft und die Literatur sind den Betroffenen das Hinschauen und Zuhören schuldig.

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Schonungslos

Toxic Man
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Die Zigarette schmeckt ihm nicht, das Bier auch nicht und er fühlt sich fett... So lernen wir gleich auf der ersten Seite den Protagonisten aus Frédéric Schwildens Roman "Toxic Man" kennen. Er ist erfolgreicher ...

Die Zigarette schmeckt ihm nicht, das Bier auch nicht und er fühlt sich fett... So lernen wir gleich auf der ersten Seite den Protagonisten aus Frédéric Schwildens Roman "Toxic Man" kennen. Er ist erfolgreicher Fotograf, plant gerade eine große Ausstellung, fotografiert seinen toten Vater auf dessen Sterbebett und erfährt dann, dass er selbst bald Vater wird. Das alles wird begleitet durch Popculture, Drogenexzesse, Selbstverliebtheit und Ich-Bezogenheit, unvorhersehbare Wutanfälle und Depressionen.

Der Protagonist ist ein Antiheld, ein Verlorener, der ausbrechen möchte, sich von vielem abgrenzen möchte, besonders von seiner bürgerlichen Kindheit und seinem Vater. Also bewegt er sich in einer Welt von teuren Restaurants und Hotels, trifft auf Stars wie Billie Eilish und feiert Parties mit Jens Spahn. Weniger kaputt und verloren macht ihn das allerdings nicht. Im Gegenteil. Erst durch die Hilfe seiner Frau schafft er es, sich damit auseinanderzusetzen, was Vaterschaft und Männlichkeit für ihn bedeuten.

Neben diesen Themen, und das ist für mich das Alleinstellungsmerkmal des Romans, ist "Toxic Man" ein schonungsloses Porträt, das der Gesellschaft Masken und Fassaden runterreißt, das das entlarvt, was unter der Oberfläche schwillt. Denn jeder kriegt sein Fett ab: die Nation, das Bürgertum, Künstler und Promis... (Zum Beispiel heißt es da über den "Strafkolonie Look" vom Stuckrad-Barre: "und dass ich das einfach daneben finde. Weil es respektlos seinem Gegenüber ist, wie der Tod auszusehen.").

Kluge, geistreiche, manchmal auch bissige Gedanken und scharfe Beobachtungen reihen sich aneinander. Klar, durch die Stimme des Erzählers rutscht manches in dessen narzisstische Gedankenwelt ab, wird dann allzu giftig. Aber gerade diese Erzählstimme macht schließlich auch den Reiz des Buches aus.

Ungefiltert, direkt, witzig und schräg ist Schwildens Debüt und zwar so sehr, dass er andere dekadente und um Lautstärke und Schrillheit bemühte Texte fast schon harmlos und brav erscheinen lässt.

Diese Portion Gift sollte man sich nicht entgehen lassen.

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