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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2024

Poetisch

Kantika
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"Kantika" ist eine fesselnde und poetische Erzählung über Identität und Exil einer sephardischen Jüdin. Rebecca, die Protagonistin, die in der Oberschicht von Konstantinopel privilegiert aufwächst, erlebt ...

"Kantika" ist eine fesselnde und poetische Erzählung über Identität und Exil einer sephardischen Jüdin. Rebecca, die Protagonistin, die in der Oberschicht von Konstantinopel privilegiert aufwächst, erlebt in "Kantika" eine bewegende Flucht auf der Suche nach Sicherheit und Glück durch Europa und Amerika. Als Europa in den 1920er-Jahren gefährlich für Juden wird, beginnt Rebeccas Migrationsgeschichte von Barcelona über Havanna bis nach New York. Sie erlebt dabei immer wieder Schicksalsschläge, die ihre Widerstandskraft auf die Probe stellen. Als Witwe und alleinerziehende Mutter muss sie schließlich ihre Eltern zurücklassen, um ihren Kindern eine Zukunft zu ermöglichen. Trotz aller Widrigkeiten versucht sie an allen neuen Orten, ihre Situation zu verbessern, sodass die Lektüre immer positiv und hoffnungsvoll ist.

Besonders beeindruckend finde ich die Tatsache, dass dies die Familiengeschichte der Autorin ist. Elizabeth Graver hat es geschafft, einen roten Faden in ihrer verwickelten Familiengeschichte zu finden und eine poetische Stimme zu entwickeln, die die Leser:innen durch die Geschichte trägt. Durch die einfühlsame Darstellung ihrer Großmutter schafft Graver eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die mich als Leser tief berührt hat. "Kantika" ist für mich aber auch deshalb eine besondere Lektüre, da ich zuvor noch keinen Roman oder ein Sachbuch zur Geschichte sephardischer Juden gelesen habe. Bringt der Mare-Verlag eigentlich auch mal Bücher heraus, die nicht hervorragend sind? Ich glaube nicht!

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Veröffentlicht am 28.03.2024

Packend

James
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Der Roman "James", der Mark Twains Geschichte von Huckleberry Finn aus der Perspektive des Sklaven Jim erzählt, hat mich von Anfang an fasziniert. Trotz des in der deutschen Übersetzung artifiziellen Slangs, ...

Der Roman "James", der Mark Twains Geschichte von Huckleberry Finn aus der Perspektive des Sklaven Jim erzählt, hat mich von Anfang an fasziniert. Trotz des in der deutschen Übersetzung artifiziellen Slangs, der zunächst befremdlich auf mich wirkte, konnte ich mich schnell in die Erzählung vertiefen und wurde angenehm überrascht, wie flüssig und gerne ich weiterlas. Sowohl auf der Ebene der Abenteuergeschichten als auch auf der Ebene der Reflexion über die Bedeutung von race, Sprache und Freiheit hat mich der Roman von Beginn an gepackt.

Ein Aspekt, der dazu beitrug, war die Schnelligkeit, mit der der Roman voranschreitet. Die Episoden, die sich am Original von Mark Twain orientieren, lösen sich relativ schnell auf, sodass immer wieder neue Spannungsmomente entstehen. Dabei zeigt sich auch die Intelligenz der Hauptfigur Jim, der in verschiedenen Situationen Lösungen findet. Zusätzlich fand ich die Auseinandersetzung des Romans mit Sprache in all ihren Facetten besonders fesselnd, vor allem die Darstellung von Jims weiter sprachlicher Welt und die Betonung des Lesens als subversivem Akt im Kontrast zu der zu Beginn begrenzten Sichtweise von Huck.

Im Verlauf des Romans wurde nicht nur die Handlung intensiver, sondern auch die Kommentierung aktueller gesellschaftlicher Diskurse differenzierter. Die Machtdynamik zwischen den Figuren wird deutlicher, ebenso wie die verschiedenen Strategien, mit der Situation als Sklave umzugehen. Besonders bewegend fand ich die Darstellung von Jims Überlebenswillen, ungebrochen bleibt. Auch die Beziehungen zwischen den verschiedenen Charakteren und die komplexen Dilemmata, die sich daraus ergeben, tragen zur Tiefe der Erzählung bei. So konnte mich der Roman durch seine Spannung, emotionale Intensität und überzeugende sprachliche Darstellung vollständig fesseln und begeistern.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Spannend

The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
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"The April Story" von Hank Green ist ein fesselnder Jugendroman, der die heutige Welt der sozialen Medien und des Ruhms in all ihren Facetten einfängt. Die Geschichte dreht sich um April, eine gewöhnliche ...

"The April Story" von Hank Green ist ein fesselnder Jugendroman, der die heutige Welt der sozialen Medien und des Ruhms in all ihren Facetten einfängt. Die Geschichte dreht sich um April, eine gewöhnliche Jugendliche, die über Nacht zur weltweiten Berühmtheit wird, als sie ein Video von einer mysteriösen Skulptur auf YouTube hochlädt. Dies führt dazu, dass sie nicht nur das Geheimnis hinter den fremden - außerirdischen? - Statuen zu lüften versucht, sondern auch mit den unerwarteten Konsequenzen ihres plötzlichen Ruhms konfrontiert wird. Die Geschichte wirft damit wichtige Fragen auf über die Auswirkungen von Viralität, sozialen Medien und Popularität auf das individuelle Selbst und die Gesellschaft als Ganzes. April ist dabei eine sympathische Protagonistin, mit der sich sicher viele junge Leserinnen und Leser identifizieren können.

Der Erzählstil von Hank Green, dem Bruder des berühmten Autors John Green, ist packend und dynamisch, wodurch die Leserinnen und Leser von Anfang an in die Geschichte hineingezogen werden. Die Verwendung von Social-Media-Plattformen und modernen Kommunikationsmitteln verleiht dem Roman eine zeitgemäße Note, auch wenn einige Elemente, wie Facebook Live, mittlerweile etwas veraltet wirken. Dazu muss man wissen, dass der Roman bereits vor fünf Jahren erstmals erschienen ist.

Insgesamt ist "The April Story" ein Jugendroman, der auch Erwachsene nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken über die heutige Gesellschaft und ihre Obsession mit Berühmtheit und Gefolgschaft auf Social Media anregt. Obwohl ich normalerweise kein Fantasy lese, ist der Roman insgesamt so realistisch angelegt, dass ich die vorkommenden Science Fiction-Elemente interessant und spannend fand. Zusätzlich ist wichtig zu wissen, dass die Geschichte mit diesem Band noch nicht abgeschlossen ist, der zweite Band allerdings noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Intelligente Romcom

Alles gut
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Der Eichborn-Verlag scheint für mich in letzter Zeit ein Garant für unglaublich gut geschriebene, intelligente und dabei noch ausgezeichnet unterhaltende Literatur zu sein. Dies hier ist ein weiterer Roman, ...

Der Eichborn-Verlag scheint für mich in letzter Zeit ein Garant für unglaublich gut geschriebene, intelligente und dabei noch ausgezeichnet unterhaltende Literatur zu sein. Dies hier ist ein weiterer Roman, der zwar als Romcom und Coming-of-age-Roman daher kommt, aber dabei authentisch und durchdacht gesellschaftskritische Themen behandelt. Dies zeigen schon die Zitate vorweg aus "Clueless" und von Toni Morrison - kann ein Roman eigentlich besser beginnen?

In dem Roman geht es um Jess, die einen Job als Analystin bei Goldman Sachs in New York ergattert. Doch ihr Traumjob wird schnell von der unangenehmen Wiederbegegnung mit Josh getrübt, der sie schon während ihres Studiums mit seinen konservativen Ansichten irritiert hat. Doch überraschenderweise entwickelt sich Josh bald zu ihrem engsten Verbündeten im Büro – und Jess kann als einzige Frau und einzige Schwarze dort jeden Verbündeten gut gebrauchen. Daraus entwickelt sich bald noch mehr, auch wenn Joshs und Jess‘ unterschiedliche Erfahrungswelten immer wieder zwischen ihnen stehen. So fragt sich Jess immer wieder, ob sie jemanden lieben kann, der nicht anerkennt, dass Rassismus Chancengleichheit entgegensteht - und der möglicherweise sogar zum Trump-Wähler werden wird?

Während Jess und Josh sich zwischen Liebe und Grabenkämpfen hin- und hergerissen fühlen, fühlte ich mich bestens unterhalten, insbesondere weil der Roman zwischendurch immer wieder richtig spannend wird, um dann wieder nachdenklich zu machen. Die Figuren in "Alles gut" sind authentisch ausgearbeitet und realistisch dargestellt. Jess‘ und Joshs Beziehung ist komplex und facettenreich, voller Höhen und Tiefen. Dabei behandelt der Roman Themen wie Rassismus, Sexismus und Vorurteile auf eine ehrliche Weise und legt immer wieder den Finger in die Wunde, die eigenen Ansichten gründlich zu prüfen. Trotzdem schafft es die Autorin, diese ernsten Themen mit einer Leichtigkeit zu präsentieren, die gut unterhält und mich zum Lachen und zum Weinen gebracht hat.

Insgesamt ist "Alles gut" eine intelligente Romcom, die für offene Gespräche auch bei völlig gegensätzlichen Ansichten wirbt. Ich kann diesen Roman jedem empfehlen, der auf der Suche nach einer unterhaltsamen und gleichzeitig anspruchsvollen Lektüre ist.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Empathische Einblicke

Nachbarn
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Diane Olivers Kurzgeschichtenband "Nachbarn" ist eine Sammlung von Geschichten, die nicht nur die sozialen Umstände ihrer Zeit einfangen, sondern auch zeitlose Fragen über Identität und Vorurteile aufwerfen. ...

Diane Olivers Kurzgeschichtenband "Nachbarn" ist eine Sammlung von Geschichten, die nicht nur die sozialen Umstände ihrer Zeit einfangen, sondern auch zeitlose Fragen über Identität und Vorurteile aufwerfen. Mit einem einfühlsamen und empathischen Schreibstil zeigt Oliver die Welt verschiedener Charaktere, vor allem Frauen, die mit den Herausforderungen und Konflikten der amerikanischen Gesellschaft der 50er und 60er Jahre konfrontiert sind. Die Autorin zeigt eine bemerkenswerte Vielfalt an Perspektiven und schafft es dabei, die komplexen Dynamiken zwischen Rasse, Klasse und Geschlecht zu erkunden.

Jede Geschichte in "Nachbarn" zeichnet sich durch genaue und einfühlsame Beobachtungen aus, die Empathie für unterschiedlichste Situationen ermöglichen. Von der Entscheidung einer Familie, ihren Sohn auf eine weiße Schule zu schicken, bis hin zu einem Paar, das durch rassistische Übergriffe zur Flucht in den Wald getrieben wird, werden die Leserinnen und Leser mit einer Bandbreite von menschlichen Erfahrungen konfrontiert.

Besonders bemerkenswert ist, dass diese Sammlung von Geschichten von einer Autorin stammt, die erst Anfang 20 war. Diane Oliver zeigt eine reife Herangehensweise an ihre Themen, die weit über ihr Alter hinausgeht. "Nachbarn" ist nicht nur eine eindringliche Darstellung der amerikanischen Geschichte, sondern gewährt Einblicke in die menschliche Natur und unsere Beziehungen zueinander.

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