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Veröffentlicht am 20.08.2022

Bauchmuskelstrapazierender bayerischer Provinzkrimi – eine echte Gaudi

Bülent Rambichler und der verliebte Bulle
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Bülent ist schon geschlagen: erst ist seine Astrid auf und davon zur Selbstfindung und dann fliegt ihm auf der Faschingsparty auch noch eine Tote um den Hals. Er hofft ja auf Unfall oder Selbstmord, damit ...

Bülent ist schon geschlagen: erst ist seine Astrid auf und davon zur Selbstfindung und dann fliegt ihm auf der Faschingsparty auch noch eine Tote um den Hals. Er hofft ja auf Unfall oder Selbstmord, damit er nicht ermitteln muss. Doch leider wurde die Gute um die Ecke gebracht. Gemeinsam mit seinem Kumpel Franz nimmt Bülent also die Spur auf und stellt bald fest, dass es den einen oder anderen gibt, der die Grundschullehrerin lieber tot als lebendig sehen will. So richtig beliebt war die nämlich nicht und auch nicht so unschuldig, wie sie gerne glauben machen wollte. Bei ihren Ermittlungen decken sie so manches (peinliche) Geheimnis auf und bringen ganz schön Unruhe in das beschauliche Strunzheim.

Ich habe so viel gelacht bei der Lektüre dieses Buchs. Auf jeder Seite ein Lacher, was einfach auch schon an den unverblümten Ausdrucksweises der Figuren liegt, die in herrlichstem bayerisch abgedruckt sind und oft zotigderb daherkommen – aber niemals unter der Gürtellinie, weil einfach zu liebenswertlustig. Der Schreibstil, so lockerflockerhumorig er ist, versteht es, einen in den Bann zu ziehen. Die Figuren sind mehr als lebendig und ich konnte mir alle – auch die völlig schrägen – Szenen so gut vorstellen. Der Kriminalfall selbst war schön unvorhersehbar und zumindest ich bin auf die Lösung nicht gekommen, sondern tappte im Dunkeln.

Wer die Eberhofer-Krimis oder die von Jörg Maurer mag oder z.B. die TV-Serie Hubert und Staller, wird auch bei Bülent Rambichler auf seine Kosten kommen. Ich habe die Figuren allesamt jetzt schon in mein Herz geschlossen und werde mir die beiden Vorgängerbände auch noch zulegen. Die waren für diesen 3. Teil nicht unverzichtbar, ich bin auch so super mitgekommen. Aber lesen will ich sie jetzt trotzdem. Einfach zu köstlich!

Erwähnen möchte ich noch, dass am Ende des Buchs eine Meditationsübung steht, ein Rezept für einen Diffusor-Duft (beides spielt in dem Buch natürlich eine Rolle) sowie ein Rezept für vegane Energy-Balls mit Schoki-Hülle. Ich mag sowas immer ganz gern. Außerdem gibt es da auch noch eine Übersetzungshilfe, weil die Ausdrücke für einen Nicht-Bayern teils schlicht nicht zu verstehen sind. Ich bin eine halbe Bayerin und musste das eine oder andere dennoch nachschlagen.

Ein irre lustiger Krimi, der mir fast Bauchmuskelkater verschafft hat und den ich jedem Spaß verstehenden, humorvollen, nicht bierernsten Leser mit einem Faible für kurzweilige Krimis gerne ans Herz lege. Ich vergebe lachende 5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.08.2022

Jeder kann die Welt verändern – außergewöhnlicher Comic über Albert Einstei

Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Albert Einstein
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Ganz bestimmt kennst Du Albert Einstein. Aber wusstest Du auch, dass er ein kleiner Spätzünder war, der erst mit 3 Jahren sprechen konnte und dann auch nur sehr unverständlich? Dass er deswegen von anderen ...

Ganz bestimmt kennst Du Albert Einstein. Aber wusstest Du auch, dass er ein kleiner Spätzünder war, der erst mit 3 Jahren sprechen konnte und dann auch nur sehr unverständlich? Dass er deswegen von anderen Kindern geärgert wurde und viel lieber für sich allein geblieben ist? Und das seine Lehrerin ihm einmal prophezeit hat, dass aus ihm nie etwas werden würde? Dass er oft auch schlechte Noten erhalten hat und an der Uni durch einen Physikkurs gefallen ist? Ja, so war das mit diesem brillanten Wissenschaftler. Dieser Comic zeigt uns Alberts Leben von Kind an bis zur Verleihung des Nobelpreises für Physik.

Ein absolut gelungener Comicband ist das. Die Texte sind kurz, auf den Punkt, informativ und kindgerecht, die Bilder detailliert, bunt und einfach super passend (allerdings fand ich es ein bisschen befremdlich, dass Albert auch als Kind schon mit grauen Wuschelhaaren und Schnurbart gezeichnet wurde – aber das ist wohl künstlerische Freiheit und so gibt es natürlich einen hohen Wiedererkennungswert). Auf den beiden letzten Seiten des Büchleins sind 4 Fotos aus dem Leben von Albert Einstein sowie ein Zeitstrahl mit seinen wichtigsten Meilensteinen.
Der Inhalt bzw. das, was dieser Comic vermitteln will, ist so wichtig: es ist okay anders zu sein, denn anders ist nur ein anderes Wort für einzigartig! Glaube an Dich und bleibe immer neugierig. Halte an Deinen Träumen fest, du kannst alles erreichen und jeder kann die Welt verändern!

Super inspirierend und Mut machend, herrlich kindgerecht beschrieben und super gezeichnet – ein Comic, der Spaß macht und lehrreich ist und sicherlich auch dem einen oder anderen Hoffnung macht. Niemand auf der Erde ist genau wie Du und das ist auch gut so. Geh Deinen eigenen Weg, bleib Dir treu und traue Dich, Fragen zu stellen. „Je mehr Fragen ihr stellt, desto mehr Antworten werdet ihr erhalten. Und desto mehr werdet ihr von der Schönheit des Universums verstehen.“ (Seite 35).

Ich mag das Buch bzw. die Buchreihe, weil ich sie wertvoll finde für unsere Kinder und vergebe daher sehr gerne 5/5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.08.2022

Ein leiser Thriller mit extremer Sogwirkung – Pageturner par excellence

Als das Böse kam
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Juno (16) lebt mit ihrem Bruder Boy (12) und ihren Eltern auf einer Insel. Nur sie vier. Es herrschen strenge Regeln (die sieben Gebote), die die Eltern zum Schutz der Kinder aufgestellt haben. Denn nur ...

Juno (16) lebt mit ihrem Bruder Boy (12) und ihren Eltern auf einer Insel. Nur sie vier. Es herrschen strenge Regeln (die sieben Gebote), die die Eltern zum Schutz der Kinder aufgestellt haben. Denn nur so kann verhindert werden, dass die Fremdlinge aus Südland auf die Insel kommen und die Familie töten. Jeder Tag ist geregelt, jeder hat seine Aufgaben, brechen die Kinder eines der sieben Gebote, werden sie bestraft oder müssen ins Loch, den geheimen Schutzraum unterm Esszimmertisch. Doch Juno fragt sich immer öfter, was außerhalb ihrer Insel ist und hinterfragt das Verhalten ihrer Eltern. Eines Tages deckt Juno Schreckliches auf und ihre Welt ist nicht mehr die, die sie zu sein schien. Hin und hergerissen zwischen Angst und dem Wunsch, der Insel zu entkommen, versucht Juno, einen Weg zu finden, der sie aus ihrem Dilemma befreit.

Holla die Waldfee! Diese Buch ist der Hammer! Kein Actionkracher mit Blut und Geballer, sondern still und leise geht es hier zu, was alles nur noch eindrücklicher macht. Der Schreibstil ist phänomenal: direkt, geradeheraus und dennoch detailliert und bildhaft. Kein Wort zu viel, keins zu wenig. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Juno. Der Autor schafft es perfekt, ihre Gefühle, ihre Zerrissenheit, ihre Ängste und Hoffnungen aufs Papier zu bringen und dadurch unmittelbar auf mich zu übertragen. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich völlig angespannt den Atem anhielt, wenn Juno in einer gefährlichen Situation war, wie ich genau das fühlte, was dieses 16jährige Mädchen fühlt. Bei einer Szene, die mit einer Tür und einem Finger zu tun hat, habe ich es körperlich gespürt… irre! Anfangs hatte ich ungefähr 1 Millionen Szenarien im Kopf, was Sache sein könnte, es hat in mir drin echt gerattert. Dann kam eine Wende und ich war platt! Damit hätte ich nicht gerechnet. Von Seite 1 bis zur letzten Seite war ich komplett gefangen von der Story, konnte nicht aufhören mit Lesen und musste wissen, wie es weitergeht. Der Aufbau, der Spannungsbogen, die Charaktere – brillant! Und das alles mit einer Schreibe, die so „einfach“ und ergreifend, so direkt und authentisch ist. Als hätte Juno mir ihre Geschichte selbst erzählt. Umwerfend!

Ganz klar 5/5 und ein Zusatz-Highlightsternchen! Ganz großes Blockbusterkino!

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Veröffentlicht am 23.07.2022

Die (biografische) Geschichte einer starken Frau – unglaublich fesselnd!

Minna. Kopf hoch, Schultern zurück
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Die junge Minna liebt ihre Familie, möchte aber aus der Armut ausbrechen und sehnt sich nach geordneten Verhältnissen, einer eigenen Familie und einem Ende der Armut. Als sie Fred kennenlernt, gutsituiert ...

Die junge Minna liebt ihre Familie, möchte aber aus der Armut ausbrechen und sehnt sich nach geordneten Verhältnissen, einer eigenen Familie und einem Ende der Armut. Als sie Fred kennenlernt, gutsituiert und charmant, heiraten sie schnell. Minnas Mutter, eine Toilettenfrau, ist skeptisch, warnte sie Minna doch schon immer vor kleineren Männern mit braunen Augen – die bringen nur Unglück. Doch Minna geht ihren Weg und eine Zeitlang sind sie und Fred auch sehr glücklich. Minna baut Dank seiner finanziellen Starthilfe ein eigenes Nähatelier auf und macht sich im reichen Düsseldorf bald einen Namen. Bald ist sie erfolgreicher als ihr Mann, der das alles eigentlich nur als kurzfristige Spinnerei abgetan hat. Doch letztlich geht die Ehe schief, Fred verspekuliert ihrer beider Vermögen und Minna landet auf der Straße. Sie beschließt, zurück in das Dorf Minden zu ziehen, in die Nähe zu Mutter und Bruder. Der 2. Weltkrieg hält Einzug, die Zeiten sind schwer und Minna verliebt sich in Fritz, mit dem sie endlich die ersehnten zwei Kinder bekommt. Lange Zeit sind sie glücklich, doch die kräftezehrenden, von Armut und Gewalt geprägten Kriegsjahre fordern ihren Tribut, Fritz wird eingezogen und kommt als gebrochener Mann zurück. Die Ehe scheitert. Minna geht in ihrer Mutterrolle auf und muss einen weiteren schrecklichen Schicksalsschlag erleben.

Ich begleite Minna und ihre Familie vom Jahr 1924 an bis ins Jahr 1951 und ich muss schon sagen: eine tolle, sehr starke Frau, die mich schwer beeindruckt hat. Selbstbewusst packt sie ihr Leben an, sucht das Glück und wird sehr erfolgreich. Sie ist fleißig und ehrgeizig und zielstrebig. Dennoch ist ihr die Karriere nicht wichtiger als ihre Familie, die in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt. Ihrer einfachen Herkunft zum Trotz steht Minna ihre Frau und beweist, was in ihr steckt. Sie lässt sich nicht unterkriegen, macht aus jeder noch so schwierigen Situation immer das Beste und pfeift auf jegliche Konventionen. Bewundernswert!

Minna ist übrigens die Großmutter der Autorin. Es ist also ihre Familiengeschichte, die ich das lesen durfte und meine Güte – die hat es in sich. Auf dem Cover sehen wir Minna und ihre Tochter. Die Geschichte ist gründlich recherchiert und in einem Schreibstil niedergeschrieben, der mich absolut fesseln konnte. Ich hatte alles immer klar vor Augen und sämtliche Charaktere waren greifbar und real. Kopfkino. Mit 608 Seiten ist es kein schmales Büchlein, sondern ein rechter Wälzer, der mir jedoch an keiner Stelle langweilig wurde. Ich habe mitgefiebert, mitgelitten, mitgeweint, mitgelacht. Ergreifend, kurzweilig, historisch super interessant und wunderbar lebendig erzählt. Von mir gibt es dafür ganz klar 5/5 Sterne und ich freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung.

Vielen Dank an das Bloggerportal Penguin Random House, über das ich das Buch lesen durfte und natürlich an den Heyne-Verlag, für das Bereitstellen des Rezensionsexemplars.

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Veröffentlicht am 17.07.2022

Ein wunderbares Buch über Armut und Scham - und über eine Freundschaft, die unbezahlbar ist

Feuerwanzen lügen nicht
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Nits (eigentlich Nityananda, halb Inder) und Mischa sind beste Freunde seit dem Sandkasten. Sie sitzen in der Klasse nebeneinander und verbringen viel Zeit zusammen. Eines Tages fällt Nits auf, dass Mischa, ...

Nits (eigentlich Nityananda, halb Inder) und Mischa sind beste Freunde seit dem Sandkasten. Sie sitzen in der Klasse nebeneinander und verbringen viel Zeit zusammen. Eines Tages fällt Nits auf, dass Mischa, der immer korrekt und strebsam ist, seinen Klassenlehrer anlügt. Kurz darauf stellt er fest, dass Mischa auch ihn selbst angelogen hat und seine Welt gerät ein bisschen ins Wanken. Er stellt Mischa zur Rede und so nach und nach zeigt sich, dass Mischas Leben so ganz anders ist, als das von Nits. In seiner Wohnung (in die Mischa Nits bis jetzt nie eingeladen hat) gibt es kaum Möbel, sie kaufen bei der Tafel ein, er läuft immer in ziemlich abgerissenen Klamotten herum. Nits fragt sich, wie er das die ganze Zeit übersehen haben kann. Und warum Nits Mischas Mama noch nie gesehen hat, sondern nur den in seinen Augen ziemlich coolen Dad, hat auch einen Grund. Als dieser Dad in Schwierigkeiten gerät und das Jugendamt quasi schon vor der Tür steht, gilt es, zusammenzuhalten. Nits beweist, dass eine Freundschaft wichtiger ist, als alles andere.

Dass Kinderarmut auch in unserem reichen Deutschland leider keine Ausnahme ist, wissen wir alle. „Feuerwanzen lügen nicht“ dreht sich um dieses Thema und behandelt es mit einer Direktheit, die wehtut, aber auch mit einer Wärme, die Hoffnung macht. Mischas Scham geht unter die Haut und seine Art, mit der Situation umzugehen ebenso. Nits Gefühlswelt wird einmal über den Haufen geworfen und wie er es schafft, diesen Haufen wieder glattzuziehen, mit welchem Vertrauen und Mut er das angeht, seine Erkenntnisse darüber, wie privilegiert er mit einer ganz normalen Familie ist und wie glücklich er sich schätzen kann – das ist wirklich berührend. Genau so wie seine Freundschaft zu Mischa, die ihm so wichtig ist wie kaum etwas anderes.
Zum Ende hin wandelt sich das Buch in einen kleinen Kinder-Krimi, was frischen Wind reinbringt und nochmal ordentlich spannend ist.

Der Schreibstil ist recht außergewöhnlich. Nits ist ein Sprücheklopfer, reimt gerne und rappt schon fast. Diese „Reime“ findet man immer wieder im Buch und das passt einfach gut, auch wenn es anfangs ein bisschen seltsam war. Jedes Kapitel beginnt zudem mit einem gereimten Spruch/Rap über Tiere. Die Sprüche ziehen sich durch das ganze Buch und passen einfach super! Das Buch lässt sich gut und schnell lesen, es ist so fesselnd geschrieben, dass ich es fast in einem Rutsch durchgelesen habe. Die Charaktere (nicht nur Nits, Mischa und Amy – sondern alle) sind detailliert und herrlich lebendig beschrieben, so dass man jeden förmlich agieren sehen kann.

Ein Buch, das zu Herzen geht, wichtig ist, zum Mitfiebern und unheimlich gut zu lesen. Voller Gefühl, Witz, Wärme und Spannung ist es nicht nur für Kinder ab 11 Jahren eine tolle Lektüre (und vielleicht ein kleiner Augenöffner, ein Anstoß, vielleicht manchmal etwas genauer hinzusehen), sondern auch für ältere und Erwachsene.
Ganz klar: 5/5 Sterne.

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