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Veröffentlicht am 19.03.2023

Dystopisches Kammerspiel – keine leichte Kost, dennoch kindgerecht und super fesselnd

Unten
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Nevo lebt mit ihrer Mutter in einem der Hochhäuser, die unendlich hoch und tief zu sein scheinen. Nach unten mag keiner, da kommen die hin, die sich nicht an die Regeln gehalten haben. Jeder bleibt auf ...

Nevo lebt mit ihrer Mutter in einem der Hochhäuser, die unendlich hoch und tief zu sein scheinen. Nach unten mag keiner, da kommen die hin, die sich nicht an die Regeln gehalten haben. Jeder bleibt auf seiner Etage, keiner wagt es, hoch oder runter zu gehen. Bis eines Tages Juma, Nevos beste Freundin, durch den Wäscheschacht nach unten fällt und nicht mehr auftaucht. Als dann keiner mehr etwas von Juma wissen will, an ihrer Stelle sogar ein fremdes Mädchen den Platz an der Seite von Jumas Mutter eingenommen hat ist für Nevo schnell klar: sie muss nach unten, um Juma zu suchen und zurückzuholen. Je weiter sie nach unten kommt, desto bedrohlicher und verwirrender wird alles. Nevo trifft auf Kindergangs, auf brutale Schlägertrupps, auf die Hauswäscherei, die zugleich als Sammellager der verlorenen Dinge dient und auf einen Jungen, der sich aus dem System befreit hat und allein mit Ratten im Müll haust. Schaffen sie es, gemeinsam die Hausverwaltung zu überlisten und Juma zu befreien? Doch was dann? Gibt es einen Weg aus dem System?

Meine Güte, das habe ich nicht erwartet, als ich mit dem Buch gestartet bin. Ohne Umwege war ich mittendrin, gefangen in einer Geschichte, die beklemmend und bedrohlich ist, surreal und dennoch erschreckend realistisch und die zwar einerseits ein schwieriges Thema behandelt, dieses aber aus Kindersicht betrachtet und daher durchaus kindgerecht ist. Nicht ohne Witz und Humor. Das ist ein ganz und gar besonderer Mix und ich war schlicht gefesselt. Das System, das Haus, die Etagen und dessen Bewohner werfen bei mir immer mehr Fragen auf, die nur zum Teil beantwortet werden. Was aber nicht schlimm ist, denn für ein Kind sind die Antworten völlig ausreichend. Klar, ich hätte gerne gewusst, wie es zu diesem System kam, wer dahintersteckt, was in der Welt passiert ist, wie und warum sich alles so entwickelt hat und noch viel mehr. Doch letztlich ist das im Dunkeln tappen Teil der Faszination, die das Buch in mir auslöst.

Hinzukommt die tolle Beschreibung von Charakteren und Setting, was die Story lebendig und greifbar macht. Der Schreibstil ist nicht unbedingt so easy-peasy wie in anderen Kinderbüchern und dennoch sehr gut zu lesen und vor allem herrlich fesselnd mit gewaltiger Sogwirkung. Das ist nicht einfach nur ein Kinderabenteuer zum Zeitvertreib, sondern eins mit Tiefgang, das zum Nachdenken anregt. Es läuft alles auf den Spruch vom Klappentext hinaus: Wenn du frei sein willst, musst du die Regeln brechen. Wenn alle frei sein sollen, musst du die Regeln ändern. Große Worte, die mit einem sehr einfachen, aber perfekt passenden Ende gekrönt werden. Ich bin begeistert und hätte gerne eine Fortsetzung. Einfach, weil ich mit vielen Fragen zurückgeblieben bin und weil ich das Buch schlicht brillant fand. 5/5 Sterne!

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Veröffentlicht am 18.03.2023

Vom Mut, auf sein Gewissen zu hören – umwerfendes Plädoyer für Klima- und Umweltschutz

Willodeen – Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere
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Willodeen lebt in einer Welt, in der das Klima heiß und trocken ist. Brände überall und einem sind vor Jahren Willodeens Eltern und ihr kleiner Bruder zum Opfer gefallen. Willodeen lebt bei zwei alten ...

Willodeen lebt in einer Welt, in der das Klima heiß und trocken ist. Brände überall und einem sind vor Jahren Willodeens Eltern und ihr kleiner Bruder zum Opfer gefallen. Willodeen lebt bei zwei alten Frauen und ist am liebsten für sich allein. Sie fühlt sich unter Menschen unsicher und ängstlich und streunt am liebsten durch die Wälder, um alles zu katalogisieren, was sie sieht. Ganz besonders mag sie die Kreischer – laute, furchtbar stinkende Tiere, auf die von den Bewohnern eine Abschussprämie ausgelobt ist. Bald ist kein Kreischer mehr im Wald übrig. Da bekommt Willodeen von dem Jungen Connor eine kleine selbstgebastelte Kreischerfigur geschenkt. Beide ahnen nicht, dass dies der Anfang einer magischen Geschichte ist. Willodeen entdeckt nach und nach die Zusammenhänge zwischen den nahezu ausgerotteten Kreischern und dem Fernbleiben der so beliebten Summbärchen. Doch schafft sie es, ihren Mut zu finden und den Menschen von Purchance ihr Wissen mitzuteilen, sich Gehör zu verschaffen und an das Gewissen aller zu plädieren?

Ich habe schon einige Bücher von Katherine Applegate gelesen und war bisher von jedem schlicht begeistert! Willodeen bildet da keine Ausnahme. Eindrücklich und doch leichtfüßig schafft Applegate es erneut, mir die Charaktere direkt ins Herz zu schreiben. Setting, Figuren und Story sind lebendig, bildhaft und ungemein fesselnd. Ganz viel Gefühl ist mit im Spiel, ich habe mitgelitten mit Willodeen, die so Schlimmes durchmachen musste. Die Ideen sind bezaubernd, vor allem das kleine Summbärchen Duuzu hat es mir angetan und natürlich der kleine Kreischer Quinby. Katherine Applegates Schreibstil ist etwas ganz Besonderes, weil voller Liebe, Gefühl und Leidenschaft, was man in jeder Zeile merkt. Ihr liegen ihre Protagonisten am Herzen und das merkt man einfach. Zauberhaft, liebenswert, herzerwärmend und einfach nur schön!

Neben dem Hauptthema Umwelt- und Klimaschutz, das keineswegs anklagend rüberkommt, sondern verpackt in eine so liebenswerte und ergreifende Geschichte spielen auch die Themen Freundschaft, Loyalität, Mut und (Selbst-)Vertrauen eine große Rolle. Doch die Hauptaussage ist eindeutig: jedes Lebewesen hat einen Sinn und Zweck und ist für die Ganzheit unserer Welt von immenser Wichtigkeit. Jeder ist es wert, geschützt zu werden, alle sind richtig und wichtig.

Im Buch gibt es ein paar wenige sehr schöne s/w-Zeichnungen, die super ins Buch passen. Auf dem schönen Cover ist ein Summbärchen zu sehen und das Gesicht eines Kreischers. Schön finde ich die kurzen Kapitel, in denen das Kreischer-Baby zu Wort kommt. Einfach herzerwärmend. Für mich mal wieder ein Highlight von Applegate: 5 Sterne und eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, nicht nur für Kinder.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Tatort: Zoo Karlsruhe – Bulle und Schmetterling ermitteln wieder

Der Bulle und der Schmetterling - Nur der Eisbär war Zeuge
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Fledermaus, alias Sebastian, ein Freund von Kira arbeitet im Zoo Karlsruhe. Eines abends vertraut er sich Kira an und erzählt ihr von einem florierendem Drogenhandel, für den der Zoo herhalten muss. Und ...

Fledermaus, alias Sebastian, ein Freund von Kira arbeitet im Zoo Karlsruhe. Eines abends vertraut er sich Kira an und erzählt ihr von einem florierendem Drogenhandel, für den der Zoo herhalten muss. Und auch, dass die Tiere dort auf Beruhigungsmittel gesetzt werden, damit die drogendealenden Tierpfleger weniger Arbeit mit ihnen haben. Und, dass er in Gefahr ist. Kurz danach verschwindet Fledermaus spurlos. Als Schiemann Kira am nächsten Tag um Hilfe bei einem Todesfall im Zoo bittet, schwant ihr Schlimmes. Sie uns Schiemann stürzen sich in den Fall, wobei sie nächtliche Einsätze im Zoo in Kauf nehmen, hautnahe Berührungen mit nicht immer friedlichen Tieren und Bekanntschaft machen mit Tierpflegern, die so gar nicht nett sind. Nach und nach decken die beiden so einiges auf – nebenbei sogar das Geheimnis um Kiras Kindheitstrauma mit dem Feuer in der Tierpension, die ihrer Mutter das Leben gekostet hat. Was das Ganze mit Eisbären, roten Pandas, Pinguinen, Krokodilen, Tierversuchen und einer Katze mit Implantat zu tun hat, müsst ihr selbst herausfinden.

Ich liebe den Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe und hatte als Jugendliche immer mal Jahreskarten dafür. Umso schöner, jetzt mit diesem 3. Teil der Reihe erneut einen Besuch abzustatten. Wobei es ziemlich rasant zugeht, sehr spannend und gefährlich und mir dieser Teil, auch wegen der Story rund um Kira, bisher am besten gefallen hat. Ich glaube, das steigert sich von Buch zu Buch und ich bin schon sehr auf den nächsten Teil gespannt, der im Mai erscheinen wird. Wir zuvor finde ich das schräge, ungleiche und doch so gut zusammenarbeitende Ermittlerpärchen einfach richtig super. Er ist ein Polizist mit krankheitsbedingtem Alkoholproblem (Stichwort: Eigenbrauer-Syndrom) und sie eine Inselbegabten mit kaum ausgeprägter Sozialkompetenz (Stichwort: Savant-Syndrom). Hört sich schräg an? Ist es auch! Und dabei trotzdem einfach gut und passend! Und vor allem auch sehr humorvoll. Mir gefällt, dass die Story in Karlsruhe spielt, meiner Heimatstadt und ich fast alle hier angesprochenen Ecken und Winkel kenne. Zudem ist der Schreibstil lockerflockig und man rauscht geradezu durch das Buch. Immer mit dem Drang wissen zu wollen, wie es nun weitergeht. Ein bisschen schräg und skurril, schön rasant und spannend, überaus humorvoll und liebenswert. 4,5/5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 14.03.2023

Du bist gut, so wie du bist – Kinderbuch über Freundschaft und Akzeptanz

Der Hund ohne Namen
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Der kleine graue, dreibeinige Hundewelpe wird von seinen schneeweißen Geschwistern immer ein bisschen außen vorgelassen. Er ist nicht so flink wie sie und hat nicht so ein strahlendweißes, glänzendes Fell. ...

Der kleine graue, dreibeinige Hundewelpe wird von seinen schneeweißen Geschwistern immer ein bisschen außen vorgelassen. Er ist nicht so flink wie sie und hat nicht so ein strahlendweißes, glänzendes Fell. Als seine Geschwister nach und nach in ihr neues Zuhause abgeholt werden und er immer übersehen wird, ist er traurig. Er möchte doch auch nur geliebt werden. Da kommt eines Tages der Junge Luca. Und statt einen der übrigen Welpen zu nehmen, entscheidet er sich nach einem Blick in die Augen des Dreibeiners für ihn. Seine Eltern willigen nicht ganz so überzeugt ein und so nimmt er ihn mit nach Hause. Doch einen Namen hat er noch nicht für ihn, da er in den Augen von Luca ein ganz besonderer Hund ist und daher auch einen ganz besonderen Namen braucht. Die Wochen vergehen und die beiden haben viel Spaß miteinander und lieben sich. Als Luca krank wird zeigt sein Hund, dass er wirklich ein ganz besonderer Hund ist. Das überzeugt auch Lucas Eltern und so ist klar: der Hund gehört zur Familie. Nun braucht er nur noch einen besonderen Namen.

Gefühlvoll und liebenswert erzählt Uwe Krauser diese Geschichte über das Anderssein, das Einzigartigsein und vermittelt damit schon den ganz Kleinen, dass jeder wertvoll ist und gut, so wie er ist. Es kommt nicht auf das Äußere an, ob du klein, groß, dick, dünn bist, dir ein Bein oder ein Ohr oder ein Auge fehlt, du vielleicht nicht so schlau, flink oder beliebt wie die anderen bist. Ganz egal! Denn DU bist einzigartig und wertvoll! Dieses Bilderbuch bringt das alles mit kurzen Texten und superschönen Zeichnungen auf den Punkt. Kurz aber deutlich und so liebevoll gestaltet. Der Aufbau mit den großformatigen, bunten Zeichnungen, den kurzen Texten und unterschiedlichen Schriftarten macht einfach Spaß und eignet sich perfekt zum gemeinsamen (Vor-)Lesen und Ansehen. Ein Wohlfühlbuch mit Glücklich-Garantie. Daher ganz klar 5/5 Sterne und eine Empfehlung für alle Eltern, aber auch Tageseltern, Kindergärten, Kitas etc. Man kann gar nicht früh genug anfangen, die Botschaft dieser Geschichte den Kindern nahezubringen und ihnen nebenbei noch eine Extraportion Tierliebe mit auf den Weg zu geben. Ich liebs.

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Veröffentlicht am 13.03.2023

Tödlicher Michaelistag - düster, regnerisch, beklemmend

Ein letztes Opfer: Thriller
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Der Einsiedler Schneider wird im ganzen Dorf hinter vorgehaltener Hand als Mörder beschuldigt. Sterben doch jedes Jahr am Michaelistag (29. September) Frauen, zu denen er irgendeinen Bezug hat. Ein Gedicht ...

Der Einsiedler Schneider wird im ganzen Dorf hinter vorgehaltener Hand als Mörder beschuldigt. Sterben doch jedes Jahr am Michaelistag (29. September) Frauen, zu denen er irgendeinen Bezug hat. Ein Gedicht über Schuld, Sühne und Einsamkeit, dass der Einsiedler an die Grazer Zeitung geschickt hat, weckt das Interesse der Redakteurin Vera, die von Graz in das kleine Bergdorf reist, um den Verfasser zu interviewen. Der Zeitpunkt dafür könnte nicht schlechter gewählt sein: rund um den 29. September. Die Leute tuscheln schon, dass sich der Einsiedler damit bestimmt sein nächstes Opfer an Land gezogen hat. Vera möchte die Unschuld des Einsiedlers beweisen. Doch ist er das auch wirklich? Unschuldig?

Das ist mein zweites Buch von Heidi Troi und wie auch beim ersten habe ich den Schreibstil als sehr gut lesbar empfunden. Durchaus fesselnd und spannend, sehr atmosphärisch. Die Story ist interessant und das Setting auch. Das ewig schlechte Wetter, der dunkle Wald, die drückenden Berge lassen dabei echte Beklemmung aufkommen. Mir hat der Charakter Schneider ganz gut gefallen, dennoch blieb er für mich, wie auch die anderen Figuren, irgendwie fremd, blass und oberflächlich. Ich habe keinen wirklichen Bezug zu ihnen gefunden, was ich immer schade finde. Vera und die öfter eingestreuten Andeutungen darüber, was mit ihrem Vater geschehen ist, ging mir dann irgendwie auf die Nerven, weil es nichts Ganzes und nichts Halbes war. Alles wurde angerissen, nichts zu Ende dargestellt. Ich fühlte mich ein bisschen wie nur angefüttert. Konnte aber nicht satt werden.
Das Ende war dann rasant, auch wenn mir ziemlich von Anfang an fast klar war, worauf es hinausläuft. Ich kann das hier leider nicht näher ausführen, weil ich sonst zu viel spoilern müsste.

Fazit: ein guter Thriller, der viel mit Atmosphäre spielt, dabei für meinen Geschmack aber die Figuren ein bisschen auf der Strecke bleiben lässt. Durchaus spannend, aber mir fehlt das, was mich sonst bei einem Thriller mitfiebern lässt und mir Gänsehaut beschert. Wenn mir die Figuren zu blass bleiben, bin auch ich einfach nicht richtig involviert. Dennoch wirklich gute 3,5 Sterne und damit besser als gut, für mich aber nicht ganz an sehr gut herankommend.

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