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Veröffentlicht am 05.06.2023

In den Wirren der menschlichen Geschichte

Die Reisenden der Nacht
7

Die bedrückende, angstvolle Atmosphäre kurz vor und im dritten Reich, wie auch vor der Machtübernahme der Kommunisten in Kuba wird in diesem Buch sehr eindrücklich beschrieben. Wie haben die Menschen damals ...

Die bedrückende, angstvolle Atmosphäre kurz vor und im dritten Reich, wie auch vor der Machtübernahme der Kommunisten in Kuba wird in diesem Buch sehr eindrücklich beschrieben. Wie haben die Menschen damals das nur ausgehalten?
Ally und Marcus haben in Deutschland keine Zukunft, dennoch träumt zumindest sie von einer. Dafür verdrängt sie vieles, und muss nachher ihr Kind allein zur Welt bringen und großziehen.
Ihrer Tochter Lilith, die Ally mit acht Jahren einem jüdischen Ehepaar mit auf die St. Louis, einem Schiff nach Kuba zur Rettung von Juden und anderen Unerwünschten aus Deutschland, gegeben hatte, erlebt in Kuba viele Jahre später fast Dasselbe. Auch sie rettet ihr Kind, ihre Tochter Nadine, die aber zu diesem Zeitpunkt noch ein Baby ist, vor den Schergen Castros, indem sie es weggibt.
Lilith lebt bei einem Ehepaar in New York, bis sie später aufgrund eines Prozesses gegen ihre „Mutter“ nach Deutschland kommt und dort Allys Urenkelin Luna zur Welt bringt, die endlich der ganzen verworrenen Familiengeschichte mit Hilfe ihrer Mutter auf den Grund geht und Antworten findet.
Die Ereignisse in diesem Buch überschlagen sich, oft ging mir alles zu schnell und ich hätte gerne für das Lesen der Ereignisse, die der Autor sehr gut recherchiert hat, und die Tiefe der Personenbeschreibungen mehr Seiten und Zeit gehabt.
Teilweise schreibt der Autor seine Geschichte fast wie einen Bericht, kaum emotional, so dass die Leser*in sich wenig in die Figuren einfühlen kann. Dann wieder beschreibt er mit einer emotionalen Wucht, die einen alles Erleben der Protagonistinnen tief nachempfinden lässt. (Vermutlich wollte er einfach zu viele Personen und Schicksale in zu wenig Seiten packen.)
Interessant ist, wie der Autor den Kreis schließt, indem er Nadine zu einer deutschstämmigen Pflegemutter in New York kommen lässt, die dann auch noch wegen ihrer Vergangenheit in Deutschland – Düsseldorf!, dort, wo Ally einst lebte - angeklagt wird.
Nadines passives Verhalten ihrer eigenen Familiengeschichte wird im dritten Abschnitt sehr gut nachvollziehbar beschrieben und erklärt. Erst als sie selbst Mutter einer Tochter ist, empfindet sie es als wichtig, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Schade, dass es nun leider fast zu spät ist. Auch diese Aufarbeitung hätte im Buch mehr Seiten verdient gehabt.
Die Rückblenden auf das Ende von Allys und des Professors Leben finde ich sehr gelungen. Endlich gibt es für alles/vieles eine Erklärung.

Eine überwältigende Geschichte über drei Generationen von Müttern und Töchtern und wenig bekannte Kapitel der Geschichte von 1929 bis heute. Ein gut recherchiertes (s. Anhang), sehr interessantes Buch über ein selten behandeltes Thema, dem einige Seiten mehr Umfang und Tiefe der Figuren und Ereignisse gutgetan hätten.


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Veröffentlicht am 03.06.2023

Das faszinierende Leben der Wale

Die geheime Welt der Wale
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In diesem Bilderbuch nimmt der Autor und Illustrator die Leserinnen mit in die geheimnisvolle, interessante und auch bedrohte Welt der Wale. Was macht diese riesigen Meeressäuger so faszinierend?

Die ...


In diesem Bilderbuch nimmt der Autor und Illustrator die Leserinnen mit in die geheimnisvolle, interessante und auch bedrohte Welt der Wale. Was macht diese riesigen Meeressäuger so faszinierend?

Die Leser
in bemerkt an diesem Buch sofort, das es mit Leidenschaft geschrieben und gezeichnet wurde. So merkt der Autor und Illustrator in seiner Danksagung am Ende des Buches auch an: „Für alle Mitwirkenden bei meinem spanischen Verlag Mosquito Books, dafür, dass sie meinen Traum wahr gemacht haben.“ Dadurch wird dieses Bilderbuch zu einem sehr persönlichen Statement zu diesen faszinierenden Tieren.
Das Buch ist in Zusammenarbeit mit dem Húsavík Whale Museum, Island, entstanden.
Die Leser*innen finden hier geballtes Wissen über die verschiedensten Wale, das sich der Autor in umfangreichen Recherchen, aus persönlichem Interesse angeeignet hat. Wie sind Wale entstanden? Welche Unterteilungen und Arten gibt es? Warum wandern sie? Was fressen sie? Welche körperlichen Besonderheiten haben sie? Wie verhalten sie sich und warum? Wie kommunizieren sie? Wie schlafen und atmen sie? Was fressen sie? u. v. m.
Am Ende geht er auch auf ihre Bejagung und Gefährdung durch den Menschen ein und auch darauf, wo man heute Wale gut beobachten kann.
Mit sehr schönen, detailreichen, naturgetreuen Zeichnungen unterstreicht der Illustrator seine Texte über die Eigenschaften der Wale. Die Sprache der Texte ist dem naturwissenschaftlichen Thema sehr angemessen gewählt, dadurch jedoch auch nicht so einfach zu lesen.
Alles in allem ein sehr lohnendes, gut geschriebenes und gezeichnetes Bilderbuch für kleine und große Naturentdecker!

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Kakaobohnen können trügerisch sein

Das Schoko-Geheimnis
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Vier Freunde müssen herausfinden, was passiert ist, denn ihr lieber älterer Nachbar und sein Hängebauchschwein sind verschwunden!

In einfacher Sprache und Schrift beschreibt die Autorin diesen „Kriminalfall“, ...

Vier Freunde müssen herausfinden, was passiert ist, denn ihr lieber älterer Nachbar und sein Hängebauchschwein sind verschwunden!

In einfacher Sprache und Schrift beschreibt die Autorin diesen „Kriminalfall“, in dem vier Kinder auf Spurensuche gehen, fast wie einen Fall von TKKG oder den drei Fragezeichen, denn die Kinder besitzen alle auch eine besondere Begabung, füllen so eine Rolle aus und haben besondere Spitznamen.
Was im Alltäglichen beginnt, bekommt durch das Unsichtbarsein von Herrn Ritter eine fantastische Note und besonderen Reiz. Verschiedene Personen werden verdächtigt, an der „Entführung“ und Erpressung schuld zu sein. Hier wird leider auch ein Stereotyp bedient: Frau Traube. Sie wird als eine missmutige, ältere Frau „mit mächtigem Bauch, lila Locken und geblümter Schürze“ beschrieben, „die ständig Bibelverse zitiert“ (S.41 – 43) Sie wird dann auch als „fiese Traube“ betitelt. Das ist mir zu tief in das Schubladendenken gegriffen! Allerdings ist die Täterin dann jemand, von dem man es nicht gedacht hätte.
Ein paar Ungereimtheiten gibt es für mich auch: Warum sind der Zeitungsverlag und das Büro von Herrn Osterhaas (S. 48/49) nicht abgeschlossen? Woher wissen die Kinder, dass genau dies der Garten von Herrn Osterhaas ist (S. 55)?
Alles in allem ist die Geschichte für Kinder spannend, mit trickreichen Wendungen geschrieben, einfach aus Spaß am Lesen.
Für Lehrer*innen gibt es „Materialien für einen handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht“ gegen Entgelt gedruckt (ISBN 978-3-407-72014-6) oder kostenlos online dazu, so dass sich dieses Buch bestimmt gut im Unterricht einsetzen lässt.

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Veröffentlicht am 24.05.2023

Sei nicht schüchtern

Ich bin etwas schüchtern
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"Wenn mich alle so anschauen, dann ist doch irgendetwas mit mir, oder? Irgendetwas muss komisch an mir sein. Ja, das ist es wohl, denn ich bin ja auch ganz anders als alle anderen.", denkt der schüchterne ...

"Wenn mich alle so anschauen, dann ist doch irgendetwas mit mir, oder? Irgendetwas muss komisch an mir sein. Ja, das ist es wohl, denn ich bin ja auch ganz anders als alle anderen.", denkt der schüchterne Pfau.

Mit liebevollen, farbigen, auf das Wesentliche reduzierten Bildern und wenig Text versucht die Autorin und Illustratorin Schüchternheit zu erklären und aufzuheben. Ein Pfau bemerkt, das andere ihm immer auf seinen „großen, langen Schweif“ schauen und mag sich deswegen nicht zeigen.
Ein anderer Pfau geht mit ihm deshalb zu anderen Vögeln, die alle etwas besonderes haben (z. B. einen langen Hals, große Augen, etc.), auf das die anderen schauen. Diese sind aber stolz auf ihre Besonderheiten, weil sie sie von anderen abheben und ihnen besondere Fähigkeiten verleihen.
Am Ende traut der scheue Pfau sich, sein Rad zu schlagen und erstrahlt so in all seiner Pracht am Tag und in der Nacht auf zwei wunderschönen Doppelseiten.
Das Buch schließt auf der letzten Doppelseite mit dem Satz „Es gibt keinen Grund schüchtern zu sein – wir sind alle besonders, ob groß oder klein.“, bei dem die Leser*in alle sechs Vögel von hinten sieht.
Das ist natürlich einerseits der einzig richtige Gedanke und die Wahrheit, aber andererseits hat nicht jedes Kind, dass schüchtern, unsicher oder ängstlich ist, so eine Besonderheit. Und was ist, wenn die Besonderheit nicht eine besondere Gabe bietet, sondern vielleicht hässlich oder einschränkend ist? Darauf wird in diesem Bilderbuch nicht eingegangen.
Auffallend ist auch, dass die Autorin (oder die Übersetzerin?) in ihrem Text mal Reime verwendet und mal nicht.
Ein Bilderbuch mit wirklich schönen Illustrationen, das versucht sich an das Thema „Schüchternheit“ anzunähern.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

So viele Paradiese – wo ist es am schönsten?

So viele Paradiese
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Zum Buch:
Dieser Roman wurde von der Auswanderung des Großonkels der Autorin inspiriert, hat aber mit der Erzählung einer „normalen“ Auswanderungsgeschichte wenig gemein, vielmehr gehört er in den Literaturbereich ...

Zum Buch:
Dieser Roman wurde von der Auswanderung des Großonkels der Autorin inspiriert, hat aber mit der Erzählung einer „normalen“ Auswanderungsgeschichte wenig gemein, vielmehr gehört er in den Literaturbereich der Fantastik.
Der Hauptprotagonist Antonio Grillo ist ein Träumer, der sich in seinem kleinen, beschaulichen Dorf Gesso auf Sizilien wie eingesperrt fühlt, obwohl es ihm als begütertem Sohn eines Gipssteinbruchbesitzers, der kaum arbeiten muss, an nichts fehlt. Er hat eine besondere Beziehung zu Tieren, z. B. zu seiner Stute Aurora und seinen zwei Gänsen, und verschiedene, alle ganz andersgeartete Freundschaften.
Dennoch möchte er in Amerika seine Freiheit finden. Doch ohne die tatkräftige Unterstützung seines Bruders und eines Gönners hätte er nicht einmal die Fahrkarte für das Schiff dahin erstanden. Diese verspielt er dann auch prompt auf dem ersten Schiff und muss in Genua einen Zwischenstopp einlegen, von dem er fast nicht wieder weggekommen wäre.
Auf seiner Reise geschehen ihm viele sagen- und märchenhafte Dinge, aber auch ganz Reales, das an dieser Stelle die kurze Inhaltsangabe sprengen würde.

Zum Inhalt:
Dieses Buch hat einen ganz eigenen Schreib- und Erzählstil mit einem sehr ruhigem Erzähltempo, der ins Märchen- und Sagenhafte (auch Philosophische) führt, auch wenn die Geschichte kein eigentliches Märchen ist.
Die Atmosphäre des Dorfes empfinde ich als ganz wunderbar eingefangen und wie gut Antonio die „Sprache“ der Tiere spricht, sehr schön an den Szenen mit dem Gorilla und seinen eigenen Tieren gezeigt. Die Kapitel über sein Leben im Dorf bei seiner Familie und seinen Freunden wird aus seiner Sicht als Träumer in langsamem Zeitverlauf mit wenig Fantastischem erzählt.
Das ändert sich ungefähr ab dem XI. Kapitel mit Beginn der Überfahrt. Ab hier benutzt die Autorin viele Motive aus der Märchen- und Sagenwelt und auch aus der Bibel. In jedem Kapitel springt die Leser etwas Neues davon an. Leider wirkt das Buch auch damit überfrachtet. Bei manchen Motiven fragt man sich, was dies jetzt mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat, aber die Autorin folgt in dieser Geschichte wohl dem Motto: „Der Weg ist das Ziel!“ und beschreibt mehr die „Odyssee“ des Antonio Grillo als sein neues Leben, denn in Amerika wird nur sehr kurz seine Ankunft geschildert und sofort wieder mit dem sagenhaften Kennenlernen einer Königin verbunden, wie eine weitere Station der „Paradiese-Fahrt“. Wie es dem Protagonisten dort weiter ergeht, gehört nicht mehr zum Inhalt des Buches.
Ich habe mich von all der fantastischen, philosophischen Atmosphäre teilweise erschlagen gefühlt. Oft gefielen mir die realistischen Szenen besser (Irrenanstalt, Waffenschmuggel, Kneipe, etc. – auch das Dorf Gesso). Schade fand ich auch, dass die Mitreisenden des ersten Schiffes, die so detailreich und liebevoll von der Autorin eingeführt und Antonios Freunde wurden, dann ganz abrupt durch das Verspielen des Billetts wieder aus der Geschichte herausgerissen wurden und man im Folgenden nichts mehr von ihnen gelesen hat. (Dieser Verlust war natürlich auch für Antonio schmerzlich, aber letztendlich nicht wirklich beeinflussend.)

Fazit:
Dieses Buch lässt sich am ehesten in den Bereich der Fantastik einordnen. Wer es lesen möchte, muss dieses Genre mögen, sich auf viele Anspielungen und ein sehr ruhiges Erzähltempo mit vielen neuen Ideen und Wendungen einlassen können.

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