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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2025

Authentisch und lebensnah

Before I Let Go
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In ihrem Roman über ein seit zwei Jahren geschiedenes Ehepaar beschreibt die Autorin in Rückblenden sehr intensiv und lebensnah, was zu dieser Scheidung führte und wie sie beide diese Zeit erlebten. Gleichzeitig ...

In ihrem Roman über ein seit zwei Jahren geschiedenes Ehepaar beschreibt die Autorin in Rückblenden sehr intensiv und lebensnah, was zu dieser Scheidung führte und wie sie beide diese Zeit erlebten. Gleichzeitig erzählt sie mit den beiden als wechselnden Ich-ErzählerInnen, wie sie die Zeit jetzt erleben, denn sie sind immer noch durch zwei gemeinsame Kinder und ein zusammengeführtes Restaurant eng miteinander verbunden.

Dabei ist das Buch nicht einfach nur eine Liebesgeschichte, sondern behandelt auch die großen menschlichen Themen Tod, Trauer, psychische Heilung und individuelle Fortentwicklung. Auch die Familie und Freunde der beiden rücken dabei in den Focus und werden als Nebenfiguren gut „ausgekleidet“. Außerdem bringt die Autorin den Lesenden als besondere Beigabe noch den heutigen Alltag von Afroamerikanern/Innen nahe.

Die Haupt- wie Nebenfiguren handeln und denken sehr authentisch und nachvollziehbar, so dass den Lesenden die Geschichte immer sehr emotional berührt. Dies wird durch die Ich-Perspektiven verstärkt.

Die zwischen den beiden Eheleuten noch immer stark bestehende körperliche Anziehung wird für mein Empfinden oft zu deutlich und ausführlich beschrieben. Da hätten auch Andeutungen völlig ausgereicht.

An manchen Stellen hatte die Erzählung für mich durchaus auch ihre kleinen Längen, an denen ich dachte: „Jetzt redet doch endlich offen und ehrlich miteinander!“ Aber natürlich ist jeder Mensch anders und alles braucht seine eigene Zeit. Nichtsdestotrotz transportiert die Autorin hiermit die Botschaft, wie wichtig eine gute Kommunikation in jeder Beziehung/Ehe ist, gerade in herausfordernden Zeiten. (Dies unterstreicht sie durch eine Auflistung von Diskussionsfragen zum Inhalt des Buches an seinem Ende, so dass man es auch als Ehepaar oder in einer Therapiegruppe zusammenlesen könnte.)

Da durch das Restaurant oder auch durch „Liebe geht durch den Magen“ das Essen in dieser Geschichte eine wichtige Rolle spielt, ist es nur konsequent und originell, dass das Buch vor der Danksagung einige Rezepte zu den erwähnten Speisen zum Nachkochen und -backen bietet.
Ein hoch emotionales, nie ins Kitschige abgleitende Buch, das einen emotional berührt!

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  • Gefühl
Veröffentlicht am 26.03.2025

Das Mädchen und der Bär

Pearly Everlasting
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In diesem außergewöhnlichen Roman beschreibt die Autorin vor der unwirtlichen, atemberaubenden Natur der Wälder Kanadas Anfang des 20. Jahrhunderts das gemeinsame Aufwachsen eines Mädchens und eines Schwarzbären, ...

In diesem außergewöhnlichen Roman beschreibt die Autorin vor der unwirtlichen, atemberaubenden Natur der Wälder Kanadas Anfang des 20. Jahrhunderts das gemeinsame Aufwachsen eines Mädchens und eines Schwarzbären, die seit ihrer Geburt in derselben „Wiege“ lagen.

Die Autorin lässt ihre fiktive Geschichte auf den Memoiren des Naturfotografen William Lyman Underwood basieren, der 1903 in Maine eine Frau traf, die ihren weiblichen Säugling zusammen mit einem Bärenjungen stillte.

Pearly Everlasting (zu Deutsch: Silberimmortelle, eine weißblühende Blume) und Bruno sind unzertrennlich und wie Geschwister und sie werden beide von ihrer Familie (Vater, Mutter und Schwester Ivy) geliebt. Der Vater ist Koch in einem Holzfällerlager, die Mutter versorgt den Haushalt und alle Wunden und Krankheiten der Waldarbeiter mit ihren Naturheilkünsten.

So wachsen die beiden ziemlich wild und entfernt von der Zivilisation auf. Als sie sechzehn Jahre alt sind, sterben im Winter Mutter und Schwester und der Vater verletzt sich schwer. Die Spannung der Geschichte steigt, als der Neffe des neuen Campaufsehers, die Bruno beide nicht leiden konnten, die Chance nutzt und Bruno unter falschen Beschuldigungen wegschaffen lässt.

Pearly macht sich durch den Schnee und die Wälder alleine auf die Suche nach ihm. Dieses Erlebnis wird ihnen alles abverlangen.

In ruhigen Bildern lässt die Autorin die Geschichte vor den geistigen Augen der Lesenden entstehen, man sieht die unberührte, unwirtliche Natur und das karge Leben der Protagonisten förmlich und friert in den harten Wintern mit. Dennoch sind diese Menschen in ihrer Armut zufrieden und bilden eine sich unterstützende Gemeinschaft. Pearly und Bruno geht es gut.

Die spürbare Angst und Verzweiflung setzen erst nach dem schrecklichen Winter und Brunos Entführung ein. Auf ihre Suche muss sich Pearly der Welt außerhalb des Holzfällercamps stellen und viele neue, teilweise gefährliche Situationen meistern. Dabei findet sie nicht nur Bruno, sondern auch sich selbst.

Die Beschreibungen der Autorin haben mich sehr berührt. Das Festhalten an der Hoffnung, dem Guten und der Liebe trotz allerhärtester Lebensbedingungen wird hier in ruhigen, poetischen Bildern und Worten ein Denkmal gesetzt.

Ein wunderbares Buch, ein Lesegenuss!

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Veröffentlicht am 23.03.2025

Streit und Versöhnung

Stille Post
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In diesem großen, optisch sehr besonders gestalteten Bilderbuch geht es um das alte Thema Streit und Versöhnung, diesmal in der Freundschaft zwischen dem Bären und der Maus.

Der Bär und die Maus sind ...

In diesem großen, optisch sehr besonders gestalteten Bilderbuch geht es um das alte Thema Streit und Versöhnung, diesmal in der Freundschaft zwischen dem Bären und der Maus.

Der Bär und die Maus sind schon lange beste Freunde, doch auch sie bekommen wegen einer Kleinigkeit eines Tages Streit miteinander. Sie trennen sich, ohne den Streit aus der Welt zu schaffen.

Die Maus will dem Bären dann noch gehörig die Meinung sagen, aber es nicht selber tun. So sagt sie es dem Biber, dieser dem Hasen, usw. bis schließlich der Maulwurf dem Bären eine sehr unvollständige Nachricht überbringt, die genau das Gegenteil ihres wütenden Ursprungs ist.

Der Bär ist so gerührt, dass er schnell mit einem Kuchen zur Maus geht, der mittlerweile alles sehr leidtut, so dass sie sich gleich wieder vertragen.

Diese Erzählung wird von großen, doppelseitigen sehr detailreichen Bildern begleitet, die stets größer als der Text sind. Dabei hat sich die Illustratorin einer ganz besonderen Technik bedient: „Sie hat die Bilder zu dieser Geschichte aus unzählig vielen kleinen Stückchen zusammengesetzt, die sie zuvor mit Aquarell- und Acrylfarbe koloriert und mit Buntstiften bemalt hatte. Mit Schere und Cutter schnitt (sie) klitzekleine Figuren aus und erstellte die zauberhaften Collagen.“ (Informationen zur Illustratorin am Ende des Buches) Diese Mühen und Liebe zum Detail sieht man jeder einzelnen Buchseite an.

Überall gibt es kleine Dinge zu entdecken, z. B. die unterirdische Wohnung des Maulwurfs mit Tisch, Bett, Stuhl, Werkzeug, u. v. m., oder der Bach, in dem der Biber schwimmt, mit Fischen, Wasserpflanzen und Libellen. So zeigen die Bilder immer noch mehr als die Geschichte und laden zum Entdecken ein.

Schade finde ich bei diesem Buch, dass der Anlass der Versöhnung eigentlich ein Missverständnis ist und keine der beiden Seiten einfach so aufeinander zugegangen ist. Kindern möchte ich eigentlich etwas anderes vermitteln.

Man kann das Ganze aber auch mit einem Augenzwinkern sehen, denn wann läuft das Leben schon mal wie geplant? Schön ist auf alle Fälle, dass sich Maus und Bär am Ende wieder versöhnen und „nie wieder im Streit auseinander“ gehen wollen, denn eine so gute Freundschaft sollte einen Streit wohl aushalten und ihn klären können.

Ein ganz besonders liebevoll gestaltetes Bilderbuch!

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Veröffentlicht am 19.03.2025

Drei Generationen

Nur dieser eine Augenblick
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Drei Generationen von persischen Männern und ihr Leben in und mit Iran und Amerika sind das Thema dieses bewegenden Familienromans. Dabei wurden zwischen ihnen viele Dinge nicht ausgesprochen, die sich ...

Drei Generationen von persischen Männern und ihr Leben in und mit Iran und Amerika sind das Thema dieses bewegenden Familienromans. Dabei wurden zwischen ihnen viele Dinge nicht ausgesprochen, die sich nun bei einer Reise von Vater und Sohn in den Iran zum kranken Großvater ihren Weg an die Oberfläche bahnen.

Der Roman ist in Kapitel aufgeteilt, die jeweils aus Sicht eines der drei Protagonisten in Ich-Form erzählt werden und sich abwechseln. Dabei ist der Name des Erzählenden auf jede Seite des Buches unten neben die Seitenziffer gedruckt. So können die Lesenden bei den langen Kapiteln immer rekapitulieren, wer gerade „spricht“ und in welcher Zeit sie sich befinden.

Mit Mouds/Mahmouds Geschichte 2019 beginnt das Buch. Er lebt mit seinem Vater Saeed in Amerika, ist siebzehn Jahre alt, hat sich als schwul geoutet und einen festen Freund. Sein Vater steht ihm nicht besonders nah, sie reden wenig miteinander, auch scheint er das Schwulsein seines Sohnes wegzuignorieren. Die Mutter ist verstorben.

Im zweiten Kapitel beginnt Saeed von 1978 von den Aufständen gegen den Schah zu erzählen, als er achtzehn war, warum er aus Iran fliehen und seine damalige große Liebe aufgeben musste. Er ist nie zurückgekehrt - bis jetzt.

Der Großvater Bobby ist in Los Angeles bei seiner Mutter aufgewachsen. Seinen Vater, einen Iraner, hat er nie kennengelernt, weil seine Mutter, eine Amerikanerin, das Land mit ihren Eltern verlassen hat. Er beginnt seine Geschichte 1939, als er im gleichen Alter wie Moud und Saeed in ihren Erzählungen war.

Als sie nun aufeinandertreffen, kommen endlich totgeschwiegene Erlebnisse und Tatsachen ans Licht, so z. B. das Schwulsein des Großvaters und Lesbischsein der Großmutter und ihre Zweckehe und dass Saeed alles für den Schutz seiner Eltern aufgab. Endlich können sich die drei Männer neu kennenlernen, verstehen, annähern und annehmen.

Der Autor bringt den Lesenden durch seinen Roman die Problematik der Exiliraner, aber auch die der im Land gebliebenen, die nicht mit ihrer Regierung einverstanden sind, nahe und erzählt dabei auch von verschiedenen Kulturen und Generationen und der Zerrissenheit von Menschen in ihrem Spannungsfeld. Dies alles macht er anhand dieser einen Familie deutlich, so dass das Erleben von Betroffenen gut nachvollzogen und verstanden werden kann. Dabei trägt der Schriftsteller die Beziehungen zwischen Amerika und dem Iran an die Lesenden in Zusammenhang mit Rassismus und Homophobie heran.

Ein interessantes und spannendes (Jugend-)Buch, das den Lesenden neue, persönliche Einblicke in ein „fernes“ Land und Denken gewährt.

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Veröffentlicht am 11.03.2025

Mamas dürfen schlafen

Wenn Mama Fuchs schläft
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Der kleine Fuchs ist irritiert: Er ist aufgewacht und Mama schläft noch! Die Sonne scheint, es gibt kein Frühstück und die Höhle ist auch nicht aufgeräumt! Was ist nur los mit Mama?

Zuerst versucht der ...

Der kleine Fuchs ist irritiert: Er ist aufgewacht und Mama schläft noch! Die Sonne scheint, es gibt kein Frühstück und die Höhle ist auch nicht aufgeräumt! Was ist nur los mit Mama?

Zuerst versucht der kleine Fuchs Mama Fuchs aufzuwecken. Als das misslingt, wird es ihm in der Höhle schnell zu langweilig. Draußen trifft er andere Tiere, denen er erzählt, dass Mama schläft, und bekommt die erstaunlichsten und haarsträubendsten Erklärungen, warum das wohl so ist. Diese machen ihm Angst, bis er den weisen Uhu trifft, der ihn beruhigt. Liebevoll erklärt er ihm, warum Mama Fuchs einfach mal schlafen muss.

Mit liebevollen, naturgetreuen, farbigen Zeichnungen begleitet die Illustratorin den Text. Die Hintergründe (Wiese, Himmel, Höhle, etc.) sind verwaschen, beim Fell erkennt man „jedes“ Haar. Dabei sind die Bilder verschieden groß, über eine Doppelseite bis mehrere kleine auf einer Seite. Oft nehmen sie mehr Raum ein als der Text, bei den kleinen Zeichnungen halten sie sich mit ihm die Waage. Die kleinen Bilder sind dabei besonders interessant, erzählen sie doch jedes Mal eine Geschichte in der Geschichte.

Die Illustrationen erzählen oft mehr als der Text, aber teilweise erzählt der Text auch mehr als sie. So bleibt genug Spielraum, um die eigenen Gedanken schweifen und entdecken zu lassen.
Für Kinder ist diese Geschichte interessant, weil sie „ihre Welt“ mit der schlafenden und nichts-tuenden Mama auf den Kopf stellt und die Reaktion des kleinen Fuchses sie vielleicht neu nachdenken und handeln lässt.

Für Mütter (Eltern) offenbart sie eine tiefere Wahrheit, denn sie lässt sich eins zu eins ins Menschenleben übertragen: Auch Mütter (Eltern) brauchen mal eine Pause und sind deswegen keine „Rabeneltern“, denn auch Kinder können (eine kleine) Verantwortung übernehmen!

Ein sehr liebevoll gestaltetes und geschriebenes Bilderbuch für Kinder und Eltern!

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