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Veröffentlicht am 23.10.2017

Ein richtiges Wohlfühlbuch, aber wenig Spannung

Wolkenschloss
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Gebundene Ausgabe: 460 Seiten
Verlag: FISCHER FJB (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3841440211
empfohlenes Alter: ab 12 Jahren
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


Ein richtiges Wohlfühlbuch, ...

Gebundene Ausgabe: 460 Seiten
Verlag: FISCHER FJB (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3841440211
empfohlenes Alter: ab 12 Jahren
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


Ein richtiges Wohlfühlbuch, aber wenig Spannung

Inhalt:
Die siebzehnjährige Fanny aus Achim bei Bremen hat die Schule abgebrochen. Stattdessen macht sie nun in den Schweizer Bergen ein Praktikum im Hotel Château Janvier, liebevoll auch als Wolkenschloss bezeichnet. Der altehrwürdige Kasten hat schon bessere Zeiten gesehen, aber um die Weihnachtszeit ist er ausgebucht. Die illustre Gästeschar ist reich und/oder berühmt. Das zieht natürlich auch so manchen Ganoven an …

Meine Meinung:
Ich mag den Schreibstil von Kerstin Gier unheimlich gerne. Sie schreibt total witzig und liegt mit ihrem Humor genau auf meiner Wellenlänge. Dabei spart sie nicht an (Selbst-) Ironie und Sarkasmus, ihre Protagonistin Fanny tritt ständig in ein Fettnäpfchen, wofür sie gar nichts kann, was die Lesenden aber zum Schmunzeln bringt.

So hat es mir auch viel Spaß gemacht, „Wolkenschloss“ zu lesen. Ich habe mich von Anfang an in der Geschichte wohlgefühlt, obwohl auf den ersten 300 Seiten kaum etwas passiert. Hier werden nur die Personen eingeführt und beschrieben, und davon gibt es einige. Das kann man sich ja denken bei einem Hotel. Etliche der Gäste, aber auch viele Angestellte, spielen eine Rolle und müssen daher den Lesenden nahegebracht werden. Hierzu ein Tipp: Ab S. 442 gibt es ein Personenverzeichnis und ein Glossar. Leider habe ich das erst nach dem Lesen entdeckt. Man kann hier aber unbesorgt reinspicken, beides ist spoilerfrei und hätte in meinen Augen eher an den Anfang des Buches gehört.

Auch das Hotel und seine Umgebung werden genauestens beschrieben. So kann man sich alles gut vorstellen, und ich bin auch sofort in Gedanken dorthin gereist, weil es sich einfach ganz wunderbar und ein wenig magisch anhörte. Aber natürlich sind solche Beschreibungen nicht wirklich spannend. Sie lassen einen nicht den Atem anhalten und um die Protagonisten bangen.

Auch eine kleine Dreiecksliebesgeschichte ließ mein Herz nicht unbedingt höher schlagen. Ich war allerdings froh, dass sie nicht noch mehr Raum eingenommen hat.

So habe ich mich über viele Lesestunden gefragt, wo Frau Gier eigentlich mit mir hinwill. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was in diesem Hotel mit Fanny passieren sollte. Dies kristallisierte sich leider erst im letzten Drittel heraus und war dann zwar mit einzelnen sehr spannenden Szenen gekrönt, aber auch viel zu schnell wieder abgehandelt.

Fazit:
„Wolkenschloss“ war für mich ein Buch zum Wohlfühlen. Es machte mir sehr viel Spaß, witzige Szenen und Dialoge zu lesen, auch wenn sie keine großartige Handlung hatten. Spannung kommt erst gegen Ende auf, und Fantasy darf man gleich gar nicht erwarten. Bei der großen Anzahl an Figuren erhält die einzelne leider keine besonders große Tiefe. Aber unterhaltsam ist das Buch allemal.

★★★☆☆

Veröffentlicht am 23.10.2017

Jenny Aaron ist zurück

Niemals
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Gebundene Ausgabe: 475 Seiten
Verlag: Suhrkamp Verlag (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3518427569
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


Jenny Aaron ist zurück

ACHTUNG: Dies ist Band ...

Gebundene Ausgabe: 475 Seiten
Verlag: Suhrkamp Verlag (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3518427569
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


Jenny Aaron ist zurück

ACHTUNG: Dies ist Band 2 der Reihe um Jenny Aaron. Meine Rezension kann evtl. SPOILER zum 1. Band enthalten. Man muss diesen nicht unbedingt gelesen haben, es erleichtert das Verständnis aber enorm.

Inhalt:
Jenny Aaron ist vor 5 Jahren bei einem Einsatz in Barcelona erblindet. Deshalb ist sie von der „Abteilung“, einer geheimen Sondereinheit der Polizei, zum BKA gewechselt. Doch die Abteilung will sie zurückhaben. Als der Mann, der für Aarons Blindheit verantwortlich ist, ihr 2 Milliarden anbietet, muss sie sich entscheiden, ob sie wieder in ihren alten Job aus purem Adrenalin zurückkehrt oder versucht, ihre Blindheit zu überwinden.


Meine Meinung:
Ich war schon vom 1. Band, „Endgültig“, absolut begeistert und konnte es kaum erwarten, wieder mit Jenny Aaron und ihren Kollegen gerissene Verbrecher zu jagen. Die Abteilung besteht aus knallharten Männern und abgesehen von der leitenden Inan Demirci aus nur einer Frau: Jenny Aaron. Doch diese Frau ist eine Waffe, eine präzise Analystin, eine stahlharte Kämpferin, die jede Faser ihres Körpers beherrscht. Selbst blind nimmt sie es mit den stärksten Gegnern auf, denn ihre anderen Sinne sind stärker ausgeprägt als bei Sehenden. Aber natürlich muss sie manchmal doch auf die Unterstützung von Sehenden zurückgreifen, und dieses Zusammenspiel mit den Kollegen finde ich immer besonders faszinierend. Sie sind dermaßen gut aufeinander eingespielt, dass keine großen Worte zur Verständigung nötig sind.

Auch Pavlik, Lissek und Fricke haben mir wieder sehr gut gefallen. Sie alle haben zusammen Dinge erlebt, die fürs Leben zusammenschweißen. Und jeder würde für den Kollegen oder die Kollegin sein Leben geben. Auch Demirci hat sich toll entwickelt, seit sie vor drei Monaten die Leitung der Abteilung übernommen hat. Sie ist immer wieder für eine Überraschung gut. Besonders gut fand ich, dass die Mitarbeiter der Abteilung zwar im Job knallhart sind, aber trotz allem einen weichen Kern besitzen, auch wenn sie ihre Gefühle nicht unbedingt zeigen. Besonders Aarons Gefühle bezüglich ihrer Blindheit und bezüglich ihres Vaters spielen eine große Rolle.

In Rückblenden erfährt man mehr über frühere Einsätze von Aaron und der Abteilung. Hier geht es um Ereignisse, die ihre Schatten bis in die Gegenwart werfen. Aaron muss sich mit Personen auseinandersetzen, mit denen sie längst abgeschlossen hatte.

Andreas Pflüger schafft mit seinem präzisen und knappen, aber anspruchsvollen Schreibstil eine dichte Atmosphäre. Detailliert beschreibt er, was seine Protagonistin Aaron empfindet und wahrnimmt, sodass man ganz dicht an ihrer Seite durch die komplexe Handlung gelotst wird. Auch wenn Aaron dabei nicht immer nur sympathisch erscheint, kann man doch ihre Verhaltensweisen gut nachvollziehen und auch ihre Rachegedanken gut verstehen.

Der Roman beginnt spannend und steigert sich bis zum Schluss noch. Etliche rasante Kampfszenen kann man nur mit angehaltenem Atem lesen. Doch nicht nur sie sind faszinierend, sondern auch die analytischen Überlegungen, die Aaron mit ihrem messerscharfen Verstand anstellt. Diese Protagonistin ist so erfrischend anders.

Fazit:
Ein hochspannender Thriller mit einer ganz besonderen Protagonistin, die uns in die Welt der Blinden mitnimmt. Für Fans anspruchsvoller Kost sehr zu empfehlen, am besten im Anschluss an den 1. Band, notfalls aber auch ohne Vorkenntnisse.

Die Reihe:
1. Endgültig
2. Niemals

★★★★★

Herzlichen Dank an vorablesen und den Suhrkamp Verlag, die mir ein Rezensionsexemplar zugeschickt haben.

Veröffentlicht am 19.10.2017

Märchenhaft und spanned - einfach schön

FAYRA - Das Herz der Phönixtochter
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Gebundene Ausgabe: 461 Seiten
Verlag: cbt (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3570164938
empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren
Preis: 16,99€
auch als E-Book erhältlich


Märchenhaft und spannend – einfach schön

Inhalt:
Die ...

Gebundene Ausgabe: 461 Seiten
Verlag: cbt (9. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3570164938
empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren
Preis: 16,99€
auch als E-Book erhältlich


Märchenhaft und spannend – einfach schön

Inhalt:
Die zwölfjährige Anna-Fee, genannt Fee, musste in ein altes Herrenhaus am anderen Ende der Stadt ziehen. Dieses wirkt anfangs recht gruselig und mysteriös, und Fee fühlt sich gar nicht wohl dort. Doch zum Glück hat sie eine allerbeste Freundin, Nelly, die ihr in allen Lebenslagen beisteht – auch als die beiden nach einer Sturmnacht im verbotenen Park des Hauses ein fremdes Mädchen finden, das auf der Flucht ist …

Meine Meinung:
Ich bin ein großer Fan von Nina Blazon und habe zwar nicht alle, aber doch sehr viele ihrer Werke gelesen. Ein richtiger Flop war nie dabei, dafür aber sehr viele Highlights. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um Bücher für Erwachsene, Jugendliche oder Kinder handelt. Die Autorin kann einfach toll schreiben. Schon mit der ersten gelesenen Seite kommt das Kopfkino in Gang und es entsteht ein leuchtend bunter Film vor dem geistigen Auge. Man kann ganz tief in ihre fantasievollen Geschichten eintauchen – so auch hier.

Da es sich bei „Fayra“ um ein Kinderbuch handelt, ist der Schreibstil von der Wortwahl und Satzlänge her entsprechend einfacher als bei Romanen für ältere Leser, aber keinesfalls so einfach, dass es für Erwachsene öde wäre. Ebenso verhält es sich mit der Komplexität der Handlung. Wenn man sich also nicht daran stört, dass die Protagonisten Kinder/Jugendliche sind, kann man „Fayra“ durchaus als Roman für jedes Alter ab ca. zehn Jahren ansehen, wobei gerade die jüngeren Kinder geübte Leser sein sollten, da die Handlung eben nicht ganz geradlinig ist und Lesemuffel sich sicher auch von der Seitenzahl abschrecken lassen.

Nina Blazon führt die Lesenden an der Seite von Fee durch die spannende Handlung. Das Mädchen macht dabei eine enorme Entwicklung durch. Wirkt sie anfangs noch sehr ängstlich und zurückgezogen, wird sie im Lauf der Zeit immer mutiger und forscher. Sie muss sich nämlich für ihre neue Freundin Fayra einsetzen, die aus einer Parallelwelt kommt, in unserer Welt aber nicht überleben kann. Ihr sind zudem auch noch Jäger auf den Fersen, die es auf ihr Phöniaherz abgesehen haben. Auf der Suche nach dem Portal, durch das Fayra nach Hause gelangen kann, muss Fee die Unterstützung von verschiedenen Leuten annehmen, allen voran natürlich die ihrer besten Freundin Nelly, die immer weiß, was zu tun ist und scheinbar vor nichts Angst hat.

Die beiden Mädchen haben mir super gut gefallen, jede auf ihre Art – und am besten im Zusammenspiel. Denn es wird schnell klar, dass dieses Problem nicht von einem Einzelnen gelöst werden kann, sondern nur von einem Team. Echte Freundschaft erweist sich als das höchste Gut. Und die Freundschaft zwischen Fee und Nelly ist schon klasse. Zwar streiten sie sich auch ab und an, aber sie versöhnen sich auch schnell wieder, und wenn es drauf ankommt, können sie sich hundertprozentig aufeinander verlassen.

In der Geschichte gibt es etliche Mysterien zu entwirren und Geheimnisse aufzudecken. Nicht immer ist alles so, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Blazon hat einige Überraschungen auf Lager. Am Ende lösen sich aber alle Knoten und alle im Verlauf der Buches erwähnten Details finden ihren logischen Platz.

Fazit:
Ein rundum gelungenes Lesevergnügen für Jung und Alt. Eine spannende und fantasievolle, ja märchenhafte Geschichte, die sich für ein friedliches Miteinander starkmacht.

★★★★★

Herzlichen Dank an den cbt Verlag und das Bloggerportal, die mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten.

Veröffentlicht am 18.10.2017

Ein wichtiges Thema, das uns alle angeht

Kleine große Schritte
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Gebundene Ausgabe: 592 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann Verlag; Auflage: 1. Auflage (2. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3570102374
Originaltitel: Small Great Things
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch ...

Gebundene Ausgabe: 592 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann Verlag; Auflage: 1. Auflage (2. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3570102374
Originaltitel: Small Great Things
Preis: 20,00€
auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich

Inhalt:
Ruth Jefferson ist 44 Jahre alt, Witwe und alleinerziehende Mutter eines prächtigen Siebzehnjährigen. Sie arbeitet seit zwanzig Jahren als Hebamme und Säuglingsschwester und macht ihren Job sehr gut. Doch sie hat einen Fehler: Sie ist nicht weiß. Dies passt dem rassistischen Ehepaar Bauer gar nicht, und so wird Ruth von ihrer Vorgesetzten die Behandlung des Neugeborenen Davis untersagt. Als dieser Atemnot bekommt, ist Ruth allein auf der Station. Soll sie versuchen, dem Kind zu helfen und damit ihren Job zu riskieren? Oder soll sie tatenlos zusehen und warten, bis jemand kommt? Eigentlich keine Frage … Aber es hilft alles nichts, das Kind stirbt und Ruth wird des Mordes angeklagt.

Meine Meinung:
Ich bin ein großer Fan von Jodi Picoult. Was ich an ihren Büchern am meisten liebe, ist das Dilemma, in das sie ihre Protagonisten regelmäßig steckt. Es gibt in der Regel zwei Seiten und man kann als Leser beide Seiten verstehen. Damit wird man gezwungen, selbst nachzudenken und sich seine eigene Meinung zu bilden. Bei „Kleine große Schritte“ ist das Dilemma, helfen oder nicht, schnell abgehakt und ich konnte mich sofort hundertprozentig auf eine Seite stellen. Es ist ganz klar, dass Ruth übel mitgespielt wird und die Familie Bauer die Bösen sind. In diesem Punkt hat die Autorin also meine Erwartungen leider nicht erfüllt.

Trotzdem konnte sie mich auch mit ihrem neuesten Werk wieder fesseln und gut unterhalten. Das liegt einmal am wunderbaren Schreibstil, der die Seiten nur so vorbeifliegen lässt, aber auch am Thema Rassismus, das ja leider immer noch - und nicht nur in den USA - aktuell ist. Jodi Picoult zeigt uns anhand des Alltags ihrer Protagonistin, wie Farbige immer noch ausgegrenzt werden. Vieles davon war mir selbst auch nicht bewusst und ich danke der Autorin dafür, dass sie mich darauf aufmerksam gemacht hat.

Wie von Jodi Picoult gewohnt, wird die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Die Perspektive wechselt zwischen Ruth, Turk Bauer, dem Vater des toten Babys, und Ruths Pflichtverteidigerin Kennedy. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass man einzelne Szenen und Dialoge zwei Mal liest. Dadurch wird aber deutlich, dass manche Ereignisse von verschiedenen Menschen ganz anders erlebt werden.

Auch wenn vieles sehr geradlinig erzählt wird, hat die Autorin doch auch ein paar Überraschungen auf Lager, die immer wieder kleine Wendungen in die Geschichte bringen und die Spannung aufrechterhalten.

Bereits einige Wochen vor diesem Roman ist die Vorgeschichte dazu erschienen, die Ruths Kindheit beleuchtet und gut auf das Thema einstimmt.

Prequel:
Das Mädchen mit den roten Schuhen

★★★★☆

Herzlichen Dank an den C. Bertelsmann Verlag und das Bloggerportal, die mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten.

Veröffentlicht am 14.10.2017

Die Geschichte des ehemaligen Neonazis geht weiter

Winter so weit
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Taschenbuch 636 Seiten
Verlag: Oetinger Taschenbuch (1. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3841503985
empfohlenes Alter: ab 16 Jahre
Preis: 16,00€
auch als E-Book erhältlich


Die Geschichte des ehemaligen Neonazis ...

Taschenbuch 636 Seiten
Verlag: Oetinger Taschenbuch (1. Oktober 2017)
ISBN-13: 978-3841503985
empfohlenes Alter: ab 16 Jahre
Preis: 16,00€
auch als E-Book erhältlich


Die Geschichte des ehemaligen Neonazis geht weiter

ACHTUNG: Dies ist der 2. Band einer Trilogie. Meine Rezension enthält SPOILER zum 1. Band „Sommer unter schwarzen Flügeln“. Bitte nur weiterlesen, wenn ihr den 1. Band schon kennt. Zwar werden nach und nach die Geschehnisse des 1. Bandes wiederholt, dies sehe ich aber eher als ein Wiederauffrischen der Erinnerungen. Man sollte „Sommer unter schwarzen Flügeln“ doch besser selbst gelesen haben, bevor man in den syrischen und deutschen Winter zieht, zumal es sich dabei um ein ganz großartiges Buch handelt.

Inhalt:
Nachdem Calvin beim Brand des Asylbewerberheims seine syrische Freundin Nuri verloren hat, will er ihr noch einen letzten Wunsch erfüllen. Er zieht los, um das „goldene Mädchen“ Dschinan aus dem zerstörten und umkämpften Syrien herauszuholen – eine tollkühne und lebensgefährliche Aktion.

Währenddessen lebt Nuris Familie mittlerweile in Berlin-Hellersdorf, wo die Asylbewerber weiterhin den Angriffen der Rechten ausgesetzt sind. Es gibt aber auch positive Kontakte zu Deutschen, die helfen wollen.

Meine Meinung:
Wie schon im 1. Band gibt es auch im 2. wieder zwei bis drei Zitate, die den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind. Zitate, die zumeist schockieren und nachdenklich machen, aber auch auf das jeweilige Kapitel einstimmen. Am Ende des Kapitels findet man auch wieder Stichworte für die eigene Internetrecherche. Ich habe diese gerne genutzt, um weitere Hintergrundinformationen zu bekommen, die Geschichte funktioniert aber auch problemlos ohne dies. Wer sich die Mühe nicht machen will, kann also einfach darauf verzichten.

Calvin, der ehemalige Neonazi, der sich in das syrische Flüchtlingsmädchen Nuri verliebt hatte, macht eine starke Entwicklung durch. An seiner Seite erlebt man die Kriegsgräuel in Syrien hautnah mit. Hinrichtungen, Folter, Hunger und Krankheit begleiten seinen Weg auf der Suche nach Dschinan. Doch neben allem Schrecken gibt es auch immer irgendwo ein Fünkchen Hoffnung. Die Liebe zu Nuri hält ihn aufrecht, auch wenn er manchmal am Ende seiner Kräfte und schier hoffnungslos verzweifelt ist. Allerdings ist dieser Band naturgemäß weniger Liebesroman als sein Vorgänger.

Parallel dazu geht auch die Geschichte in Deutschland weiter. Oft werden ähnliche Szenen wie in Syrien beschrieben, die sich in Deutschland jedoch ganz anders auswirken. Diese krassen Gegensätze wurden toll herausgearbeitet und lassen einen auch viele Dinge besser verstehen.

Man trifft viele Charaktere aus dem 1. Band wieder. Sie entwickeln sich alle weiter. Es kommen aber auch neue hinzu, von denen ich einige sofort liebgewonnen habe und von denen mich andere auf Anhieb abstießen. Peer Martin versteht es, seine Figuren lebendig werden zu lassen. Er zieht einen tief in die Handlung hinein. Es wirkt (leider) alles sehr realistisch.

Sprachlich konnte Peer Martin mich wieder absolut begeistern. „Winter so weit“ ist eine Explosion der unterschiedlichsten Bilder. Es ist einfach genial, wie der Autor mit der Sprache spielt, Wörter kreiert, die es vorher nicht gab, die es aber unbedingt geben sollte. Peer Martin schreibt zuweilen sehr poetisch und verschnörkelt. In der arabischen Sprache ist das nicht ungewöhnlich, und somit passt es sehr gut zur Handlung.

Fazit:
„Winter so weit“ ist ein wichtiges Buch. Es nimmt einen emotional mit, schockiert, gibt Hoffnung, ist lehrreich – die ganze Palette. Es öffnet einem die Augen und wirbt um Verständnis. Sprachlich ist es herausragend. Peer Martin hat wieder ein ganz großartiges Werk geschaffen, das ich allen Lesenden ab 16 Jahren empfehlen möchte, am besten im Anschluss an den 1. Band.

Die Trilogie:
1. Sommer unter schwarzen Flügeln
2. Winter so weit
3. Feuerfrühling

★★★★★

Herzlichen Dank an den Oetinger Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zugeschickt hat.