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Veröffentlicht am 11.01.2022

Spielkarten

Mätsch
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Das sehr bunte, grelle Umschlagbild, das auch noch haptisch greifbar ist, zeigt die ganze Rasselbande der MÄTSCH Spieler. Die Zeichnungen wiederholen sich im Buch. So merkt man sich die Mitspieler:innen ...

Das sehr bunte, grelle Umschlagbild, das auch noch haptisch greifbar ist, zeigt die ganze Rasselbande der MÄTSCH Spieler. Die Zeichnungen wiederholen sich im Buch. So merkt man sich die Mitspieler:innen nicht nur anhand der Namen, sondern auch an ihren Zeichnungen (Comics).
Denn Mätsch ist ein Kartenspiel mit strengen Regeln, welches die Schüler selber herstellen. Dabei lässt jeder sein Interessensgebiet auf den Karten erscheinen: Dinosaurier, Käfer, Teufel und Höllengetier, Tiere, Kätzchen. Und Phil mit Strichmännchen, eine ganz neue Idee, seine Idee, und da ist Phil sehr stolz darauf. Denn: Nick ist einer der legendären Spieler der Schule, und Nick ist der große Bruder von Phil. Phil eifert Nick nach. Er will auch ein legendärer Spieler werden...
Einmal im Jahr werden die besten Spieler ausgezeichnet und es lässt sich dabei viel Geld verdienen. Phil will gewinnen, weil er die Schule kaufen will (für 2 – 3000 müsste das doch möglich sein). Denn keiner mag den Direx und der soll mit dem Schulkauf weg vom Fenster. Doch wie immer im Leben, gibt es die Guten und die Bösen (und die Bösen wollen gewinnen, die liebevoll selbst hergestellten Spielkarten zerstören und das Geld an sich reißen). Da müssen die Guten eben gewinnen!

Das Ganze ist mehr eine Anleitung zum Spielen als ein Lese-Buch. Natürlich sind witzige Dialoge dabei und lustige Schwarzweißzeichnungen. Das Büchlein ist von der Umschlagseite bis zum Ende vollgepackt, rundum mit Zeichnungen. Text und Comic, schön abwechselnd, ein eher außergewöhnliches Buch in neuer Aufmachung. Zum Vorlesen weniger geeignet, eher zum Knobeln für die schon Selbständigen. Autor Max Parkos hat zeitgleich auch eine website erstellt mit Anleitungen zum Zeichnen und zum Kauf seiner Kartendecks. Ein Spielbuch, eher für Jungs (es sind auch recht wenig Mädchen bei dem Kartenspiel dabei).
„MÄTSCH! Wie man steinreich und superbeliebt wird“ - ich überlege mir schon eine Weile, wie ich das Buch einsetzen kann? Die jüngeren Mädchen der Familie haben bestimmt kein Interesse daran, für die Vorlesungsrunden, die geplant sind, passt es auch nicht.

Weitere Infos unter: www.maetsch.at,
https://matsch-karten.myshopify.com/blogs/anleitungen/spielanleitung

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Insel Ventotene

Ohne Halt ins Blaue
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Die Filmfrau und Autorin Anna Pavignano schreibt einen Roman, der zwar „ihrer Fantasie entspringt“, doch der Realität entspricht. Denn es gibt sie, diese jungen Leute (junge Männer), „die ein Leben führen, ...

Die Filmfrau und Autorin Anna Pavignano schreibt einen Roman, der zwar „ihrer Fantasie entspringt“, doch der Realität entspricht. Denn es gibt sie, diese jungen Leute (junge Männer), „die ein Leben führen, das eine Sommer- und eine Winterseite hat, wie eine Matratze.“ Einerseits leben sie am Meer (auf ihrer kleinen Insel), andererseits auf Baustellen auf dem Festland, wo sie unter ausbeuterischen Umständen arbeiten. „Das Meer ist blau, der Ziegelstein ist rot. Die Wellen machen Schaum, der Kalk Blasen. Im Sommer scheint die Sonne, und es ist heiß. Im Winter scheint auch die Sonne, aber es ist kälter. Meine Insel ist ein hingespucktes Stück schwarze Erde mitten im Meer (vulkanisch), und zum Glück sind die Häuser rosa und gelb, denn wenn ich zurückkomme – vor allem wenn ich lange weg war zum Arbeiten -, machen sie mich schon von weitem froh. Mein Boot ist weiß und blau, und ich hab es selber angestrichen...“ Genau, die Inselchen haben ein farbenprächtiges Erscheinungsbild, wenn man vom Meer her kommt. Als ob die Bewohner gegen die Kargheit der Insel ein farbenprächtiges Fanal setzen wollten...

Schon der Anfang zeigt wortgewaltig – mit einfachen Worten - eine Realität, von der man meinen könnte, sie existiere so nicht mehr. Zumindest in Europa. Es erinnert an ‚Christus kam nur bis Eboli‘, von Louis Levi. Vom kargen Leben auf Inseln, in ärmeren Landstrichen Italiens, abseits der großen Metropolen, wo die Menschen eine Existenz führen, die zuerst einmal malerisch auf Touristen wirkt. Sie müssen nicht Tag für Tag dort leben. Für sie ist es Abenteuer, Erholung, Auszeit. Doch diejenigen, die da leben, wollen es vielleicht nicht anders, oder wenn, dann können sie nicht so einfach weg... für sie ist es Heimat. Ihre Heimat. Sie leben mit der rauen Natur, dem wilden Meer, das ihnen ihren Lebensunterhalt sichert, aber auch leicht das Leben nimmt. Und doch gehen viele weg, weil sie keine Lebensgrundlage auf der Insel finden. Die Anzahl der Inselbewohner nimmt ab. (Diese ‚andere Realität‘ existiert auch in der Schweiz auf den Almen, selbst in den Schwarzwaldbergen, wo Naturgewalten einen anderen – realistischen – Blick auf das Leben bieten; ist nicht die ‚Realität in den Metropolen‘ die Unwirkliche?) Der Tourismus bringt Geld in diese ‚verlassene Einöde‘.

Salvatore erzählt von seinem Leben auf der Insel und wie er Bootsführer wurde: Kaum war ich sechzehn, hab ich den Bootsführer-schein gemacht und ein schönes Schild an mein Boot gehängt, auf dem stand: ‚Willst du aufs Meer? Zu jeder Zeit steht Salvatore für dich bereit. Tag- und Nachtfahrten.‘ Denn auf den kleinen Inseln passiert nicht viel. Das Leben ist abhängig vom Meer. Und den Touristen, vor allem den weiblichen. Und so ergeben sich auch die kleinen Fluchten aus dem Alltag. Doch Salvatore verliebt sich (nicht standesgemäß… erinnert an den Roman ‚Salz auf unserer Haut‘, der bretonische Fischer und die Pariserin).
Freundschaft, Liebe, Lebensfreude - Lebensleid, das Leben mit der Natur und ihren Risiken. Das ist das realistische Italien und nicht das Bild, was sich viele Tourist:innen von dem Land machen.
Wer leise Zwischentöne mag, ist mit dem Buch gut aufgehoben! Die ‚Poesie der Armut‘ wird hier noch drastischer ausgedrückt.

Autorin Anna Pavignano stammt aus der Provinz Novara im Norden, wurde als eine der Drehbuchautor:innen des Films ‚Il Postino‘ (Der Postmann, Regie Michael Radford) durch seine Oscar-Nominierung weltbekannt; Massimo Troisi spielte in ‚Il Postino‘ die Hauptrolle, er verfilmte Drehbücher von Pavignano als Regisseur und Hauptdarsteller. Pavignano und Troisi verband eine intensive Liebesbeziehung bis zu Troisis frühen Tod, seinen Tod verarbeitet sie in dem Buch: ‚da domani mi alzo tardi‘. Seit 2007 ist Pavignano auch als Schriftstellerin tätig. ‚Ohne Halt ins Blaue‘ (il bilico sul mare) ist ihr zweiter Roman und erschien 2009 bei edizioni e/o.
https://www.youtube.com/watch?v=eCHvc9tdYrQ Verfilmt als ‚Sul Mare‘, 2010.
https://nonsoloverlag.de/

‚Ohne Halt ins Blaue‘, in deutscher Übersetzung beim Verlag Nonsolo, Freiburg, Mai 2021 erschienen, 152 Seiten, übersetzt von
Ruth Mader-Koltay

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Die drei Säulen einer gesunden Geldanlage

Das einzige Buch, das Du über Finanzen lesen solltest
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Thomas Kehl & Mona Linke, Das einzige Buch das du über Finanzen lesen solltest, der entspannte Weg zum Vermögen, Ullstein Verlag 2022

Autor Kehl sagt, sein Buch sei das einzige, welches ich zum Finanzmarkt ...

Thomas Kehl & Mona Linke, Das einzige Buch das du über Finanzen lesen solltest, der entspannte Weg zum Vermögen, Ullstein Verlag 2022

Autor Kehl sagt, sein Buch sei das einzige, welches ich zum Finanzmarkt und zur Vermögensbildung lesen sollte. Er ist auf youtube unterwegs, um dort sich mit der Finanzfluss 'community' auseinander zu setzen. Im Inhaltsverzeichnis ist eigentlich alles drin, was ein Mensch zur Vermögensbildung wissen sollte...

Die drei Säulen einer gesunden Geldanlage; das wurde mir als junger Mensch beigebracht, dass ich nach Möglichkeit drei unterschiedliche Vermögensaufbauwege gehen soll. Niemals das Geld in eine einzige Anlageform stecken. Möglichst streuen in sicheren Anlagen (für kurzfristige, mittel- und langfristige Abrufe). Einen festen Sockelbetrag für Altersversorgung investieren, einen monatlichen Sparplan, um zu wissen, wie viel Geld ich ausgeben kann… Hat alles bislang geklappt und selbst jetzt in der heftigen Corona – Zeit hat mich der mangelnde Verdienst nicht umgehauen.

12,40 Euro kostet der 285 Seiten umfassende Geldratgeber. Wenn ich es ernst nehme mit der Altersvorsorge und Geldsparen & Co., dann wäre das die erste Sparanlage das Buch nicht zu kaufen. Denn als durchschnittlich interessierte Bürgerin an meinem eigenen Wohlwollen habe ich natürlich gespart, kenne mich etwas aus mit Aktien(fonds) und bewohne meine eigene Immobilie.

Fazit: Das Büchlein ist etwas für sehr junge Leute, die sich noch nie Gedanken zu Geld, Geldanlage & Co gemacht haben. Jede:r andere Mensch im mittleren bis oberen Alterssegment kann bereits mit Geld umgehen. Und wer es bis dahin nicht gelernt hat ...(was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr). Mir hat es keine neue Idee gebracht wie ich mein Geld noch sinnvoller anlegen kann. Anscheinend bin ich schon ganz gut damit…

Also, social media Nutzer:innen im zarten Alter, das ist ein Buch für euch! Aber Ihr könnt durchaus auch Ältere in der Familie fragen wie sie es gemacht haben – von ihnen kann man auch lernen...

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Wenn Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht

Unser kostbares Leben
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Ein Bertold Brecht-Zitat zum Einstieg, das ist schon mal gut!

Mainheim, 1972: Umweltprobleme und 'coming of age' von Caro, Minka und Guy, dem vietnamesischen Jungen (Sohn eines Generals, er und die Mutter ...

Ein Bertold Brecht-Zitat zum Einstieg, das ist schon mal gut!

Mainheim, 1972: Umweltprobleme und 'coming of age' von Caro, Minka und Guy, dem vietnamesischen Jungen (Sohn eines Generals, er und die Mutter entkamen dem Vietnamkrieg). Die Bürgermeistertochter, die Schokoladenprinzessin und quakende Frösche. Caro, die gerne mit Guy schwimmen geht, doch vor Minka das nicht zugibt. Und wie sie auf einmal am Hessendamm sind, der neu gebauten Straße, stellen sie dort fest, dass die Kröten überfahren werden. Sie retten die Kröten, sperren die Straße ab. Eine Aktion zusammen mit ihrer Lehrerin, die auch in einem Auto saß, was die Jugendliche stoppten... Schließlich gehen die zwei Mädchen und Guy, der vietnamesische Junge, wieder schwimmen.
Es ist die Zeit des 'konstruktiven Mißtrauenvotums' gegen Kanzler Willy Brandt. Die Zehnjährigen können mit dem Begriff nichts anfangen, aber diskutieren es. Gekränkt geht Guy zum (neuen) Sprungbrett, weil ihn die Mädchen nicht mitdiskutieren lassen. Er springt und weil mit dem neuen Brett alles anders ist, fällt er gegen den Betonrand, verletzt sich und geht unter. Von den beiden Mädchen in letzter Minute gerettet, wird Guy zum Krankenhausfall. Im Städtchen Mainheim wird der Vorfall zum Gerede, der Bürgermeister und der Schokoladenfabrikdirektor werden durch ‚den Kakao gezogen‘.

Gleichzeitig kommen neue vietnamesische Mädchen in das Kinderheim des Ortes an, unter ihnen Claire. Dort werden Versuche an ihnen durchgeführt. Caro bekommt ein Kaninchen (aus einer Tierversuchsfarm). Das Schicksal von Tieren auf Versuchsfarmen wird problematisiert. Die später von ihren Lebensgefährten ermordete Petra Kelly, eine Ikone der Grünenbewegung, tritt auf und eine neue Regierung wird gebildet, indem der charismatische Willy Brandt abgewählt wird.

Die Charaktere der Minka (später dann ‚Mitglied in einer Kommune‘ und Parteimitglied der Grünen), Caro, die Journalistin wird, die super intelligente Claire und der sympathische Guy, sind sehr feinfühlig gewählt und dargestellt.
Durch den Roman „Unser kostbares Leben“ werden die Erinnerungen an die super aktiven 1970er Jahre wieder hervor gekramt. Die Politik mit ihren damals unverwüstlichen Netzwerken und Seilschaften, die sich gegen progressive Strömungen stellte. Wie wir im Südwesten das einzige Kernkraftwerk, das nie gebaut werden durfte, verhindert haben. Wie wir damals schon viel über Umweltzerstörung lernten und viele von uns bis heute aktiv sind um den Blauen Planeten zu retten. Die Friedensdemonstrationen. Unser Glaube daran, dass es möglich wäre vieles zu ändern. Das Buch des ‚Club of Rome‘. Ein Ministerpräsident mit Nazi-Vergangenheit wird durch das Volk abgesetzt. Stammheim...
Auch die Experimente an Heimkindern mit Psychopharmaka, wie im Buch beschrieben, ist etwas, was eben auch erst in jüngster Zeit diskutiert wird, ähnlich wie die Millionenfache Verschickung von ärmeren Kindern in der Nachkriegszeit als Gesundheitsmaßnahme getarnt, jedoch nur Geschäftemacherei.

Das Buch war mein Wunschbuch, weil es Teil meiner eigenen Geschichte ist. Eine dicke Leseempfehlung, es ist sehr gut zu lesen und voller Dynamik. Das Titelbild ist schlicht – drei Mädchen sitzen mit dem Rücken zum Betrachtenden auf der Motorhaube eines Autos der Zeit - und trotzdem ein Hingucker.

'Unser kostbares Leben', Katharina Fuchs, Droemer Verlag (Katharina Sulzbach hat unter ihrem Mädchenname Fuchs mehrere Bücher zu der Lebensgeschichte ihrer Großmütter und ihrer Mutter geschrieben, die es alle auf die Bestseller Liste des Spiegels geschafft haben)

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Madison Square, New York

Zum Paradies
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Das Bild einer Neuen Zeit - irgendwo auf der Welt und zwar immer am Madison Square:

"Es ist mir ein Anliegen gewesen, bei Eurer Erziehung Ehrlichkeit walten zu lassen", sagt Großvater Bingham bei der ...

Das Bild einer Neuen Zeit - irgendwo auf der Welt und zwar immer am Madison Square:

"Es ist mir ein Anliegen gewesen, bei Eurer Erziehung Ehrlichkeit walten zu lassen", sagt Großvater Bingham bei der allsonntäglichen Abendessenrunde. Es folgt das Gespräch, auf das die drei Enkel seit Monaten warteten. Eine 'nicht alltägliche' Runde von Menschen in einer Welt, in der viel in Bewegung ist. Der Großvater der Firma 'Bingham Brothers' spricht über das Erbe, was er hinterlassen wird. Der eine Enkel ist mit seinem Gatten da, die Enkelin mit ihrer Ehefrau, nur der Älteste, David, ist noch nicht verheiratet. Doch für ihn ist eine Bewerbung gekommen, da möchte einer sein Gatte werden, doch dieser ist ziemlich alt. Es geht um arrangierte Ehen, es geht um die Liebe. Es geht um das Bild einer Neuen Zeit. David verliebt sich. Jedoch nicht standesgemäß...

Das Buch ist unterteilt in drei Abschnitte. 1893 – 1993 – 2093, drei Jahrhunderte, drei Leben. 1893 – Washington Square. 1993 – Lipo – wao – nahele. 2093 – Zone Acht.

Während also der erste Teil, 1893, in der Vergangenheit spielt, kann sich die Leserschaft vorgaukeln, dies ist vergangen. Das Bild einer Zeit, die zerfloss und so nicht (mehr) existierte. Doch dann kommt 1993, das war ja eben… und 2093 – die Zukunft – ist ziemlich trübe. Ist das jetzt unter dem Einfluss von ‚fridays for future‘ oder unter Corona entstanden? Beidem?

Teil 1 - im 19. Jahrhundert, im „freien New York“, jede:r kann lieben und heiraten, wen er oder sie will. Dass dies doch nicht so einfach geht, zeigt das Beispiel des jungen Mannes aus einer wichtigen Familie. Er verliebt sich nicht standesgemäß in einen unvermögenden Musiklehrer.
Eine sehr sanfte Liebesgeschichte.

Teil 2 - im 20. Jahrhundert, ein Paar, Mann – Mann, die Zeit geprägt von HIV - AIDS. Die zwei Männer, einer jung, der andere 30 Jahre älter, der Ältere vermögend, der Jüngere abhängig von ihm. Es herrscht nur eine oberflächliche Offenheit zwischen den beiden.

Teil 3 - im 21. Jahrhundert, ein Zeitalter, eingeengt durch Pandemien, Rationierungen von Grundgütern und geprägt durch extreme Umwelteinflüsse. Die junge Frau, verheiratet in einer arrangierten Ehe, leidet in der Ehe, kämpft sich durch Krankheit und vermisst ihren Großvater.

Der Schreibstil ist bedächtig, mit vielen Schachtelsätzen. Aber mit Farbe und Gerüche, dass man glaubt, das Essen, was serviert wird, selbst zu kosten… Seite 58/59, David Bingham trifft vorsätzlich auf Edward Bishop, den Musiklehrer. Suche nach einem Zeichenblock. Es liest sich so locker, als stünde man daneben und beobachtet wie Edward sucht. Und David, der eher Edward beim Suchen zuschaut, so wie wir – die Leserschaft – es auch tut. Das Geschriebene wirkt zu keiner Zeit gekünstelt, sondern tatsächlich, wie eine ablaufende Aktion, die David wie die Leserschaft beobachtet. Dabei geht es um eine erotische Situation, David, der in Edward verliebt ist und Kontakt zu ihm sucht...

‚Zum Paradies‘ (im englischen Original ‚To paradise‘) der hoch anerkannten jungen Autorin Hanya Yanagihara ist keine leichte Lektüre. Es ist ein schwer gewichtiges Buch (nicht nur 895 Seiten aus sehr dünnem Papier – Vorsicht beim Umblättern, es könnte leicht reißen), es ist vor allem inhaltlich ein sehr gewichtiges Buch. Schon das auf dem Umschlagbild abgedruckte Bild des Gesichtes eines jungen Mannes, nachdenklich, mit dunkler Hautfarbe und Gesichtszügen, die auf den Einfluss vieler Kulturen hinweisen, lockt in erster Linie eine Leserschaft an, die weiß sich mit Schwergewichten zu beschäftigen. Man muss sich darauf einlassen. Es ist kein sogenannter ‚page turner‘, es fesselt nicht und lässt einem oft ratlos zurück, nachdenklich.
Hanya Yanagihara wuchs in Hawaii auf (Vater – Hawaiianer mit japanischen Wurzeln, die Mutter – Südkoreanerin, die ebenfalls auf Hawaii aufwuchs). Schon allein der Kontext im Pazifik auf einer Inselgruppe aufzuwachsen, die geprägt ist von vielen Kulturen und einer intensiven Geschichte, ein Bundesstaat der Vereinten Staaten von Amerika, das nicht allen Bewohnern der USA bekannt sein dürfte, fließt bestimmt in ihr Schreiben ein. Die Familie lebte auch in Texas und Maryland (wiederum zwei völlig unterschiedliche Bundesstaaten). Yanagihara hat sich mit zwei Büchern (The People in the trees, A little life – in beiden Büchern geht es um Missbrauch) in den Olymp der anerkannten Schriftsteller:innen katapultiert.

'Zum Paradies', Hanya Yanagihara, Claasen und Ulstein Verlage, übersetzt von Stephan Kleiner (ein sehr erfahrener Übersetzer)

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