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Veröffentlicht am 05.03.2023

Blutland - Ukraine, 2014

Rote Sirenen
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Jedes Land hat seine Höhepunkte in der Geschichte und Tiefpunkte, unter der das ganze Volk litt und beinahe zugrunde ging. Das weiß die deutsche Geschichte gut genug zu berichten Doch manche Völker, die ...

Jedes Land hat seine Höhepunkte in der Geschichte und Tiefpunkte, unter der das ganze Volk litt und beinahe zugrunde ging. Das weiß die deutsche Geschichte gut genug zu berichten Doch manche Völker, die nie sehr groß und mächtig waren, die wurden oft von anderen Völkern überrollt und unterdrückt, so z.B. Polen. Aber auch die Ukraine. Erst in letzter Zeit wird das Thema 'Hungersnot' und 'Hungertod' (Holodomor) in der Ukraine auch außerhalb des Landes thematisiert. Die große Hungersnot in Irland (wo die Briten eine unheroische Rolle spielten) ist gut aufgearbeitet worden. Doch so lange die UdSSR existierte wurde das Leid der ukrainischen Bevölkerung unterdrückt. Jetzt, wo die Ukraine wieder von Russland überfallen wurde und in einen unsäglichen Krieg gezwungen, ist es an der Zeit die Leiden und die Kultur des ukrainischen Volkes darzustellen.
Victoria Belim geht in ihrem Buch „Rote Sirenen“ ihrer eigenen Familiengeschichte nach.

Victoria Belim geht mit 15 Jahren aus der Ukraine in die USA, heute lebt sie in Brüssel. 2014 reist sie nach längere Zeit wieder in die Ukraine. Sie will ihre Großmutter sehen und sie will mehr von ihrer Familie erfahren (Herkunftsfamilie). Dabei muss sie sich durch die leidvolle Geschichte der Ukraine im 20. Jahrhundert (Stalin, Holodomor und Zweiter Weltkrieg) gedanklich kämpfen.

Valentina setzt sich mit Onkel Wladimir auseinander (alte UdSSR und Amerika) - die alte Garde und neues Wissen. Per Email. Beide Seiten sind streng mit der anderen Seite. Doch dann im Dorf, Erinnerungen an die Jugend: So gut wie jede Familie beklagt verlorene Familienmitglieder. Wo ist Urgroßonkel Nikodim abgeblieben, was ist mit ihm geschehen? Keiner redet über ihn. Die Autorin möchte erfahren was ihm zustieß. Doch Großmutter Valentina wehrt das ab. Dagegen werkeln Großmutter und Enkelin gemeinsam im Garten, besonders im Kirschgarten (der an Urgroßmutter Asja erinnert und von Großmutter Valentina gehegt und gepflegt wird). Doch das große Familiengeheimnis steht zwischen ihnen.

Emotional sehr anrührig. Nebenbei erfährt man sehr viel über das ukrainische Leben und die Traditionen.
Stark auffälliges Umschlagsbild, auffällig rot-pink golden – gleichzeitig aber auch schön mit diesen Hähnen (der Hahn – Symbol des ukrainischen Widerstands).

„Rote Sirenen – Geschichte meiner ukrainischen Familie“, Victoria Belim, Aufbau-Verlag, übersetzt (Englisch) von Ekaterina Pavlova, Januar 2023

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Veröffentlicht am 01.03.2023

Dritter Teil der Rachejagd – der Höhepunkt und die Auflösung!

Rachejagd - Zerstört
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Und es geht gleich spannend weiter: Bereits im Prolog wird an die gemeinsame Schulzeit erinnert – Anna, Nick, Roger, Paigne. Vier Freunde, die eng zusammen waren und viel gemeinsam erlebten... Vor 15 Jahren. ...

Und es geht gleich spannend weiter: Bereits im Prolog wird an die gemeinsame Schulzeit erinnert – Anna, Nick, Roger, Paigne. Vier Freunde, die eng zusammen waren und viel gemeinsam erlebten... Vor 15 Jahren. Roger ist bereits tot (im zweiten Teil). Leben noch drei...

Da ist jemand misshandelt worden, ein Samuel. Der voller Hass ist, dazu ist er ein reicher Kerl (Geld verdirbt bekanntlich den Charakter, oder?). Ob er der Strippenzieher ist, der jenige, der alles so gemein aus Rache eingefädelt hatte und all' diese Menschen ermorden ließ, der 'Werkzeuge' manipulierte und so gut wie jeden ans Messer lieferte?

Schlag auf Schlag passieren wieder schreckliche Dinge, Vorfälle mit Mord und Totschlag, mit Feuer und Nervengas. Wieder werden Freunde ermordet, wieder gibt es viel Leid und Schmerz. Genauso wie es der Strippenzieher will... er, der Rächer.

Doch einfach ist es eben nicht – denn auch hinter den Kulissen wird manipuliert und an den Strippen gezogen. Wer ist denn nun wirklich?

Ein Werk über 1.200 Seiten dermaßen spannend aufzuziehen, verlangt ganz schön ausgefeilte Techniken, Strategie und Disziplin. Immer wieder tauchen Namen auf, die bereits in den früheren Bänden behandelt wurden (jedoch – so verstehe ich es – sind die Bände unabhängig von einander lesbar, man versteht schon was früher passierte; wobei ich natürlich alle Bände kenne)

Nica Stevens und Andreas Suchanek, das Autorenpaar, haben wirklich ein ausgefeiltes Werk präsentiert, das viele vergnügliche Lesestunden beschert. Eigentlich eher ein rauschhaftes Lesen, denn wer einmal begonnen hat in die Geschichte einzutauchen hat Probleme wieder nach Luftschnappend an die Oberfläche zu kommen. Es wird alles aufgetischt, was das Genre Thriller zu bieten hat – Grausames in die letzten Details ausgearbeitet. Aber auch unendliche Freundschaft (wirklich? Oder sind da auch Verräter dabei?)

Und dann fragt sich der lesende Mensch - könnte das in der Realität auch so passieren? Nein, ganz bestimmt nicht, denn so wie ich die deutsche Kripoarbeit mitbekommen habe, wird intensiv recherchiert. Und es gibt nicht den perfekten Mörder – eine Spur übersieht auch ein Perfektionist... Doch das hier ist ein Roman, Fiktion, und der Spannung wegen wird hier einiges stehengelassen, was – um es ganz klar zu sagen – die Ermittlungsbeamt:innen nicht übersehen würden. Die Dramatik ist unglaublich, aber wie gesagt – es ist Fiktion!

Ein Superthriller, der es wert ist, dass jede Seite gelesen wird.

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Veröffentlicht am 06.02.2023

Sibirien – Sibir – Tosaq

Sibir
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Der Vater malt diese drei Worte Sibirien – Sibir – Tosaq mit dem in den Tee getunkten Finger auf den staubigen Tisch.

Die Tochter Leila macht sich auf die Reise der Lebensgeschichte ihres Vaters nachzugehen. ...

Der Vater malt diese drei Worte Sibirien – Sibir – Tosaq mit dem in den Tee getunkten Finger auf den staubigen Tisch.

Die Tochter Leila macht sich auf die Reise der Lebensgeschichte ihres Vaters nachzugehen. Er sei an Demenz erkrankt und verliere seinen Verstand, sagt die polnisch stämmige Mutter, sagt selbst der Hausarzt und die Einweisung soll bald erfolgen. Nun geht es um die Vater - Tochter – Beziehung.

Josef Ambacher - 1945 als Zehnjähriger von der Sowjetarmee zusammen mit seiner Familie verschleppt. In Kasachstan erlebt die Familie eine schlimme Zeit. Der kleine Josef lernt dort jedoch zurecht zu kommen. Armut, kaum Essen und eine lebensfeindliche Umwelt verlangen Höchstleistungen ab von denjenigen, die überleben wollen. Denn das Überleben steht zuvorderst.

1990 Deutschland, Niedersachsen, Mühlheide: Die Vergangenheit taucht in Josefs Erinnerung wieder auf. Die Sowjetunion existiert nicht mehr und bringt Spätaussiedler in die Stadt. Josefs Tochter steht an seiner Seite, um die Geister der Vergangenheit zu bändigen.

Das Buch ist Literatur. Obwohl gut zu lesen, macht der Text natürlich nachdenklich. Es geht schließlich um ein Thema, das bislang noch nicht besonders thematisiert wurde – die Verschleppung von Deutschen nach Sibirien und ihre Rückkehr.

Titelbild – Aufsehen erregend, denn diese Zeichnung signalisiert bereits, dass das Buch ungewöhnlich ist. Eine Regenbogenforelle, die neugierig aus dem Wasser schaut, aber auch aussieht als ob sie verzweifelt nach Luft schnappt.

Sabrina Janesch, Rowohl Verlag, Berlin, Januar 2023 (Autorin von 'Die goldene Stadt', 'Katzenberge' und mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin)

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Tödliches Spiel eines Psychopathen

Rachejagd - Verraten
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2. Teil Verraten, Journalistin Anna Jones und FBI-Agent Nick Coleman:

Drei Jahren zuvor wurde Anna mit ihrer Freundin Natalie gekidnappt. Anna schaffte es damals zu fliehen, konnte jedoch ihre Freundin ...

2. Teil Verraten, Journalistin Anna Jones und FBI-Agent Nick Coleman:

Drei Jahren zuvor wurde Anna mit ihrer Freundin Natalie gekidnappt. Anna schaffte es damals zu fliehen, konnte jedoch ihre Freundin nicht befreien, die in den Händen des Psychopathen blieb. Was sich im Laufe des überaus spannenden ersten Teils als einen ausgeklügelten Betrug erwies. Die beiden, Anna und Nick, werden verfolgt und in schlimmste Bedrängnis gebracht. Doch zum Glück gibt es ein tolles Team um sie, die zu guten Freunden werden. Anna, Nick und Annas Freund Zane können entkommen, doch mit pysischen und psychischen Blessuren.

Dieses Mal beginnt es in Detroit: Die Hochzeit einer Jugendfreundin, Sarah; Nick und Anna sind eingeladen. Sie treffen dort auf Roger, ebenfalls ein enger Jugendfreund. Doch er ist äußerst nervös und 'neben der Kapp'. Dann spricht er von seinem Arbeitsplatz: In einem streng abgeschirmten Labor für Virenforschung ist ein tödlicher Unfall passiert. Was nicht möglich ist, würde da nicht Sabotage im Spiel sein... 

Der Titel der Buchreihe ist Rachejagd, es geht um Jagen (wer jagt wen und warum?) „Gequält“ heißt Nr. 1 der Trilogie Rachejagd. Erschienen im Herbst 2022. Im Dezember folgte die Nr. 2 „Verraten“, und im Frühjahr 2023 erscheint Nr. 3 „Zerstört“. 

Der Thriller läuft auch dieses Mal wieder zur Hochform auf. Also daher Warnung – bitte nur anfangen zu lesen mit möglichst viel Tagesfreizeit, einer langen Zugfahrt oder einem verregneten Winterabend. Es packt einem dermaßen, man springt von Höhepunkt zu Höhepunkt (nicht für die Charaktere im Buch, von denen bleiben einige auf der Strecke – einige! Und es sind meist sehr sympathisch Dargestellte). Aber diese Kreativität beim Schreiben und Ausdenken von Situationen, wow, ich bin sehr angetan...Das ist Spannung und intelligente Unterhaltung pur!

Der geheimnisvolle Strippenzieher ist dem Team immer einen Schritt voraus. Zum Schluss schaffen sie es ihn wieder einmal auszutricksen. Doch erneut kann er fliehen. Wo ist er? Kann dem Spuk endlich ein Ende bereitet werden, doch das bleibt auch dieses Mal offen bis zum nächsten Band (Nr. 3). Und der Schluss ist brutal!

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Veröffentlicht am 10.01.2023

Die Bloomsberries

Die Liebenden von Bloomsbury – Vanessa und die Kunst des Lebens
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„Ich behaupte, selbst die Köchin ist in der Lage zu sagen, ob ihr ein Matisse gefällt oder nicht. Sie muss dafür nicht Kunst studieren. Damit aber enthebe ich sie ihrer Klasse, erkläre sie der Lady ebenbürtig, ...

„Ich behaupte, selbst die Köchin ist in der Lage zu sagen, ob ihr ein Matisse gefällt oder nicht. Sie muss dafür nicht Kunst studieren. Damit aber enthebe ich sie ihrer Klasse, erkläre sie der Lady ebenbürtig, in deren Salon teuer erkaufte Gemälde hängen“. Roger Fry, S. 292

Virgina und Clive – Vanessa und Julian – Clive und Virginia. Die Schwester Virginia und ihr Ehemann. Und Roger Fry (Guildford). Besuche dort, Besuche in Bloomsbury... Duncan. Gespräche, Erotik, Annäherung... Ausstellungen, Malen, Schreiben... neue Orte, neue Gesichter...

Ein wundervoll fließender Roman, gut geschrieben, kenntnisreich geschrieben. Wer Virginia Woolf kennt, findet sie im Buch; wer ihre Schwester noch nicht kennt, findet sie attraktiv genug, um an ihren Gedankengängen interessiert zu sein.

Die Bloomsberries – junge Menschen der bürgerlichen Mittel- bis Oberklasse, manche vermögend, viele haben reiche Freunde und Freundinnen, Gönner, Mäzen, Geliebte... sie sind jung, sie sind ungestüm, sie wollen das Viktorianische aufbrechen. Und sie schaffen es! Sie produzieren Skandale und verwickeln sich in Affären. Einige davon sind höchst talentiert – in unterschiedlichen Bereichen. Sie sind politisch. Sie sind sexuell auf unterschiedlichen Feldern aktiv. Sie sind die Bloomsberries, weil sie im Londoner Stadtteil Bloomsbury logieren. Im Haus der Stephens...

Sie brechen gesellschaftlichen Normen auf und reißen Klassenschranken nieder! Das damals herrschende Kunstverständnis wird aus den Angeln gehoben und vergesellschaftet. Von jetzt an dürften sich auch auch Köchinnen an der Kunst erfreuen. Einfach, weil sie ihnen gefällt...

Virginia und Vanessa Stephen (Bell), Bruder Adrian spielt auch noch eine Rolle. Vanessa, verehelicht mit Clive Bell (eigentlich nur noch auf dem Papier, aber er ist da... gelegentlich... wenn er nicht der Schwester Virginia hinterher stiefelt oder sich mit einer seiner Geliebten amüsiert). Vanessa sucht eine neue Liebe, Virginia eine Liebe überhaupt – denn es scheint so zu sein, dass ein unbemanntes Weib nicht existieren darf... Sie suchen sich selbst, die Schwestern. Die eine durch die Malerei, die andere durch das Schreiben. Sie finden neue Lieben, die eine überhaupt, die andere mehrere...

Sie hetzen durch das Buch, getrieben. Virginia, in ihrer Angst wahnsinnig zu werden, feilt an ihren Manuskripten, kann nicht loslassen, braucht die ältere Schwester Vanessa. Doch diese will sich nicht immer umklammern lassen oder Angst davor haben, dass die jüngere Schwester ihr den Verehrer abspenstig macht. Zwei feinsinnige Schönheiten, die sich doch nur um sich selbst drehten. Doch zumindest Vanessa wird durch die Kinder bodenständiger.

Das Umschlagsbild ist fein und zart (so wie die Geschwister Stephen, mit einem Ausschnitt von Gebäuden in Bloombury 1910 und dem zart gezeichneten Gesicht von Vanessa Bell). Als Merkmal für eine Reihe über die Bloomsberries passend. Es sind drei Bände vorgesehen, Band Nr. eins Virginia Woolf ist bereits veröffentlich. Ich kenne nur den Band über Vanessa Bell und die Kunst des Lebens – informativ in sich. Es braucht nicht die anderen Bände, aber sie ergänzen sich! Und es finden sich zusätzliche Informationen, Literaturhinweise...

Der Schreibstil von Stefanie H. Martin ist eindringlich, sensibel und doch leicht lesbar als wären es Held:innen in einem Kinofilm.

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