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Veröffentlicht am 03.06.2024

Privates Ermittlerduo trifft bei Spurensuche auf wortkarge nordfriesische Dorfgemeinschaft

Akte Nordsee - Das schweigende Dorf
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Eva Almstädts Kriminalroman „Das schweigende Dorf“ ist der dritte Teil ihrer „Akte Nordsee“-Reihe rund um die Hobbyermittler Fentje Jacobsen und Niklas John. Wer bereits die ersten beiden Bände gelesen ...

Eva Almstädts Kriminalroman „Das schweigende Dorf“ ist der dritte Teil ihrer „Akte Nordsee“-Reihe rund um die Hobbyermittler Fentje Jacobsen und Niklas John. Wer bereits die ersten beiden Bände gelesen hat, darf sich auf ein Wiedersehen mit einigen Charakteren freuen. Wer mit dem dritten Band, so wie ich, neu in die Reihe einsteigt, kann aber ebenso problemlos folgen und sich vielleicht sogar noch ein bisschen mehr an Fentjes uriger Großmutter und Nicks divenhafter Katze erfreuen.

Ein verzweifelter nächtlicher Anruf und ein zwei Tote im Nachbardorf – unter ihnen der Anrufer – veranlassen die Anwältin Fentje auf eigene Faust zu ermitteln. Gemeinsam mit dem Journalisten Niklas, der ebenfalls Nachforschungen anstellt, beißen sie in der eingeschworenen Dorfgemeinschaft zunächst auf Granit. Doch nach und nach setzen sich die winzigen Puzzleteilchen zusammen und weitere Verbrechen kommen ans Tageslicht. Und auch privat hält das Leben nicht nur für Fentje und Niklas einige Turbulenzen bereit.

Eva Almstädts Schreibstil lässt sich wie gewohnt flüssig lesen und macht es schwer, das Buch beiseitezulegen. Ihre Schilderungen wirken ausgesprochen authentisch und gut recherchiert: die eingeschworene Dorfgemeinschaft, in die ein Außenstehender nicht eindringen kann, die typische Eiderstädter Tracht und der beleidigte Stubentiger sind nur einige Beispiele. Letzterer konnte mir oftmals ein Lächeln ins Gesicht zaubern und gehört zweifelsfrei zu meinen Lieblingscharakteren. Genau so sind unsere verwöhnten Samtpfoten eben einfach. Der friesische Dialekt, der von Oma Gretje hin und wieder eingestreut wird, unterstreicht noch einmal den Lokalkolorit des Krimis.
Sehr interessant sind die beiden Hauptfiguren. Statt gewöhnlicher Polizisten bemühen sich in der „Akte Nordsee-Reihe“ mit Fentje Jacobsen und Niklas John eine Anwältin und ein Journalist darum, Kriminalfälle aufzuklären. Natürlich schmälert diese Tatsache ihre ermittlungstechnischen Möglichkeiten. Durch ihre enorme Abenteuerlust, die manchmal die Grenze der Legalität überschreitet und die meist effiziente Zusammenarbeit gleichen die beiden diese Einschränkungen jedoch um ein Vielfaches wieder aus. Auch privat knistert es zwischen Fentje und Niklas heftig. Eine Tatsache, die beide allerdings weder sich selbst und erst recht nicht einander eingestehen. Kein Wunder also, dass es zu Missverständnissen kommt und Fentje den Hoffnungen ihre Großmutter auf eine Heirat mit dem gutherzigen neuen Tierarzt Onno weiteren Nährboden liefert. Überhaupt ist Großmutter Gretje ein echtes Original und schießt mit ihren schlitzohrigen Verkupplungsversuchen so manches Mal deutlich übers Ziel hinaus. Klar ist jedoch auch, dass sie ihrer Familie nur das Beste wünscht, weshalb man ihr nicht so recht böse sein kann. Zusätzlich leidet auch noch Fentjes Nichte Sofia in ihrer Schule unter dem Mobbing ehemaliger Freundinnen. Fentje ist somit familiär ebenso eingespannt, wie bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen. Im Gegensatz dazu, spielt in Niklas Leben hauptsächlich die divenhafte Rassekatze Blofeld eine entscheidende Rolle. Je mehr hingegen im Laufe der Ermittlungen über die beiden Toten bekannt wird, desto abstoßender wirken sie. Kein großer Verlust also.
Da Fentjes und Niklas Nachforschungen eine ganze Weile in einer Sackgasse stecken – der Name „Das schweigende Dorf“ ist Programm - und die neuen Erkenntnisse sich in Grenzen halten, kommt die wirkliche Spannung erst im letzten Drittel des Buches. Hier geht es dann aber wirklich ordentlich zur Sache. Vorher stehen die Todesfälle nicht unbedingt allgegenwärtig im Zentrum des Buches. Mir persönlich sagt das ausgeglichene Verhältnis zwischen familiärem Alltag auf dem Schafshof, romantischen Verbindungen und Mordermittlungen absolut zu. Für Leser, die von Anfang bis Ende in Atem gehalten werden wollen sicher nicht die erste Wahl. Meine klare Leseempfehlung aber für jeden der sich über gut recherchierte Hintergrundinformationen, interessante Charaktere und eine gelungene Handlung mit einem ordentlichen Krimianteil freut.

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