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Lust_auf_literatur

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Veröffentlicht am 07.03.2023

Interessante Themen, in der Ausarbeitung für mich nicht überzeugend

Nur ein paar Nächte
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🔸Die Kurzbeschreibung des Romans hat mich unglaublich neugierig gemacht und ich hatte, so dachte ich, grob eine Ahnung, welche Themen Neidhardt behandeln wird.
Aber ich hatte ja keine Ahnung.

🔸Aber ich ...

🔸Die Kurzbeschreibung des Romans hat mich unglaublich neugierig gemacht und ich hatte, so dachte ich, grob eine Ahnung, welche Themen Neidhardt behandeln wird.
Aber ich hatte ja keine Ahnung.

🔸Aber ich möchte mit etwas anderem beginnen. Grundsätzlich möchte ich meine Begeisterung aussprechen, dass sich immer mehr Autor:innen dem vielfältigen und komplexen Kanon der Elterngefühle annehmen und das in immer vielfältigeren Konstellationen!
Auch Neidhardt reiht sich hier ein und bringt mit seinem Roman wichtige Aspekte als Diskussionsgrundlage mit.
„Nur ein paar Nächte“ bezeichnet die Zeitdauer, die Bens Vater Emil, wieder bei Ben unterkommen will, nachdem er von seiner Frau, Bens Mutter, wegen Fremdgehens vor die Tür gesetzt wurde. Ben hat allerdings mit diversen eigenen Issues zu kämpfen, schließlich zieht er seit ihrer Geburt vor 12 Jahren seine Tochter Mia alleine groß. Mias Mutter Orna wollte nie ein Kind, anders als Ben, und nach einer ungeplanten Schwangerschaft, machen beide einen Deal: Mia bricht die Schwangerschaft nicht ab, aber Ben wird sich komplett alleine um das Mädchen kümmern.

🔸Dieses Ausgangszenario bietet für Neidhardt die ideale Ausgangbasis, um vielschichtige und komplexe Geschichten zu erzählen. Das tut er zweifellos. Ich persönlich finde allerdings keinen Zugang zu Neidhards letztendlicher Ausarbeitung.
Ich möchte fair sein und die Punkte, die mir nicht gefallen haben, offen benennen, obwohl ich aus Sympatie zu den gewählte Themen und dem Autor eine gewisse Beißhemmung verspüre.
Der große Schwachpunkt Neidhardts ist in meinen Augen die Ausarbeitung seiner Figuren, bei denen neben den Hauptfiguren noch eine ganze Palette an Nebenfiguren auftaucht, alle mit diversen eigenen Themen. Es fehlt mir hier an Tiefe und Athentizität, sie wirken auf mich wie Abziehbildchen ohne Ecken und Kanten.
Thematisch ist der Roman komplett überladen, ich kann ohne Spoiler gar nicht aufzählen wie viele Türen Neidhardt hier aufstößt, kurz hinausschaut, aber letztendlich nicht konsequent über die Schwelle tritt.
🔸Auch emotional bleibt Neidhardt an der Oberfläche, Gefühle werden zwar benannt, aber nicht auf ihre Ambivalenz oder Abgründigkeit hin abgeklopft. Das kann als Anregung zum eigenen Denken verstanden werden, ich hätte mir oft mehr Subtilität und Zwischentöne gewünscht.

Insgesamt war der Roman für mich ein nettes Leseerlebnis, das in meinen Augen einiges an Potential verschenkt.

🔸Trotz meiner Kritikpunkte und mangelnden Begeisterung wünsche „Nur ein paar Nächte“ viele Leser:innen, da es einen niederschwelligen Einstieg in viele ungewöhnliche Themen bietet, die Neidhardt unzweifelhaft unterhaltsam und lesenswert bearbeitet hat!

Macht euch selbst ein Bild von diesem Roman!

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Analysierendes und unterhaltsames Psychogramm

Siegfried
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🔸Antonia Baum begleitet mich schon länger durch mein Leseleben, und zwar mit ihren Kolumnen und Artikel in der ZEIT.

Auf ihren Roman „𝐒𝐈𝐄𝐆𝐅𝐑𝐈𝐄𝐃“ habe ich mich deshalb sehr gefreut. Schon die Leseprobe ...

🔸Antonia Baum begleitet mich schon länger durch mein Leseleben, und zwar mit ihren Kolumnen und Artikel in der ZEIT.

Auf ihren Roman „𝐒𝐈𝐄𝐆𝐅𝐑𝐈𝐄𝐃“ habe ich mich deshalb sehr gefreut. Schon die Leseprobe war vielversprechend, der Roman selbst gute, subtil gesellschaftskritische Unterhaltung.

🔸Wer ist Siegfried? Baum schreibt den Roman aus Blickwinkel einer Ich-Erzählerin, deren Mutter einen Ehemann hat, der Siegfried heißt, der aber nicht der Vater der Ich-Erzählerin ist.
Um diesen Siegfried kreisen drei Generationen von Frauen: seine Mutter Hilde, die ihn vergöttert, seine Ehefrau, die er betrügt und kleinmacht, und seine Tochter, die Erzählerin, deren Selbstbild er bis weit in ihr Erwachsenenalter prägen wird.
Die Figur Siegfried steht für mich sinnbildlich für unsere immer noch stark patriarchal geprägte Gesellschaft, die Generationen von Frauen unterschiedlich beeinflusst.

🔸Baum beginnt ihren Roman damit, dass die Ich-Erzählerin beschließt in die Notfallambulanz der Psychiatrie zu fahren. Die Frau hat eindeutig Issues. Welche genau das sind, wird im weiteren Verlauf in Rückblenden auf ihre Kindheit, ihre konfliktbeladene Ehe und ihre schwierige Beziehung zu Männer deutlich.
Es wird deutlich wie sehr das Nachkriegstrauma, das Hildes Generation erlebt hat, bis heute in Form von Härte und Selbstdisziplin gegen sich selbst, weitergegeben wird.

„𝘈𝘣𝘦𝘳 𝘸𝘪𝘦 𝘪𝘮𝘮𝘦𝘳, 𝘸𝘦𝘯𝘯 𝘦𝘴 𝘮𝘪𝘳 𝘴𝘤𝘩𝘭𝘦𝘤𝘩𝘵 𝘨𝘪𝘯𝘨, 𝘸𝘢𝘳 𝘷𝘰𝘯 𝘢𝘶ß𝘦𝘯 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵𝘴 𝘻𝘶 𝘴𝘦𝘩𝘦𝘯, 𝘥𝘪𝘦 𝘖𝘣𝘦𝘳𝘧𝘭ä𝘤𝘩𝘦 𝘸𝘢𝘳 𝘪𝘯𝘵𝘢𝘬𝘵.“

Auch Siegfried hat dieses Erbe verinnerlicht und paart diese innerliche und äußerliche emotionale Distanz mit kapitalistischem Leistungsstreben. Alles Weibliche und Liebevolle, das er mit Schwäche assoziiert, verachtet er und prägt damit das Selbstverständnis seiner Ziehtochter als Frau.

𝘔𝘦𝘪𝘯 Ä𝘶ß𝘦𝘳𝘦𝘴 𝘸𝘢𝘳 𝘴𝘦𝘩𝘳 𝘨𝘦𝘱𝘧𝘭𝘦𝘨𝘵, 𝘥𝘪𝘦 𝘔ä𝘯𝘯𝘦𝘳 𝘶𝘯𝘥 𝘪𝘤𝘩 𝘩𝘢𝘵𝘵𝘦𝘯 𝘚𝘦𝘹, 𝘶𝘯𝘥 𝘥𝘢𝘣𝘦𝘪 𝘸𝘢𝘳 𝘮𝘪𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘚𝘢𝘤𝘩𝘦 𝘣𝘦𝘴𝘰𝘯𝘥𝘦𝘳𝘴 𝘸𝘪𝘤𝘩𝘵𝘪𝘨: 𝘥𝘪𝘦 𝘉𝘦𝘩𝘢𝘶𝘱𝘵𝘶𝘯𝘨 (𝘪𝘩𝘯𝘦𝘯 𝘶𝘯𝘥 𝘮𝘪𝘳 𝘴𝘦𝘭𝘣𝘴𝘵 𝘨𝘦𝘨𝘦𝘯ü𝘣𝘦𝘳), 𝘪𝘤𝘩 𝘸ü𝘳𝘥𝘦 𝘥𝘪𝘦𝘴𝘦𝘯 𝘚𝘦𝘹 𝘸𝘰𝘭𝘭𝘦𝘯, 𝘪𝘤𝘩 𝘸ü𝘳𝘥𝘦 𝘪𝘩𝘯 𝘮ö𝘨𝘦𝘯, 𝘸𝘦𝘪𝘭 𝘪𝘤𝘩 𝘮𝘰𝘤𝘩𝘵𝘦 𝘸𝘢𝘴 𝘔ä𝘯𝘯𝘦𝘳 𝘮𝘰𝘤𝘩𝘵𝘦𝘯, 𝘸𝘦𝘪𝘭 𝘪𝘤𝘩 𝘸𝘢𝘳 𝘸𝘪𝘦 𝘴𝘪𝘦.“

„𝘞𝘪𝘦 𝘴𝘦𝘩𝘳 𝘪𝘤𝘩 𝘥𝘪𝘦 𝘋𝘪𝘯𝘨𝘦 𝘥𝘶𝘳𝘤𝘩 𝘴𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘈𝘶𝘨𝘦𝘯 𝘴𝘢𝘩, 𝘸𝘪𝘦 𝘴𝘦𝘩𝘳 𝘪𝘤𝘩 𝘥𝘶𝘳𝘤𝘩 𝘪𝘩𝘯 𝘩𝘪𝘯𝘥𝘶𝘳𝘤𝘩 𝘥𝘢𝘤𝘩𝘵𝘦.“

🔸Viele wichtige Themen klingen in diesem komplexen Roman von Baum durch, wobei es der/dem Leser:in überlassen bleibt, in eine tiefere Deutungsebene abzutauchen oder bei der individuellen Geschichte der Erzählerin zu bleiben. Baums Schreibstil ist wunderbar leicht und unterhaltsam und gehaltvoll zugleich.

Für mich ein schönes und wertvolles Leseerlebnis, das mit emotional beschäftigt hat.

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Veröffentlicht am 04.03.2023

Informativ und lesenswert!

Geradegerückt
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🔅Viel zum Inhalt muss ich nach diesem Untertitel nicht mehr sagen. Es handelt sich bei diesem wundervoll gestalteten Buch um ein Kompendium verschiedenster Autorinnen zum Thema der medialen Rezeption berühmter ...

🔅Viel zum Inhalt muss ich nach diesem Untertitel nicht mehr sagen. Es handelt sich bei diesem wundervoll gestalteten Buch um ein Kompendium verschiedenster Autorinnen zum Thema der medialen Rezeption berühmter Frauen, herausgegeben von Beate Hausbichler und Noura Maan.

🔅Am Beispielen verschiedenster prominenter Frauen wie z.b. Yoko Ono, Marie Antoinette, Taylor Swift und vieler anderer, zeigen die Autorinnen, wie die Bewertung der Person und ihren Handlungen vom Geschlecht abhängig ist. Während gleiches Verhalten bei Männer oft durchgewunken wird oder sogar gefeiert wird, sorgen festverankerte misogyne Denkmuster und Strukturen bei Frauen für Verurteilung und medialen Spott.

🔅Ich finde dieses Thema grundsätzlich sehr interessant und habe mir nach der Beschreibung viel von dem Buch versprochen, was leider nicht ganz eingelöst wurde. Über die Biografien der meisten Frauen hatte ich schon entsprechende Einzeldokumentationen gesehen bzw. Material gelesen, so dass das Buch fast keine neuen Informationen für mich bereithielt. Es wird zwar auf die Misogynie der negativen Aufnahme der Frauen hingewiesen, aber ihr Ursprung nicht besonders tief analysiert. Es gibt immer Parteien und Interessen, die von solchen Strukturen profitieren und dafür sorgen, dass die entsprechenden Mechanismen aufrecht erhalten werden. Da wäre in meinen Augen noch Platz für ein paar (gesellschafts-) kritische Gedanken gewesen.
Der Stil ist schön fluffig leicht gehalten und macht viel Lesespaß, wirkt auf mich aber machmal eher wie für Jugendliche konzipiert.

🔅Beim Zusammenstellen haben die Autorinnen und Herausgeberinnen eine sehr schöne Auswahl von Prominenten aus verschiedenen Zeiten, Sparten und Nationalitäten gewählt. So wird die Omnipräsenz der misogynen Strukturen sehr deutlich, die uns auch heute und jetzt immer noch fast ungebrochen begegnen. Denn nicht nur prominente Frauen sind davon betroffen, sondern auch im normalen Alltag prägen stereotype Rollenbilder wie unser aller (!) Verhalten bewertet wird.

🔅Besonders erwähnen möchte ich hier die wundervolle Graphikgestaltung der vielen Beiträge von Ula Sveikauskaite. Erwähnenswert auch das Glossar der einzelnen Autorinnen, von denen ich die meisten noch nicht kannte.

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Veröffentlicht am 01.03.2023

Tiefer psychologischer Tauchgang

Im Vaterleib
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🔸Seit dem wunderbaren Roman „𝘋𝘦𝘳 𝘞𝘦𝘳𝘵 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘦𝘧ü𝘩𝘭𝘦“ bin ich großer Fan des Folio Verlags. Ein besonderes Anliegen des Verlages ist es, den kulturellen Austausch in Europa durch Bücher und Veröffentlichungen ...

🔸Seit dem wunderbaren Roman „𝘋𝘦𝘳 𝘞𝘦𝘳𝘵 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘦𝘧ü𝘩𝘭𝘦“ bin ich großer Fan des Folio Verlags. Ein besonderes Anliegen des Verlages ist es, den kulturellen Austausch in Europa durch Bücher und Veröffentlichungen zu fördern und zu pflegen mit dem Wunsch nach einer friedlichen und aufgeklärten Gesellschaft!

In dieses Portfolio passt auch die Veröffentlichung von „𝘐𝘮 𝘝𝘢𝘵𝘦𝘳𝘭𝘦𝘪𝘣“ von Chiara Gamberale.
Allerdings muss ich sagen, dass dieser fordernde Roman für mich mit einiger Anstrengung verbunden war...

🔸„𝘐𝘮 𝘝𝘢𝘵𝘦𝘳𝘭𝘦𝘪𝘣“ ist eine wahre Exegese der Gefühle von Adele, der Ich-Erzählerin von Gamberales Roman.
Ihr Roman enthält eine immense Vielfalt an Themen, im Herzstück steht jedoch die Beziehung Adeles zu Männern, angefangen bei ihrem Vater. Ihr Vater ist der erste Mann, der ihren Blick auf sich selbst und auf andere Frauen beeinflusst. Er vereinnahmt ihre Gedanke und wird ihre Beziehung zu sich selbst und zu anderen Männern noch sehr lange beeinflussen.
Adele beginnt eine Beziehung mit dem Kinderarzt ihre Tochter, die wie ein Katalysator und verkehrtes Spiegelbild der Ehe ihrer Eltern wirkt.

🔸Ich erfahre in den häufigen reflektierenden Rückblicken viel aus Adeles Jungendzeit, ihrer Adoleszenz. Sie erkrankt an Bulemie, ein Hilfeschrei nach Aufmerksamkeit? Ein sprachliches Sinnbild für die unterdrückten Gefühle und Gedanken, die an die Oberfläche wollen? Auch sonst durchlebt Adele während ihrer Jugend und späteren Erwachsenenlebens einige Entwicklungen, deren Ursprünge in den Beziehungsdynamiken ihrer Familie liegen.
Das Ende des Roman gefällt mir sehr gut, ich lese es als ein Erwachsenwerden, als ein nach Hause kommen.


🔸Gamberales Roman ist übervoll an Bildern, an parallelen Lebensgeschichten, an gesellschaftlichen Themen, an der Erforschung sich entwickelnden Beziehungsverhalten.
Mit den vielen Themen bin ich enorm überfordert. Die Sätze sind überladen mit wunderschönen und aussagekräftigen Bildern, die mich aber oft unangenehm zwingen, manche Passagen mehrmals zu lesen.
Für mich zu stark überladen, psychologisch zu anspruchsvoll, als dass ich den Roman wirklich mit Freude lesen konnte. Jedoch spüre ich die Leidenschaft Gamberales für menschliche Abgründe in jeder Zeilen.

🔸Gamberale sagt von sich selbst, sie mache vor nichts halt, um die Tiefe der menschlichen Reaktionen und Empfindungen zu ergründen.
Das tut sie, allerdings erreicht sie Tiefen, in die ich ihr nur bedingt folgen kann.

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Veröffentlicht am 24.02.2023

Atmosphärisch!

Rosa Schleim
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⚫️ Ein seltsamer, merkwürdiger Roman.

Die erzählte Geschichte ist schwer greifbar und sehr atmosphärisch.
Der rosa Schleim zieht sich als Motiv immer wieder durch den Roman. Die Menschen bestehen aus ...

⚫️ Ein seltsamer, merkwürdiger Roman.

Die erzählte Geschichte ist schwer greifbar und sehr atmosphärisch.
Der rosa Schleim zieht sich als Motiv immer wieder durch den Roman. Die Menschen bestehen aus ihm, er ernährt sie, er bedroht sie, er ist natürlich und wiedernatürlich gleichermaßen.

⚫️ Eine Frau irrt durch eine dystopische Welt an einer unbekannt Küste. Es dauert ein paar Seiten bis ich mir aus den Andeutungen ein Szenario erwächst. Giftige, ätzende, alles abtötende Algen haben die Meere vergiftet. Wenn Wind aufkommt wird das Gift an die Küste geweht und infiziert die Menschen. Es beginnt mit Juckreiz, dann fällt die Haut in Schuppen ab, bis die Infizierten sich buchstäblich häuten.
Die Menschen ziehen sich ins Landesinnere zurück, die Gesellschaft steht kurz vor dem Kollaps. Die ökologische Apokalypse hat längst die Landwirtschaft und Nahrrungsketten zusammenbrechen lassen.
Die Ich-Erzählerin kümmert sich gegen Bezahlung um einen kleinen Jungen, der einen nicht genannten Gen-Defekt hat, der ihm permanenten Hunger verursacht (ich habe eine starke Vermutung um welchen es sich handelt). Zudem kümmert sie sich um ihre Mutter, die sich weigert ins Landesinnere zu ziehen und um ihren chronisch infizierten Ehemann im Krankenhaus, bei dem die Krankheit mysteriöserweise nicht fortschreitet. Mit ihm verbindet sie eine seit Kindertagen komplizierte Beziehung, die in Rückblenden immer wieder aufblitzt. Ebenso denkt die Erzählerin viel über die Beziehung zu ihrer Mutter und zu ihrem Mutterersatz nach.
⚫️ Das Kümmern um andere mit und ohne Bezahlung und die damit verbundenen Abhängigkeiten stehen im Mittelpunkt dieses Romans. Können wir unsere eigenen Wünsche frei erkennen? Doch was sind und wollen wir ohne Verantwortung für andere?

⚫️ Für mich macht nicht dieses Thema den Reiz des Romans aus, dazu ist mir das alles zu abstrakt und zu vage ausformuliert. Was mir gut gefallen hat, ist die greifbare Atmosphäre, die Trías mit ihrer lyrischen Sprache erschafft. Eine Atmosphäre von Verlorenheit, Einsamkeit und Zerfall. Ich lasse mich haltlos ohne Anker durch den Roman treiben genauso wie die Erzählerin durch eine zerstörte Welt.

Mir hat es durchaus gefallen mich ganz auf diese Atmosphäre einzulassen, und denke der Roman kann Leser:innen ansprechen, die sehr spezielle und sprachlich abstrakte Romane mögen. Lasst euch überraschen!

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