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Veröffentlicht am 19.11.2023

Rasanter Thriller

Im Sturm der Macht
1

Helsinki im Jahre 2028: Nachdem sich die politische Lage dramatisch zugespitzt hat, beschließt die finnische Regierung, Flüchtlinge auf einer stillgelegten Kreuzfahrtfähre unterzubringen. Derweilen wird ...

Helsinki im Jahre 2028: Nachdem sich die politische Lage dramatisch zugespitzt hat, beschließt die finnische Regierung, Flüchtlinge auf einer stillgelegten Kreuzfahrtfähre unterzubringen. Derweilen wird Leo Koski, der ehemalige Ministerpräsident, mit unlauteren Mitteln zurück ins Land gelockt. Kurz nach seiner Ankunft wird die Ministerpräsidentin erschossen. Viel zu spät erkennt Leo, dass er in eine Falle gelockt wurde.

Tuomas Oskari nimmt sich eines nicht nur in Finnland aktuellen Themas an. Das Flüchtlingsproblem ist so einigen ein gewaltiger Dorn im Auge. Die sogenannte Heimatschutzgarde setzt alles dran, das Land von diesen unerwünschten Individuen zu befreien. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht – Intrigen, Morde, hinterhältige Fallen, auch mithilfe von KI und Fake-Bildern und –Nachrichten machen es ihnen einfach, alle Blicke in die für sie richtige Richtung zu lenken.

Den Vorgänger „Tage voller Zorn“, Okaris Thriller-Debüt, habe ich nicht gelesen, werde dies aber schnellstens nachholen. Als Politik- und Wirtschaftsjournalist weiß er, wovon er schreibt. Das in der nahen Zukunft angesiedelte Szenario beschreibt den Rechtsextremismus und den allgegenwärtigen Fremdenhass treffend. Um das Politische mit all seinen Auswüchsen rankt sich der rasante Thriller, der erschreckend realistisch daherkommt. Die Leser bekommen durch die wechselnden Perspektiven einen detaillierten Blick auf das Geschehen und auf die hier Agierenden. Diese vielschichtig angelegten Charaktere sind durchweg gut gezeichnet, wenngleich so einige hart an der Grenze des Glaubhaften sind. Wahrscheinlich steht mir da mein naiver Glaube an die Menschheit im Wege.

„Im Sturm der Macht“ ist ein dynamischer Thriller mit erschreckend realistischen Bezügen und viel Action - spannend in Szene gesetzt.

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Veröffentlicht am 17.11.2023

Witzig-spritzig gute Unterhaltung

Die mörderischen Cunninghams (Die Cunninghams 1)
1

Gleich mal werde ich in die Geheimnisse der Zunft der Krimischreiber eingewiesen – was gehört in einen guten Kriminalroman und was eben nicht und auch zwischendurch höre ich dieses Rüstzeug für einen Schreiberling. ...

Gleich mal werde ich in die Geheimnisse der Zunft der Krimischreiber eingewiesen – was gehört in einen guten Kriminalroman und was eben nicht und auch zwischendurch höre ich dieses Rüstzeug für einen Schreiberling. Ja, ich höre es, denn Simon Jäger hat die Hörbuchversion eingesprochen. Er leiht Ernie Cunningham seine Stimme – und das macht er gut. Gleich zu Anfang wird deutlich, dass es sich hierbei um einen Krimi mit Schmunzelfaktor handelt. Also, richte ich meine Antennen ganz danach aus und freue mich auf durchaus vergnügliche zehneinhalb Stunden.

Eine Leiche lässt nicht lange auf sich warten, sie ist fürchterlich zugerichtet, die Schilderung dessen lässt mich schaudern. Aber was ist das denn? Lebt diese angebliche Leiche vielleicht doch noch? Für alles Weitere verweise ich auf das Hörbuch oder auch auf das Buch, das Hören bzw. Lesen gestaltet sich trotz des mörderischen Hintergrundes als sehr genussvoll.

Als „rasante Hommage an den klassischen Detektivroman“ wird dieser kriminalistische Leckerbissen beschrieben. Die einzelnen Familienmitglieder werden nach und nach vorgestellt und mit eingebunden. Es geht nicht nur um diese eine Leiche, es geht auch um den nicht mehr unter den Lebenden weilenden Vater, um einen Serienmörder geht es auch.

So manche Passagen waren mir dann doch zu langatmig. Da ging es eher gemächlich vorwärts, zu viele Details mussten unbedingt erzählt und in die Story integriert werden. Was an und für sich nicht schlecht ist, nur wollte ich vorwärts. Waren die zehn Gebote des Detektivromans anfangs noch witzig, fand ich die wiederholten Anmerkungen dann doch etwas nervig. Wenngleich ich dieser ganz spezielle Art des Erzählens schon mochte, was beileibe kein Widerspruch an sich ist. Mein Fazit zum Schluss: Man sollte sich diese Cunninghams nicht entgehen lassen.

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Veröffentlicht am 17.11.2023

Swinging Berlin

Lindy Girls
1

Ganz Berlin swingt, die Tanzpaläste bieten in den Goldenen Zwanzigern dem staunenden Publikum stets Aufregendes. Auch die Tanzlehrerin und Choreographin Wally hat einen großen Traum – sie will den Berlinern ...

Ganz Berlin swingt, die Tanzpaläste bieten in den Goldenen Zwanzigern dem staunenden Publikum stets Aufregendes. Auch die Tanzlehrerin und Choreographin Wally hat einen großen Traum – sie will den Berlinern die Musik und die neuen Tänze aus Amerika auf ihre Bühnen bringen. Ihre Tanzgruppe sucht sie direkt auf der Straße, sie schaltet Anzeigen, sie holt aus den tanzbegeisterten jungen Frauen alles heraus. Der Zugang zu den großen Bühnen bleibt ihnen zunächst verwehrt und doch geben sie nicht auf. Tagsüber kämpfen sie ums Überleben und die halbe Nacht üben sie für ihre Auftritte. Auch mischt Wallys on/off-Freund Toni kräftig mit. Neben den Schwierigkeiten rund die Bühnen, die ihre Sehnsuchtswelt bedeuten, spielt auch die Liebe mit hinein.

Anne Stern entführt ihre Leser in eine pulsierende Zeit. Die 1920er Jahre waren geprägt von Fülle und Vergnügungen auf der einen Seite und andererseits von Entbehrungen, von Hunger und schon bei geringsten Verfehlungen vom Verlust des Arbeitsplatzes. Daneben machen die Braunhemden die Straßen unsicher. Es ist eine Zeit der Extreme, dominiert von der allmächtigen Männerwelt.

Anne Stern bürgt für eine gut durchdachte Story und für gute Unterhaltung. Ihre „Lindy Girls“ haben mich schon alleine wegen des Tanzens sehr angesprochen, auch lese ich viel über die damalige Zeit der gesellschaftlichen Widersprüche. Größte Not und ein Leben im Überfluss bilden das ungerechte Nebeneinander, die Herkunft der Girls und die damit einhergehende Erwartungshaltung werden anschaulich beschrieben. Sie bieten einen aufschlussreichen Einblick in die Glitzerwelt dieser Jahre und auch wenn der schöne Schein durchaus viele Risse erkennen lässt, so wird das gesellschaftliche Gesamtbild deutlich sichtbar.

Vor dem politischen und gesellschaftlichen Hintergrund nimmt die Story rund um das Tanzen, um die Musik und all das Zwischenmenschliche viel Raum ein. Und ja – zwischendurch erklingen die Songs von damals, „…all we scream for ice cream…“ den Ohrwurm bring ich so schnell nicht mehr los. Und nicht nur dieser und etliche andere heute noch bekannte Songs hallen nach. Die „Lindy Girls“ haben mich gut unterhalten und mich in eine gar nicht so goldene Zeit zurückgeführt, die trotz Entbehrungen voller Hoffnungen und Leben war.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Einmal kurz das Leben umkrempeln

Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan
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Ob der Plan so klug ist, weiß man nicht. Zumindest bin ich nicht so ganz überzeugt, als Annie sich in diesen alten Bus regelrecht verliebt. Fährt er noch? Diese Frage lässt sich schnell klären, denn ihre ...

Ob der Plan so klug ist, weiß man nicht. Zumindest bin ich nicht so ganz überzeugt, als Annie sich in diesen alten Bus regelrecht verliebt. Fährt er noch? Diese Frage lässt sich schnell klären, denn ihre Schwester kennt sich mit Motoren aller Art bestens aus. Und ja – sie können sogar zu einer Probefahrt starten. Aber was tun mit so einem heruntergekommenen Ding?

Nach überstandenem Brustkrebs arbeitet Annie als Altenpflegerin. Nicht den ganzen Tag, das schafft sie noch nicht. Auch wird ihr der Haushalt zu viel, aber dafür ist ihr Ehemann da. Er kümmert sich liebevoll ums Haus, damit sie sich ausruhen kann. Der Traum von einem Dessous-Geschäft, den sie vor ihrer Krankheit zusammen mit ihrer Freundin hatte, schwirrt ihr immer noch im Hinterkopf, zumal sie kartonweise BHs und alles, was man so drunter trägt, noch einlagern hat.

Der unverschämt kluge Plan nimmt Formen an, Annies Schwester baut den roten Bus nicht nur in einen Verkaufsbus um, sie hat auch ein Bett mitsamt einer kleinen Küche eingebaut. Ja, es kann losgehen – Annie fährt übers Land. Nicht nur Frauen sind ihre Kundschaft, wenngleich diese logischerweise in der Überzahl sind. Jede einzelne hat ihre Geschichte und fast jede ist mit ihrem Körper unzufrieden – ein hinlänglich bekanntes Phänomen. Annie findet für jeden einzelnen die richtigen Worte, sie weiß deren Vorzüge ins rechte Licht zu rücken. Nicht nur das Verkaufen, auch das Beraten ist wichtig und sie ist gut in dem, was sie tut - sie ist in ihrem Element.

Daneben erfahren wir von ihrer Familie. Von ihrem Ehemann, ihrem Sohn, von ihrem Vater und ihrer Schwester und deren Problemen. Und die gibt es zuhauf.

Auf ihren Fahrten hört sie alte Kassetten einer Expertin für Lebenshilfe aller Art. So ausgestattet kann eigentlich nichts mehr passieren, bis das eigene Leben sie einholt. Als Annie dann von einer länger zurückliegenden Sache erfährt, ist sie komplett durch den Wind. Was tun? Das Leben umkrempeln oder so weitermachen wie bisher?

Ein Feelgood-Roman – so wird das Buch beworben. Es steckt voller Leben und Zuversicht, es erzählt von neu gewonnenem Lebensmut. Es geht um Umbrüche und um Neubeginn, denn nichts bleibt ewig so, wie es einmal war. Die Krankheit und die einhergehende langwierige Genesung mit allen Höhen und Tiefen sind Thema, vordergründig sehe ich aber schon die Frau, die das Alte hinter sich lassen will. Der Bus ist Mittel zum Zweck, alles andere stellt sich so nach und nach ein, man muss nur die Zeichen sehen, denn vieles übersieht man in der Hektik des Alltags nur zu gerne. Und ja – Lebensweisheiten gibt es inklusive, wenngleich sehr klischeebehaftet. Annie lässt sich trotz so mancher Rückschläge nicht von ihrem Plan, ihr Leben umzukrempeln, abbringen. Ein netter Zwischendurch-Roman für gute Gefühle – ist ja nicht immer das Verkehrteste.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Wundervoll erzählt

In Liebe, deine Lina (Mühlbach-Saga 1)
1

Lina und Albert leben im pfälzischen Mühlbach, einem kleinen, ländlich geprägten Dorf. Das Leben geht seinen Gang, es geschieht nichts Aufregendes. Und wenn doch, dann ist das Getratsche groß. Die beiden ...

Lina und Albert leben im pfälzischen Mühlbach, einem kleinen, ländlich geprägten Dorf. Das Leben geht seinen Gang, es geschieht nichts Aufregendes. Und wenn doch, dann ist das Getratsche groß. Die beiden jungen Leute sind seit jeher unzertrennlich, sie verlieben sich ineinander, jedoch bleibt ihre Liebe nicht ohne Folgen - Lina ist schwanger. Natürlich will Albert sie heiraten, seine vermögenden Eltern hingegen sind strikt gegen eine Verbindung, denn Lina kommt aus ärmlichen Verhältnissen, sie ist für ihren Sohn und einzigen Erben nicht gut genug. Albert beugt sich den Wünschen seiner Eltern und es kommt, wie es kommen muss - Lina wird von den Dörflern als unverheiratete, schwangere Frau ausgegrenzt. Lediglich Karl, der um die Unerbittlichkeit der Nachbar weiß, steht als einziger an ihrer Seite.

Die Geschichte beginnt im Mai 1883, als sie noch Kinder waren und endet mit dem nahenden Beginn des Ersten Weltkrieges. Und – ganz anders, als die Autorin dies sonst mit ihren Büchern hält – ist „In Liebe, deine Lina“ kein Einzelband, es ist der erste von zwei Bänden. Ein Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht. Barbara Leciejewski erzählt die Geschichte ihrer Großeltern. Rund um die Fakten füllt sie die Seiten mit ihren begründeten Vermutungen und auch mal mit reiner Fantasie. Entstanden ist ein warmherziger Roman um eine Familie, der es nie leicht gemacht wurde, die aber dennoch auch in schwierigen Zeiten zusammengestanden ist.

Die Moralvorstellungen im ausgehenden 19. Jahrhundert waren andere. Eine ledige Frau wurde ausgegrenzt, wenn sie für ihren „Bankert“ keinen Ehemann als Vater vorweisen konnte. Selbst eine Vergewaltigung war für den männlichen Part unerheblich, die Frauen dagegen wurden als liederliche Personen gemieden und auch deren Kinder waren gebrandmarkt – keiner wollte etwas mit ihnen zu tun haben.

Es ist eine Geschichte, direkt aus dem Leben gegriffen. Nicht jeder konnte sich den Ehepartner aussuchen, es wurden gerade in den besseren Kreisen Ehen arrangiert. Geld und Vermögen musste zu seinesgleichen, Gefühle blieben außen vor, ein armer Schlucker blieb zeitlebens arm. Und auch die Arbeitsbedingungen waren neben dem Zwischenmenschlichen Thema. Sei es in den Fabriken, im Steinbruch oder im familieneigenen Bauernhof – es war beileibe kein Zuckerschlecken.

Der erste Band der Mühlbach-Saga hat mich tief berührt. Es ist ein Buch voller Wärme, eine Geschichte, die mich nicht mehr losgelassen hat - bittersüß und doch voller Liebe und Zuversicht. Das Schicksal meint es nicht immer gut, so manche Träne konnte ich nicht zurückhalten. Alle hier vorkommenden Figuren - seien es die längst verstorbenen Großeltern der Autorin oder die anderen, die erdachten – sind aufs Beste beschrieben. Schon heute freue ich mich auf die Fortsetzung, wenn Lotte, Linas Tochter, ihren Jugend- und Brieffreund August wiedersieht.

Ein wundervolles Buch, eine warmherzig erzählte, sehr lesenswerte Geschichte.

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