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Veröffentlicht am 10.12.2023

Kriminalistischer Lesespaß

Frau Appeldorn und der tote Bademeister
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Frau Appeldorn hat mich mit ihrer unkonventionellen Suche nach dem Mörder des toten Bademeisters auf humorvolle Art gut unterhalten. Mareike, so heißt Frau Appeldorn mit Vornamen, hat gar eine spitzbübische ...

Frau Appeldorn hat mich mit ihrer unkonventionellen Suche nach dem Mörder des toten Bademeisters auf humorvolle Art gut unterhalten. Mareike, so heißt Frau Appeldorn mit Vornamen, hat gar eine spitzbübische Ader, wenngleich sie – einmal Blut geleckt - nicht locker lässt. Hat sie sich erst einmal festgebissen und ist davon überzeugt, dass hier ein Verbrechen vorliegt, lässt sie sich von nichts und niemandem mehr abhalten, ihre Recherchen durchzuziehen. Herrn Büyüktürk, ihr Nachbar, steht ihr unterstützend zur Seite, auch wenn seine Zeit beschränkt arg ist. Als Literaturexperte ist er gerade dabei, für den örtlichen Kulturverein eine Lesung mit einem berühmten Schriftsteller vorzubereiten.

Mareike ist sehr umtriebig, gleich mal war ich von ihrem doch sehr anstrengenden Wesen nicht gerade begeistert. Sie kann ganz schön nerven, aber ihr scharfsinniger Blick entschädigt so manches Mal für ihre vorwitzige Art. Selbst der für die Aufklärung um den Tod des Bademeisters zuständige Kommissar hält sich dezent im Hintergrund. Ich hab mich aber schnell an sie gewöhnt, sie hat mir immer besser gefallen. Sie geht gezielt und scharfsinnig vor, dabei sind so einige Personen ziemlich verdächtig. Bis zuletzt hatte zwar so einige Verdächtige, davon auch einen heißen Favoriten und – es war letztendlich dann doch eine ganz andere Täterperson. Ja, so mag ich es. Nichts war vorhersehbar, das Miträtseln hat Spaß gemacht, der lockere Umgang der Protagonisten untereinander war erfrischend. Der mittlerweile zweite Fall um die umtriebige Frau Appeldorn ist in sich abgeschlossen, man muss ihren (mit Sicherheit genau so zielsicher gelösten) ersten Fall nicht unbedingt kennen.

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Veröffentlicht am 06.12.2023

Auf den Spuren des jüdischen Bakteriologen Daniel Aisbergh

Die Aisbergh-Akte
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„Die Aisbergh Akte“ erzählt von dem Bakteriologen Daniel Aisbergh und seiner Rolle während des Nationalsozialismus. Davon, wie er als Jude in die Gräueltaten der Nazis eingebunden war und auch davon, wie ...

„Die Aisbergh Akte“ erzählt von dem Bakteriologen Daniel Aisbergh und seiner Rolle während des Nationalsozialismus. Davon, wie er als Jude in die Gräueltaten der Nazis eingebunden war und auch davon, wie es seiner Familie und seinen Freunden erging. Alles beginnt während der Goldenen Zwanziger Jahre, in denen es auch durchaus frivol und frei zuging. Das laszive Berlin und die damalige Künstlerszene werden anschaulich dargeboten. Die Familie um Daniel Aisbergh ist fiktiv, der geschichtliche Hintergrund dagegen ist gut recherchiert. Und doch bleibt vieles im Verborgenen, die beiden Autoren haben sich dieser Zeit angenommen. Dieses Historische haben sie mit dem Heute verwoben, haben Daniels Nachkommen auf seine Spuren geschickt, die sie auch in die unterirdischen Lost-Places von Wien und Berlin geführt haben.

Neugierig war ich auf diese fiktive Familiensaga, die sich der NS-Verbrechen annimmt. Es ist ein vielschichtiges Werk geworden, in das ich mich schon erst einlesen musste, das sich aber allemal gelohnt hat. Die wechselnden Zeitebenen haben mich schon gefordert, das Lesen geht nicht so nebenher. Auch wenn ich so einiges von dieser Schreckensherrschaft weiß, die Judenverfolgung, der Rassenhass bis hin zur Vernichtung mir nicht neu ist, so ist es immer wieder erschreckend, von den Einzelschicksalen zu erfahren. Wer sich für diese Zeit interessiert, ist mit der „Aisbergh Akte“ gut bedient.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Macht nachdenklich

VITA
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Das Für und Wider der einmal verhängten Todesstrafe und dessen Vollstreckung durchleuchtet Christina Dalcher in ihrem Roman VITA. Dafür hat sie ein düsteres Szenario entworfen, in dessen Mittelpunkt die ...

Das Für und Wider der einmal verhängten Todesstrafe und dessen Vollstreckung durchleuchtet Christina Dalcher in ihrem Roman VITA. Dafür hat sie ein düsteres Szenario entworfen, in dessen Mittelpunkt die Staatsanwältin Justine Callaghan steht. Sie war bei der Entstehung der Vita-Bewegung aktiv dabei, dessen Statuten die Todesstrafe für jene Staatsanwälte vorsieht, die einen Unschuldigen in den Tod geschickt haben.

Fehlurteile und deren Folgen werden hier auf eine krasse, ja utopisch anmutende Art dargestellt. Zunächst musste ich erst mal akzeptieren, dass derjenige, der ein Urteil fordert, zur Verantwortung gezogen wird.

Justine Callaghan fordert in ihrer Rolle als Staatsanwältin die Todesstrafe für Jake, dem vorgeworfen wird, einen kleinen Jungen ermordet zu haben. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass Jake schuldig ist, andernfalls wäre sie selbst dem Tode geweiht. Denn sie muss sich absolut sicher sein, das richtige Urteil gefällt zu haben, ansonsten wäre ihr kleiner Junge Vollwaise. Justines Leben, ihre Vergangenheit, ihre Familie, ihre Freundschaften werden so nach und nach offenbart, auch kommt Insasse 39384 aus dem Todestrakt zwischendurch zu Wort. Einblicke in die Justiz, speziell in den USA, liefern Interessantes.

"...ein dystopischer Thriller über ein Gesetz, das Staatsanwälte bei Fehlurteilen zur Verantwortung zieht..." wird hier anschaulich beschrieben. Was ist richtig, was ist falsch? Ist erst ein Urteil gefällt und auch vollzogen, ist es nicht mehr rückgängig zu machen. Und wenn sich hinterher herausstellt, dass neue Beweise auftauchen, nicht alle Fakten berücksichtigt wurden, dass Zeugen gelogen haben, dann wird ein vorgegebener Ablauf in Gang gesetzt, dem sich kein Verantwortlicher entziehen kann.

Entscheidet man anders, wenn man infolge eines Urteilspruchs sein eigenes Leben verlieren kann? Christina Dalcher durchleuchtet diese Thematik. Sie polarisiert, sie legt die Fakten dar, urteilt nicht, zeigt aber die vielfältigen Nuancen zwischen schwarz und weiß deutlich auf. Je weiter ich lese, desto mehr setze ich mich mit den Hintergründen der Todesstrafe und den damit einhergehenden Schuldgefühlen auseinander. Justine scheint immer mehr eine Getriebene zu sein, sie wird sich entscheiden müssen…

Ich musste erst mal diese Vita-Bewegung für mich akzeptieren, was schon einige Zeit gedauert hat. Auch sind einige Szenen ziemlich überspitzt dargestellt. Der sehr einnehmende Schreibstil und auch Justines ausweglose Situation, die ganze Story, haben mich dagegen sofort im Buch bleiben lassen, die Schuldgefühle hinter der Thematik um ein Todesurteil haben mich sehr nachdenklich zurückgelassen. Ein gut geschriebener Roman, der lange nachhallt.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Absolut packender Reihenauftakt

Stille Falle
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Den ersten Fall von Leonore Askers „besonderen Fällen“ habe ich gerade gehört und bin total beeindruckt, bin aber auch sehr verblüfft vom so gar nicht vorhersehbaren Ende. Tanja Geke hat das Hörbuch eingesprochen ...

Den ersten Fall von Leonore Askers „besonderen Fällen“ habe ich gerade gehört und bin total beeindruckt, bin aber auch sehr verblüfft vom so gar nicht vorhersehbaren Ende. Tanja Geke hat das Hörbuch eingesprochen und hier ganze Arbeit geleistet. Aber nicht nur sie, auch der Autor, Anders de la Motte, hat mich mit seinem „Dezernat für hoffnungslose Fälle“ total gefesselt. Ich bin schon jetzt, nach dem ersten Fall für die Kriminalinspektorin Leonore Asker, absoluter Fan dieser neuen Reihe.

Anstatt, dass Leo befördert wird, fühlt es sich für sie eher an, aufs Abstellgleis gestellt zu werden. Wer will schon hier, ganz weit unten im wahrsten Sinne des Wortes - sie fristen ihr berufliches Dasein im Keller - freiwillig Fälle, die als unlösbar gelten, nochmal aufrollen?

Ein junges Pärchen verschwindet. Beide sind sie fasziniert von Urban Exploration und nun erlebe ich hautnah, wie sie sich hineinwagen. Immer tiefer geht es hinab, bis sie sich aus den Augen verlieren. Ich nehme eine ganz und gar düstere Stimmung wahr, konzentriere mich komplett auf diesen geheimnisvollen Lost Place, die Hörbuchsprecherin transportiert dieses beklemmende, aussichtslose Gefühl direkt weiter.

Zurück zu Leo Asker, die von diesem Fall zwar abgezogen wurde, sie aber Hinweise erhält, die sie nicht ignorieren kann und es auch nicht will. Und so kommt ihr Kindheitsfreund Martin Hill ins für ihn immer gefährlicher werdende Spiel, von dem sie weiß, dass er sich auf dem Gebiet der Lost Places bestens auskennt.

Aus mehreren Perspektiven erfahre ich so einiges. Alle Sichtweisen werden abgedeckt – Ermittler, Täter, Opfer. Auch ein Troll meldet sich zwischendurch, wer auch immer dahinterstecken mag. Und - was haben Figuren, die in einer Modelleisenbahnanlage auftauchen und den Vermissten verblüffend ähnlich sehen, damit zu tun?

Schon die Ausgangssituation lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. In Rückblenden erfahre ich mehr von Leo, von ihrem nicht immer ganz einfachen Leben. Sie ist mir sehr sympathisch in ihrer beherzten Art. Auch die anderen Figuren sind gut getroffen, ich nehme jedem Einzelnen – ob gut oder böse - seine charakterlichen Eigenschaften ab. Schon jetzt freue ich mich auf den nächsten Fall und bin außerordentlich gespannt, welche Location sich der Autor dann aussucht.

Der Start der düster-mitreißenden Krimireihe ist absolut gelungen. „Stille Falle“ hat mich restlos begeistert, das Team der Außenseiter und ihr Dezernat der hoffnungslosen Fälle hat es in sich. Die Spannung bleibt über den ganzen Fall hinweg hoch. Hier stimmt alles von den Charakteren über die nahezu unergründliche Story bis hin zu der oftmals sehr beklemmenden Stimmung mit einem Ende, das mich innehalten lässt und ich nun unbedingt den nächsten Band herbeisehne.

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Veröffentlicht am 30.11.2023

Spannend, mysteriös, manipulativ

Totenlichter
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Evelyn steht an der Empore der Thaddäus-Kirche - sie will ihrem Leben ein Ende setzen. Der grauenvolle Busunfall im Elbtunnel hat sie körperlich schwer gezeichnet und tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen. ...

Evelyn steht an der Empore der Thaddäus-Kirche - sie will ihrem Leben ein Ende setzen. Der grauenvolle Busunfall im Elbtunnel hat sie körperlich schwer gezeichnet und tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen. Als dann die Polizeipsychologin Anna Wasmuth in ihrer gerade neu bezogenen Wohnung einen Umschlag mit mysteriösem Inhalt entdeckt, der an Evelyns Suizid zweifeln lässt, nimmt sie mit dem LKA-Ermittler Jan Nygård Kontakt auf.

„Totenlichter“ aus der Feder von Aaron Sander ist der zweite Fall der Reihe um den Hamburger LKA-Ermittler Jan Nygård und der Polizeipsychologin Anna Wasmuth. Auch wenn Anna und Jan mir hier zum ersten Mal begegnen, so bin ich doch gut zurechtgekommen. Beide neigen zu Alleingängen, was ihnen nicht immer gut bekommt. Aber was bleibt ihnen anderes übrig, wenn die Situation sofortiges Handeln erfordert, ein Zögern könnte tödlich enden. Sie verbeißen sich regelrecht in ihre Fälle, denn bei diesem einen Todesfall bleibt es nicht, es sind noch weitere Tote zu beklagen. Bald sehen sie auch klarer, wenngleich sie immer wieder eingebremst werden. Es gibt nicht nur einen Verdächtigen, mir sind so einige schon aufgrund ihrer Handlungsweise ziemlich suspekt. Schlussendlich kristallisieren sich für mich zwei Typen heraus, denen ich alles zutraue. Und doch kommen mir – je weiter die Story fortschreitet – Zweifel, ob ich mit meinem Spürsinn richtig liege. Schlussendlich kommt es ganz anders als erwartet.

Die Story zieht sofort an, ich bin ab Seite eins im Geschehen und weiß doch nicht, wohin mich das Ganze führen mag. Denn Aaron Sander versteht es, Hinweise zu streuen, die sich zwar als hilfreich herausstellen, die aber gefühlt nicht so zielführend sind, wie ich es mir vorstelle. Irgendwann verliert sich die Spannung ein wenig, um dann umso rasanter zum nervenaufreibenden Abschluss zu kommen.

Aaron Sanders Schreibstil fesselt. Er zieht seine Leser regelrecht ins Geschehen, seine Charaktere sind vielschichtig und lebensnah angelegt, er liefert eine - bis auf einige zu langatmig geratenen Passagen - fesselnde Story mit so manch grausamen und auch manipulativen Momenten. Es waren spannende Lesestunden, die mich so manches Mal haben innehalten lassen.

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