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Veröffentlicht am 06.04.2023

Hochspannung auf Sylt

Zornige Flut
6

Kaum zurück in den Dienst wird Liv Lammers nach Sylt gerufen. Ein Kollege von ihr will klammheimlich abspecken, er hat sich dafür in eine Privatklinik begeben. Der Hunger nagt zu sehr an ihm, bei seinem ...

Kaum zurück in den Dienst wird Liv Lammers nach Sylt gerufen. Ein Kollege von ihr will klammheimlich abspecken, er hat sich dafür in eine Privatklinik begeben. Der Hunger nagt zu sehr an ihm, bei seinem nächtlichen Streifzug nach was Essbarem beobachtet er die Fische in dem großen Aquarium, das kurz danach in tausend Stücke zerbirst. Verborgen unter den üblichen Pflanzen und Steinen kommt ein menschlicher Schädel zum Vorschein. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als diesen Fund seinen Kollegen zu melden. Denn dass es sich hier nur um eine Gewalttat handeln kann, ist nur zu offensichtlich.

Zu wem gehört dieser Schädel, warum liegt er hier, wo ist der Rest und wer ist dafür verantwortlich? Die Suche danach gestaltet sich nicht gerade einfach. Bald stellt sich heraus, dass seit längerer Zeit Felicitas Sterl vermisst wird, die mit dem umschwärmten Chef der Fastenklinik liiert war. Mir war dieser Typ nicht ganz geheuer, auch Felicitas Ex, ein eher schmieriger Galerist, kam nicht gerade sympathisch und zudem sehr undurchsichtig rüber. Keiner jedoch scheint sich daran zu stören, dass sie schon lange kein Lebenszeichen mehr von ihr erhalten haben, selbst eine ihr nahestehende Freundin macht sich keinerlei Sorgen deswegen. Aber nicht genug damit, auch in Livs Privatleben deuten alle Anzeichen darauf hin, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet.

„Zornige Flut“ ist der mittlerweile siebte Band um die Kriminalkommissarin Liv Lammers. Er ist in sich abgeschlossen, kann also ohne Kenntnisse der Vorgängerbände gelesen werden.

Auch dieser Band ist komplex, die doch sehr gravierenden privaten Probleme von Liv vermengen sich mit den Ermittlungen auf Sylt. Die Person Liv ist eine hervorragende Kommissarin mit Scharfsinn und Weitblick, ihr analytisches Denken hilft ihr, Zusammenhänge zu erkennen. Nur privat ist sie viel zu vertrauensselig, da hätte ich sie am liebsten nicht nur einmal gewarnt.

Nicht nur Liv, auch all die anderen Charaktere sind aufs Trefflichste skizziert. Sie sind lebensnah, sie sind echt, sie sind Typen, die man mag oder denen man lieber nie begegnen möchte. Lange, sehr lange hat mich Sabine Weiß auf eine falsche Fährte gelockt, die Aufklärung hat mich dann doch sehr verblüfft.

Es ist ein vielschichtiger Krimi, der mir unterhaltsame Stunden beschert hat, der mich lange hat rätseln lassen. Der siebte Fall um die Kommissarin Liv Lammers ist aufgeklärt und ausgelesen, gerne bin ich gedanklich nach Sylt gereist und freue mich auf ihren nächsten Fall.

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  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 06.04.2023

Beste Unterhaltung

Vinz Solo
2

In der niederbayerischen Provinz ticken die Uhren anders – zumindest meint man dies zu wissen. Und wenn man sich mit Vinzenz Bachmeier näher beschäftigt, scheint dies auch zu stimmen. Nun, er ist in Artlhofen, ...

In der niederbayerischen Provinz ticken die Uhren anders – zumindest meint man dies zu wissen. Und wenn man sich mit Vinzenz Bachmeier näher beschäftigt, scheint dies auch zu stimmen. Nun, er ist in Artlhofen, das liegt bei Landshut, aufgewachsen und hier verbringt er auch seine Jugend, hier wird er erwachsen. Das Dorf hat 853 Einwohner. „Hätte man allerdings noch Schweine und Legehühner mitgezählt, Artlhofen wäre eine Großstadt gewesen.“

Schon der Anfang verspricht viel, das Erwachsenwerden eines Pubertierenden kann nur gut und unterhaltsam werden. Und genau das ist es auch. Sebastian Beck kennt sich aus, er ist selbst auf dem Land aufgewachsen, Parallelen zu seinem Protagonisten sind durchaus vorhanden.

Gleich mal offenbart Vinz drei Wünsche, die er sich unbedingt erfüllen will. Naja, einem Fast-Kumpel die Freundin ausspannen – ob das klappen wird? Ein eigenes Auto dagegen hat er dann bald, auch wenn dies eher eine Klapperkiste ist. Ein „humorloses Spießerauto für Komödienstadel-Glotzer…“ ist sein Commodore, aber immerhin verspricht sein fahrbarer Untersatz Freiheit ohne Ende. Und mit einem ganz besonderen Modell der ersehnten E-Gitarre könnte er als Musiker ganz groß rauskommen. Auch dieser Wunsch ist nicht nur Träumerei. Vinz spielt in einer Band, sie nennen sich The Holy Shit. Schon der Bandname ist Programm. Nicht immer treffen sie jeden Ton und doch spielen sie auch mal in München, zwar nur als Vorgruppe, aber immerhin!

Es sind prägende Jahre. Das Lebensgefühl der 80er wird lebendig. Vinz lässt sich treiben, findet in Kowalczyk einen väterlichen Freund und Arbeitgeber, der ihm Halt gibt. Die Kirche hat viel Einfluss, er wird mit Drogen konfrontiert und gegen die WAA in Wackersdorf muss natürlich demonstriert werden. Er probiert sich aus, er übertreibt nicht nur ein bisschen, er geht an Grenzen und darüber hinaus. Dies alles und noch viel mehr macht „Vinz Solo“ aus. Einen Beziehungstrottel nennt er sich und doch begegnet ihm auch die Liebe, wenngleich nicht alles von Dauer ist. Es ist bei ihm genau so, wie es bei vielen, wie es bei den meisten ist. Da ist er keine Ausnahme.

Sebastian Beck erzählt mit Witz und Hintersinn von Vinz, ich bin ihm gerne gefolgt, habe des Öfteren geschmunzelt und zuweilen laut gelacht. Aber nicht nur das, nicht alles ist Spaß, es wird ernst, bitterernst. Auch diese Seite des Lebens bekommt er zu spüren.

Ein prägendes Stück seines Weges habe ich Vinz begleitet, er hat mich bestens unterhalten. Der Zeitgeist der 80er Jahre auf dem Lande ist gut eingefangen. Sich finden, seinen Weg suchen ist gar nicht so einfach, die Dörfler und ihr zuweilen eingeschränkter Blickwinkel, ihre kleine Welt, sind aufs Beste dargestellt. Der locker-leichte, humorige Schreibstil hat ein Übriges getan, es waren kurzweilige und vergnügliche Lesestunden.

Vinz, machs guad, du wirst es schon packen, das Leben. Mit allen Höhen und Tiefen, eh klar.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Samuel Finzi hat viel Interessantes zu erzählen

Samuels Buch
2

Samuel Finzi – ich kenne und schätze ihn als Schauspieler, sein privates Ich war mir komplett unbekannt. Und nun hat er von sich erzählt, von seiner Kindheit, von seiner Herkunft, von seiner Jugend in ...

Samuel Finzi – ich kenne und schätze ihn als Schauspieler, sein privates Ich war mir komplett unbekannt. Und nun hat er von sich erzählt, von seiner Kindheit, von seiner Herkunft, von seiner Jugend in Bulgarien. Es waren kurzweilige Stunden, genauer: 5 Stunden und 31 Minuten lang hat er mich gut unterhalten und ein mich wenig hinter die Kulissen schauen lassen.

„Ich sitze in meiner Berliner Küche und betrachte den Boden. Es ist ein Boden aus Terrazzo. Das tue ich oft und mit Nachdruck. Die bunten Zementsteinchen beginnen sich zu drehen, ein Wirbel saugt mich ein und ich lande auf der Terrasse des Hauses meiner Großeltern…“ In den Balkan geht er gedanklich zurück, eine spannende Zeitreise beginnt.

Er wuchs in einer jüdischen Familie auf. Der Vater war ein bekannter Theaterschauspieler, der sich eher am Rande für ihn zu interessieren schien, seine Mutter war Pianistin. Eine Künstlerfamilie - was liegt da für ein Kind näher, als einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Er war umgeben von Künstlern, sein Interesse galt schon früh dem Schauspiel. Er blickt zurück in seine Kindheit und Jugend und endet, als er 23 ist.

Autobiografische Romane lese bzw. höre ich selten. Ganz einfach deshalb, weil ich nicht zu sehr in das Leben bekannter Persönlichkeiten eindringen, nicht unbedingt ganz private Details wissen möchte. Samuel Finzi hat mich jedoch durchweg positiv überrascht. Etwa mit der Schilderung seines Weges hin zum Schauspieler, wie er den Wunsch hatte, ein anderer zu sein. Finzi erzählt unterhaltsam und humorvoll, gibt Einblick in das kommunistische Bulgarien seiner Kindheit und der damit einhergehenden nicht sehr rosigen Zukunft, die er, so bald es ihm möglich war, zurücklassen wird.

„Samuels Buch“ ist eine unterhaltsame Reise zurück mit interessanten Anekdoten von dem kleinen Samuel, der schon früh begreift, dass er als Dirigent oder Diplomat der Enge seines Heimatlandes entfliehen könnte und es später dann auch geschafft hat, als renommierter Schauspieler im Westen anzukommen. Einige wenige Aspekte habe ich herausgegriffen, das selber Hören bzw. Lesen bietet kurzweilige und nachdenkliche Stunden. Samuel Finzi erzählt über das Erwachsenwerden an sich, über seine Familie, seine Freunde, seine Heimat und seine Sehnsucht nach Freiheit. Sehr offen und warmherzig. Ich habe ihm gerne zugehört, habe die Stunden mit ihm genossen.

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Brisante Einblicke in die schillernde Welt der Finanzen

Die Zentrale
2

Erschossen in der U-Haft! Alle Indizien deuten auf Suizid. Aber wie kommt er hier drin an die Waffe? „SCHULD“ – ist dieses in seinem Arm eingeritzte Wort ein Schuldeingeständnis oder was will er posthum ...

Erschossen in der U-Haft! Alle Indizien deuten auf Suizid. Aber wie kommt er hier drin an die Waffe? „SCHULD“ – ist dieses in seinem Arm eingeritzte Wort ein Schuldeingeständnis oder was will er posthum damit sagen?

So dramatisch wie rätselhaft beginnt „Die Zentrale“, der zweite Band der Thriller-Reihe um Laura Jacobs. Veit Etzold gewährt seinen Lesern einen tiefen Blick hinein in die Abgründe der nach außen so schillernden Finanzwelt. Und der Ex-Banker weiß, wovon er schreibt.

Nach den ersten dramatischen Seiten führt der Autor ein in die Welt der Finanzen - gut verständlich für all jene, die sich damit beschäftigen. Jedoch finde ich diese Ausführungen zu langatmig, ein kurzer Abriss dessen hätte vollauf genügt. Wer sich mit Wandelanleihen, mit Leerverkäufen und dergleichen auskennt, liest Bekanntes und denjenigen, denen die Investments in seiner Vielfalt nichts sagen, wird die Materie zu trocken und nichtssagend sein.

Bald jedoch geht es um raffiniert ausgetüftelte Bilanzfälschung, die sich ein normaler Bankkunde nicht ansatzweise vorstellen kann. Abgründe tun sich auf und Laura ist nicht nur dabei, sie ist mittendrin, wird immer tiefer hineingezogen in undurchsichtigen Machenschaften. Sie wird benutzt und nicht nur sie, auch ihr Umfeld scheint vor gewissen Individuen nicht gefeit zu sein. Sie arbeitet für die BGW Bank in Berlin und wird in die Zentrale nach Frankfurt versetzt. Ein beruflicher Aufstieg, zu dem die ehrgeizige Laura nicht nein sagen kann.

Die private Laura bleibt blass, ihr Angetrauter ebenso. Auch all die Charaktere um sie herum betrachte ich eher aus der Ferne, keiner kommt mir nahe. Die Story beginnt rasant, fällt mit der zu trockenen Erklärung rund um das Bankwesen ab, um dann wieder anzuziehen. Der anfängliche Suizid bleibt nicht der einzige, es folgen weitere Todesfälle und bald fällt der Verdacht auf Laura. Eine junge Frau gegen den Rest der Finanzwelt, die zwar nicht unbeschadet daraus hervorgeht und doch allen Widrigkeiten trotzt – so kommt sie mir zuweilen vor.

„Allein gegen das System“ – so der Untertitel. Dieser Alleingang ist gut und fesselnd ge- und beschrieben, Veit Etzold versteht es, seine Leser in die Story hineinzuziehen. Der Anfang hat mich gleich gepackt. Trotz meiner Kritik habe ich „Die Zentrale“ am Stück gelesen, den abschließenden dritten Band möchte ich nicht versäumen.

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Veröffentlicht am 01.04.2023

Spannendes Verwirrspiel und dazu ein Wiegenlied

Das Wiegenlied: Thriller
2

Wie schön, der 13. Zons-Thriller ist da! Seit dem „Puzzlemörder von Zons“ bin ich Fan von Bastian Mühlenberg, ein wenig auch von Oliver Bergmann und von ihrer Schöpferin Catherine Shepherd sowieso.

…und ...

Wie schön, der 13. Zons-Thriller ist da! Seit dem „Puzzlemörder von Zons“ bin ich Fan von Bastian Mühlenberg, ein wenig auch von Oliver Bergmann und von ihrer Schöpferin Catherine Shepherd sowieso.

…und immer wieder klingt ein Kinderlied an, sowohl in der Gegenwart als auch 500 Jahre zuvor. Ein Wiegenlied…

Schon der Prolog lässt Böses ahnen, aber wie lassen sich diese Gewaltszenen in das Nachstehende einfügen? Noch bin ich komplett ratlos und gehe gleich mal zurück ins ausgehende Mittelalter, nach Zons ins Jahr 1504. Zu noch nachtschlafender Zeit ist die junge Schwester Agnes bereits in der Kapelle zugange, als sie eine Nonne findet - niedergestochen, in der Handfläche ein Brandmal. Der Stadtsoldat Bastian Mühlenberg wird herbeigerufen, leider bleibt es nicht bei dem einen Mord. Auch Oliver Bergmann muss sich in der Gegenwart mit einem Doppelmord auseinandersetzen und auch hier sind weitere Todesfälle aufzuklären - allesamt wurden sie erstochen.

Die beiden Zeitebenen wechseln sich ab. Zusammenhänge tun sich auf wie etwa das Kinderlied, das sich wie ein roter Faden durch beide Erzählstränge zieht. Aber nicht nur dieses Lied, auch wesentliche Merkmale in Verbindung mit den Toten im Heute und im Gestern werden sichtbar. Und immer wieder taucht dieses Teufelsmal auf, wenngleich ich dadurch eher verwirrt bin. Es fehlt nicht nur ein entscheidendes Verbindungsstück, sodass ich meine vermeintlich logischen Lösungsansätze nicht nur einmal verwerfen muss.

Nichts desto trotz führt Catherine Shepherd ihre Leser gekonnt durch dieses Verwirrspiel und am Ende angelangt fügen sich die einzelnen Versatzstücke nonchalant zusammen. Nichts anderes habe ich erwartet.

„Das Wiegenlied“ reiht sich ein in seine zwölf Vorgängerbände, jeder ist in sich abgeschlossen, man kann sie also unabhängig voneinander lesen. Ich aber werde mir keinen Zons-Thriller entgehen lassen, jeder einzelne ist so spannend wie dieser letzte hier, bietet beste Unterhaltung mit authentischen Charakteren – neben hinterhältigen, gewalttätigen Subjekten finden sich auch ehrliche, sympathische Figuren. Beide Epochen haben ihren Reiz, wobei das Zons vor 500 Jahren für mich ganz besonders anziehend wirkt. Ein wiederum gelungener Thriller, den ich am Stück verschlungen habe.

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